Ben & Arthur

 
  • Deutscher Titel: Ben & Arthur
  • Original-Titel: BEN & ARTHUR
  •  
  • Regie: Sam Mraovich
  • Land: USA
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Sam Mraovich (Arthur Sailes)
    Jamie Brett Gabel (Ben Sheets)
    Michael Haboush (Victor Sailes)
    Bill Hindley (Pater Rabin)
    Julie Belknap (Tammy Sheets)
    Gina Aguilar (Anwalt)
    Arthur Huber (Justin Abraham, Privatdetektiv)
    Oto Brezina (Priester)
    Richard Hitchcock (Stan)
    Bruce Lurie (Agent Moreen)
    Buck Elkin (Barbesitzer)
    Nick Bennet (Scott)
    Loretta Altman (Mildread)
    Holly Mraovich (Frau im Gemüseladen)
    Chris Palmer (Komparse)


Vorwort

Muss gestehen, ich bin zu BEN & ARTHUR gekommen wie die Jungfrau zum Kinde und habe ihn im Prinzip auch gar nicht verdient: Seit Jahrzehnten glücklich verheiratet und das einzige was ich mit dieser, nun, „Szene“ je zu tun hatte war, dass ich im ersten Semester die Wohnung mit einem Transvestiten im Studentenwohnheim teilen musste. Gezwungenermaßen, muss ich betonen (obwohl „die“ gute, alte Mutter Will einen vorzüglichen Südstaateneintopf, ebenfalls gezwungenermaßen, zu kochen wusste).

Aber dann ist ja da noch der „Dreck“, der Trash-Faktor. Süßer, süßer Trash, der sich hinter Machwerken wie THE ROOM nicht verstecken muss und dem Ein-Mann-Produktionsteam Sam Mraovich nicht umsonst den Ruf des „schwulen Tommy Wiseau“ eingebracht hat. Welcher anständige Trashfilm-Historiker könnte da schon widerstehen?

Außerdem ist es modern. Welcher gestandene Schauspieler kann es sich heutzutage noch leisten, NICHT unter dem johlenden Applaus des Publikums aus dem Kleiderschrank zu klettern? Inzwischen muss Ian McKellen schon behaupten, doppelt so schwul wie alle anderen zu sein, um überhaupt noch an Rollen zu kommen. Also ab dafür und viiiiel Spaß beim lesen, meine Süßen:


Inhalt

Ben (Jamie Brett Gabel) and Arthur (Sam Mraovich) sind ein seltsames Pärchen: Ben ein männliches Modelltyp, für den nicht nur ein Westerwelle den Rocksaum schwingen lassen würde, sondern dem auch gerne mal das Weibsvolk das Brusthaar krault. Arthur, na ja, so eine kleine, schmierige, ständig quengelnde Type mit übergroßen Schädel, Schlüssellochaugen, Halbglatze und – vielleicht deutetet es sogar auf eine deutsch Abstammung – Sandalen über weißen Tennissocken. Trotzdem ist man(n) seit drei Jahren glücklich miteinander und hat die Flugtickets nach Hawaii schon in der Tasche, da man auf der Pazifikeiland kurz davor steht, die Schwulen-Ehe zu legalisieren.

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Nehmen wir unsere Helden einmal genau unter die Lupe:
Links unser Ben und Rechts unser Arthur (Mitte) – Stoff aus dem die Hollywoodhelden gemacht sind.

Aber zu früh gefreut: Ein Richter entscheidet, dass die Sache doch keine gute Idee ist und aus der Legalisierung wird nichts. Arthur schmeißt ein Tantrum und droht, beim nächsten Krieg den Dienst zu verweigern, falls man ihn nicht in Ruhe heiraten lassen will (was für das Marine-Corps vermutlich ein herber Rückschlag wäre). Aber es wartet bereits die nächste Hiobsbotschaft: Ben eröffnet, dass er schon, beziehungsweise noch immer verheiratet ist … und zwar mit einer Frau! Seine Ex-in-Spe Tammy (Julie Belknap) ist eine arge Xanthippe, anscheinend nicht ganz richtig im Kopf und weiß noch nichts von ihrem Glück, vor fünf Jahren einen Homosexuellen geehelicht zu haben. Die Beichte animiert Arthur zu einem so genannten „hissy fit“, für das die deutsche Sprache keine Wörter kennt, aber in der Arthur zischt wie eine Schlange, die Schlüssellochglubscher zu Schlitzen zieht und seinen „Freund“ mit Schimpftiraden überzieht (es soll bloß die erste von vielen dieser „hissy fits“ werden). Erst als Ben verspricht, mit Tammy Tacheles zu reden und sich scheiden zu lassen, zeigt sich Arthur versöhnlich und man kehrt zur heimischen Harmonie zurück.

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Was den Menschengeschmack angeht, ist Ben eher spartanisch.
Man(n) muss halt nehmen, was man kriegen kann.

Da auch Ben und Arthur nicht von Luft und Liebe leben können, kehren die beiden zu ihrer Wirkungsstätte zurück: einen schmierigen Fast-Food-Laden in Los Angeles, wo Ben die Teller wäscht und Arthur die Kundschaft mit Kaffee versorgt. Ben ist mit seinem Job zufrieden (obwohl er eigentlich für die Musik lebt und eine Karriere als Popstar anstrebt; das wird im Laufe des Films aber später nicht weiter erwähnt), aber Arthur geht die Kundschaft mächtig auf den Senkel. Als sich Mildread (Loretta Altman) erdreistet mehr Kaffee UND dazu noch Zucker zu verlangen, hat Arthur genug und schmeißt nicht nur einen erneuten „hissy fit“, sondern auch gleich seinen Job. Von nun an will Arthur wieder zur Uni gehen, studieren und seinen Traum verwirklichen: seinen eigenen Sexshop eröffnen. Das bedeutet aber auch, dass Sam wieder in seinem verhassten Job als Krankenpfleger arbeiten muss und da die Unis in den USA eine mächtige Stange verlangen, macht sich Arthur auf Jobsuche. Kein Glück: selbst in einem Striplokal lässt man Arthur abblitzen, aber zumindest hat er hier die Gelegenheit, eine kleine Tanznummer zu absolvieren (wäre der Laden ein öffentliches Vomitorium, man hätte ihn mit Handkuss genommen). Kurz, es hilft alles nicht und so sieht Arthur keine andere Möglichkeit als seinen Bruder Victor (Michael Haboush) anzupumpen.

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Blättert die Bibel und grault Muschis.
Man sieht es gleich: Ein Mannesmann.

Das Problem: Arthur und Victor leben seit Jahren in Feindschaft, da Victor ein gläubiger Christenmensch ist, der Schwule noch mehr hasst als ein Monsignore beschnittene Knaben und Arthurs „Krankheit“ für „dämonische Besessenheit“ hält. Dass Victor ein ganzer Kerl ist, sieht man schon daran, dass er seinen Bruder mit gebleichter Tonsur, in einem mit Federn bestückten Bademantel begrüßt und dabei seine Katze grault (wenn’s nicht gar ein Kater war). Zwar bekommt Arthur zunächst eine Standpauke von seinem Bruder, Victor bietet Arthur dann aber doch finanzielle Hilfe an. Statt den 2,000 Ommen, die Arthur zu erbetteln hofft, bietet Victor ihm saftige acht Riesen. Mit einer Auflage: Ben und Arthur müssen sich in seiner Wohnung taufen lassen und ihrem unseligen Tun für alle Zeiten abschwören. Als ob dieses zu untermauern, bekommt Arthur nun „anonyme“ Drohbriefe.

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Schlussendlich entschließen sich die beiden doch, eine Anwältin (Gina Aguilar) zu nehmen, die ihnen empfiehlt, nach Vermont zu fahren, wo Schwulen-Ehen legal sind und dort zu heiraten. Gesagt, getan: die beiden fliegen in einer FedEx Frachtenmaschine (vielleicht war ja im Zwischendeck noch Platz) und bald darauf werden Ben und Arthur in einer Privatzeremonie zwischen den Palmenhainen (!) von Vermont zu Mann-und-Mann erklärt.

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Traumhochzeit im ewigsonnigem Vermont
(Im Hintergrund sei auf ein Prachtexemplar der Arecaceae Vermontis hingewiesen).

Victor hat den beiden inzwischen einen Privatdetektiv (Arthur Huber) auf den Hals gehetzt („Mein Bruder ist ein Homosexueller. Er wird einen Mann heiraten und ich muss wissen, was sein nächster Zug ist“). Nach getaner Arbeit bestätigt der Privatdetektiv Victors Feststellungen (Ja, Arthur ist ein Homosexueller und wird einen Mann heiraten) und verschwindet aus der Handlung. Danach lauert Victor der Anwältin in einer Parkanlage auf und erschießt sie. Warum? Nun, stand halt im Skript. Macht aber nix, auch das wird später nicht mehr groß erwähnt und seien wir uns doch ehrlich: Was ist schon ein Film ohne einen Privatdetektiv und einem kleinen Mord in einer Parkanlage?

Ben und Arthur lassen sich in Viktors Wohnung locken, in der Victor mit seinem „Kumpel“ Stan (Richard Hitchcock) haust. Zunächst gibt sich Victor gastfreundlich und lädt zu einem erlesenen Abendmahl ein (es werden Graham-Crackers, trocken und OHNE Dip kredenzt!). Doch als es um das Thema „Familienzusammengehörigkeit“ geht, wird die Atmosphäre sauer: Stan erzählt von seinem eigenen Familienglück und Kindern (vermutlich in einer Zigarrenkiste aufgezogen) und Victor macht Arthur dafür verantwortlich, dass er nun niemals Nichten und Neffen haben wird. Ein paar Bibelstunde, fünfmal in der Woche, könnte laut Victor die ganze Malade kurieren, doch Arthur schlägt das Angebot aus und einen hissy-fit später machen sich die Frischvermählten vom Acker.

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Hätte Victor die Graham Crackers zuvor von einem Priester segnen lassen,
unserem Paar wäre später vielleicht viel Leid erspart geblieben.

Auch Ben hat häusliche Probleme mit seiner (nun Ex) Tammy, die ihren Gatten wiedergewinnen will, zunächst mit dem Versprechen „dann werde ich auch schwul und wir können wieder heiraten, huh?“. Für Ben macht das keinen Sinn: „Das macht keinen Sinn“, raunt er seine Ex an, aber Tammy lässt sich nicht beirren und kontert „Hey, Ich mache keinen Sinn? Du machst keinen Sinn! Ich mache Sinn, das ist wer Sinn macht!“. Das philosophieren hilft nicht viel. Tammy zückt eine Pistole, aber Ben kann ihr die Wumme wegnehmen und Tammy „gestreckten Fußes“ aus der Wohnung hinauskomplimentieren (und hier müssen wir uns von Tammy verabschieden). Erneut erscheint Mildread – die fette Querulantin aus dem Imbiss, die immer mal wieder grundlos im Geschehen auftaucht – um Arthur mitzuteilen, dass gerade in seiner Garage eingebrochen und das gemeinschaftliche Fahrrad geklaut wurde. Das führt natürlich zu Zwist und Zank zwischen dem Paar (Arthur hat vergessen das Schloss abzuschließen).

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“Herr OHBÄHR! Noch mal ein Runde Weihwasser für alle,
aber diesmal mit weniger Knoblauch und einer kräftigen Brise Oregano!“

Victors formuliert inzwischen seinen Plan B: sein Bruderherz mit Gewalt exorzieren! Also macht Stan sich daran, in der Küche einen Topf Weihwasser nach seinem eigenen „Geheimrezept“ zu brauen, mit dem man Ben und Arthur abfüllen will. Victor klebt sogleich ein Fläschchen von dem Wunderwässerchen an die Arthurs Haustür, aber auch dieser Plan scheitert. Arthur weigert sich, das Zeugs spontan zu gurgeln und ahnt sogleich, dass es sich A) um Weihwasser handelt und B) von Victor stammt. Frust bei Victor: „Der Trank hat nicht funktioniert! Kannst du das glauben?“. Ben und Arthur machen nun erst einmal Flitterwochen auf Hawaii.

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Pappkreuze, Klapptische und auch an den edlen Ikonen an der Wand sieht man es gleich:
Der Vatikan muss heutzutage sparen.”‘

Inzwischen hat Victors Beichtvater Pater Rabin (Bill Hindley) Wind von der Sache bekommen und sieht sich genötigt, Victor zu exkommuniziert. Zwar sieht sich Victor schuldfrei, doch der Priest klärt ihn auf, dass ein Schäflein mit schwulen Verwandten bekanntlich dazu führen würde, dass „die Seelen der Kinder infiziert“ und folglich zur Hölle fahren müssen. Der Padre faselt vom „schlechten Karma“ und „dämonischen Energien“, und das kann der brave Gottesdiener einfach nicht durchgehen lassen. Schließendlich lässt sich das Herz des Heilige Mann doch noch erweichen und dieser hat sogar einen Plan: wenn Viktor seinen Bruder und Ben um die Ecke bringen würde, wäre alles vergeben und die Welt wieder in Ordnung. Im ewigen Kampf zwischen den Warmen- und den Heiligen Brüdern hat Rabin auch den rechten Mann zur Hand: Scott (Nick Bennet), der schon „eine Reihe ähnlicher Jobs“ zu Rabins Zufriedenheit ausgeführt habe. Kurzum: Ein bezahlter Killer, der sich „in Gottes Namen“ auf Homosexuelle spezialisiert hat.

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Der Hitman vom Heiligen Stuhl: Unauffällig, Nerven wie Drahtseil
und ein Verstand so scharf wie eine Rasierklinge.

Ben und Arthur müssen ihre Flitterwochen vorzeitig abbrechen (Ben bekommt einen Anruf seiner Klinik, wo seine Dienste benötigt werden – vermutlich waren alle Pfannen bis zum Rand gefüllt). Zuhause wird Ben von Victor und Scott krankenhausreif geprügelt. Arthur, der ahnt woher der Wind weht, bricht in Victors Wohnung ein und pflanzt eine Wanze ins Telefon. Bald belauscht er einen diskriminierenden Anruf zwischen Victor und Rabin. Die Hölle selbst kann nicht wüten wie ein Arthur dem man den Ehemann zusammengeschlagen hat: Auf Rache aus, stattet Arthur Rabin einen Besuch in dessen Kirche ab, macht den Pfaffen mit Chlorform (das Arthur in einem Fläschchen Nagellackenferner aufbewahrt) kampfunfähig, übergießt ihn mit einer Pulle Benzin und fackelt Rabin mitsamt dem Gotteshaus ab. Während das Flammenmeer lodert (nein, davon sehen wir natürlich nichts – an dem Drehtag war der Geldscheißer defekt), hüpft, springt und tänzelt Arthur vom Tatort davon.

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Richtig gelesen: Arthur hüpft, springt und tänzelt von dannen.”‘

Ben ist inzwischen wieder genesen und kehrt in die Wohnung zurück um sich von Arthur gesund pflegen zu lassen, aber erneut lauern Victor und Scott. Victor beschließt, die Sache auf eigene Faust durchzuziehen und entlässt Scott aus seinen Diensten. Als Ben ihm die Türe öffnet, streckt Victor ihn mit einem Bauchschuss nieder und zwingt dann seinen Bruder, sich nackisch auszuziehen („weil das so in der Bibel steht“), damit er ihn mit vorgehaltener Pistole in der Badewanne taufen kann. Sieht zwar eher wie eine Haarwaschung von kaum vorhandenem Haupthaar aus, aber wir ersparen dem Leser hier einen Friseurwitz. In einem unbemerkten Moment kann Arthur sich eine Unterhose, Bademantel und die Pistole, die Ben Tammy abgenommen hat, greifen. Nun stehen sich die Brüder „Point Blank“ gegenüber: Arthur bezichtigt Victor, eine selbsthassende Pupe zu sein, was Victor für einen Moment verunsichert. Arthur geht aufs Ganze, will der Behauptung den Beweis folgen lassen und seinen Bruder verführen. ”Do you want to fuck me?“, säuselt Arthur, etc.

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Wenn dem Zuschauer Szene, Einstellungen und Dialog hier irgendwie bekannt vorkommen, so kann das daran liegen, dass er oder sie vielleicht irgendwann mal SCARFACE gesehen hat. Man mag sich an jene Szene erinnern, in der Al „Tony“ Pacino seine Schwester Mary Elizabeth „Gina“ Mastrantonio besucht, ihren Ehemann Steven „Manny“ Bauer an der Eingangstür erschießt, worauf hin ihn Gina mit vorgehaltenem Püsterich verführen will. Und richtig: Mraovich hat die Szene Einstellung-für-Einstellung, Wort-für-Wort (plus Gewalttaufe, die in SCARFACE vermutlich geschnitten wurde) übernommen. Nur halt mit sich selbst in der Rolle der Gina! Wie dem auch sei, Arthurs Verführungskünste bewirken wenig. Zum ersten und einzigen Mal spielt Victor seine Rolle realistisch und tut das, was ein jeder normale Mensch in dieser Situation tun würde: Er pumpt seinen Bruder mit Blei voll. In einer Pacino’esquen Sterbeszene erhebt Arthur die eigene Waffe und jagt Victor eine Kugel zwischen die Augen.

Arthur und Victor sinken gen Teppichboden und segnen das Zeitliche.

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ALLE TOT, ENDE TOT (pardon, GUT)

Analyse

Frage mich immer, wie kommt mein Schwager, der mir diesen Film zugeschachert hat, immer an das Zeugs ran? Vielleicht weil er in West Hollywood wohnt, da haben die Videotheken schon einiges an Auswahl. Und sein Zimmergenosse, der Friseur, der kennt sich ja auch mit Filmen aus (frage mich ab und zu warum die beiden keine eigenen Wohnungen haben, obwohl sie sich’s leisten könnten, aber gut, ich will da nix reininterpretieren).

Aber lassen wir für einen Moment das politisieren und sprechen vom Film selbst. „THE ROOM in Rosa“ trifft es eigentlich ganz treffend und was Inkompetenz und puren Schwachsinn anbelangt, so braucht sich BEN & ARTHUR nicht hinter Tommy Wiseaus Gülleklassiker verstecken. Vergleichen wir diese Titanen des schlechten Geschmacks einfach direkt:

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Kameraführung: Wiseau drehte sein Opus Magnum simultan mit einer 35-MM-Film-Kamera und High-Definition-Video (da er den Unterschied weder kannte noch verstand). Mit welchem Modell Mraovich drehte ist nicht bekannt, aber der Kenner möchte seine Hand dafür ins Feuer legen, dass es sich um eine VHS-Kamera handelte, die nicht weniger als 20 Jahre auf dem Buckel hatte. In anderen Worten: Mraovich hätte seine Wackelbilder genauso gut durch eine durchlöcherte Kartoffel schießen können.

Punkt für THE ROOM.

Dialog: Vergleicht man ein paar der oben genannten Dialogperlen mit den berühmt-berüchtigten „Oh Hi, Soundso“ und „You’re tearing me apart, Lisa“, so wird es schwierig, also einigen wir uns auf ein Unentschieden.

Schauspielerische Darbietung: Johnny, Lisa und der „Creepy Bastard“ Danny, allesamt spielen sie Mraovichs Kasperlensemble an die Wand.

Wieder ein Punkt für THE ROOM.

Musik: Gut, da sich Scott Joplins „The Entertainer“ und die altbekannte „Cannon“ von Joe Pachelbel im rechtsfreien Raum befinden, könnte man BEN & ARTHUR Schiebung vorwerfen. Das wird aber durch Sam Mraovich eigenes unsägliches Gedudel (mit seinem Bruder Robert komponiert) kompensiert, das nachweislich Ohrenkrebs verursacht. Mraovich klimpert auf einem Casio-Synthesizer und singt „Let’s Go“ (die einzige Lyrics im Song), in jener Szene in der Ben und Arthur ihre Koffer packen und nach Hawaii fliegen wollen. Und das nur als Beispiel genannt. Kurz: der THE ROOM-Soundtrack klingt im Vergleich wie Top-of-the-Pops-Material.

Noch ein Punkt für THE ROOM.

Geballte Erotik: Tommy Wiseaus faltiges, obszön wackelndes Hinterteil, die Sexszenen in denen Wiseau an einen geilen Pudel erinnert, der sich an einem Schienbein vergeht und „Lisas“ pustelartige Leberflecken sind und bleiben natürlich unvergesslich. Aber es ist weit schwieriger, jene Szene, in der Arthur in der Badewanne nakkisch getauft wird, in Worte zu fassen. Alleine beim ansehen ist man sich nicht ganz sicher, ob man nun lachen, flennen, schreien oder sich die Augen aus dem Kopfe kratzen und kopfüber aus dem Fenster stürzten will (und soll). Ein hartgesottener Kritiker umschrieb diese Momentaufnahme in etwa so: „Würde man die Knastbrüder dazu zwingen, sich BEN & ARTHUR anzusehen, die Gefängnisvergewaltigungsrate würde in kürzester Zeit um 99 Prozent zurückgehen.“

Punkt für BEN & ARTHUR.

Action: In beiden Filmen kommen Spielzeugpistolen zum Einsatz und in beiden hat das Know-How für halbwegs realistisches Mündungsfeuer nicht gereicht, aber zumindest darf Wiseaus „Johnny“ in einer Blutlache liegen bleiben, während die Einschusslöcher in BEN & ARTHUR wohl mit rotem Filzstift aufgemalt wurden.

Zwar sind nun beide „an einem besseren Ort“, trotzdem geht der Punkt an THE ROOM.

Sie lesen es hier Schwarz auf Grau, meine Damen, Herren (und Sonstige): THE ROOM ist rein technisch gesehen der bessere Film! Somit müssen wir Mr. Wiseau die vierfaltige Dornenkrone des Ed Wood entreißen und auf das von der Alopezie geplagte Haupt von Ms. Mraovichs pflanzen! (Und hier wäre eine Fanfare angebracht).

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Aber anders als Tommy Wiseau, versuchte Sam Mraovich erst gar nicht sich aus der Bredouille zu winden indem er log und behauptete, er hätte von Anfang an einen Farce oder gar den schlechtesten Film aller Zeiten drehen wollen. Nein, Mraovich steht bis zum heutigen Tag zu seinem Werk und das Zeichen, das er damit setzen wollte. Ein Zeichen gegen Intoleranz, Bigotterie und Schwulenhass – nur hat er es halt ganz mächtig übertrieben. Vor allem aus den eigenen Reihen flog die Kritik tief und bitter, es wurde sogar theorisiert, dass Mraovich in Wirklichkeit selbst ein Schwulenfeind ist, der BEN & ARTHUR nur gedreht hat, um die „Community“ in ein schlechtes Licht zu rücken (ein Blick auf den Kerl macht diese Theorie zunichte). Aber die Brüderinnen und Schwestherrn waren sich in einem einig: „Schlechtester Schwulenfilm aller Zeiten“ (und ließen kurz darauf das Wort „Schwul“ fallen).

In der Tat, es geschehen noch Zeiten und Wunder wenn ein lebenslanger Atheist wie Meinereiner dank eines Films wie BEN & ARTHUR unsere gutgläubigen Christus-Fans noch in Schutz nehmen muss. Gewiss, die Jungs und Mädels (aber vor allem die Jungs) in dem Verein haben genug Dreck am Stecken, von wegen Aids-Verbreiten, simulierten Kannibalismus und dieser „Ihr Kinderlein, ich komme“-Geschichten. Aber es sind schon ein paar Tage vergangen, seit ein Pope auf ein Podest geklettert ist und forderte, man solle die Andersrumen dort henken, wo man sie findet. Ja,ja, außer vielleicht im amerikanischen Süden wo die Fred-Phelps-Gemeinde (in Fachkreisen als „Heiliger Fred von Mississippi“ bekannt) waltet und wirkt. Oder vielleicht in Uganda, wo dato gerade diskutiert wird, ob man das Volk vom anderen Ufer nicht besser „in Christi Namen“ aufhängen soll (aber schon gesetzlich, damit alles mit rechten Dingens zugehen mag). Oder bei unseren lieben Nachbarn im Morgenland, wo die Fliegenden-Teppich-Patrouillen gefürchtet sind. Ansonsten ist es relativ selten, dass Pfaffen Auftragsmörder anheuern um Schwule den Garaus zu machen und der Stoff hätte tatsächlich das Zeug zu einer Satire gehabt. Leider fehlt Mraovich dafür der nötige Sinn für Humor und er geht die Materie so bierernst an, als befände er sich auf einem Jihad gegen das Christentum, die Weiblichkeit und Heterosexualität.

Wie ernsthaft (um nicht zu sagen, vehement) Mraovich zu Werke geht? Wie gesagt, der Tausendsassa hat seinen Film mit SCARFACE-Referenzen nur so gespickt, nicht nur in der berüchtigten Verführungsszene (die man gesehen haben muss, um sie zu glauben; und hat man sie gesehen, muss man mit den Konsequenzen leben). Wer sich außerdem Zeit und Muse nimmt, sich die Credits genau anzusehen, der wird bemerken, dass dort der Name Sam Mraovich geschlagene 20-mal zu lesen ist. Ich wiederhole: ZWAN-ZIG-MAL. Zum Beweis nehmen wir nur die ersten paar Frames des Films genauer unter die Lupe:

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Hier sollen zum lustigen Geklimper von Joplins „The Entertainer“ noch sieben „Sam Mraoviches“ folgen – IM VORSPANN!
Take that, Mr. Wiseau!”‘

Wo wir also schon einmal beim Thema sind, kommen wir zum Gehirn des Projekts BEN & ARTHUR. Sam Mraovich. Gewiss, wir kennen den Orson-Welles-Spruch doch alle. „Haste ’nen dämlichen Bruder, dann wird auch der einen Film runterkurbeln tun wollen“, und eigentlich hatte Mraovich mit der Filmerei zunächst nichts am Hut und wollte sich an der „Berklee College of Music“ (sic) zum Sängerknaben ausbilden lassen. Doch das Schicksal wollte es anders und zog den jungen Sam mehr in die Richtung Gastronomie und kulinarischer Kochkünste. Es begab sich nun – wieder das verdammte Schicksal – dass ein Filmproduzent just in jenem Restaurant einkehrte (dem Gourmand als „Burger King“ bekannt), in dem Mraovich seine Kunst praktizierte. Vom Schein der Tischkerzen ungeblendet, führte die Schicksalsjungfer den unbenannten Produzenten an Sams Wirkungsstätte, wo das Produzentenauge das Talent sogleich erkannte, Sam in die Arme schloss und diesen beschwor, in Orson Welles Fußstapfen zu treten.

So zumindest schildert es Mraovichs Biographie auf IMDB und nichts läge uns ferner als zu behaupten, der Filmschaffer hätte seine eigene Vita geschrieben. Der Name Sam Mraovich ist in diesen Teilen der Welt vermutlich ein Allerweltsname, vergleichbar mit unserem „Max Mustermann“.

Kurzum, laut dieser Biographie formuliert das Multitalent seit dem Triumphzug von BEN & ARTHUR seine neuen Werken und ist sich, um den Bezug zum niedrigen Volk nicht gänzlich zu verlieren, nicht zu schade, sich als Makler und lizenzierter Friseur (wer hätte es erahnen können?) zu betätigen. Des Weiteren befand sich vor geraumer Zeit noch ein Video auf YouTube, in dem Mr. Mraovich jungen, hoffnungsvollen Filmemachern erklärt wie man ein Drehbuch zu schreiben habe und beim Dreh die Filmgewerkschaft umgeht, aber nur die Teufel Missgunst und Neid wissen warum das gelöscht wurde.

Ursprünglich hatte Mraovich die Rolle des Victor für eine Victoria geschrieben, welche nicht Arthurs Bruder sondern dessen Mutter gewesen wäre. Aber man wollte es schlussendlich nicht übertreiben, es wurden zwei Buchstaben gestutzt und die Rolle an Michael Haboush weitergereicht. Die Lästermäuler waren schnell bei der Sachen um zu kritisieren, dass der vermeintliche „Schwulenhasser“ Haboush vielleicht der schwuchtligste der ganzen Gesellschaft war (was aber auch damit zu tun haben kann, dass Haboush in zahlreichen Schwulenpornos „spielte“, aber auch Trash-technisch kleinere Rollen in Schoten wie SAMURAI VAMPIRE BIKERS FROM HELL und GALAXY QUEST hatte). Nicht der Mensch, der schnell ein Fehlcasting eingestehen würde, konterte Mraovich schnell, dass er Victors Charakter an Politikern wie Gouverneur James McGreevey und Jim West orientiert hatte, die zwar mit Anti-Schwulen-Politik punkten konnten, aber unter der Bettdecke selbst gerne dem gleichgeschlechtlichen Verkehr frönten.

Über den Rest der schauspielernden und chargierenden Bagasche müssen wir nicht viele Worte verlieren: bis auf gelegentliche Komparsenrollen (wenn überhaupt) sollte für praktisch alle BEN & ARTHUR zum Highlight ihrer Karriere werden. Wäre es anders, könnten wir gleich von einem Wunder reden. Von einem können wir aber ausgehen: Als Mraovich die Anzeige „Schauspieler gesucht“ an die Schwarzen Bretter diverser Filmschulen und Agenturen pflasterte, so befand sich darauf sicherlich die Zeile, „NO straight actors need apply“.

Was der Schmarn nun gekostet hat, ist nicht weiter bekannt – mehr als ein Monatsgehalt bei Burger King bestimmt nicht. Jedoch, der Profit ist amtlich geprüft: $ 40,000 spielte BEN & ARTHUR ein. Nicht schlecht für eine Butterbrotproduktion möchte man meinen, muss dabei aber bedenken, wir reden hier nicht von „auf einem Schlag“ sondern „seit 2002“.

Wer nun noch nicht genug von BEN & ARTHUR hat, dem sei die Videobesprechung der reizenden Obscurus Lupa zu empfehlen, welche HIER zu finden ist. Oder man kann auch die OFFIZIELLE Seite besuchen, wobei sich ein kleines Trinkerspielchen anbietet: jedes Mal wenn man über den Namen Mraovich stolpert, wird ein Gläschen geleert (und wer das bis zum Boden der Seite durchhält, ist ein besser Mann als ich).

So, wir schließen nun diese Besprechung und ich geh jetzt mit meinen Kumpels einen heben, Bier aus der Flasche trinken und die Popos von Kellnerinnen klatschen, so wie die es gerne haben (besonderst die große, mit der rauen Stimme und dem ausgebildeten Adamsapfel). Zum Abschluss des Abends hauen wir Kerls uns gegenseitig gefrorene Runkelrüben auf die Birnen, weil echte Männer das nun mal so machen!

IN MEMORY OF FATHER FRED PHELPS (1929-2014)

© 2014 Thorsten Atzmueller


BOMBEN-Skala: 10

BIER-Skala: 4


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