Auch Killer müssen sterben

 
  • Deutscher Titel: Auch Killer müssen sterben
  • Original-Titel: La Mano Nero
  •  
  • Regie: Antonio Raccioppi
  • Land: Italien
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Michele Placido (Antonio), Phillipe Leroy (Bovi), Rosanna Fratello (Angela), Lionel Stander (Petrosani)


Vorwort

New York um die Jahrhundertwende… sprichwörtlich ohne eine einzige Lira in der Tasche, aber mit vielen Hoffnungen, was seine monetäre Zukunft im Land der unbegrenzten Möglichkeiten angeht, kommt der junge Sizilianer Antonio im Big Apple an. Seine jähzornige Ader führt prompt dafür, dass er seinen ersten Job in einem Zementwerk verliert und unmittelbar danach im örtlichen Bordell eine Schlägerei vom Zaun bricht. Das Viertel steht unter dem strengen Regiment der „Familie“, einer mafiösen Organisation namens „Schwarze Hand“. Als Antonio den Mörder seines Freundes Salvatore (Pizzabäcker, der sich weigerte, Schutzgelder zu zahlen) tötet, wird der lokale Unterboss Bovi auf ihn aufmerksam und nimmt ihn unter seine Fittiche. Während der aufrechte Cop Petrosini versucht, der Schwarzen Hand mit vernachlässigbarem Erfolg versucht, das ein oder andere Verbrechen nachzuweisen, führt Bovi Antonio in die Familie ein und beschafft ihm erste Jobs – z.B. für ein sizilianisches Mädel, das mit einem Heiratsversprechen in die Staaten gelockt wurde, für ein paar Tage den Ehemann zu spielen, bis die Gute im Bordell landet. Antonio verliebt sich jedoch in Angela und Bovi, der aus unerfindlichen Gründen große Stücke auf ihn hält, legt beim Oberboss ein gutes Wort für ihn ein. Antonio darf Angela „behalten“ und von nun an den unerfahrenen Einwanderern Versicherungen aufschwatzen. Wie üblich begreift Antonio etwas zu spät, dass die Schwarze Hand beabsichtigt, an den Versicherungssummen zu partizipieren und ggf. dem Ableben der Versicherten etwas nachzuhelfen. Richtig böse wird die Situation aber erst, als die mit dem amtierenden Gouverneur im Bunde stehenden Mafiosi, um dessen Wiederwahl zu sichern, seinen Rivalen umlegen und Petrosini seine große Chance wittert, die ganze Organisation auszuschalten…


Inhalt

Mafiathriller sind gemeinhin nicht mein Ding – ähnlich wie Western gehört dieses Genre einfach und unerklärlicherweise zu denen, mit denen mich irgendwie nichts verbindet, zu denen ich keinen rechten Zugang finde (ja, das schließt auch „Der Pate“ ein. Verklagt mich). Egal, da müssen wir durch, wenn Cheffe Mafiathriller schickt 🙂

Idealerweise stammt ein Mafiathriller aus Italien (was passiert, wenn ein französischer Art-House-Regisseur einen Mafiathrillre bzw. das, was er dafür hält, dreht, haben wir mit „Ginostra“ noch in übler Erinnerung) und kommt nach Möglichkeit noch aus der down’n’dirty-Periode, den sleazy seventies. „Auch Killer müssen sterben“ erfüllt mit seinem Baujahr 1973 beide Bedingungen und, kleine kostenlose Zugabe für den bekennenden Trashfan, ist co-geschrieben vom Italoschmoddermeister mit dem symbolträchtigen Namen Luigi Cozzi („Astaron – Die Brut des Schreckens“). Cozzi hin, Trash her, „Auch Killer müssen sterben“ gibt sich als ernsthafter dramatischer Thriller und legt dabei noch nicht mal einen völligen Bauchklatscher hin. Ja, das Script schafft es mühelos, sowohl konfus als auch vorhersehbar zu sein (wir sind in einem italienischen Film, da kann und muß man damit rechnen), hat aber gute Ansätze. Die Charakterisierung der zentralen Figur Antonio ist ganz gut getroffen, auch wenn für einen Außenstehenden (und nicht unbedingten Genre-Experten wie moi) die Psychologie etwas zu kurz kommt – warum Antonio trotz aller Gemeinheiten, die das Leben und die „Familie“ für ihn bereithalten, über den Großteil der Geschichte der Organisation gegenüber loyal bleibt (die ein paar seiner besten Freunde um die Ecke bringt, seine Frau entführt etc.), bleibt bis auf ein eher schulterzuckendes „weil’s halt so ist“ genauso vage wie sein (Spoiler-Alarm, wer sich die Spannung erhalten will, sollte die nächsten paar Zeilen überlesen) schlußendlicher Sinneswandel – das macht es recht schwer, sich dem Charakter anzunähern.

Die episodenhafte Struktur des Drehbuchs erweist sich im hiesigen Fall als gar nicht mal so übel – sie veranschaulicht Antonios immer tieferes Hineinrutschen in den mafiösen Sumpf und sorgt gleichzeitig auch für ein relativ flottes Tempo. Regisseur Antonio Raccioppi zieht allerdings rein inszenatorisch keinen besonders großen Nutzen daraus, sein Regiestil ist konventionell, nicht sonderlich dynamisch und gelegentlich würde man sich die ein oder andere Einstellung doch etwas, hm, offensiver umgesetzt wünschen. Recht nett ist die Ausstattung, wobei ich mal fast davon ausgehen möchte, dass die recht aufwendig wirkenden New-York-um-1900-Straßenzüge nicht originär für diesen Film entstanden sind, aber sie geben dem ganzen doch einen relativ authentischen Look, der leider von der offensichtlich ziemlich neuen deutschen Synchronisation und Anachronismen wie „ab dafür“ und „du kleiner Punk“ untergraben wird. Die Musik (bei der ich gelegentlich auch den Eindruck habe, ich hätte sie schon woanders gehört, ohne das belegen zu können) schwankt zwischen angenehm-passend und deplaziert-störend, ergo uneinheitlich. In Sachen Exploitation, bei einem 70er-Italo-Flick immer ein Faktor, gibt’s ein paar nackte Tatsachen (relativ geballt zu Beginn) und den ein oder anderen nicht ganz unblutigen Mord (aufgrund des äußerst lächerlich wirkenden Kunstbluts und der heftig übertriebenen Theatralik des ein oder anderen Darstellers regen die Mordszenen aber gelegentlich zum Schmunzeln an).

Der Cast weist immerhin den ein oder anderen bekannten Namen auf. Ein junger Michele Placido (später bekannter TV-Mafiajäger) müht sich als Antonio redlich und dass der Charakter trotz der oben geschilderten Schwächen einigermaßen funktioniert, ist sicher seiner Leistung und der von ihm ausgestrahlten „likeabilty“ zu verdanken (trotzdem bleibt die ein oder andere Szene eher unglaubwürdig, aber Placido gibt sich große Mühe). Als sein Mafia-Mentor gibt Phillipe Leroy, in den 70ern ansonsten eher in Art-House-Fare wie dem kuriosen italienischen BDSM-Beziehungsdrama „The Frightened Woman“ am Start, eine akzeptable Vorstellung (auch wenn sein Charakter nicht gerade besonders gut geschrieben ist; bei ihm bleibt z.B. ungeklärt, warum er an Antonio trotz seiner Unzuverlässigkeit hinsichtlich der „Familie“ so einen Narren gefressen hat). Lionel Stander, dem breiten Publikum sicher als brummiger Chauffeur Max aus der langlebigen Krimiserie „Hart, aber herzlich“ bekannt, bietet als no-nonsense-Bulle „on a mission“ ebenfalls eine recht anständige Performance. Rosanna Fratello als Angela ist mir insgesamt ein wenig zu farblos.

Bildqualität: Kurioserweise hat Best bzw. KSM, die die Lizenz mittlerweile wohl übernommen hat, hier einen US-Print des Films ausgegraben, was sich u.a. in einem Top-Billing für Lionel Stander, dem Verzicht auf die Nennung des Regisseurs (!) und der Amerikanisierung von Michele Placido als „Mike Placido“ auswirkt. Das Bild selbst (Vollbild) ist für eine Middle-Budget-DVD der 10-Euro-Preisklasse gerade noch eben akzeptabel. Der Print ist zumindest recht sauber, wirkt aber verwaschen und etwas milchig und kann in Punkto Detail- und Kantenschärfe nicht überzeugen. Der Kontrast ist okay, die Kompression hätte sorgfältiger ausgeführt werden können, bei höhreren Zoomfaktoren stellen sich arge Klötzchen ein.

Tonqualität: Zu Bests 5.1-Dolby-Mixen für 30 Jahre alte Italo-Klopper sag ich an dieser Stelle lieber nix. Die deutsche Tonspur ist gut verständlich, aber viel zu aufgesetzt und im Vordergrund stehend (man merkt deutlich, dass diese Synchronisation bestenfalls ein paar, aber keinesfalls 25-30 Jahre auf dem Buckel hat). Die Musik ist in der Lautstärke sehr ungleichmäßig, das hätte man doch etwas besser auspegeln können.

Extras: Außer den altbekannten Trailern auf „The Fog“, „Das Tier“ und „Das Wiegenlied zum Totschlag“ (fürs Sammelalbum) nix gewesen, auch wenn auf dem Cover wieder was von Filmographien und Synopsis steht.

Fazit: „Auch Killer müssen sterben“ ist kein besonders bemerkenswerter Film, aber auch nicht besonders schmerzhaft. Wer wie ich mit dem Genre an sich nicht allzuviel anfangen kann, wird durch diesen Streifen sicher nicht zum Fan konvertiert, aber man kann sich das Ganze durchaus ansehen – der Streifen ist zwar insgesamt ein wenig bieder inszeniert und schafft es nicht wirklich, die psychologischen Hintergründe seiner Charaktere zu transportieren, ist aber zumindest recht kurzweilig, anständig gespielt und wartet mit einem konsequenten Ende auf. Freunde von Mafia-Thrillern und besonders von solchen in historischem Kontext könnten aber durchaus ihre Freude an „La Mano Nera“ (so der Originaltitel) des Streifens haben, und Anhänger von Michele Placido können ihr Idol in einer frühen Rolle bewundern. Für den Gegenwert von 10 Euro ist die Best/KSM-Scheibe so gerade eben zu genehmigen.

2/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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