Batman: The Killing Joke

 
  • Deutscher Titel: Batman: The Killing Joke
  • Original-Titel: Batman: The Killing Joke
  •  
  • Regie: Sam Liu
  • Land: USA
  • Jahr: 2016
  • Darsteller:

    Sprecher (engl. Oriiginalfassung):
    Kevin Conroy (Batman), Mark Hamill (Joker), Ray Wise (Commissioner Jim Gordon), Tara Strong (Barbara Gordon/Batgirl), John DiMaggio (Francesco), Robin Atkin Downes (Det. Bullock), Brian George (Alfred), JP Karliak (Reese), Andrew Kishino (Murray), Nolan North (Mitch), Maury Sterling (Paris), Anna Vocino (Jeannie)


Vorwort

Seit einiger Zeit arbeitet Batman mit Barbara Gordon als Batgirl zusammen. Babs ist von dem Arrangement allerdings leicht genervt, da die olle Fledermaus sich ordentlich paternalistisch benimmt und ihr Alleingänge strikt untersagt. Als die Partner einen von „Paris France“, dem Neffen des lokalen Mafiaoberpaten Francesco, orchestrierten Raubüberfall vereiteln, verkuckt sich der Gangstersohn, dem die Flucht gelingt, in die Verbrechensbekämpferin. Batman schwant übles, erst recht, als Paris beginnt, Batgirl persönliche Botschaften zu schicken, und befiehlt Barbara deswegen unverblümt, sich aus dem Fall herauszuhalten. Was natürlich wie üblich das genaue Gegenteil bewirkt – Paris führt Batgirl zur Leiche seine – von ihm selbst umgelegten – Onkels. Der Ganove will die Sache ganz offensichtlich zu einer persönlichen Angelegenheit machen, und wie das enden kann, weiß Batman nur zu gut. Ein Streit über den Dächern Gothams führt zu einer unerwarteten, aber nichtdestoweniger aufregenden Liebesnacht zwischen den Fledermäusen, die aber postkoital einen Keil zwischen die Partner treibt, die beide wissen, dass das nicht unbedingt ne exzellente Idee war. Batman gerät in einen von Paris organisierten Hinterhalt und Batgirl schreitet zur Rettung, doch als sie Paris schließlich gegenüber steht, verliert sie, wie von Batman befürchtet, die Kontrolle…

Barbara zieht sich ob dieser Umstände von der aktiven Verbrechensbekämpfung zurück. Einige Tage später stolpert die Polizei über einen drei Jahre alten Mordschauplatz – vier seinerzeit vermisste Convention-Besucher werden tot gefunden, offenbar Opfer des Joker. Der sitzt wegen anderer Dinge schon seit zwei Jahren in Arkham ein. Batman will den Psychopathen konfrontieren, ahnt er doch, dass die persönliche Feindschaft zwischen ihnen früher oder später dazu führen wird, dass der eine den anderen umbringt, und einen Weg finden, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Nur ist der Joker längst aus Arkham entkommen und hat nur einen Ersatzmann dort zurückgelassen. Und er schmiedet bereits neue Pläne.

Der Clown Prince of Crime erinnert sich an seine (oder eine mögliche) Vergangenheit – als harm- und erfolgloser stand-up-Comedian versuchte er, seine schwangere Frau zu versorgen und ließ sich deswegen darauf ein, ein paar Gangster bei einem Einbruch an seinem früheren Arbeitsplatz, einem Chemielabor, zu führen. Unmittelbar vor der Aktion wurde er vom Unfalltod seiner Frau informiert. Er versuchte, aus dem Deal auszusteigen, aber die Gangster ließen ihn nicht von der Angel. Der Raubzug wurde von Batman gestört – unser Komiker stürzte in heller Panik in eine chemische Leitung, die sein Gesicht bleichte und seine Haare färbte… der Joker war geboren.

Und nun will er etwas unter Beweis stellen – nämlich dass jeder, der von einem „schlimmen Tag“ so aus der Bahn geworfen wird, zwangsläufig die Grenze zum Wahnsinn überschreitet. Er besucht die Gordons, schießt Barbara nieder, die gelähmt bleibt, und entführt mit seiner angeheuerten Bande aus Zirkusfreaks den Commissioner, um ihn durch Psychofolter in den Wahnsinn zu treiben. Batman versucht verzweifelt, den Joker aufzuspüren, doch der will dieses Spiel nur unter seinen Bedingungen spielen – erst eine „Einladung“ des Grünhaarigen führt den Schrecken, der die Nacht durchflattert, auf die richtige Spur…


Inhalt

„The Killing Joke“ von Alan Moore ist eines der essentiellen Batman-Comics. Zusammen mit Frank Millers „The Dark Knight Returns“ und „Batman: Year One“ formte der 1988 erschienene Band nachhaltig die moderne Charakterisierung des Dunklen Ritters und wirkte sich, obwohl eigentlich ein nicht-kanonischer one-shot, nachhaltig auch auf die offiziell „zählenden“ regulären DC-Comics aus (die origin story des Joker, wie hier etabliert, gilt heute weitgehend als „die richtige“ und inspirierte sowohl den Jack-Nicholson- als auch den Heath-Ledger-Joker; und Barbara Gordons Lähmung durch die Kugel des Joker schlug sich im DC-Mainstream nieder, führte zu Barbaras neuer Helden-Identität als „Oracle“ und dem beliebten, aber mit dem New-52-Reboot wieder annullierten „Birds of Prey“-Team-up). Generell stellten Moore und Miller damals unter Beweis, dass Superheldencomics mehr sein konnten als billiger Eskapismus und Wish-Fulfillment für Kids, sondern „edgy“ und kontrovers sein konnten, in der Lage waren, sich schweren moralischen und ethischen Fragen zu stellen und psychologisch fundierte und mehrdimensionale Charaktere in den Mittelpunkt zu rücken.

Moore selbst zeigte sich im Nachhinein nicht zufrieden mit dem Buch – was bei dem alten Zauselgriesgram letztlich aber auch keine große Überraschung ist. Der Maestro bekundete, dass das Buch nichts wirklich Interessantes zu sagen hätte, schlampig, fehlgeleitet und ohne menschliche Wichtigkeit sei. „Es waren nur ein paar lizenzierte DC-Charaktere, die nicht wirklich mit der echten Welt verbunden sind.“ Ebenfalls hielt Moore es rückblickend für einen Fehler, Barbara Gordon gelähmt zu haben und wünschte sich, die DC-Führungsebene hätte ihm das damals verboten (nach seiner Erinnerung antwortete der damalige DC-Chefeditor Len Wein auf Moores entsprechende Frage: „Yeah, let’s cripple the bitch.“). Gerade die Behandlung Barbara Gordons brachte dem Comic einiges an Kritik ein, da die entsprechende Szene, so wie sie im Comic geschildert wird, wunderbar in das „women in refrigerators“-Trope passt (wonach der Tod oder die Verstümmelung/Verletzung weiblicher Charaktere in Superheldencomics lediglich ein billiges Mittel sind, um den Protagonisten zu motivieren, die Figur selbst aber keine dramaturgische Bedeutung hat).

Überwiegend feierten sowohl Kritik als auch Fans „The Killing Joke“ jedoch als Meisterwerk, nicht nur, was Moores Geschichte, sondern auch Brian Bollands Artwork angeht. Die Forderungen nach einer Filmadaption verhallten jedoch lange ungehört – 2009 nahm Bruce Timm, bei Warner/DC verantwortlich für das „Animated Universe“ erstmals einen Versuch in Angriff, das Projekt wurde jedoch wegen der Underperformance der Big-Budget-Moore-Adaption „Watchmen“ erst mal auf Eis gelegt. Mark Hamill, der in einigen der besten DCAU-Filme den Joker gesprochen hatte und eigentlich, da die Rolle für seine Stimmbänder außerordentlich beanspruchend ist, den Charakter nicht noch einmal spielen wollte, gab schließlich bekannt, dass er nur für eine „Killing Joke“-Adaption zur Rolle zurückkehren würde und forderte die Fans auf, eine entsprechende Petition an Warner/DC zu richten. Dort war man für das Vorhaben schließlich empfänglich genug, um 2015 die Produktion zu starten – mit Hamill als Joker und Kevin Conroy als Batman. Auch Ray Wise als Gordon und Tara Strong als Batgirl nahmen nach längeren Pausen die von ihnen bereits gespielten Parts wieder auf.

Nun sahen sich Timm und sein Team allerdings vor ein Problem gestellt – „The Killing Joke“ ist gerade 48 Seiten lang – schwerlich genug Material für einen abendfüllenden Film (selbst im 70-80-Minuten-Bereich, in dem die meisten DC-Animated Movies einticken), außer man bläht die Geschichte irgendwie auf und riskiert damit, dass sie ihren Punch verliert. Man verfiel daher auf eine erst mal nicht völlig abwegige Idee: die Kritik am Umgang mit Barbara Gordon resultiert primär daraus, dass sie im Comic nur existiert, um niedergeschossen zu werden. Sie spielt weder vorher noch nachher eine Rolle in der Geschichte. Die Idee war nun, in einer Art Prolog die Beziehung zwischen Batgirl/Barbara und Batman zu vertiefen, einerseits also begreiflicher zu machen, warum Batman sich für Barbara verantwortlich fühlt und andererseits durch die Darstellung von Batgirl als vorzügliche Athletin und Kämpferin klar zu machen, wie extrem Barbaras Leben durch die Lähmung zukünftig verändert sein wird, kurz gesagt also Barbaras Rolle in der Story vom „woman in the refrigrator“ deutlich zu einer wichtigen, zentralen Figur auszubauen – in einer der wenigen wirklich deutlichen Abweichungen vom Comic ist auch nicht der Joker „narrator“ der Geschichte, sondern eben Barbara Gordon. Wie gesagt – der dieser Idee zugrundeliegende Gedanke ist nicht verkehrt, die Ausführung allerdings ist eine gelinde Katastrophe.

Die fast 30 Minuten des Prologs verbinden sich null und gar nicht mit der „Killing Joke“-Geschichte – es ist, als ob man zwei voneinander völlig unabhängige Batman-Episoden ansieht, die bis auf einige Charaktere keine Gemeinsamkeiten haben. Die Absicht, Barbara für den „Killing Joke“-Part *wichtiger* zu machen, wird in keiner Sekunde verwirklicht, zumal der Versuch, Paris France und seinen Crush auf Batgirl zu einer persönlichen Privatfehde, wie sie Batman und eben z.B. der Joker pflegen, zu stilisieren, nicht im Geringsten überzeugen kann. Zwar verfügt dieser Teil des Films über ein paar solide Action-Szenen (sicher auch gerade deswegen, weil der eigentliche „Killing Joke“ recht arm an Action ist), aber wenn man quasi „unbelastet“ an den Film geht und nur von der Genialität der Comic-Vorlage gehört haben mag, wird man sich schon eine ganze Weile fragen, was das Gedöns denn nun soll.

Und natürlich müssen wir über den Elefanten im Raum sprechen – die Sexszene zwischen Barbara und Batman. Die ist erfreulicherweise wenigstens trotz des R-Ratings nicht explizit, aber natürlich dennoch, wie Alan Moore sagen würde, „fehlgeleitet“ – zumal das nicht nur ob der bis dahin dargestellten Mentor-Schüler- bzw. „Vater-Tochter“-Beziehung einen gewissen unappetitlichen Beigeschmack hat, sondern auch ganz direkt deswegen, weil Barbara gerade versucht, sich von den wohlgemeinten, aber sie einengenden Vorgaben Batmans freizumachen und quasi als „Belohnung“ für den Streit, der in Batmans durchaus missbräuchlich zu nennendem Verhalten, Sex rumspringt. Stockholm-Syndrom much?

Immerhin – der Sex bleibt nicht folgenlos, belastet die Beziehung der beiden und ist letztlich auch ein Mosaikstein in Barbaras Entscheidung, ihr Superhelden-Alter-ego an den Nagel zu hängen und zwangsläufig dadurch auch die Nähe zu Batman aufzugeben. Dafür kann man zumindest mal nen halben Anerkenntnispunkt vergeben.

Zum „Killing Joke“-Teil selbst – da könnte man eigentlich jedes beliebige Review des Comics einsetzen. Im Bestreben, die Fans der Vorlage nicht zu vergrätzen, gingen Bruce Timm und Regisseur Sam Liu keinerlei Risiko ein und hielten sich sklavisch an Moore und Bolland – auch wenn das Artwork gegenüber Bollands realistischen Stil stark simplifiziert wurde, sicher auch, um sich an den look & feel des etablierten animated universe und der diversen Batman-TV-Trickserien zu halten, erkennt man das Bestreben, ikonische Panels, Charakterdesign und Dialoge praktisch 1:1 zu übernehmen (wer die Comicvorlage nicht kennt, kann das anhand der kurzen, aber durchaus informativen making-of-featurette im Bonusmaterial abgleichen, in der einige dieser Szenen exemplarisch ihren Comic-Vorbildern gegenübergestellt werden). Kann man natürlich für lobenswerte Werktreue halten, andererseits – wenn eine Adaption so wirklich *gar nicht* versucht, ihrer Vorlage neue Aspekte abzugewinnen, eine eigene Identität zu finden, etwas überraschendes, unerwartetes zu machen, kann man sich natürlich auch die Frage stellen, welchen Sinn es hat, sich den Film anzusehen, wenn man genauso gut den Comic lesen könnte, ohne dabei etwas zu verlieren (den Batgirl-Prolog mal außen vor gelassen, aber der tut, wie gesagt, ja eh nicht wirklich was zur Sache). Es gibt ein paar kleinere gute Ideen wie Rückgriffe auf Ikonographie aus wichtigen Batman-Comics und den Realfilmen in der Psychofoltersequenz und Auflockerung durch eine kleine crazy Gesangseinlage des Jokers, aber im Endeffekt ist „The Killing Joke“ wirklich nicht mehr als das animierte Comicbuch. Das mag manchen vielleicht reichen, ist aber für die fast dreißig Jahre lang herbeigesehnte Filmfassung des Stoffs ein bisschen wenig. Tiefschürfendere Erkenntnisse über die psychologische Seite des ewigen Konflikts zwischen Fledermaus und Clown, die Frage, ob beide nicht doch verschiedene Seiten der gleichen Medaille sind (ein Thema, das den Batman-Kosmos seit „Killing Joke“ permanent durchzieht und gerade auch bei Nolan aufgegriffen wurde) über die, die im Comic bereits aufgeworfen wurden, findet man nicht.

Von der technischen Seite liegt „The Killing Joke“ – man möchte sagen leider, weil man sich bei einem Prestige-Titel doch etwas mehr Sorgfalt erhofft hätte – auf dem Level der jüngeren DCAU-Filme – die klassische 2D-Animation ist okay, aber eben auch nicht mehr (und den Standard hatten auch schon die Batman-Trickserien der 90er), die eingebauten 3D-CGI-Modelle für Fahrzeuge oder Backdrops fallen als solche auf. Das Charakterdesign orientiert sich, wie gesagt, stark an der Comic-Vorlage, jedoch eben deutlich vereinfacht, cartooniger, was vielleicht auch etwas den Punch herausnimmt, weil die Gewalt, ruppig genug, um sich das R-Rating redlich zu verdienen, eben dann doch nicht so graphisch-realistisch ist, um da zu treffen, wo’s weh tun soll (mein einziger wirklich deutlicher Kritikpunkt ist, dass die siamesischen Zwillinge der Vorlage zu einer Frau mit zwei Köpfen umgestaltet wurde, und die sieht doof aus). Keine Einwände habe ich gegen den Score, der ist gut, wie auch der Joker-Song durchaus zu seinem Charakter passt.

Die Stärke des Films liegt zweifellos in seinem voice-acting (zumindest in der englischen Originalfassung, die man just deswegen präferieren sollte). Kevin Conroy ist nun mal *der* animierte Batman, wie auch Mark Hamill *der* animierte Joker ist. Veteran Ray Wise erledigt einen ordentlichen Job als Jim Gordon und auch gegen Tara Strong als Batgirl/Barbara ist nichts zu sagen. Der supporting cast liegt zwischen „geht so“ und „absolut in Ordnung“.

Die Blu-Ray von Warner bietet als Bonus noch zwei Joker-Folgen aus den animierten Serien, eine Fülle von Trailern und „sneak peeks“ auf zukünftige DCAU-Filme, eine Featurette über die Aufnahme des Scores und die erwähnte Featurette über den kreativen Prozess in der Produktion des Films.

Die Kritiken zu „Killing Joke“ als Film sind größtenteils verheerend und ich kann verstehen, woher die Abneigung kommt – der Film hat das dramaturgische Problem seiner Zweiteilung und da insbesondere des uninteressanten Prologs, und fügt dem „Mythos“ der Comicvorlage nichts neues hinzu. Hat man diese Erwartungshaltung, dass die Filmfassung dem Stoff unbedingt eine neue Dimension hinzufügen muss, nicht, kann man sich aber auch mit dieser Version ganz gut unterhalten. Man mag etwas amüsiert sein, wieso diese verhältnismäßig kleine Geschichte diesen monumentalen Ruf genießt, kann sich aber auf jeden Fall an den stimmlichen Leistungen von Conroy und Hamill erfreuen – und sich das Lesen des Comics ersparen, falls man’s noch nicht getan hat…

© 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 6


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