Barret – Das Gesetz der Rache

 
  • Deutscher Titel: Barret - Das Gesetz der Rache
  • Original-Titel: The Joshua Tree
  • Alternative Titel: Army of One |
  • Regie: Vic Armstrong
  • Land: USA
  • Jahr: 1993
  • Darsteller:

    Dolph Lundgren (Wellman Anthony Santee), George Segal (Lt. Franklin L. Severence), Kristian Alfonso (Rita Marek), Geoffrey Lewis (Sheriff Cepeda), Beau Starr (Jack „Rudy“ Rudisill), Michelle Phillips (Esther Severence), Matt Battaglia (Michael Agnos), Michael Paul Chan (Jimmy Shoeshine), Ken Foree (Eddie Turner)


Vorwort

Schlechter Tag für den Trucker Wellman Anthony Santee und seinen Partner Eddie Turner – eine Routinepolizeikontrolle wegen eines platten Reifens endet überraschend in einem Blutbad. Der Highway-Cop und Eddie liegen tot im Straßenstaub und der schwer angeschossene Santee ist, zumindest was den Cop angeht, dringend tatverdächtig. Das sieht dann auch die Justiz so und verknackt ihn zu schwerem Kerker, zumindest, sobald er wieder soweit hergestellt ist, das Gefängiskrankenhaus verlassen zu können.

Dass nicht alles koscher abgelaufen ist, beweist sich, als während des Transports ins Straflager ausgerechnet die transportierenden Wärter versuchen, Santee umzubringen. Dem Gefangenen gelingt die Flucht, was Detective Severence und seinen Partner Rudi, die ihn überhaupt erst hinter Gitter gebracht haben, begreiflicherweise wurmt.

Santee schlägt sich zu einer Tankstelle nebst Diner durch, wo er die hübsche Rita, die gerade mit ihrem Freund Michael Schluss gemacht hat, als Geisel nimmt, hauptsächlich wegen ihres fahrbaren Untersatzes. Das hätte er sich womöglich anders überlegt, hätte er gewusst, dass sowohl Rita als auch Augenzeuge Michael Deputy Sheriffs sind…

Rita hält sicherheitshalber erst mal die Klappe und kuckt, was ihr Entführer so eigentlich vor hat. Das wäre zunächst ein Besuch beim eigenen Erzeuger, der vom verkorksten Junior auch nicht wahnsinnig viel hält und daher mit vorgehaltener Schrotflinte zur Kooperation gezwungen werden muss. Nach diversen Verfolgungsjagden durch die Wüste und die nahe Stadt wird, während Detective Severence eine amtliche Menschenjagd nach Santee in Auftrag gibt, langsam klar, was Santee will. Mit Eddie befleißigte er sich der ehrbaren Arbeit eines Klau-Auto-Schiebers und wünscht nun, nach dem Mord an Eddie und seiner eigenen Verknackung für den Mord am Highway-Cop – den er nicht begangen hat -, die ausstehende monetäre Vergütung von seinem früheren Auftraggeber einzufordern, inklusive Eddies Anteil, da der eine mittellose Familie hinterlassen hat.

Bei diesem handelt es sich um den chinesischen Gangster Jimmy Shoeshine, und der verspürt auf entsprechende Aufforderung relativ wenig Neigung, diesem Zahlungsbegehren nachzukommen. Aber trotz des Einsatzes von ca. 250.000 Henchmen und der Tatsache, dass Santee durch einen eingefangenen Bauchschuss nicht in Höchstform amtiert, gelingt es Jimmy nicht, Santee auszuschalten. Die Wende bringt das Auftauchen von Severence und Rudi, mit dem neugierigen Michael im Schlepptau. Die Detectives offenbaren ihr wahres Gesicht – sie und insbesondere Severence sind die Drahtzieher hinter dem Autoschieberring und auf ihr Konto gehen auch die Leichen der seinerzeitigen unglückseligen Truck-Kontrolle. Severence legt Michael und Jimmy um, und da nun keine Zeugen mehr existieren, die anderweitiges aussagen können, kann er Rita von der Geisel zur Komplizin Santees upgraden.

Barret und Rita versuchen sich, mit der von Jimmy erbeuteten Kohle über die Grenze zu fliehen, aber Severence und Rudi wollen keine losen Fäden – praktisch jeder Cop in Kalifornien wird abgestellt, das flüchtige Pärchen wider Willen zu stellen, am besten tot…


Inhalt

Unseren täglichen Dolph gib uns heute. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein den schwedischen Sympathiekötbullar Dolph Lundgren praktisch fanatisch verehre. Von allen Actionstars der 80er, die ihre Karriere irgendwie bis in die filmische Neuzeit verlängert haben, ist Dolph mir der liebste – nicht nur, weil er ein cleveres Bürschchen ist und für so ziemlich jeden Spaß zu haben ist, sondern weil er im Vergleich zu sagen wir mal Steven Seagal die Tatsache, in kleineren Filmen mit mickrigen Budgets aufzutreten, nie als Ausrede benutzt hat, durch seine Rollen zu schlafwandeln. Dafür wurde er auch – nachdem er zwischenzeitlich schon mal mit der Rente geliebäugelt hatte – mit einer career resurgance belohnt, die ihn zwischen ordentlich gemachten B-Movies auch ab und an wieder mal in richtigen Kinofilmen amtieren lässt (wie in der „Expendables“-Reihe oder in „Creed 2“). Da geht’s ihm eigentlich besser als Kollegen wie Bruce „I don’t give a shit anymore“ Willis, dem erwähnten Meister Seagal oder auch Jean-Claude van Damme. Vielleicht späte Genugtuung dafür, dass Dolphs Aufstieg zum „leading man“ etwas zu spät kam, um auch nur temporär in die A-Liste vorzudringen (was Seagal und van Damme ja durchaus eine Zeit lang schafften). Dolphs „starring vehicles“ brachten es nur selten zu richtigen breiten Kino-Starts (in „Universal Soldier“ war er ja z.B. second fiddle für van Damme). Seine 90er-Klopper waren solide finanzierte Mittelklassestreifen, die mal ein oder zwei Wochen in die US-Kinos gebracht wurden und dann auf dem Heimvideosektor ihre Geld wieder einspielen mussten.

Mit so einem Vertreter haben wir’s dann heute zu tun. „Joshua Tree“, alternativ „Army of One“ (und nur in Deutschland als „Barret“ geläufig; wie obiger Nacherzählung zu entnehmen ist, hört Dolphs Charakter im Original auf den Namen Wellman Santee, was dem deutschen Verleih für einen Lundgren-Kracher offenbar zu wenig männlich war, weswegen nun in der deutschen Synchro abwechselnd von „Santee“ und „Barret“ die Rede ist. Deutsches Dumm-Dubbing FTW! Dazu passt freilich auch, dass nicht seine gewohnter Sprecher Manne Lehmann Dolph spricht, sondern Helmut Krauss, der normalerweise James Earl Jones, John Goodman, den späten Brando oder Yaphet Kotto seine Stimme leiht) stammt aus der Werkstatt von Moshe Diamant, der über eine Methode zur Film-Untertitelung in die Branche kam, am Business Gefallen fand und bis heute ordentliche Mid-Budget-Ware, primär im Action-Bereich, liefert, ohne dabei zu einer Punchline wie seine auf ähnlichem Territorium wildernden Kollegen Golan und Globus geworden zu sein – sicher auch, weil Diamant ohne die Showmanship und die Überheblichkeit der Cannon-Macher auskommt. In den 90ern versuchte Diamant, die Actionhelden der 90er weiter zu beschäftigen und finanzierte u.a. eine ganze Fuhre van-Damme-Filme von „Hard Target“ bis „Simon Sez“, profitierte um die Jahrtausendwende vom berühmten stupid German money für Heuler wie „Extreme Ops“ oder „A Sound of Thunder“ und hat in den letzten Jahren soliden B-Krempel wie „El Gringo“, „Enemies Closer“ oder „Hurricane Heist“ auf die Beine gestellt.

„Joshua Tree“ basiert auf einem Script von Steven Pressfield („King Kong lebt“, „Nico“, „Freejack“) und war ursprünglich als moderner film noir konzipiert, der durch das Casting von Dolph Lundgren logischerweise in einen Action-Kracher umgearbeitet wurde. Leider war dieser Rewrite relativ halbherzig und äußert sich wohl primär in einer ausführlichen Actionszene zum Finale des zweiten Akts, mithin Santees Auseinandersetzung mit Jimmy Shoeshine und seinen Goons, die von einem einem vergleichsweise zivilen shoot-out zu einer voll ausgespielten Hongkong-Action-Hommage wurde (Regisseur Vic Armstrong war peinlich berührt, als bei der Premiere John Woo – der für Diamant ja um die gleiche Zeit „Hard Target“ drehte – aufkreuzte, und gestand, dass er abzüglich der Tauben großhandelsmäßig bei Woo geklaut habe. Woo sah’s ausgesprochen lässig und konterte, dass er seit Jahren Hollywood-Action kopiere), in der Dolph rücklings auf einem Werkstattwagen liegend beidhändig Maschinenpistolen abfeuert, als hätte er’s erfunden, dabei halb China umlegt und sogar die blood squibs den berüchtigten Hongkong-Blutstaub absondern. Halbherzig und dem Film schadend deshalb, weil Santee, bis eben zur ungefähr gleichen Zeit wie die große heroic-bloodshed-Einlage das Wie und Warum der Story aufgedröselt wird, nicht wie ein nachvollzieh- und anfeuerbarer Actionheld rüberkommt, sondern schlicht und ergreifend wie ein irrer Psycho und Schurke. In der Noir-Interpretation des Scripts wäre das ein natürlich absolut passend, weil in diesen Thrillern gewohnheitsmäßig frühestens zur Filmmitte die Zusammenhänge klar werden und sich die Rollen endgültig verteilen, in einem als „klassischen“ 80er-Action-Klopper vermarkteten Film brauchen wir aber frühzeitig die Information, dass unser (ggf. Anti-)Held berechtigte Gründe für seine Taten hat (der unschuldig eines Verbrechens beschuldigte Held ist ja nicht von Ungefähr eins der brauchbarsten Tropes für krachige 80er-Action). Da Santee auch nicht unbedingt zu den geschwätzigsten Charakteren gehört und auch gegenüber Rita seine wahre Motivation nicht preisgibt, muss man sich mehr oder minder darauf verlassen, dass der Film mit seinen wenigen zarten Andeutungen, Santee wäre tatsächlich ein gravierendes Unrecht geschehen, Recht hat (und selbst dann muss man im weiteren Filmverlauf konstatieren, dass er zwar ordentlich von noch skrupelloseren Ganoven auf’s Kreuz gelegt wurde, aber nichtsdestoweniger aus offenkundig freien Stücken ins kriminelle Lager gewechselt ist, es sei denn, man betrachtet die wissentliche Komplizenschaft in einem groß angelegten Autoschieberring als vernachlässigbare Jugendsünde oder Kavaliersdelikt. Damit geh ich dann aber nicht so ganz konform).

Andererseits gilt natürlich auch für einen 93er-Lundgren die 80er-Action-Faustregel, dass man ihre Aussagen nicht ungefiltert als moralischen Kompass für’s Alltagsleben übernehmen kann und soll; ich bleibe aber bei meiner Feststellung, dass die Story als düsterer Noir-Thriller (der ja durchaus einen moralisch fragwürdigen Protagonisten haben kann) besser funktioniert hätte denn als reiner Randalefilm. Vielleicht hätte natürlich auch ein etwas erfahrerener Action-Regisseur geholfen, der auch etwas mehr vom Pacing versteht, denn der großen – und zugegeben absolut zupackenden – Shoot-Out-Sequenz zum Finale des zweiten Akts kann der Film letztlich nichts mehr draufsetzen (und damit der apostrophierte Schlusskampf zwischen Dolph und George Segal of all people einigermaßen glaubwürdig bleibt, muss Dolph sich im Filmverlauf mehrere Verletzungen zuziehen. Was dann wieder die Frage aufwirft, warum man Dolph castet, wenn man seine große Stärke, die physische Präsenz und seine Kampfkunst, dann wieder zurückdrehen muss, um ein einigermaßen spannendes Finale hinzubekommen…).

Vic Armstrong, der die Fäden schwang, war bereits über Jahrzehnte ein gefragter Stuntman und -Koordinator (u.a. bei James-Bond-Filmen, „Superman“, Indiana Jones oder „Dune“) und legt hier – nachdem er 1992 eine Folge der „Young Indy“-Adventures inszenieren durfte, seinen ersten Langfilm vorlegte (dem auch nur zwei weitere, darunter 2014 der „Left Behind“-Reboot mit Nic Cage, folgen sollten). Seine Fähigkeiten als Stuntman würde ich nie in Frage stellen, aber als Regisseur laboriert er, wie gesagt, schon mit dem Pacing und der dramaturgischen Struktur – das liegt natürlich auch daran, dass „Joshua Tree“ den Mystery-Aspekt des ursprünglichen Scripts immer noch zu sehr im Fokus hat, anstatt voll auf Action zu gehen, wie es sich durch das Lundgren-Casting angeboten hätte – in einem Krawallfilm sollte, den ein oder anderen Twist sicher notwithstanding, der Plot relativ geradlinig sein, dadurch aber eben, dass das Buch die Zusammenhänge erst im letzten Akt vollständig auflöst, stehen die Actionszenen in keinem vernünftigen, nachvollziehbaren Kontext. Erst recht ein Fauxpas, wenn man einen anerkannten Sympathieknödel wie Dolph im Cast hat (auch wenn der bis dato natürlich hauptsächlich noch als böser Ivan Drago definiert war).

Was an Action geboten ist, ist solide bis bemerkenswert und auch ordentlich hart (den oben erwähnten Einwurf hinsichtlich des Blutpulvers mal außer Acht gelassen) und allein der große Lagerhaus-Shoot-out treibt den Bodycount in ordentliche Höhen. Zudem gibt’s ne patente Autoverfolgung zwischen Ferrari und Lamborghini (Replikas…). Den Score besorgt Joel Goldsmith, der hier stellenweise sehr nach seinem Daddy Jerry gilt – das ist aber ja nichts schlechtes…

Auf Darstellerseite ist Dolph nicht sonderlich gefordert – der Charakter soll ja relativ unnahbar bleiben (weshalb’s natürlich etwas zweifelhaft ist, dass Rita ihm programmatisch als love interest angedient wird). In der DF stört zudem, dass Dolph nicht seinen üblichen Synchronsprecher Manfred Lehmann, sondern Helmut Krauss serviert bekommen hat. Es ist aber immerhin anzumerken, dass „Joshua Tree“ zumindest ansatzweise versucht, Lundgren auch dramatische Szenen zuzubilligen (z.B. mit Eddies kleinem Sohn).

George Segal („Das Quiller-Memorandum“, „Die Brücke von Remagen“, „Die Eule und das Kätzchen“, „Achterbahn“) ist sicherlich nicht der erste, an den man beim Stichwort „Lundgren-Gegner anno ’93“ denken würde, daber der routinierte leading man hat sichtlich Spaß daran, als Arschloch-Cop mit zwanzig Jahre aus der Mode befindlichem Hut und Schnauzbart seine böse Seite spazieren zu führen. Geoffrey Lewis („Geballte Ladung“, „Maverick“, „The Devil’s Rejects“) hat als Sheriff Cepeda nicht viel zu tun, Beau Starr („Fletch“, „Halloween 4/5“) muss nicht viel mehr als „tough“ rumstehen. Michael Paul Chan („Major Crimes“, „The Closer“) spielt den klischeehaften Chinagangster, Matt Battaglia („True Detective“, „Queer as Folk“) drängt sich als Ritas Lover Michael auch nicht gerade in den Vordergrund. „Dawn of the Dead“-Legende Ken Foree hat’s als Eddie schon nach drei Minuten hinter sich…

Kristian Alfonso ist als Rita ein Hingucker und zieht sich auch in den physischeren Aspekten der Rolle ordentlich aus der Affäre, aber wie so viele B-Action-Leading Ladys war sie in dem Terrain eher eine Eintagsfliege. Von „Falcon Crest“ kommend fand sie über „Melrose Place“ ihr Glück in der Daily Soap „Zeit der Sehnsucht“, dessen Ensemble sie nun schon einige Jahre angehört. In einer kleinen, aber nicht unwichtigen Rolle als George Segals femme-fatale-Ehefrau reüssiert „The Mamas and the Papas“-Sängerin und „California Dreamin’“-Songwriterin Michelle Phillips („Jagd auf Dillinger“, „Blutspur“, „Gefangene der Bestien“, „Unter der Sonne Kaliforniens“).

Mir liegt die Laser-Paradise-DVD in kleiner Hartbox vor. Die Box ist das beste am Paket… die inneliegende DVD ist gruslig – 4:3-Letterbox-Transfer, der auf VHS nicht schäbiger aussehen könnte, miese Synchro (für die LP jetzt erst mal nix kann) in eher mauer Qualität und totale Absenz von Bonusmaterial. Darf man sich auch nur nachwerfen lassen. Aufgrund des schwachen Prints habe ich für die Screenshots ausnahmsweise mal bei DVD-Ware auf das weite Web zurückgegriffen.

Also, Wort zum Sonntag – als Dolph-Fan alter Schule bin ich voreingenommen und kann auch „Joshua Tree“ nicht verdammen, aber es ist eines seiner schwächeren „Altwerke“, was nicht an Mr. Lundgren liegt, sondern der uneinheitlichen Inszenierung von Armstrong und dem ausreichend nicht auf die Stärken des Stars abgestimmten Script. Der große Shoot-Out im Warenhaus gehört aber in jedes Lundgren-Highlight-Reel.

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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