- Original-Titel: Rat
- Alternative Titel: Atomic War Bride |
- Regie: Veljko Bulajic
- Land: Jugoslawien
- Jahr: 1960
- Darsteller:
„John Johnson“ (Antun Vrdoljak)
Maria (Ewa Krzyzewska)
Ljubisa Jovanovic
Ita Rina
Janez Vrhovec
Velimir „Bata“ Zivojinovic
Vorwort
Nach all dem Spass, den wir in letzter Zeit mit unseren netten kleinen Filmchen hier so hatten, wird´s jetzt mal ein wenig ernsthafter. Der kalte Krieg ist ja vorbei, dafür haben wir ja jetzt unsere anderen Bedrohungen, aber blenden wir mal ein paar Jahre zurück… Wir waren ja alle mal etwas jünger, sogar ich, und in meinen frühen Teenage-Zeiten gab´s wirklich eine Sache, vor der ich, wie man so schön sagt, „scared shitless“ war – Atomkrieg. Wie realistisch diese Ängste waren, kann man mal dahingestellt sein lassen – ich denke, wir sind uns einig, dass wir vermutlich nicht nur einmal am Rande des Abgrunds waren und vermutlich werden wir so einiges nie erfahren – Fakt bleibt, wenn mir irgendwas seinerzeit (we´re talking early 80´s) Alpträume bereitet hat, dann war´s die Aussicht auf einen Logenplatz bei der nächsten Pilzwolken-Besichtigung. Dabei hatte meine Generation das zweifelhafte „Glück“, einigermassen aufgeklärt zu sein – unsereins wusste, dass im Falle des Falles es nicht viel helfen wird, sich die nächstbeste Decke über den Kopf zu ziehen oder sich flach auf den Boden zu werfen, wie´s unsere Eltern noch in der Schule lernten und es Regierungen überall auf der Welt in nett gemeinten „Aufklärungsfilmen“ der verunsicherten Bevölkerung zu versichern versuchten. Dafür hatten „wir“ Filme wie THE DAY AFTER, TESTAMENT oder WHEN THE WIND BLOWS, die auf drastische Weise veranschaulichten, was uns blüht, sollte Ronnie mal mit dem falschen Fuss aufgestanden sein oder Breschnew auf der anderen Seite ein paar Wodkas zu viel inhaliert haben (soviel zur politischen Ausgewogenheit, nicht dass man mich noch für reaktionär hält, he-he). Eh, ich schweife mal wieder ab…
Will sagen – die Gefahren des Nuklearkriegs waren und sind uns allen evident. Frühere Generationen hatten aber auch ihre Atomängste und natürlich gab es wie zu allen Zeiten Filmemacher, die diese Ängste ausnutzten oder sogar schürten. Der „atom scare“-Film wurde nicht erst mit THE DAY AFTER erfunden, wenngleich die meisten frühen Vertreter des Subgenres sich auf das Thema „Post-Apokalypse“ konzentrierten (FIVE mit Harry Belafonte oder Corman´s DIE LETZTEN SIEBEN). An das eigentliche Thema, die kriegerische nukleare Auseinandersetzung selbst, wagten sich vermeintlich wenige Filmschaffende, wobei besonders im amerikanischen Raum vermutlich auch eine Rolle spielte, dass solche Filme (immerhin war die McCarthy-Ära in schlechtester Erinnerung) als „unamerikanisch“ und „unpatriotisch“ gebrandmarkt werden würden (leider eine Tendenz, die sich zu wiederholen droht). Aber es gab sie – und es gab sie sogar auf der „anderen Seite“…
Something Weird Video, normalerweise bekannt für das Ausgraben spassiger Trashware aus den tiefsten Archiven längst vergessener Schundreliquien, präsentiert nun eine prallgefüllte „atom scare“-DVD – something weird, zweifellos, aber spassig nur insofern, als einem das Lachen dann doch mal gern im Halse steckenbleibt. Wie üblich bei meinen Double-Feature-Reviews werde ich mich zu Extras und Präsentation im unmittelbar folgenden zweiten Review auslassen, jetzt aber zum ersten Hauptfilm. ATOMIC WAR BRIDE ist ein hübsches Beispiel, dass man sich auch auf der anderen Seite des Globus (von den USA aus gesehen) mit der Thematik beschäftigte… im Original RAT (Krieg) betitelt, handelt es sich um einen jugoslawischen Streifen aus der Hochzeit des Tito-Regimes (technisch gesehen stand Tito sicherlich dem Sozialismus näher als dem Westen, aber der Ex-Partisanenführer hatte sich und sein Land geschickterweise und zur Verärgerung der Sowjets unmittelbar nach Kriegsende für neutral erklärt), also nicht unbedingt (oder gerade doch? Sicherlich gab´s in Jugoslawien seinerzeit arge Bedenken, im Falle einer neuen kriegerischen Auseinandersetzung heftigst zwischen die Fronten der Allianzen zu geraten) Voraussetzungen, bei denen man eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema erwartet.
Nach dieser wie üblich viel zu langen Einleitung kommen wir without further delay zu unserem Film.
Inhalt
Noch was vorausgeschickt – der amerikanische Filmverleiher konnte seinem Publikum seinerzeit nicht wirklich einen jugoslawischen Film „zumuten“, also wurde der (in Zagreb) gedrehte Film flugs „amerikanisiert“. Das führt dazu, dass unser Held auf den hübschen Namen John Johnson hört. Wir lernen in kennen, als er sich mit seinem arbeitslosen Kumpel Lewis über seine anstehende Hochzeit mit Maria unterhält. Lewis ist besorgt, dass er a) nicht standesgemäss gekleidet erscheinen und b) kein Hochzeitsgeschenk mitbringen könne, aber John legt darauf keinen übermässigen Wert und gibt Lewis ausserdem mit auf den Weg, dass er das Gefühl habe, heute werde sich alles ändern, z.B. Lewis einen Job finden (dark forebodings…).
John hat als eheliche Wohnung ein hübsches Fuffziger-Jahre-Apartment in einem Standard-Plattenbau ausgekuckt. Die Vermieterin oder Hauswartin oder was auch immer beglückwünscht John zur Vermählung, mokiert sich allerdings darüber, dass John „neumodisch“ getrennte Betten im Schlafzimmer installiert hat. Geläutert schiebt John-Boy die Betten zusammen und verweist stolz auf den neuen (und gut gefüllten) Kühlschrank („nur 18 Monatsraten!“). Noch während dieser putzigen Unterhaltung dringt die Stimme eines Zeitungsverkäufers an unser aller Ohr: „KRIEG ERKLÄRT!“ John, nun auf den Weg zu Maria und anschliessend Hochzeit, kümmert das wenig, auch wenn er kein Taxi bekommt, statt dessen die Armee auffährt und „atomic radiation shielding“ verteilt und den Gebrauch derselben (schwarze Kutten mit Kapuze und Maske) in bester Stewardessen-Manier demonstriert (wobei Stewardessen im allgemeinen nicht so viel Wert auf Wiederholungen legen). John hat Probleme, denn die Kutte, die er ergattert hat, ist kaputt, aber Ersatz ist nicht… Während über den Köpfen schon Geräusche von Kampfjets die Menge erregen, macht die Armee, das sie wegkommt. Die Eingekleideten schmeissen sich auf den Boden, John versucht vergeblich, jemanden zur „Teilung“ seiner Kutte zu überreden, alas, die anfliegenden Jets sind die eigenen Jungs, die dann auch enthusiastisch gefeiert werden.
Die Lage scheint sich beruhigt zu haben, es gelingt John, ein Taxi zu ergattern, ein Cabrio (!), allerdings etwas altersschwach. „Ich kauf mir nächstes Jahr ein neues,“ erzählt der Taxidriver leutselig (we doubt that). Ganz überraschend scheint der Kriegsausbruch zumindest für die Powers That Be nicht zu sein, denn das Taxi wird von einer Bilderbuch-Militär-Parade aufgehalten. Herzzerreissende Szenen spielen sich ab, als eine Mutter ihren Sohn in vollem ABC-Schutzanzug (1960-style, versteht sich) verabschiedet. Der Taxifahrer erdreistet sich, die „We´re-going-to-war“-Prozession mit lautstarken „Nieder mit dem Krieg“-Rufen zu stören und wird umgehend verhaftet (eine recht lustige Verhaftung – zwei Bullen steigen ins Cabrio: „Fahren sie zum Polizeirevier!“), so dass unser Held wieder zu Fuss unterwegs ist. Nichts destotrotz erreicht er seine Destination, das Haus von Marias (offensichtlich gut situierter) Familie, wo ihn sein künftiges Eheweib im Hochzeitskleid erwartet (bringt das nicht Unglück? Hmm… [Future Merkwürden: Ja, es BRINGT Unglück!]). Maria ist beunruhigt, aber John versichert er, dass er sie jetzt noch mehr als je zuvor liebt (jaja, kaum ist Krieg, werden die Kerle romantisch). Maria verlangt, dass sie nieee getrennt werden dürfen (you bet!). Auch Marias sonstige Famile sitzt irgendwie auf glühenden Kohlen ob der Kriegsnachricht. „In 10 Minuten ist alles auseinandergebrochen!“ Der Familienpatron gibt den Weltmann. „Der Krieg war unvermeidlich“, aber John ist Berufsoptimist. „Um Mitternacht wird alles vorbei sein!“ „Was alles?“ fragt Patrone finster. Der hypernervöse (und herzkranke… can you spell DOOMED?) Cousin Marias mit dem schönen Namen Jack Jackson (!) hat Angst for der Atombombe. „Das würden sie nicht wagen,“ gibt John den Strahlemann, „jeder weiss, dass das Millionen Tote fordern würde!“ (Als ob das jemals einen Kriegsführer gestört hätte – John, du bist offiziell ein OBERNAIVLING). Jack ist verständlicherweise wenig beruhigt. Dennoch, während sich der Paps wegen dringender Geschäfte zu seiner Fabrik verabschiedet, headed die restliche Familie „in good spirit“ scherzend und lachend gen Kirche, um die Hochzeit nu endlich unter Dach & Fach zu bringen.
Der liebliche Sermon des örtlichen Pfaffen wird empfindlich durch den Luftalarm gestört, so dass der Gottesmann zur Kurzfassung der Trauungszeremonie greift (hm, hat Mel Brooks – ich sage nur: SPACEBALLS – den Film mal gesehen?). Leider ist auch die Kurzfassung nicht kurz genug, denn bevor man zum entscheidenden Ja-Wort kommt,
fallen Bomben (konventioneller Natur) und zwingen die Hochzeitsgesellschaft zur Flucht ins freie Feld. Die bösen Feinde eröffnen auf das fliehende Brautpaar sogar MG-Feuer (hm, ist sowas üblich im Krieg?), verfehlen knapp und erschiessen zum Trotz eine unschuldig grasende Kuh (!), was den Kuhbesitzer in tiefste Trauer stürzt. Maria schnieft vor sich hin und ist sicher, dass sie sterben werden, aber John beruhigt: „Wir sind verliebt, da ist es unmöglich zu sterben!“ (Hat der nie Romeo & Julia gelesen?). Ausserdem hat er niemanden sonst, wie er versichert, da er Waise ist (Klischee-O-Meter nah am Anschlag). Gut, erfreulicherweise hat die ganze Familie das Bombardement überlebt, aber gerade, als man sich sammelt, ist auch schon wieder die Armee vor Ort und zieht alle halbwegs kampftauglich aussehenden Männer zwangsweise ein, so auch John und Jack. „Schreib mir,“ schreit John von der Ladefläche des Trucks der hinterherlaufenden Maria zu. „Wohin?“ fragt diese berechtigerweise. „Ich weiss nicht,“ brüllt John zurück (Hirni!).
Die Armee-Trucks fahren durch die verwüstete Stadt (vermutlich, da die Trucks „overimposed“ sind, bediente man sich da WW-2-Wochenschaumaterials o.ä.). Überlebende krauchen durch die Trümmer, die Feuerwehr versucht zu löschen, was zu löschen ist. Der Armee-Rekrutierungsoffizier befiehlt seinen neuen Untergebenen zwecks allgemeiner Stimmungshebung das sofortige Absingen der Nationalhymne, was relativ unenthusiastisch erfolgt (könnte auch an dem wenig geistreichen Text derselben liegen). In der Kaserne trifft John nahezu sofort auf den bereits eingezogenen und uniformierten Lewis, der entzückt ist, dass Johns Prophezeihung zutrifft. „Ich hab schon ´nen neuen Job!“ – und solange er drei Mahlzeiten am Tag bekommt, ist ihm alles andere ziemlich wurscht (hach, ideales Soldatenmaterial… hätte Rudi Plantschemann Scharping sicher auch gern). Ein hochrangiger Ordensspazierenträger hält mit den Neuankömmlingen eine Impromptu-Musterung ab und stellt dabei Fragen wie „wieviel ist 6 x 8“, „wie lange können sie ohne Frauen auskommen“, „wie sehr lieben sie ihr Land“ oder (fieserweise an John) „wenn ihr Feind am Boden liegt, würden sie ihn töten oder warten, bis er wieder aufsteht“. Je nach Antwort teilt der Offizier den „Rekruten“ (die auf folgende Namen hören: Dick Dickson oder Pete Peters – wer hat diesen Film synchronisiert? Coleman Francis?? Wie wär´s zwischendurch mal mit einem Tom Smith, Mike Jones oder Dave Miller?) Grade von 1 bis 7 zu. John würde eigentlich bei „3“ landen, aber diverse dumme Antworten auf noch dümmere Fragen steigern den Wert bis auf „1“ (and I suppose, that is not a good thing). Nicht, dass das aber noch eine Rolle spielen würde, wir establishen lediglich, dass John definitv nicht ideales Soldatenmaterial ist… Nach Einkleidung geht´s sofort zum Waffendrill. Da man mit automatischen Gewehren um sich schiessen wird, muss man hauptsächlich den Zeigefinger exerzieren (und wenn ihr vermutet habt, dass es reichlich BLÖDE aussieht, wenn ein paar Dutzend Männer unter Vorbild eines Drill-Sergeants auf Kommando ihren Zeigefinger krumm machen… ihr hattet recht!). Nachdem somit die Basics angeeignet sind, geht´s ohne weitere Umschweife auf den Schiessstand, wo die Rekruten diversen Pappkameraden die Lichter ausblasen. Nächster Teil der Eil-Grundausbildung: Tarnung – and here it gets rather awkward. Neben effektiver Tarnung wie Stecken eines Asts Grünzeug in den Gewehrlauf üben die Soldaten-in-spe die Tarntechnik „Schafherde“ (auf den Knien rumrutschen) und „Baum“ (das begrünte Gewehr zwischen die Arme klemmen und stillstehen). Kein Wunder, dass angesichts solch hochspezialisierter Kriegskunstmethoden der gute Jack (you remember? Heart condition?) den erwarungsgemässen Herzkaschper kriegt und tot umfällt – blöderweise für ihn allerdings bei der Tarnmethode „Gefallener“. Naja, als John, nachdem der gute Jack nicht wieder aufsteht, feststellt, dass Jack das „Gefallener“ etwas sehr wörtlich genommen hat, wird sogar der Drill-Sergeant kurz emotional… Abgang Jack.
Nontheless ist John wenig später (wie viel Zeit vergangen ist, erfahren wir nicht) auf Patrouille in der Stadt. Aufgabe des Trupps ist es, alle Zivilisten in die Luftschutzbunker zu scheuchen, so z.B. einen alten Knacker, der sich weigert, sein Haus zu verlassen („ich hab es erst letzten Monat abbezahlt!“ Während der Captain sich mit dem Opa auseinandersetzt, verwechselt John eine vorbeieilende Frau mit Maria. Schlussendlich lässt sich Opa überreden und packt sein Köfferchen. John wird beauftragt, den Zausel in den Bunker zu verfrachten. Der rüstige Rentner versucht zwar, John zu überreden, ihn gehen zu lassen („ich geb dir ein Feuerzeug!“), aber das Pflichtbewusstsein siegt. Da plärren wieder die Sirenen. Die Bunkertruppe ist nicht too eager, das Tor für Johns Schutzbefohlenen noch mal zu öffnen, aber John steckt seinen Arm zwischen die schweren Metallflügel (ouch!). Während die Bunkerbesatzung noch diskutiert, ob man während eines Luftangriffs aufmachen könne, setzt sich der alte Knacker mit seinem Köfferchen ab und wird prompt in die ewigen Jagdgründe gebombt. Bei den Bunkeranern setzt sich schliesslich die Menschenfreundlichkeit durch und John wird in die vermeintliche Sicherheit gezogen. Im Bunker argwöhnt jemand, dass der böse Feind Atombomben um sich werfen könnte. „Natürlich nicht,“ beruhigt der von seiner Naivität immer noch nicht kurierte John, „die Vereinten Nationen haben Atombomben geächtet!“
Der Bunker ist ansonsten recht geräumig und verfügt über einen netten Grossbildfernseher (der Übertragung der nächsten Fussball-WM steht also nichts im Wege), der Stimmungslage angemessen wird ein klassisches Konzert gezeigt. Wie´s der Deibel, äh, Scriptwriter so will, befindet sich auch Maria samt Familie im Bunker, die sich natürlch prompt nach Jack erkundigt. „Der ist in der Kaserne,“ notlügt John, kann aber zumindest Maria, die ein fremdes Kind spazierenträgt, nichts vormachen. „Verlass mich nicht wieder,“ schlucht Maria. „Ich muss gehorchen. Warum muss man immer irgendwann einmal gehorchen?“ fragt sich John (und weckt Remineszenzen an das klassiche Ro-Man-Dilemma: „Where on the graph do must and cannot meet?“) Die Mama des Kinds holt selbiges mit den Worten „er wär besser dran, wenn er nicht geboren worden wäre“ ab. John ist geneigt, beizupflichten, aber Maria widerspricht. Cue in romantic moment & kiss. Die Romanze wird durch eine Durchsage unterbrochen. Der Präsident der Republik (die Staaten haben übrigens keine Namen, mehr als „die Republik“ und „der Feind“ wird uns nicht verraten) wird sich in wenigen Augenblicken an die Nation wenden. Und schon meldet sich der grosse Führer zu Wort und leiert den üblichen Schwafel runter, „totaler Sieg“, „der Feind würde auch Atombomben werfen, das können wir nicht zulassen“ und appelliert im übrigen, wie´s unsere Grosskopferten in solchen Fällen immer zu tun pflegen, an den allgemeinen Patriotismus seines Volkes (übrigens steht er dabei vor einer fiktiven Landkarte seiner Nation, die immerhin leicht an eine Karte von Russland erinnert). Langer Rede erwarteter Sinn, der Präsi hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber es muss sein – man wird den nuklearen Erstschlag durchführen. Ein Berater übernimmt und teilt begeistert der Masse mit, dass man dank neuartiger TV-Technologie Kameras an den Atomraketen installiert habe und so den Flug derselben und Explosion live übertragen könne (hm, das erinnert mich irgendwie an Golf- und Bosnien-Krieg. Prophecy at work?). Der Präsident schwingt sich in Siegerpose und wartet auf den begeisterten Applaus seiner Untertanen – zumindest seine diversen Hofschranzen tun ihm den Gefallen. Dann übernimmt die Rocket-Cam und zeigt uns erst Wolken, dann den Sinkflug auf eine Stadt, panisch davonrennende Menschen und schliesslich den Blast und den üblichen Atompilz (eh, forgive my ignorance, aber WIE KANN DAS FUNKTIONIEREN? Diese Kameras scheinen a) mehr auszuhalten, als man denkt und b) sich selbständig ein paar Kilometer vom Explosionsort entfernen zu können… was tut man nicht alles für GUTE BILDER!). Die Reaktion der Bunkerinsassen ist eher unenthusiastisch bis entsetzt und ein Typ zückt eine Knarre und erschiesst den Fernseher. „Wir können den Krieg nicht aufhalten“, meint er und bemüht sich, nach dem unschuldigen Fernseher auch noch sich selbst zu töten. John greift ein und versucht, den Typen zu beruhigen. „Ihr habt vergessen, menschliche Wesen zu sein,“ gröhlt der aber und lässt sich auch durch Johns wohlmeinendes „morgen wird alles besser“ (erwähnte ich, dass John NAIV ist?) nicht beruhigen. „Morgen existiert nicht, wir verdienen kein Morgen!“ John schwenkt spontan auf Plan B ein. „Die Regierung wird auf unsere Stimme hören!“ („Wir sind das Volk!“ oder was?) und in Windeseile wird von der Bunkermeute der Plan verabschiedet, sofort und auf der Stelle zum Präsidenten zu marschieren und sofortigen Frieden zu verlangen. Ein frohes Lied auf den Lippen zieht die Menge los, inklusive des zwar wenig überzeugten, aber von Maria halbwegs aufgebauten (und von seiner Knarre befreiten) Panikers, dafür exklusive Marias Family („wir sind zu alt… und erkälte dich nicht!“ Sorgen ham die Leut…),und strömt aus dem Bunker (gewisse Anklänge an Massenszenen aus METROPOLIS). Dermassenen Aufruhr kann die Armee natürlich nicht brauchen, der Captain fordert Verstärkung an und schliesslich stoppt ein beachtliches Uniform-Aufgebot die ungemeldete Demonstration.
John ist dämlich genug, sich als Wortführer der Demo zu erkennen zu geben, was natürlich schlecht kommt, da er ja auch Uniformträger ist, und zu seiner sofortigen Verhaftung führt. John-Boy ist wirklich nicht nur naiv, sondern richtiggehend BLÖD, denn er ist überzeugt davon, dass die Armee ihn gehen lassen wird, nachdem er sich erklärt hat (sure thing…), Maria sieht das nicht ganz so rosig. Während John abtransportiert wird, drängt der Rest der Militärpräsenz die Demonstranten, die zwar nicht unbedingt ein Muster der uneingeschränkten Solidarität (hah, dass ich das noch mal einbauen kann) darstellen, aber zumindest munter weiterprotestieren, zurück in den Bunker. Maria drückt sich in einen Hauseingang und kann erst mal stiften gehen. Der Captain, er heisst übrigens Andy Anderson (aber das habt Ihr Euch ja sicher schon gedacht… ächz), kontaktiert seinen General, was er mit dem Aufwiegler denn nun machen soll. Die Antwort des Generals ist kurz und knapp: „An die Wand stellen!“ Der Captain pointed out, dass es ihm derzeit ein wenig an geeigneten Wänden fehlen würde, aber derartige Einwände interessieren den höheren Lamettaträger nicht. Zum „Glück“ findet sich eine brauchbare Ruinenwand und sofort wird ein Erschiessungskommando gebildet – zu dem natürlich auch Lewis gehört. Selbst John hat jetzt begriffen, dass die Lage für ihn hoffnungslos, aber nicht ernst ist, und versucht sich rauszuquatschen. Captain Anderson ist ziemlich unbeeindruckt und lässt anlegen, aber da stürzt Maria durch die Reihen und schmeisst sich John an den Hals. Da Maria den ordnungsgemässen Exekutionsablauf geringfügig stört, lässt sie der Captain entfernen. „Ihr seid Mörder, genau wie die Regierung und der Präsident!“ krakeelt Maria und handelt sich dafür die Anordnung, „in Eisen gelegt“ zu werden ein. Bevor nun aber endlich standrechtlich erschossen werden kann, rennt jemand rum und brüllt „Frieden! Es ist Frieden erklärt worden“ und dazu läuten die Kirchenglocken. Jubel, Erleichterung… Lewis entschuldigt sich unter Tränen bei John, dass er ihn beinahe erschossen hätte. „Macht nix,“ gibt sich John generös und entpuppt sich anschliessend nun wirklich als der mit Abstand blödeste Mensch auf Gottes Erdboden, denn er lädt Captain Anderson auf einen Drink zu sich nach Hause ein!!! Der Captain ist geschmeichelt, will aber trotzdem vorsichtshalber erst mal bei seinen Vorgesetzten anfragen, ob der Krieg denn wirklich vor bei ist. Und der General hat für den Captain auch keine guten Nachrichten… die Glocken läuten „nur“ weil der Feind durch die Atombomben total vernichtet worden sei (eh, technisch gesehen müsste das doch „Kriegsende“ bedeuten, oder versteh ich was falsch?). Lewis riecht ungemacht und rät John und Maria, unbürokratisch das Weite zu suchen, was prompt umgesetzt wird, und nicht zu früh, denn der General ordnet an, dass die Exekution gefälligst durchzuziehen ist, Krieg hin, Frieden her.
Bei ihrer Flucht durch die Ruinen stossen John und Maria auf einen Mann, der ein Bein sucht („ich hab´s verloren, eigentlich hat´s meine Tochter verloren“), finden sich aber plötzlich vor dem noch intakten Wohnblock wieder, in dem John sein Kuschel-Apartment hat. „Warte dort auf mich,“ sagt John und will ein Ablenkungsmanöver inszenieren. Dazu klmmt´s aber nicht mehr. Lewis versucht, die beiden zu warnen, bekommt aber dafür einen Gewehrkolben auf den Helm (sofort stone-cold out, der Knabe. Die Helme scheint die Armee auf dem Grabbeltisch bei Woolworth angeschafft zu haben). Quickly sind unsere Helden umzingelt…
Doch da, wer kraucht da in einer offenen Limousine durch die Verwüstung? Niemand geringeres als der Präsident selbst, und der begehrt zu wissen, was vor sich geht. Nur die Exekution eines Aufrührers, aber der Präsident gibt John Gelegenheit, sich zu erklären. John zieht die Pazifismus-Routine ab und schliesst mit „etwas muss sich ändern!“. „Was?“ fragt der Präsi. „Die Regierung, alles!“ gibt der friedensliebende John zurück. Der Präsi tut das als sentimentalen Schwachfug ab, wird aber von einem Offizier beiseite genommen. Feindliche Atomraketen sind im Anflug und eine – schreck – genau hierher! PANIK! Alles rennt, alles kraucht, alles sucht Deckung. Der Zufall will es natürlich so, dass John, Marie und der Präsident nebeneinander Schutz hinter einer Schutthalde suchen (tja, Mr. President, das kommt davon, wenn man den Atomkrieg nicht im Regierungsbunker verbringt, sondern lieber Ruinen besichtigt…). „Wir wollten den Krieg auch nicht,“ lamentiert der nunmehr weniger selbstbewusste Präsident lahm und hält John ein Buch unter die Nase. „Das Weissbuch! Da steht alles drin! Es wurde mit 55 % angenommen!“ (Ein Plot-Punkt, der wohl irgendwas mit den zwölf in der US-Fassung fehlenden Minuten zu tun hat). John und Maria lassen Weissbuch Weissbuch sein. Die Rakete ist im Anmarsch, der Präsi versucht noch verzweifelt, sich einzubuddeln, und da kommt schon der Blast…
Überraschenderweise haben John und Maria die Explosion überlebt, wenngleich ihre Kleidung einen etwas derangierten Eindruck macht. John führt Maria in die traurigen Reste seiner doch jetzt arg in Mitleidenschaft gezogenen Wohnung und führt, als sei nichts geschehen, seine Errungenschaften vor („ich hab sogar eine Kaffeemühle“ – boah, ey!). „Der Typ im Bunker hatte recht – wir können es nicht aufhalten,“ resümmiert John seine Kriegserfahrungen. Maria schenkt ihm kein Gehör, denn sie ist nicht nur relativ stark verbrannt (würde sagen, Sonnenbrand nach acht Stunden Costa del Sol), sondern gibt den Geist auf… erst als er seine tote Braut im Arm hält, realisiert John so richtig, was passiert ist…
Die Kamera zieht auf und zeigt uns die total zerstörte Stadt.
Niicht gerade ein Gute-Laune-Film, den Something Weird da wieder mal aus dem erstaunlichen Fundus gezaubert hat, aber dafür ein erstaunlicher Film.
RAT (ich bleib mal beim Originaltitel, das schreibt sich kürzer) balanciert auf dem schmalen Grat zwischen ernsthaftem Schocker und überzeichneter Satire und absolviert diesen Drahtseilakt mit verblüffend wirksamen Resultaten. In gewisser Hinsicht könnte man RAT als „companion piece“ zu Kubricks (Jahre später entstandenem) DR. STRANGELOVE sehen, denn wo Kubrick sich satirisch-übertrieben mit der politischen und militärischen Seite des Nuklearkonflikts auseinandersetzte, beschäftigt sich sein jugoslawischer Vorgänger mit der eher alltäglichen Seite des Krieges. Sicherlich sind so manche Elemente des Films aus heutiger Sicht eher naiv (und damit meine ich nicht den Hauptcharakter), denn dass ein nuklearer Konflikt heutzutage noch die Mobilmachung der kampffähigen Bevölkerung mit sich bringen würde, ist wohl noch eher den damals noch frischen Erinnerungen an den 2. Weltkrieg als rationaler Betrachtungsweise zu verdanken (obwohl andererseits – wer weiss? Man muss ja fairerweise zugeben, dass die kriegerische Auseinandersetzung in RAT nicht gleich mit dem Umsichwerfen mit Atombomben, sondern auf konventionelle Weise beginnt… so rather disregard my previous point). Ein anderer Punkt ist die lächerliche „Grundausbildung“ der Soldaten, bei der man natürlich vermuten muss, dass sie satirisch gemeint ist (kann ja gar nicht anders sein…).
Auf der anderen Seite ist das Thema des Streifens natürlich auch heutzutage, nach Cold-War-Ende brennend aktuell, denken wir nur an den Kaschmir-Konflikt zwischen Indien und Pakistan (interessanterweise beschäftigt sich auch RAT nicht mit einem globalen Konflikt, sondern einem Krieg zwischen zwei Ländern) und Sprüche wie die des Präsidenten in seiner Fernsehansprache erinnern fatal an so manche verbale Absenderung diverser Machtinhaber unserer Zeit (Dabbeljah, anyone?). Was mehr oder minder direkt zu der Schlussfolgerung führt, dass die Menschheit bzw. diejenigen, die glauben, für sie sprechen zu können, in den vergangenen vierzig Jahren nischt, aber auch wirklich gar nix dazugelernt haben. Forgive me, ich begebe mich wieder in das Terrain unfokussierten politischen Ramblings, dabei wollte ich doch eigentlih noch ein paar Takte zum Film sagen.
Regisseur Bulajic gelingen trotz eines vermutlich nicht allzugrossen Budgets einige eindrucksvolle und eindringliche Bilder und in den Massenszenen erweist sich, dass er durchaus in der Lage ist, ein Bild zu komponieren. Leider geht einiges davon durch den Vollbild-Pan&Scan-Transfer verloren (der Film ist painstakingly obvious in Widescreen-Format gedreht, und zwar vermutlich in 2.35:1), aber vorhandenes Talent wird auch durch missratene Präsentation nicht aussichtslos zurückgedrängt – die Szene, in der die Bunkerinsassen zu ihrem Protestmarsch aufbrechen und dabei die symmetrisch angeordneten Treppen hochstürmen, erinnert durchaus, wie bereits erwähnt, an Fritz Lang.
Zum Drehbuch – das Szenario selbst entwickelt sich durchaus schlüssig und nachvollziehbar, die Beteiligung der Charaktere dagegen ist manchmal eher unglaubwürdig. Dass John von einer so ins Gesicht springenden Naivität (um nicht Dummheit) gezeichnet ist, ist schon zuviel des Guten – ich dachte eigentlich, der Gipfel wäre erreicht, als er sich widerstandslos von der Armee festnehmen lässt, aber dann kam die Oberhammerszene. Atombomben hin, Friedenserklärung her – ich würde den Typen, der vor zwei Minuten meine Hinrichtung angeordnet hätte, jedenfalls nicht auf´n Bier in meine Bude einladen. Ihr etwa? Spätestens da geht doch jeglicher Glauben an die Menschheit verloren (den John allerdings für uns alle mit besitzt…). Ein paar Kunstgriffe der Story stören ebenfalls ein wenig das Wohlbefinden des Kritikers – die reale Unmöglichkeit, per einer an der Rakete angebrachten Kamera sogar noch den Atompilz zu übertragen, mag man ja noch im Sinne des Effekts verzeihen können, aber ansonsten sind´s dann doch ein paar Zufälle zuviel (Marie und ihre Familie im selben Bunker wie John, Lewis im Erschiessungskommando, der just im rechten Moment vorbeidefilierende Präsident). Trotz allem, das sind eher „minor complaints“, denn obwohl schlussendlich auch die Wirkung der Atombombe eher harmlos dargestellt wird (eine direkte Atombombenexplosion überleben? I don´t think so…), bringt der Film seine Botschaft klar und deutlich rüber. Und die lautet schlicht und ergreifend „you can´t win a nuclear war“… (ich war versucht zu schreiben „war is stupid“, aber das haben ja nicht mal die Jungs im Herkunftsland erkannt) – von der ersten Filmminute an (eine anstehende Hochzeit war ja schon immer im B-Movie-Land gleichbedeutend mit dem Todesurteil) deutet der Streifen das anstehende Unheil an und entwickelt es folgerichtig bis hin zum melodramatischen Finale – vielleicht ist doch an der alten Filmtheorie was dran, dass Einzelschicksale (bzw. Paarschicksale) dramatischer und eindringlicher auf den Zuschauer wirken als „large scale destruction“.
Noch ein Wort zu den darstellerischen Leistungen, denn der schönste Film taugt recht wenig, wenn seine Akteure Schnarchnasen sind (Ausnahmen bestätigen die Regel…)… zunächst muss man anmerken, dass die englische Synchronisation (wenn man mal auf die grausige Namensgebung nicht weiter eingeht… erks) recht gelungen zu sein scheint (das lässt sich freilich nicht abschliessend eruieren). Anton Vrduljak spielt seine Rolle, auch wenn ich, wie mehrfach erwähnt, mit der grenzenlosen Naivität seines Charakters so meine Probleme habe, durchaus akzeptabel, ebenso Ewa Krzyzewska (zum Glück besprech´ ich nicht allzuviel osteuropäische Filme, da bricht man sich ja die Finger), die eine ansehnliche Leistung bietet. Auch die Nebendarsteller agieren glaubhaft und überzeugend.
Something Weirds DVD-Transfer krankt, wie schon angedeutet, an der Tatsache, dass der Widescreen-Film in einem übel gecroppten Pan&Scan-Transfer präsentiert wird, schade drum. Der Print selbst ist für das Alter des Films angemessen ansehnlich ohne wirklich gravierende Probleme, der englische Mono-Ton gut verständlich. Zu den restlichen Features der DVD im nächsten Review.
RAT (ATOMIC WAR BRIDE) ist mit Sicherheit eins nicht – ein Partyfilm (und damit eigentlich gar nicht in der Firmentradition von Something Weird), sondern ein gelegentlich unfreiwillig komischer, oft satirisch-überspitzter und immer eindringlich-warnender ernsthafter Film über ein Thema, dessen fortgesetzte Aktualität uns vielleicht, aufgrund anderer Geschehnisse, nicht mehr so bewusst ist. Gerade deshalb sollte der Streifen für gewisse Kreise (ich rede von Regierigen aller Orten) ein Pflicht-View sein. Aber natürlich ist der Film auch für andere Interessierte sehr „rewarding“. Kein Film zum Spass haben (um beim Thema zu bleiben, da ist DR. STRANGELOVE doch mehr auf den Lacher hin orientiert, während bei RAT die Satire sanfter integriert und vielleicht eben daher noch galliger ist), aber dennoch ein immens empfehlenswerter Streifen.
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 01.11.2003