Beeper

 
  • Deutscher Titel: Beeper
  • Original-Titel: Beeper
  •  
  • Regie: Jack Sholder
  • Land: USA
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Ed Quinn (Dr. Richard Avery), Harvey Keitel (Zolo), Joey Lauren Adams (Inspector Julia Hyde), Gulshan Grover (Sr. Inspector Vijay Kumar), Stefan Djordjevic (Sam), Vinay Varma (Tiger), Lalith Sharma (Superintendent)


Vorwort

Der frisch verwitwete Mediziner Dr. Avery beschließt, als Maßnahme zur Stärkung der allgemeinen familiären Bindung seinen Kurzen Sam mit zu einem Kongress nach Indien zu nehmen. Allerdings ist das angeheuerte Kindermädchen, das auf den Kleenen aufpassen soll, abwesend und der von der Agentur geschickte Ersatz gefällt Avery nicht (obwohl sie aussieht wie Bollywood-Star Sherlyn Chopra in ihrem Filmdebüt). Muss Sam also mit zum Kongress, auf die Gefahr hin, sich dort zu Tode zu langweilen. Oder auch nicht, denn während der Papa seinen Vortrag hält, lässt Sam sich entführen. Der Entführer hinterlässt zunächst nur einen Zettel und den Hinweis, doch die Polizei tunlichst außen vor zu lassen. Senior-Inspektor Kumar hat da natürlich aus professionellen Gründen was dagegen, aber die amerikanische Anti-Terror-Spezialistin Hyde, die sich in indischen Polizeidiensten verdingt, ist ganz verständnisvoll und sagt zu, dass die Cops sich raushalten, so Avery es wünscht. Avery wünscht entsprechend und wird des Nächtens vom Kidnapper besucht, der ihm ein Lebenszeichen des Kurzen sowie den titelgebenden Beeper als Mittel zur Kontaktaufnahme überreicht. Schon bald hetzt der Entführer Avery per Beeper-Schnitzeljagd über indische Marktplätze, nur um später als „Testlauf“ zu bezeichnen. Doch dann wird’s ernst – das vermeintliche Treffen mit dem Entführer bringt Avery in den Besitz von Opium im Wert einer schlappen halben Million (Rupien? Dollar? Mozartkugeln?), das dem Amerikaner Zolo gehört. Leider verliert Niete Avery bei dieser Aktion den Beeper – sein wagemutiger Plan: Zolo soll ihm helfen, den Entführer zu finden, dann würde Avery auch den Stoff rausrücken. Aus allgemein gutmenschlichen Gründen lässt Zolo sich auf den Deal ein, aber weder Dottore noch Drogenbaron ahnen, dass Avery längst von Kumar überwacht wird, der glaubt, der Doc hätte die Entführung nur als Tarnung für fiese Drogengeschäfte eingefädelt. Ob es sich auszahlt, dass Avery Hyde ins Vertrauen zieht?


Inhalt

Was ist nur aus Jack Sholder geworden? Vor langer langer Zeit drehte der Knabe mit wenig Geld, aber viel Elan ein Rudel bemerkenswerter B-Filme – den legendären „The Hidden“, den zwar anfänglich ungeliebten, aber sich mittlerweile solides Renomée erarbeitet habenden „Nightmare 2 – Freddy’s Rache“, den unglaublich guten World-War-III-Chiller „Condition Red“ und die spaßige, SF-orientierte „Murmeltier“-Variante 12:01. Man sollte glauben, dieser Schwung kompetenter Budget-Ware sollte Meister Sholder als roter Teppich gen Hollywood-A-Liste geebnet haben, aber wie auch sein ähnlich talentierter Kollege Anthony Hickox schaffte Sholder nie den Sprung in die Top-Liga, ganz im Gegenteil, es folgte der Absturz – während Hickox nach dem gut gemeinten, aber schnöde gescheiterten Eichinger-produzierten „Prinz Eisenherz“ ins Ghetto der Royal-Oaks-/Phoenician-Hausregisseure eintrat und jetzt mit den Wynorskis und Fred Olen Rays dieser Welt Stock-Footage-Heuler der untersten Kategorie verbricht, landete Sholder nur noch Aufträge für unbedeutende TV-Filme wie „Sketch Artist II“, einzelne Folgen für Schotter-Serien wie „Pensacola“ oder „Mortal Kombat“ oder das Herumdoktorn an Walter Hills grandios gefloppten Multi-Mio-SF-Spektakel „Supernova“. Das DTV-Sequel „Wishmaster II“ und der für Brian Yuznas „Fantastic Factory“ entstandene Monsterspinnenhobel „Arachnid“ sind da noch Ausreißer nach oben, und dabei halten die mit Sholders Frühwerken keinen Vergleich aus.

Sei’s drum – nach seinem Spanien-Aufenthalt reiste Sholder mit Kohle der unabhängigen Filmschmiede Shoreline Entertainment („The Signal“, Senseless) nach Indien, um dort einen straighten Thriller zu drehen, und das sogar mit einem echten Star wie Harvey Keitel, der im Normalfall ja jeden Film verbessert. Muss nach einer guten Idee ausgesehen haben, um die verkorkste Karriere wieder auf Spur zu bringen. Ging nur leider schief – nach „Beeper“ inszenierte Sholder nur noch für die „Tremors“-Fernsehserie und ein TV-Dokudrama namens „12 Days of Terror“ über eine Hai-Attacke im Jahr 1916 (die Peter Benchley zum „weißen Hai“ inspirierte). Heutzutage verdient er seine Kohle als Leiter des Film- und TV-Kurses an der Uni von West Carolina. Es ist irgendwie tragisch.

Aber, wenn man so will, offenbar nicht ganz unverdient, denn „Beeper“ ist alles andere als die Rückkehr zur alten Form für Sholder, sondern ein gänzlich bräsiger, unorigineller Entführungsthriller, dessen vermeintliches „High-Tech-Gizmo“, der Beeper (die ja für einen oder zwei hektische Sommer bei den Teenies mächtig in waren, bevor Handys SO billig wurden, dass man jedem Steppke sein eigenes kaufen konnte), für den Plot vollkommen bedeutungslos ist und dessen exotischer Backdrop (gedreht wurde in der Tat on location in Indien) sich sehr schnell abnutzt (vor allem, wenn man hin und wieder schon mal ’nen Bollywood-Film gesehen hat).

Das Script von Michael Cordell (sonst nichts in der Vita) und Shoreline-Haus-Writer-/Director Gregory Gieras („Centipede!“) braucht schon mal zu lange, um zu Potte zu kommen – nach einer unbedeutenden Prolog-Sequenz um einen fehlgeschlagenen Versuch Kumars, einen Drogengangster festzunageln (der uns aber immerhin die Weltsicht bestätigt, dass Inspektoren der indischen Polizei ihre Untergebenen noch verprügeln dürfen, wenn sie versagen), ödet man uns mit langweiligem – und unergiebigem – character stuff über Avery und Sohn an, das nicht wirklich glaubhaft vermittelt, warum der Doktor seinen Sohn nun nach Indien mitschleift (klar, das Script buchstabiert natürlich aus, dass Avery glaubt, seinen Sohnemann vernachlässigt zu haben, aber die Akteure transportieren dabei keinerlei Emotion, so dass die Aussage flach fällt). Nach der Entführung folgen 20 ganz launige Minuten, wenn der Entführer Avery am Nasenring durch die Elendsviertel Neu Delhis (angeblich, aber gedreht wurde in Bombay und Hyderabad) lotst und an allen Ecken und Enden kryptische Hinweise versteckt – leider verliert der Film dieses Element zur Filmmitte (als es Avery, wie auch immer, ich hab das irgendwie nicht richtig mitbekommen, den Beeper verliert) aus den Augen und den zweitgebillten Keitel nach sprichwörtlich 50 Minuten aus dem Hut zaubert; Keitel ist nun mal einer der Akteure, die soviel Screenpräsenz haben, dass sie dazu neigen, einen Film an sich zu reißen, auch wenn sie nur eine Nebenrolle haben – was dem Endresultat nicht unbedingt gut tut, auch wenn, Darstellerschelte vorweggenommen, Keitel nicht übermäßig motiviert wirkt. Den Rest des Films verbringen wir mit vorhersehbarer „Suche-nach-dem-Kerl-der-den-Beeper-hat-und-vielleicht-auch-der-Entführer-ist“, dem obligatorischen „huch-die-Polizei-ist-auch-in-die-Sache-verwickelt“-Plotpoint und dem noch obligatorischeren „Twist“, dass nicht derjenige der Bösewicht ist, den wir nach Filmwillen verdächtigen sollen, sondern der, von dem wir’s uns eigentlich die ganze Zeit gedacht haben (SPOILER SPOILER SPOILER: hinter der ganzen Geschichte steckt natürlich nicht Kumar, wie es der Film uns einreden will, sondern… Hyde, was niemanden wundern sollte, der gemerkt hat, dass sie es ist, die Avery ungefähr zehnmal innerhalb von drei Minuten versichert, dass die Polizei sich raushalten wird, wenn er es denn so will. SPOILERENDE).

Die Charaktere sind uninteressant und unschlüssig geschrieben (bei Avery ist das vielleicht noch verzeihlich, da er wenigstens eine Motivation hat, aber Zolos Turn zum „Guten“ ist ebenso wenig überzeugend wie die Motivation des Kidnappers), langweilig, eindimensional.

Das Drehbuch ist also schon mal nicht sonderlich gut, und Jack Sholder fällt leider viel zu wenig ein, um den Streifen wenigstens temporeich und/oder spannend zu inszenieren, wie es einem Gimmick- bzw. neumodisch high-concept-Film (der sein „Konzept“, den Beeper, wie gesagt, kaum nutzt, da es am Ende schlicht wurschtegal ist, ob Avery den Pieper hat oder nicht) angemessen wäre. Sein Kameramann, der Inder Ajayan Vincent, den Shoreline für „Centipede!“ gleich mal nach Amerika holte, bemüht sich um einige stimmungsvolle Bilder indischer Hinterhöfe und die ein oder andere nette Kameraeinstellung, aber Sholder selbst scheint an dem Ding kein großes persönliches Interesse gehabt zu haben; die Charakterszenen sind dröge und unkreativ, die (wenigen) Actionszenen (die beschränken sich letztlich auf zwei Verfolgungsjagden, eine im Prolog, eine gegen Ende des zweiten Akts, wobei nur die zweite einigermaßen spaßig ist, aber im Vergleich zu Sholders End-80er-/Früh-90er-Arbeiten mächtig enttäuscht) nicht von der Güte, wie man sie bei den bekannten Fähigkeiten des Regisseurs erwarten möchte (und low budget ist in dem Fall keine Ausrede, weil Sholder NIE ein großes Budget hatte). Es gibt keine Schauwerte, die über den indischen Backdrop hinausgehen, dafür dusselige Dialoge (für die Sholder zugegeben nichts kann) en gros und ein Finale, in dem wir das fatale Schicksal des Schurken nicht mal sehen dürfen (weil’s jugendfrei bleiben muss).

Womit wir auch schon geklärt haben, dass der Streifen seiner FSK-12-Freigabe alle Ehre macht, da ist wirklich nichts zu sehen, was in irgendeiner Weise aufregend, erschreckend, schockierend oder wenigstens spannend wäre. Für einen Film, der sich als Actionthriller versteht, natürlich schon eher ernüchternd.

Der Soundtrack von J. Peter Robinson (der die internationalen Scores von „Rumble in the Bronx“ und „First Strike“ und diverse Wes-Craven-Scores auf dem Kerbholz hat) ist gefällig, in den rechten Momenten treibend, aber nicht wirklich memorabel. Gelegentlich wird der moderne Score durch lokale indische Klänge aufgepeppt (’ne song-and-dance-Nummer wäre nett gewesen).

Die darstellerischen Leistungen sind mit „meh“ ganz passabel umschrieben – Ed Quinn, der ist in der Folge zu bescheidenem Ruhm als Nathan Stark in „Eureka“ kommen sollte (und auch in „House of the Dead 2“ und „Starship Troopers 2“ mitmischte), müht sich redlich, hat aber die dramatische Bandbreite eines Toastbrots und absolviert den Film mit quasi einem Gesichtsausdruck, der Zuneigung, Verzweiflung, Wut und Entschlossenheit symbolisieren soll. Joey Lauren Adams aus Kevin Smiths regelmäßiger Troupée („Mallrats“, „Chasing Amy“, „Jay und Silent Bob schlagen zurück“) müsste es eigentlich besser kommen, leiert ihre Performance aber auch strikt one-note runter. Harvey Keitel („Pulp Fiction“, „Bad Lieutenant“) hält sich, wie gesagt, nach Kräften zurück, um den enormen Qualitätsunterschied in Sachen Schauspielkunst nicht zu sehr zu dokumentieren, aber er ist nun mal einfach Keitel und damit ein echter Actor, der auch auf 50 % Leistung um Klassen besser ist als seine hiesigen Co-Stars. Nicht meckern kann man über Bollywood-Star Gulshan Grover als Kumar, der inzwischen auch den Pazifik erfolgreich überquert hat und in mehreren US-Produktionen (Roger „Battlefield Earth“ Christians „Prisoners of the Sun“, „Blind Ambition“, „Nephilim“) vor der Kamera steht. Kurios, wie erwähnt, die Mini-Rolle als abgewiesene Nanny-Bewerberin, mit der Sherlyn Chopra, mittlerweile leading lady in Bollywood, ihr Filmdebüt feiert. Am besten nix sage ich über Kinderdarsteller Stefan Djordjevic.

Bildqualität: SchröderMedia/Laser Paradise legen uns den Streifen als Budget-Disc in passablem, aber auch nicht aufregendem Vollbild vor. Ist ungefähr das, was man bei einer Ramschtisch-VÖ guten Gewissens erwarten kann, ohne sich zu ärgern, sprich akzeptabler Durchschnitt.

Tonqualität: Neben einer mittelprächtig gelungenen deutschen Synchro, bei der vor allem die Nebenfiguren mit hochmotivierten Sprechern geplagt sind, in Dolby 5.1, findet sich überraschenderweise auch englischer O-Ton in Dolby 2.0 an.

Extras: Der Trailer wird mitgeliefert, das war’s dann auch.

Fazit: Schade, mit Jack Sholder verabschiedet sich also ein weiterer meiner Jugend-B-Film-Regie-Helden endgültig in Richtung Bedeutungslosigkeit. „Beeper“ ist nicht mehr als ein lascher Aufguss von Motiven, die schon der gute alte Hitch kannte, ohne Inspiration, ohne Herzblut, ohne Leidenschaft, ohne den erkennbaren Willen, wirklich einen spannenden, suspensehaltigen Thriller oder zumindest einen ordentlich krachbummenden Actionfilm zu machen. „Beeper“ ist einfältig, unaufgeregt und unaufregend und spielt sich insgesamt eher wie ein SAT1-TV-Film als die dynamische Rückmeldung des Mannes, der uns „The Hidden“ geschenkt hat. Sorry, Jack, and happy retirement.

1/5
(c) 2009 Dr. Acula


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