Attack Force

 
  • Deutscher Titel: Attack Force
  • Original-Titel: Attack Force
  •  
  • Regie: Michael Keusch
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Steven Seagal (Marshall Lawson), Lisa Lovbrand (Tia), David Kennedy (Dwayne Dixon), Matthew Chambers (Seth), Danny Webb (Werner), Andrew Bicknell (Robinson), Adam Croasdell (Aroon), Mark Dymond (Phil), Del Synott (Carl), Michael Carter (Admiral Morgan), Eveylne Armela O’Bami (Reina), Ileana Lazariuc (Queen)


Vorwort

Gerade hat das Elite-Einsatzteam von Commander Lawson einen Überfall auf einen Komplex der Militär-Forschungsorganisation Majestic verhindert – Lawson würde gerne der Frage nachgehen, wer hinter der Aktion steckt, aber man gibt ihm unverblümt zu verstehen, dass ihn das nichts angeht und schickt ihn mitsamt seinen fähigsten Leute zu einer Trainingsmission nach Paris. Wo Lawson ist, ist aber auch Ärger – seine drei besten Soldaten (mal abgesehen von seinem Adjutanten Dwayne), die eigentlich nur ’nen schönen Vierer mit einem heißen Pariser Feger schieben wollten, werden von der vermeintlich willigen Beischlafpartnerin nach Strich, Faden und Slasherrichtlinie tranchiert. Das Wie, Warum und Hä ist schnell geklärt – der Nachtclub, in dem die Opfer ihre Killerin aufgerissen haben, ist die Front des Majestic-Abtrünnigne Aroon, der dort seine neue Superspezialbiowaffendroge CTX (hach, wie ORIGINELL) an unfreiwilligen Versuchskarnickeln austestet – CTX macht sofort süchtig, verändert die DNA der Konsumenten und verwandelt sie unter bestimmten Umständen in quasi unaufhaltsame Killermaschinen. Selbstverständlich ist CTX ein ehemaliges Majestic-Projekt, dessen verantwortliche Leiter Werner und Robinson das kleine Detail, dass der Deserteur das Produkt offensichtlich freischaffend zur Serienreife weiterentwickelt hat, gerne unter den Teppich kehren würden. Zu diesem Zweck spannen sie Lawson, unter korrekter Vermutung, dass sich der von Unpässlichkeiten wie verweigerten Auskünften, entzogener Security-Clearance und direkten Befehlen nicht irritieren lassen wird, mit seiner ehemaligen Musterschülerin, Biochemikerin und Aroons einstiger Forschungspartnerin Tia zusammen, um Lawsons Rachefeldzug wenigstens einigermaßen unter Kontrolle zu haben und im Bedarfsfall eliminieren zu können.
Aroon, durch ausgesprochene Idiotie Dwaynes mittlerweile selbst zur CTX-Bestie geworden, handelt aber nicht aus eigenem Antrieb, sondern für eine geheimnisvolle Hinterfrau, die eine ganz besonders perfide Teufelei plant. Quasi als Massenfeldtest will sie, dass Aaron die Trinkwasserversorgung einer ganzen Kleinstadt mit CTX versetzt und so innerhalb weniger Stunden ein ganzes Heer süchtiger Tötungsmaschinen heranzüchtet (warum auch immer). Nachdem Lawson aus Killerbraut Reina herausgefoltert hat, wo Aroon zuschlagen will und seine Armee-Vorgesetzten die versuchte Vertuschung durch Werner und Robinson durchschaut haben, erhält er volle Rückendeckung für eine großangelegte Kommando-Operation…


Inhalt

Es gibt halt doch nichts, was Kopfschmerzen, die mich darüber spekulieren ließen, ob ich heute Abend vielleicht nicht doch noch das key visual aus „Scanners“ nachspielen würde, effektiver vertreibt als ein, äh, „schöner“ neumodischer Seagal-DTV-Klopper (okay, die halbe Packung Paracetamol, die ich mir eingeworfen habe, könnte möglicherweise auch etwas damit zu tun haben).

„Attack Force“, inszeniert von der kanadischen Regiekoryphäe Michael Keusch, der, wenn er nicht gerade in Rumänien günstige Seagal-Fetzer im Dreierpack herunterkurbelt, oft und gerne für’s deutsche Fernsehen arbeitet und in dieser Funktion unsterbliche Gassenhauer wie „Mädchenhandel – Das schmutzige Geschäft mit der Lust“, „Die Frau, die Freundin und der Vergewaltiger“, „Zwei Affären und eine Hochzeit“, „Crazy Race“ und, in einem unerwarteten Kinoausflug, „Autobahnraser“ verantwortet (ja, ich weiß, jeder muss seine Miete zahlen und auch Tony Randel holzte mal eben für Pro7 „Babyhandel Berlin“ auf Zelluloid), hat schon mal den Vorzug einer recht bekloppten Produktionsgeschichte.
That had to hurt a bit.
„Hey, das Stuntdouble hat unseren Tisch kaputt gemacht!“

Ursprünglich von Joe Halpin und dem Meister Steven Seagal garselbst als SF-Horror-Action „Harvester“ konzipiert, handelte der Streifen von einer Invasion außerirdischer Vampire – nachdem Keusch und Seagal, der auch als Produzent amtierte, den Film pflichtschuldigst bei Sony ablieferten, fiel dem Studio ein und auf, dass es die Plotte so eigentlich doch nicht haben möchte, ersetzte sämtliche SF-Elemente durch den neuen Drogen-/Militär-Verschwörungsplot, schnitt den Film eigenmächtig um und unterzog – zwangsläufig – den Streifen in der Post-Produktion einer Nachsynchronisation (ohne Beteiligung von Halpin oder Seagal). Insofern ist jegliches Review eigentlich von Haus aus unfair – „Attack Force“ ist nicht das, was sich Star, Autoren und Regisseur mal vorgestellt hatten.

Aber das muss dem Unterhaltungswert ja keinen Abbruch tun – auch wenn „Attack Force“ in seiner vorliegenden Fassung der Metapher „konfuser Irrsinn“ durchaus eine neue Definition hinzufügt. Etliche Szenen, die in der ursprünglichen Horrorplotte möglicherweise tieferen Sinn gehabt hätten, verkommen in der Neubearbeitung zu einer richtiggehenden Farce; beginnend mit der Eröffnungsaction-Szene, deren Verbindung zum Restfilm völlig rudimentär bis nicht mehr vorhanden ist, über die wirren Handlungssprünge, bei denen schon mal ein Szenenanschluss völlig vergessen wird oder wahre Klimmzüge angestrengt werden müssen, um den Plot mit Gewalt in die Richtung zu biegen, die für die nächste Actionszene gebraucht wird (da ruft dann schon mal der in einem der weitgehend vergessenen Subplots untergebrachte von Aroon bestochene Franzosencop bei Lawsons Admiral-Vorgesetzten [doof genug, da Lawson davon spricht, bei der Army zu sein und die haben selten Admiräle] an und verklickert dem, wo der Bösewicht zu finden ist), und endet nicht erst damit, dass die „Vampirkönigin“, Aroons „Chefin“, der eigentliche Endgegner, in der herkömmlichen Drogen-/Biowaffengeschichte aber sowas von unnötig und sinnbefreit ist – aber wenn man den Showdown halt schon mal gedreht hat, was will man da machen…

Natürlich hätte man, wenn man das Ding schon in der Post-Production umbaut, wenigstens ein bisschen darauf achten können, dass das Endresultat nicht mächtig stupide wird. Dafür hatte man aber offenbar keine Zeit – meine „Lieblingsszene“ ist die, in der Dwayne beim Verhör Aaron aus purer Boshaftigkeit mit CTX vollpumpt, NACHDEM der ihm gerade erklärt hat, dass das Zeug aus seinen Konsumenten superstarke, unaufhaltsame und unkontrollierbare Kampfmaschinen macht – und dann schickt er einen ahnungslosen Flic in den Verhörraum, um auf Aroon aufzupassen. Nach der von jedem denkenden Wesen erwarteten schönen Bescherung, die Aroon anrichtet, sollte man Dwayne eigentlich wegen Beihilfe zum Mord verknacken…

Aber, hey, es ist ein Seagal-DTV-Actionfilm, wer erwartet da schon Shakespeare? Wobei ich mir an dieser Stelle eine Abschweifung erlauben darf. Seagal-Filme haben meines Erachtens ein grundsätzliches Problem, und ich denke, an dem ist des großen Meisters Ego schuld. Seagal ist in all seinen Filmen (mit der Ausnahme von „Einsame Entscheidung“) NIE in Gefahr. Kein Gegner ist ihm ebenbürtig, niemand stellt auch nur eine halbwegs taugliche Herausforderung dar, niemals plagen Seagal Zweifel, er könnte seine Mission nicht erfüllen, niemals zeigt er Schwächen. Einen Gegner, der aus einem ganzen Batallion trainierter US-Soldaten Geschnetzeltes gemacht hat, erledigt Seagal mit abgezählten drei Moves, ohne sich auch nur eine Augenbraue zu krümmen, und dass im Showdown die Vampir-Queen tatsächlich einen Niederschlag landet, quittiert Seagal bestenfalls mit einem verdutzten Lächeln a la „Oh, da muss ich wohl grad über eine Bananenschale gestolpert sein“. Im Vergleich zu den Stallones, Lundgrens, Van Dammes, Norris und Schwarzeneggers dieser Welt, die in ihren besten Werken immer auch eine verwundbare Seite zeigten, ist Seagal bzw. seine jeweilige Figur ein derart langweiliger Charakter – das geht praktisch soweit, dass jeder Schurke bei Erwähnung des jeweiligen Rollennamens sich schon mal vorauseilend ins Knie pisst („Oh mein Gott! Seagal ist hinter uns her! Er wird uns alle töten! Argh!“, wo ein Echter Schurke ™ im Van-Damme-Film z.B. sagen würde: „Van Damme? Die Witzfigur? Der ist doch nur ’ne lauschige Luftnummer, den erwürg ich mit einem Fuß.“) Ergo – null Drama, null Emotion, null Spannung – wenn schon die Fieslinge nicht ernstlich bezweifeln, dass Seagal mit ihnen den Fußboden aufwischt, warum sollen wir uns dann als Zuschauer irgendwie emotional an der ganzen Misere beteiligen? „Attack Force“ erfüllt dieses Klischee z.B. dadurch, dass die Majestic-Vertuscher Werner und Robinson von Anfang an wissen, dass sie den auf eigene Faust ermittelnden Lawson nicht aufhalten können werden – sie behelfen sich damit, dass sie ihn mit Tia zusammenspannen und hoffen, so wenigstens eine gewisse Restkontrolle über Lawsons Aktionen zu erhalten (und nicht mal das klappt) und ihn vielleicht irgendwo mal auf dem falschen Fuß erwischen können (was in einem totalen Fiasko endet).

Die Kombination „konfuser Plot“ und „eh kein Zweifel am Ausgang“ sorgt nun nicht gerade für atemlose Spannung, aber das tut dem Unterhaltungswert aus Trash-Gesichtspunkten nun eher wenig Abbruch. Das Pacing ist, obwohl der Streifen Seagal-untypisch nicht ausschließlich aus Action-Szenen besteht, sondern sich – angesichts der ursprünglichen Konzeption des Streifens – durchaus an Horror-Ikonographie orientiert (klassische Slasher-Kills, und der Showdown findet sogar noch, wie’s bei einem Vampirfilm auch angebracht ist, ganz traditionell in den gothischen Gewölben einer Kathedrale statt), recht flott, Langweile lässt Michael Keusch jedenfalls nicht aufkommen – und droht doch mal eine Länge, fällt dem abstrusen Plot wieder eine Absurdität ein, die im Originalkonzept vielleicht mal clever klang, in der Neufassung aber nur die Lachmuskeln reizt (so z.B. der Umstand, dass Seagal von Tia mit „Nanographitklingen“ ausgestattet wird, die auf seine Nervenimpulse reagieren. Was wir schon immer sehen wollten – Steven Seagal ist Wolverine!). Die Production Values sind für einen Film dieser Preisklasse in Ordnung – nicht spektakulär, aber praktikabel – bis auf die notwendigen establishing visuals für Paris wurde in den rumänischen Castel-Studios von Vlad Paunescu gedreht, womit wir auch endlich eine six-degrees-of-seperation-Verbindung von Seagal zu Charles Band hinbekämen (die Paunescus betreuten in den 90ern Full Moons Rumänien-Expansion).

Die Action ist solide inszeniert und ordentlich hart – Hälse werden en gros aufgeschlitzt, Gesichtshaut abgezogen, Bäuche aufgeschlitzt und natürlich gibt’s auch jede Menge großkalibrigen Bleiaustausch. Witzigerweise wird der Streifen durch die Umkonzeptionierung wesentlich „härter“ – wenn kurz vor dem Finale die US-Armee eine französische Kleinstadt einnimmt (was sicherlich auch hochgradig realistisch sein dürfte. Frankreich war ja lang genug nicht mal vollwertiges NATO-Mitglied, sondern nur „assoziiert“) und dort die einheimische Bevölkerung, die von Aroon mit CTX kontaminiert wurde, niedermetzelt, wirkt das doch deutlich „böser“ als wenn die armen Eingeborenen von Vampiraliens übernommen worden wären (interessanterweise macht sich sowieso den ganzen Film über niemand Gedanken, ob man die CTX-Sucht und die DNA-Veränderung heilen könnte. Nur ein toter CTX-Junkie ist ein guter CTX-Junkie). Die fehlende Jugendfreigabe ist also sowohl rein härtetechnisch als auch moralisch völlig vertretbar (mich hätte ehrlich gesagt nicht mal ’ne JK-Freigabe gewundert). Lächerliche Digital-Effekte für die obligatorische Pupillenveränderung der Drogen-/Vampiropfer und ein-zwei verbesserungswürdige CGI-Blutfontänen sind auf der Minus-Seite zu verbuchen.

Meister Seagal selbst ist von den großen 80er-Action-Stars sicherlich der am wenigsten in Würde Gealterte – der gute Steven wirkt doch schon ziemlich verbraucht und müde; das könnte man mit gutem Willen scripttechnisch ausnutzen, aber da steht dem Herrn wohl doch das Ego im Wege. Immerhin macht Seagal, speziell wenn man andere aktuelle Werke betrachtet, relativ viel von der Action selbst. Was man halt so Action nennt – seine drei Kampfszenen sind allesamt nicht sonderlich lang und nicht besonders impressiv (wenn er es noch schafft, das Knie zu heben, ist das einen Applaus wert). Überdies ist sein möglicherweise im realen Leben hochgradig tödliche Aikido-Handgefuchtel halt über die letzten zwei Dekaden nicht gerade filmisch-beeindruckender geworden; es sieht oft und gern danach aus, als ob ein fünfjähriger Kindergartensteppke Jackie Chan nachspielt… (der Trick, Seagals mangelnde Beweglichkeit durch den Einsatz subjektiver Kamera in Fightszenen zu tarnen, ist aber mal was anderes).

Lisa Lovbrand, das blonde Starlet mit der undankbaren Aufgabe, etwas zu spielen, was im Script vermutlich „leider notwendige Frauenrolle“ hieß, versucht’s mit unterkühlter nordischer Erotik, was aber sinnlos ist, das der Plot ihr nicht mal (Gottseidank, möchte man sagen) eine Love Story mit Seagal andichtet (sie ist seine Schülerin, nicht mehr, und wenn – SPOILER VORAUS – sie ins Gras beißt, ist das dem Star nicht mal ein Schulterzucken wert).
David Kennedy („EastEnders“, „Gangster No. 1“, „Shiner“, „Rom“) ist als Seagals Sidekick wenigstens recht lebhaft, was man von Danny Webb (Werner, „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“) nicht behaupten kann.
Adam Croasdell („EastEnders“, „Smack the Pony“, „Tarzan und die verlorene Stadt“) regelt seinen Job mit gepflegtem Overacting und hat sichtlich Freude an seinem Tun, Subtilitätspreise gewinnt er aber ebenso wenig wie die kompliziert benamte Eveylne Armela O’Bami als seine Chef-Killerin Reina in einer Rolle, die vor fünfzehn Jahren vermutlich mit Iman besetzt worden wäre.

Bildqualität: Sony legt den Streifen auf DVD vor und lässt wenig anbrennen – der 1.85:1-Widescreen-Transfer (anamorph) ist über weite Strecken makellos, nur an einigen wenigen Stellen lässt sich in helleren Farbflächen Blockrauschen bemerken. Besitzer eines Röhrenfernsehers werden das kaum merken…

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton jeweils in Dolby Digital 5.1 mit optionalen Untertiteln in den gleichen Sprachen. Der O-Ton besticht mit hervorragender Sprachqualität und angenehmem Musik- und Effektmix.

Extras: Gar nix.

Fazit: „Attack Force“ ist sicherlich selbst für Seagal-DTV-Verhältnisse ein ausgesprochen blöder Film – dafür kann der Streifen aufgrund der geschilderten Vorgeschichte nur eingeschränkt etwas; mich persönlich hätte die „Urfassung“ aufgrund des SF-/Horror-Hooks sicherlich stärker angesprochen, aber auch so ist die ganze Chose natürlich für den Freund gepflegter schlechter Unterhaltung ein ziemliches Freudenfest. Eine hirnlose Geschichte, Seagals eigenwillige Altersinterpretation des Actionstars, harte Actionszenen und starke Horroranleihen machen durchaus Laune, so lange man freilich keinen „ernstzunehmenden“ Actionfilm erwartet. Und die studioseitige Umbearbeitung garantiert zudem noch ein ganz besonderes, nebenstehend zu bewunderndes Prädikat.

In diesem Sinne…

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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