Backflash

 
  • Deutscher Titel: Backflash
  • Original-Titel: Backflash
  •  
  • Regie: Phillip J. Jones
  • Land: USA
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Robert Patrick (Ray Bennett), Jennifer Esposito (Olive Dee „Harley“ Klintucker), Mike Starr (Tono), Melissa Joan Hart (C.J.), Michael G. Hagerty (Red), Michael J. Pollard (Don), Colm Meaney (Gin O’Malley), Vyto Ruginis (Motel Manager), Robert Deacon (Skull)


Vorwort

Es hat schon bessere Zeiten gegeben für Ray Bennett, der irgendwo in der Wüste von Arizona eine Videothek sein Eigen nennt – das Geld ist knapp, die Motivation röchelt knapp überhalb der Grasnarbe, der Mann braucht ’ne Auszeit. Und die will der auch sexuell frustrierte, weil unbeweibte Ray sich auch gönnen. Auf dem Weg nach Nirgendwohinspeziell gabelt er die hübsche Anhalterin Harley auf, die gerade aus dem Knast entlassen wurde, wo sie 22 Monate wegen Verstrickung in Geldwäschereien des lokalen Gangsterbosses Tono und seines Second-in-commnd Gin, der seit einer kleinen Meinungsverschiedenheit mit Tono erstens nicht mehr ganz rund läuft (weil: gebrochene Beine) und zweitens einen mittelschweren Weihnachtstick entwickelt hat, abbrummte. Harley sieht in Naivling Ray eine günstige Gelegenheit, an das von ihr und ihrem einstigen Komplizen Lenny abgezweigte Sümmchen von 2 Millionen Dollar heranzukommen. Weil Ray dem in einem gloriosen Stand-off mit den Cops in die ewigen Jagdgründe eingegangenen Lenny dezent ähnlich sieht, ist er für sie die ideale Besetzung, um als Ersatz-Lenny mit ihr die in einem Bankschließfach deponierten Kohlen abzuholen. Weil Ray erstens doof ist und zweitens auf die Schnalle abfährt, lässt er sich auf den zweifelhaften Deal ein. Der klappt dann doch vorzüglich, jedenfalls solange, bis Lenny quicklebendig auftaucht und offenbart, dass die Sache ein abgekartetes Spiel auf Rays Kosten ist. Und natürlich sollte Ray nach Möglichkeit nichts mehr ausplaudern können…


Inhalt

Statt „Backflash“ könnte man den Streifen auch „Just another Tarantino Rip-off“ nennen. Meiner treuen Leserschaft sollte mittlerweile ja geläufig sein, dass ich einerseits zugebe, dass Tarantino selbst ein Meister des kunstvollen Plagiats ist und ich ihn gerade deswegen verehre, andererseits aber den im Gefolge von „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ inflationär auftretenden Möchtegern-Tarantino-Thrillern mit einer gesunden Skepsis gegenübertrete. Denn die meisten, die sich bislang daran versucht haben, die Erfolgsrezepte von Tarantino zu kopieren, sind schmählich daran gescheitert, speziell, wenn es sich bei den daraus entstandenen Filmen um unterfinanzierte Low-Budget-Direct-to-Video-Vehikel handelt. (Bevor ihr danach fragt: zu den gelungeneren Tarantino-Nachziehern zähle ich Kiefer Sutherlands „Truth or Consequences, N.M.“ und Robert Patton-Spruills „Body Count“). Und zu der letztgenannten Kategorie gehört „Backflash“ auch, obwohl die Macher unerwarterweise in den Vereinigten Staaten einen Vertriebsdeal mit zum Disney-Imperium gehörenden Genreschmiede „Dimension Films“ auskarteln konnten.

Allerdings gehört „Backflash“ schon fast zu den angenehmeren Erscheinungen des Post-Tarantinesquen „jeder-bescheißt-jeden“-Ganovenfilms, d.h er nervt nicht so eklatant wie z.B. das von Daniel Baldwin überwachte Machwerk „Die Falle“ (Review sollte sich irgendwo auf dieser Site anfinden…). Die Geschichte selbst ist nicht überragend originell – natürlich sind, wie selbstverständlich in einem Tarantino-Rip-off, niemandes Absichten ehrlich, niemand, der, der er zu sein scheint, und in einem Feuerwerk von Twists und Turns wird im Filmverlauf mehrfach alles auf den Kopf gestellt. Nun, das ist gesetzlich vorgeschrieben für einen Tarantino-Klon, ebenso die non-lineare Erzählweise, wobei sich „Backflash“ ein Stilmittel ausborgt, das mir zuerst bei James McNoughtons famosen „Wild Things“ aufgefallen war. Die entscheidenden Plottwists, die man als Zuschauer nicht auf Anblick mitbekommen darf, werden in Form kurzer Flashbacks eingebaut (d.h. es wird quasi auf bestimmte, bereits bekannte Ereignisse „zurückgespult“, wobei in der Rückblende die entsprechende Szene noch weiter geht und irgendetwas enthüllt, das von gravierender Bedeutung für den Plot ist). Während diese Szenen in „Wild Things“ fieserweise, um das „beim-Abspann-renn- ich-raus-oder-schalt-ab“-Publikum zu ärgern, im Nachspann versteckt wurden, baut „Backflash“ sie am dramaturgisch „nötigen“ Zeitpunkt, um die Plotentwicklung zu erklären, in den laufenden Film ein. Gefällt mir gar nicht mal so unübel, der Kniff.

Ansonsten bemüht sich das Script, Tarantinos Trademarks so gut wie möglich auszubeuten – es gibt schräge Charaktere wie Gin, den Gangster mit dem Weihnachtsfimmel, seinen Gehilfen Red mit Hang zu exorbitant hässlichen Hemden, die coole Leichenaufschneiderin C.J. oder den ekelhaften Motelmanager. Interessanterweise werden, Plottwists zur Erbauung des Publikums mal vernachlässigt, die nominellen Hauptfiguren, Ray und Harley, vergleichsweise „straight“, ohne Mätzchen und Spleens, gezeichnet. Der Unterschied zwischen Klasse-Kopist und Nur-Plagiator liegt im Detail – wo Tarantinos Scripts ihre Überraschungsmomente stets im Nachhinein schlüssig begründen, kommt so manche Drehung und Wendung der Ereignisse in „Backflash“, trotz der erklärenden Rückblenden, einfach nur unglaubwürdig daher.

(EXTREME SPOILER-WARNUNG)
Im Showdown müssen wir z.B. mehr oder weniger akzeptieren, dass es Tono gelungen ist, Ray für seine Sache zu rekrutieren und als Nachfolger für Gin anzustellen, womit der tölpelhafte Videothekar natürlich sofortamente und el zacko zum exzellent mit Schießprügeln umgehenden Profigangster wird. Da kräuseln sich die Fußnägel schmerzhaft aufwärts.
(EXTREMER SPOILER ENDE)

Selbstredend atmen auch die Dialoge den Geist des Großen Quentin – es werden massenhaft Dialoge diverser Filmklassiker zitiert und anstelle bedeutungsschwangerer Reden über goldene Uhren erfreut uns Gin mit einem epischen Monolog über die Bedeutung einer Türstehermütze (it’s all about respect!).

Der mittlerweile verstorbene Regisseur Phil Jones (ihm verdanken wir in seiner Eigenschaft als Produzent verdientermaßen in die Filmgeschichte eingegangene Gemmen wie „Princess Warrior“ und „Time Barbarians“. I’m being ironic again, of course) müht sich redlich, aus der Wüstenlandschaft Arizonas (die aber, wenn ich das richtig sehe, von der kalifornischen Wüste gedoublet wird) Stimmung zu ziehen. Das Unterfangen scheitert zwar nicht völlig, andererseits nutzt das Wüstensetting auch nicht so viel, wie es sich Produzenten und Regisseur möglicherweise erhofft hatten. Dazu kommt eine gewisse Schlafmützigkeit in der Inszenierung – bis der Plot einigermaßen in die Strümpfe kommt, ist der Film schon halb vorbei, und das nicht mal, weil sich der Film extrem mit Nebensächlichkeiten aufhalten würde (den C.J.-Subplot, der eh nirgendwohin führt, hätte man sich schenken können, aber das sind grad mal fünf Minuten), sondern weil er einfach zu langatmig erzählt wird. Es kommt kein Drive, keine Spannung auf, es ist drucklos (auch weil die Klimax des zweiten Akts, das Beschaffen der Kohle von der Bank, belanglos wirkt. Wie man eine vermeintlich belanglose Szene erfolgreich in eine integral bedeutsam-spannende verwandelt, zeigt uns Meister Tarantino, wer sonst, in „Jackie Brown“).
Optisch ist der Streifen anständig, ohne sonderlich aufzufallen. Die Kameraführung erfindet das Kino nicht neu, der Schnitt ist gefällig.

Recht gut eingesetzt wird die Musik – auch hier wird man gelegentlich an Tarantinos Wissen um die Kontrastwirkung der musikalischen Untermalung erinnert (auch wenn mir der Song über den Vorspann ein wenig zu sehr bemüht, Leonard Cohen und den Einsatz seines „Waiting for the Miracle“ im tarantino-gescripteten „Natural Born Killers“ zu imitieren).

Auch an der eigentlich obligatorischen zynischen Härte eines Tarantino-Plagiats wird gespart – neben einer demolierten Gesichtsbaracke beschränkt sich die „Action“ auf zwei kompetente Explosionen, im Zuge von C.Js Leichenbearbeitung erfreuen ein paar FSK-16-freie kleinere Goresudeleien der harmlosen Art das Herz. Prüde ist der Kram dann obendrein, wenn Ihr versteht, was ich meine.

Das Darstellerensemble ist nominell gar nicht mal unprominent besetzt, auch wenn natürlich everyone and his stupid brother weiß, dass die Karriere des ehemaligen T-1000 Robert Patrick nach „Terminator 2“ ziemlich schnell im Lande der dahingerotzten B-Pictures versandete. Patrick spielt hier ziemlich gegen sein T2-Image einen (vermeintlich) naiven Dösbaddel, der sich sexuell motiviert in eine Sache hineinziehen lässt, die (vermeintlich) seine Fähigkeiten deutlich übersteigt. Nur übertreibt es Patrick ein wenig mit dem „gegen sein Image“, wenn man so will, denn seine Vorstellung ist weniger „sympathisch-naiv“ denn „langweilig-doof“. Jennifer Esposito, erstmals in „I Still Know What You Did Last Summer“ aufgefallen und inzwischen in größeren Produktionen wie „Sag kein Wort“ oder „New York Taxi“ beschäftigt, ist mit der Rolle der verruchten Femme Fatale auch leicht überfordert, ist aber zumindest attraktiv genug, um dies durch bloße optische Augenfreundlichkeit kompensieren zu können. Wo wir gerade bei „gegen das Image“-Spielen waren – das probiert auch Sitcom-Nervensäge Melissa Joan Hart („Clarissa“, „Sabrina“) in der kleinen (und unnötigen) Rolle der C.J., die für Gins Syndikat dringlich zu waschende Moneten in Leichen verpackt (irgendwas ist … falsch daran, die Teenage-Hexe in toten Körpern herumwühlen zu sehen). Tut mir leid, Miss Hart, aber als taffes Luder, dass vom Herumschnippeln an Leichen angetörnt wird, bist du so überzeugend wie ich als Mittelstürmer der Fußballnationalelf. Als Gangster-Oberboss Tono feiern wir ein Wiedersehen mit Mike Starr, den wir zuletzt an dieser Stelle in „Elvis has left the building“ begrüssen durften (außerdem war er u.a. in „Ed Wood“, „Gestohlene Herzen“, „Dumm und Dümmer“ oder „Jersey Girl“ am Werk). Er macht seine Sache in seinen kurzen Auftritten gut, die wahren Highlights finden sich aber bei unser aller Lieblings- Enterprise-Transporteroffizier Colm Meaney als durchgeknalltem Weihnachtsfreak Gin (hätte man zwar noch etwas effektiver aufarbeiten können, macht aber trotzdem Laune) und überzeugend-lustig ekligen Motelmanager Vyto Ruginis („Cliffhanger“, „Wishmaster 2“, „The Fast and the Furious“, „Auto Focus“).

Bildqualität: „Backflash“ wird in hiesigen Gefilden komischerweise unter dem Label der produzierenden Filmklitsche „Paragon Films“ vertickt, was uns aber nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass es sich de facto um ein Release von Goldlight handelt (die sich damit schon mindestens drei Label für ihre „seriösen“ Filme zugelegt haben: Cascarde, Cine Excel und Paragon). „Backflash“ präsentiert sich in einem 4:3-Vollbildtransfer, der in keinem Bereich voll überzeugen kann. Grundsätzlich ist das Bild arg verwaschen und Kantenschärfe ist etwas, was diese DVD nur vom Hörensagen her kennt. Bei „fleischfarbenen“ Tönen stellen sich auch Kontrastprobleme ein, hin und wieder ruckelts bei Kameraschwenks, die Kompression könnte besser sein und ab und zu zieht sich auch der ein oder andere wohl masteringbedingte Pixelfehler durchs Bild. Gut, immer noch besser als ein durchschnittliches Best-Entertainment-Release, aber deutlich verbesserungefähig.

Tonqualität: Der ausschließlich mitgelieferte deutsche Dolby Digital 2.0-Ton ist akzeptabel. Nichts, worüber man in Freudentänze ausbrechen möchte, aber zumindest ist man auch nicht versucht, den Lautsprechern die Membranen auszureißen. Rauschfrei, gut verständlich, solide gemixt. Geht.

Extras: Erstaunlicherweise findet sich die auf dem Cover versprochene „Slideshow“ tatsächlich an (ist bei Goldlight, den Auto-Repeat-Königen, nicht selbstverständlich, siehe „Tequila Express“), ist aber dann dank des mikrobenhaften Bildausschnitts für die wahllos aneinandergereihten Szenenfotos kaum brauchbar. Naja, das sind Slideshows ja meistens…

Fazit: Eigentlich, wird mir im Zuge dieser Schreibarbeit klar, hört sich das alles, was ich in den oben stehenden Zeilen zum Ausdruck gebracht habe, nicht wahnsinnig positiv an. Aber so schlimm ist’s dann doch nicht, es ist eher, dass die Genre-Messlatte, und die heißt nun mal Quentin Tarantino, in für einen DTV-B-Thriller unerreichbaren Höhen hängt. Wer sich nicht daran stört, dass die Story nicht gerade in einem Mördertempo erzählt wird, die darstellerischen Leistungen der Hauptdarsteller nicht hundertprozentig sind (und sie auch nicht durch irgendeine Art von chemistry behindert werden…) und die Plotte für den betriebenen Aufwand der nonlinearen Erzählstruktur und den etlichen Plottwists ein wenig lahm erscheint, kann man sich „Backflash“ an einem trüben Herbstabend durchaus ansehen, ohne sich aus Verzweiflung erschießen zu müssen. „Backflash“ ist ein Durchschnittsfilm – den hat man zweifellos morgen wieder vergessen, muss sich über die mit ihm verbrachte Zeit aber auch nicht sonderlich grämen; es ist halt nichts besonderes…

2/5
(c) 2006 Dr. Acula


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