Beautiful Creatures

 
  • Deutscher Titel: Beautiful Creatures - Eine unsterbliche Liebe
  • Original-Titel: Beautiful Creatures
  •  
  • Regie: Richard LaGravenese
  • Land: USA
  • Jahr: 2013
  • Darsteller:

    Aiden Ehrenreich (Ethan Wate), Alice Englert (Lena Duchannes), Jeremy Irons (Macon Ravenwood), Viola Davis (Amma), Emmy Rossum (Ridley Duchannes), Thomas Mann (Link), Emma Thompson (Mrs. Lincoln/Sarafine), Eileen Atkins (Gramma)


Vorwort

Gatlin ist eine verschlafene Kleinstadt im tiefsten South Carolina, eine Brutstätte des konservativen Bibelwerfertums, das vermutlich sogar der Westboro Baptist Church ein wenig zu reaktionär wäre. Kein Wunder also, dass der junge Ethan, eifriger Leser aller in der Gemeinde verbotenen Bücher (und das sind so ziemlich alle außer der Bibel), die Sekunden bis zu seinem High-School-Abschluss zählt, um sich dann auf ein College, dessen wesentliche Eigenschaft es sein sollte, möglichst weit weg von Gatlin zu sein, verpissen zu dürfen.

Doch bevor es soweit kommt, wird die Gemeinde anderweitig aufgemischt – es erscheint Lena Duchannes, die Enkelin von Macon Ravenwood, einem Nachfahren der Stadtgründer, der sich seit Jahren außerordentlich rar macht und von den frommen Bürgern mindestens für einen Satanisten, wenn nicht schlimmeres gehalten wird. Und Lena eilt von ihren zahlreichen Schulwechseln her ebenfalls alles andere als ein guter Ruf voraus. Schon logisch, dass der örtliche Rebell sich zu der von so ziemlich allen gemobbten „Hexe“ hingezogen fühlt. Nach leichten Anlaufschwierigkeiten beruht diese Attraktion durchaus auf Gegenseitigkeit, allerdings ist Opa Macon ungefähr ähnlich angetan von der sich anbahnenden Beziehung wie der Rest Gatlins, nur aus so diametral gegensätzlichen Gründen.

Ethan findet schließlich auch heraus, warum das so ist – die Ravenwoods und demzufolge auch die Duchannes sind tatsächlich so etwas wie Hexer, auch wenn sie sich „Caster“ nennen. Jeder Caster hat eine paranormale Fähigkeit, in Lenas Falle ist es die Kontrolle des Wetters. Nun steht allerdings Lenas 16. Geburtstag an und das ist der Tag, an dem sich entscheidet, ob ein Caster von der Seite des Lichts oder der Seite der Dunkelheit „berufen“ wird. Blöderweise leidet die Familie seit einigen Generationen unter einem Fluch, wonach alle weiblichen Familienmitglieder der dunklen Seite anheim fallen (und im Gegensatz zu den Herren der Schöpfung, die auch nach ihrer Berufung noch die Seite wechseln können, wie z.B. Macon, der eigentlich ein dunkler Caster ist, seine Fähigkeiten aber doch in den Dienst des Lichts gestallt hat, haben die Tussis diese Willenspower nicht) – deswegen ist Macon strikt dagegen, dass sich Lena mit einem gewöhnlichen Sterblichen einlässt.

Wie sich das für einen ordentlichen Romeo-und-Julia-Verschnitt gehört, lassen sich die jungen Liebenden davon nicht abhalten – und als Ethan herausfindet, dass Bibliothekarin Amma nebenberuflich auch „Hüterin“ der Caster und Verwalter der Caster-Zentralbibliothek ist, machen sich die drei daran, nach Mitteln und Wegen zu suchen, den Fluch zu brechen. Kontraproduktiv ist das Auftauchen von Lenas Mutter Sarafina, die den Körper der örtlichen Oberbibelwerferin Mrs. Lincoln übernimmt, und Lenas Schwester Ridley, beides dunkle Casterinnen, die sicher gehen wollen, dass Lena auch wirklich für das Finsternis-Team spielen wird. Alles kulminiert an Lenas Geburtstag – ein Tag, an dem rein zufällig auch ganz Gatlin auf den Beinen ist, um eine historische Bürgerkriegsschlacht nachzustellen…


Inhalt

Ja, das ist eigentlich überhaupt nicht meine Baustelle. Ich bin nicht die Zielgruppe für „romantic fantasy“ im Fahrwasser des „Twilight“-Schmarrns, und unter normalen Umständen würde ich mir solchen Krempel auch nicht ankucken – hin und wieder allerdings muss man auch der besseren Hälfte einen Gefallen tun und mal etwas mitschauen (dafür kann ich ihr dann wieder mal `nen Asylum-Film unterjubeln. Give a little, take a little).

„Beautiful Creatures“ basiert auf dem „Weltbestseller“ von Kami Garcia und Margaret Stohl, von dem ich als Verächter des Genres natürlich noch nie etwas gehört habe. Man erwarte von mir daher keine tiefschürfenden Ausführungen zu Werktreue etc. (nur so viel: natürlich wurde genug geändert, um die Fans der Vorlage auf die Barrikaden gehen zu lassen), aber vielleicht habe ich so zumindest den Vorteil, unvoreingenommen an die Sache herangehen zu können (so unvoreingenommen ich bei einem Genre, das meinen Sehgewohnheiten praktisch diametral entgegensteht, sein kann).

Das romantic-fantasy-Rezept ist ja sehr simpel (weswegen es sogar von Schmalbirnen wie Stephanie Meyer ausgebeutet werden kann [note: von „gekonnt ausgebeutet“ habe ich keinen Piep gesagt]), man nehme zwei attraktive Hauptfiguren, die zueinanderkommen wollen, aber es aus irgendeinem vage definierten paranormalen Grund nicht können oder dürfen und fertig ist die Soße. Wo die „Twilight“-Saga von dieser Prämisse bis zum, hihi, Happy End satte fünf Filme brauchte, begnügt sich „Beautiful Creatures“ mit einer zweistündigen Strecke (was dann auch rein zufälligerweise so ungefähr die Zeitspanne ist, die ich selbst aus partnerschaftlichem Pflichtgefühl bereit bin, in die Sichtung eines Fantasysliebesschmus zu investieren).

Adaptiert wurde die ganze Chose von Richard LaGravenese, immerhin Drehbuchautor von Terry Gilliams vielgeliebter Fabel „König der Fischer“, Clint Eastwoods Romantik-Ausflugs „Die Brücken am Fluss“ und von Steven Soderbergh angeheuerter Schreibscherge für dessen Liberace-TV-Biopic. Ein Mann also, dessen Schreibe nicht gerade von den schlechtesten Regisseuren geschätzt wird, und der auch selbst schon einige Male auf dem Regiestuhl hockte, am bekanntesten dürfte wohl bei geplagten Ehemännern und Freunden das Gerard-Butler-Rührstück „P.S. Ich liebe dich“ sein. Sieht also auf den ersten Blick nach keiner schlechten Wahl aus und auch wenn LaGravenese zum Leidwesen der Fans Figuren verschmolz, Handlungsstränge wegließ und ggf. frei fabulierte, bescheinige ich ihm als Genreverächter insgesamt einen ganz guten Job abgeliefert zu haben.

Für’s Genre ist „Beautiful Creatures“ nämlich recht sozialverträglich ausgefallen – natürlich liegt das zu einem guten Teil schon daran, dass Garcia und Stohl ihren Roman recht bewusst als „progressive“ Antwort auf den platten Mormonen-Konservatismus von „Twilight“ angelegt haben. Toleranz, Akzeptanz und Entscheidungsfreiheit sind die drei zentralen Pfeiler der „Beautiful Creatures“-Philosphie, ganz im Gegensatz zu den 18.-Jahrhundert-Idealen und-Geschlechterrollen, die Stephanie Meyer ganz offensichtlich als nacheifernswert erachtet. Nicht von ungefähr ist der erste große „Antagonist“ im Film die Gemeinde Gatlin und ihr verknöchert-reaktionärer, sich nach den Zeiten der glorreichen Konföderation (als die Kerle sich auf dem Schlachtfeld beweisen konnten und die Frauen damit zufrieden waren, gut auszusehen) zurücksehnende Strukturkonservatismus, in dem von Bukowski bis Vonnegut alles verboten ist, was auch nur einen Hauch rebellischer Attitüde mit sich bringt, und wo Leute wie der freidenkende Ethan oder die klassische Außenseiterin Lena überall anecken – nicht, dass die Caster-Parallelgesellschaft wesentlich besser wäre; ein wesentlicher Punkt der Story ist, dass die sexistische Einstellung, dass Frauen zu willensschwach wären, um ihrer vorgegebene Berufung entgegenzutreten, widerlegt wird.

Das ist für ein Genre, in dem gemeinhin die Mädchen darauf warten, bis ihnen der Traumprinz auf dem silbernen Tablett serviert wird, in der Tat eine geradezu fortschrittlich-liberale Denke, ein hehres Anliegen und automatischer Pluspunkt, allerdings nicht unbedingt Garantie für einen unterhaltsamen Film. Und das ist dann auch die große Schwäche des Opus, über weite Strecken ist der Konflikt zu abstrakt, zu sehr auf der breiten philosophisch-sozialen Ebene angesiedelt und wiewohl ich vielen „Twilight“-Fans die Aussagen *dieses* Films gerne ins Stammbuch schreiben würde, macht es nicht unbedingt mitreißendes Entertainment aus, auch wenn Garcia, Stohl und LaGravenese ihre Plotte sicher gern auf Augenhöhe mit einer GROSSEN EPISCHEN LIEBESGESCHICHE a la „Romeo und Julia“ oder „West Side Story“ sehen würden. Es *passiert* einfach nicht viel, und bis sich so etwas wie ein echter, feststellbarer *Plot* einstellt, der über „sie wollen, alle anderen nicht“ hinausgeht, ist der zweite Akt schon rum. Und selbst dann ist es kein sonderlich aufregender Plot – Sarafine und Ridley haben keinen größeren Masterplan als sicherzugehen, dass Lena tatsächlich zur dunklen Casterin wird. Nicht nett, aber nun nicht gerade auf dem gleichen Level wie globaler Genozid, Erweckung Cthulhus oder Produktion von Kim-Kardashian-Realityshows. Das „Schlimmste“, was passieren kann, ist das Ethan und Lena nicht zueinander finden und obschon das natürlich für die beiden persönlich tragisch wäre, ist’s nun nicht grad eine Katastrophe vor dem Herrn (immerhin ist dadurch auch stimmig, dass Ridley ungestraft davon kommt, obwohl sie als einzige sogar einen Mord auf dem Gewissen hat).

In der Erkenntnis, dass die Story insgesamt ein wenig dünn ist (und vielleicht auch ein wenig aus Angst vor der eigenen Courage, was die Anti-„Twilight“-Einstellung angeht), packen Garcia und Stohl die dicke Reinkarnations-Nummer aus. Lena und Ethan sind reinkarnierte Liebhaber aus Bürgerkriegstagen. Ethan wurde in der Schlacht getötet, Lenas Urahnin brachte ihn mit einem verbotenen Cast ins Leben zurück, wurde umgehend böse und tötete den Ur-Ethan wieder. Anstatt der Geschichte durch das „jahrhunderte alte Liebe“-Gedöns, das schon Boris Karloff dereinst plagte, die gewünschte episch-tragische Komponente zu geben, untergräbt das eher die Aussage vom „freien Willen“ (wir erinnern uns, quasi die singuläre raison d’etre des Films), wenn unsere Protagonisten nun doch wieder „nur“ ein seit hundertfuffzich Jahren „vorbestimmtes“ Schicksal erfüllen. Nunja. Das kommt wohl bei der Zielgruppe an.

Was der ganzen Chose weiterhilft, ist ein netter Sinn für trockenen, gern mal ganz von der Seite kommenden Humor, da sind einige echte schöne Lacher versteckt, die verhindern, dass das Treiben zu verkitscht wird. Nicht ganz so begeistert bin ich von der Figur Ammas – ich bin keiner, der ständig mit der RASSISMUS!!!11-Karte wedelt, aber wenn die einzige schwarze Figur des Films *natürlich* eine Voodoo-Mutti mit Faible für scarification ist, darf man das wohl schon für ein wenig unglücklich halten (für Absicht halte ich’s nicht).

Die handwerkliche Seite lässt wenig Grund zur Kritik zu – mit 60 Millionen Dollar ist „Beautiful Creatures“ für eine große Kinoproduktion nicht gerade üppig budgetiert (ich hatte mich seinerzeit beim 20-Mio-Budget von „Gattaca“ aufgeregt, was man „heutzutage“ low budget nennt. Little did I know…). Die Kameraarbeit von Veteran Philippe Rousselot („Big Fish“, „Interview mit einem Vampir“, „Sherlock Holmes“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“, „Diva“) ist über alle Zweifel erhaben und bietet einige berückend schöne Bilder, der Score von Thenew2 ist gefällig und das Set Design zaubert einige fulminate Kulissen hin (das Interior der Ravenwood-Villa ist spektakulär). Dramaturgisch laboriert der Film an seinem plotfreien Durchhänger im zweiten Akt, da hätte man schon ein wenig straffen können und sollen. Die visuellen Effekte sind okay, aber auch nicht mehr – es ist erschreckend, wenn man feststellen muss, dass man bei einer 60-Mio-Dollar-Produktion offenkundig keine state-of-the-art-FX erwarten darf.

Bei den leads mühte man sich um neue, frische Gesichter. Alden Ehrenreich („Stoker – Die Unschuld endet“) ist erfreulicherweise keines der typischen pretty-boy-Milchgesichter, sondern geht als „normal guy“ durch. Schauspielerisch macht er seine Sache gut und mit Alice Englert („Ginger & Rosa“), die auch einen selbstkomponierten Song zum Soundtrack beisteuert, verbindet ihn auch glaubwürdige Chemie. Beide liefern keine Performances an, an die man sich in alle Ewigkeit erinnern wird, aber es ist deutlich besser als Kirsten Stewarts non-acting und Robert Pattinsons sichtliches Emo-Desinteresse in den „Twilight“-Filmen (beurteilt anhand der Ausschnitte, die ich aus der „Vampirsaga“ gesehen habe). Ein bisschen mehr Feuer bringt allerdings Emmy Rossum („The Day after Tomorrow“, „Das Phantom der Oper“, „Dragonball Evolution“, „Shameless“) mit, die in der Rolle der Ridley leider nicht wahnsinnig viel zu tun hat. Viola Davis („Ender’s Game“, „The Help“, „Disturbia“), eine anerkannt gute Schauspielerin, die nicht immer grandiose Rollen abstaubt, ist als Klischee-Amma verschwendet. In einer kleinen Nebenrolle gibt’s den vielbeschäftigten character actor Pruitt Taylor Vince („Natural Born Killers“, „S1m0ne“, „Deadwood“, „Constantine“, „Drive Angry“) zu sehen.

Ausgespart hab ich bislang die beiden großen Stars des Films – Jeremy Irons und Emma Thompson. Während Mr. Irons eine darstellerische Leistung abliefert, die deutlich sichtbar macht, dass ihm – um bei Douglas Adams mal wieder eine Formulierung auszuleihen – auf Anhieb 5000 Orte einfallen würde, an denen er gerade lieber wäre als am Set, und das sind nur die auf dem gleichen Längengrad (also leider nicht an seine Overacting-Orgie aus „Dungeons & Dragons“ heranreicht), macht Emma Thompson aus ihrem Schauspielerherzen keine Mördergrube, sondern liefert in der Sort-of-Doppelrolle der Mrs. Lincoln und Sarafine das ab, was ich eigentlich von Irons erwartet habe – eine all-in-over-the-top-Dekolletée-sprengende-Performance, der der Irrsinn aus jeder Pore tropft. Das macht Laune!

Bildqualität: Concordes DVD bringt den Film in exzellentem 2.40:1-Widescreen (anamorph), das die Bildkompositionen ausgezeichnet zur Geltung bringt. Gute Schärfe- und Kontrastwerte, lebendige Farben.

Tonqualität: Englischer (Dolby 5.1) und deutscher (DTS 5.1, Dolby 5.1) Ton. Die deutsche Synchro ist nicht überwältigend gut (insbesondere was Ehrenreich angeht), aber im Rahmen des Üblichen. Die Heimkinoanlage wird mangels Sound-FX-Gewitter sicherlich nicht ausgereizt, aber wenn’s laut sein soll, ist’s immer noch klar und differenziert. Optionale deutsche Untertitel werden mitgeliefert.

Extras: Deleted Scenes, Behind-the-Scenes-Featurette, deutscher und US-Trailer.

Fazit: “Beautiful Creatures” entpuppt sich insgesamt als erfreulich schmerzlos konsumierbare romantic fantasy, die der Zielgruppe sicherlich positivere Werte vermittelt als es „Twilight“ tut, und auch Testikel-Inhaber nicht vor eine unlösbare Geduldsprobe stellt. Das trockene Humorverständnis und Emma Thompsons exaltierte Performance sind Pluspunkte in einem routiniert gearbeiteten (und bildschön fotografierten) Film, den man von Machart und Wirkung beinahe als „Tim Burton light“ bezeichnen könnte. Dramaturgische Durchhänger im Mittelpart und ein leider nicht zu over-the-top-Antics zu bewegender Jeremy Irons sind auf der Sollseite zu verbuchen, aber wenn man sich schon von seiner Freundin/Frau hat überreden lassen, mal was für’s Herz zu kucken, dann ist „Beautiful Creatures“ keine schlechte Wahl.

3/5
(c) 2014 Dr. Acula


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