- Original-Titel: Atomic Rulers
- Alternative Titel: Atomic Rulers of the World |
- Regie: Koreyoshi Akasaka, Teruo Ishii, Akira Mitsuwa
- Land: Japan
- Jahr: 1957/64
- Darsteller:
Ken Utsui (Starman/Super Giant), Junko Ikeuchi, Shoji Nakayama, Minoru Takada, Sachahiro Ohsawa, Kan Hayashi, Minako Yamada, Utako Mitsuya
Vorwort
Es ist wie immer eigentlich – die fortgesetzten Blödheiten, die wir Menschen auf unserem Erdball mit den bösen Atomwaffen anstellen, finden nicht das Wohlgefallen unserer außerirdischen Mituniversumbewohner. In diesem Falle sind es die Jungs vom „Smaragdplaneten“ (armwedelnde Gestalten aus dem letzten Kindergartenspiel), die wissen, dass, wenn wir unsere Erde in die Luft jagen, die dabei freigesetzte Radioaktivität auch ihren Planeten vernichten würde. Also schicken sie ihren hauseigenen Supermann, den unverwundbaren Starman (im Original: „Super Giant“) auf die Reise, damit er verhindert, dass die Fieswatze des Landes Magolien mit gezielten Atombombenexplosionen entweder die Weltherrschaft erringen oder die Erde an sich kaputt machen. Mit dem ihm anvertrauten „Globe Meter“ (einer Art Armbanduhr, die Starman anzeigt, wo unangemeldetes radioaktives Material zu finden ist) ist’s auch kein Problem, die magolienischen (magolischen? magoloiden?) Agenten aufzutreiben, auch wenn er erst mal verhindern muss, dass deren Flugzeug abstürzt. Die Magolianiten haben speziell vor, Japan mit einer Atombombe zu erpressen, damit die Söhne Nippons sich als mahnendes Beispiel für die Restwelt zuerst unterwirft. Starman verwickelt die Agenten in ein Handgemenge, ohne zu bemerken, dass die Schlägerei von einem Rudel Waisenkinder aus der nächstbesten Orphanage bewundernd beobachtet wird (speziell Starmans Kugelfestigkeit schindet mächtig Eindruck). Natürlich haben die schlitzäugigen Dreikäsehochs nichts besseres zu tun, als die Tasche, in der die Agenten hochqualifiziert und narrensicher ihre Atombombe befördern, zu mopsen und damit stiften zu gehen, während Supermann und Böslinge sich noch prügeln. Nachdem Starman den Schuften aufs Haupt geschlagen hat, fliegt er von hinnen, die Finsterlinge allerdings krallen sich einen aufgrund akutem zu-blöd-zum-Laufen-seins hingeschlagenen Waisenknaben. Während es Starman ohne weiteres gelingt, die leicht zu beeindruckenden Kurzen – die noch gar nicht mal gemerkt haben, dass einer der Ihren fehlt – zur Aushändigung der Nuklearwaffe zu überreden, soll der entführte Junge vom Oberboss der Magoltiten in deren streng geheimen (aber SPECTRE-mäßig ausgebauter) Operationsbasis verhört werden. Nachdem Starman die magolianische Botschaft infiltriert und dort einen aufgrund fortgeschrittenen Versagens zum Tode verurteilten Agenten (mit dem er sich vorhin schon gebalgt hat) ausquetscht, kann er den Kleinen retten. Die Gegenseite war aber indes nicht ganz dumm, hat das Waisenhaus aufgesucht und die schnucklige Waisenbetreuerin Reiko gegirlnappt. Das kann wieder mal nur darauf hinauslaufen, dass das Gute blöd genug ist, um ein Leben zu retten, den Untergang der Erde zu riskieren…
Inhalt
Was mir als nächster Film der „Nightmare Worlds“-Box von Mill Creek vor den Player lief und sich mit dem fetzigen Titel „Atomic Rulers of the World“ meldet, kommt natürlich aus Japan und ist, was auch nicht sonderlich überrascht, ein von amerikanischen Vertreibern angefertigter Zusammenschnitt einer japanischen Serie – wobei „Serie“ auch nicht ganz richtig ist, die „Super Giant“-Reihe bestand insgesamt aus acht ca. 50 Minuten langen Filmen, von denen jeweils zwei eine abgeschlossene Geschichte erzählten. Zwei weitere Zusammenschnitte kamen als „Attack from Space“ bzw. „Evil Brain from Outer Space“ ebenfalls auf den amerikanischen Markt, sind aber, so zumindest die für gewöhnlich gut unterrichteten Quellen, deutlich SF-orientierter als „Atomic Rulers“, der über weite Strecken auch als etwas zu früh gekommener Eurospy-meets-Muskelmann-Hobel aus Italien durchgehen würde (täten nicht primär Asiaten mitspielen), sozusagen „Agent 077 trifft die Drei Supermänner“ o.ä.
Das muss man noch nicht unbedingt gut finden, hätte aber Potential für solide witziges Entertainment für den Freund von Anno-dunnemals-Kintopp, wären sich die Japaner (und Japaner spinnen bekanntlich alle) einig gewesen, was zum Teufel sie eigentlich machen wollten. Kiddie-freundliches juveniles Abenteuer, „knallharte“ Action, utopische Spannung oder einfach nur billiges „Superman“-Abrippen? Ich sag immer wieder, Reis und Sake allein kann nicht gesund sein, das schlägt irgendwann auf Hirn und Gemüt, und dann kommt Schwurbel wie „Godzilla vs. Megalon“, „Gamera vs. Jiggar“ oder eben „Atomic Rulers“ ‚bei raus. Die Story ist wie üblich Resultat eines mehrsekündigen Brainstormings eines bewährten Klapsmüllers (in diesem Falle Ichiro Miyagawa, der 1960 den immerhin inzwischen von Criterion veröffentlichten Horrorfilm „Jigoku“ – ein bissl Jodorowsky-artig, wenn ich den Reviews trauen kann – schrieb), der eine Geschichte auf dem mentalen Niveau eines begeisterungsfähigen Zwölfjährigen verfasste. Ein im wahrsten Sinne des Wortes „stählerner“ Supermann (na, hoffentlich hat die DC-Lizenzabteilung den Schmu nie gesehen) mit einem lächerlichen Kostüm (inklusive eines neckischen „Fühlers“ auf der Rübe), der sich nach Belieben in unauffällige Zivilklamotten transformieren kann und den bösen Gangstern, eh, gefährlichen Agenten mit bloßen Fäusten zu Leibe rückt, und, da wir ja in einem japanischen Serial sind, natürlich auch ausdrücklich zu Protokoll geben darf/muss, „Freund aller Kinder“ zu sein (ich dachte immer, das wäre Gamera? Hoffentlich gibt’s da kein Kompetenzgerangel).
Bis auf die zu erwartenden Dusseligkeiten (wie z.B., dass die Magoliener, die in der japanischen Originalfassung „Maporianer“ o.ä., hab mir das jetzt nicht im einzelnen gemerkt, aber es steht so ungefähr an der Tür ihrer Botschaft, in Japan eine hochtechnisierte Geheimbasis betreiben können oder den Umstand, dass die Möchtegern-Weltherrscher ihre Geiseln mit dem Linienzug -!- durch die Lande karren müssen [hoffentlich haben die armen Jungs ’ne Bahncard, sonst geht das auf die Dauer ins Geld]) ist das Script geprägt von bodenloser Naivität (naja, eben an ein jugendliches Publikum gerichtet), aber nachvollziehbar, trotz der Kürzungen (wobei die sich ja in Grenzen halten – die japanische Originalfassung läuft 100 Minuten, der US-Zusammenschnitt 74 – neben der ein oder anderen Redundanz ist da sicher einiges an Dialogen auf der Strecke geblieben, aber der Plotte kann man mühelos folgen, und für alle Eventualitäten steht da immer noch der omnipräsente Erzähler bereit, der uns z.B. glaubhaft versichert, dass „Starman einem Hubschrauber der Magoliener folgt“, während wir sehen, wie Starman einem Hubschrauber der Magoliener folgt). Ich habe oben schon den Vergleich zu den italienischen „Supermänner“-Filmen gezogen und der kommt wirklich hin – abgesehen vom SF-Aufhänger, dass Starman eben vom anderen Stern kommt, spielt sich „Atomic Rulers“ ungefähr in der gleichen intellektuellen Gewichtsklasse (abzüglich des Italo-Holzhammerhumors, den die Japaner geschmackssicher durch ihre Kenny-Leidenschaft für Steppkes in kurzen Hosen ersetzen. Ich denke, da sind mir stotternde Italiener dann doch noch lieber). Dialoge sind notwendiges Füllsel zwischen zwei Prügelszenen, Charaktere, die diese Bezeichnung verdienen würden, sind nicht vorhanden – entweder ist man edel und gut (Starman, der japanische Polizist, der in die Sache verwickelt wird, Reiko) oder böse und fies (die Magolianiraner). Das atmet noch den Geist der alten cliffhanger-Serials…
Vom handwerklichen Standpunkt aus offenbaren sich ein wenig Licht und viel viel Schatten. Teilweise ist der betriebene Aufwand bemerkenswert: das Hauptquartier der Schurken würde auch einem frühen Bond-Film nicht zur Schande gereichen (massenhaft obskure Maschinen, Catwalks, ein Pool), aber alles, was auch nur irgendwie entfernt nach Spezialeffekt müffelt, ist auf einem Niveau, für das jeder Tricktechniker eines achtklassigen „Godzilla“-Klons gramgebeugt zum Seppuku-Schwert greifen würde – die Eröffnungsszene auf dem „Smaragd-Planeten“ würde ich nicht mal der Augsburger Puppenkiste durchgehen lassen, Starmans dramatischer Einsatz auf dem Höhenruder des Flugzeugs gewinnt sämtliche Ed-Wood-Debilitätspreise, die Modelltricks für Hubschrauber und die Außenansicht des Schurken-Hideouts sind erbärmlich. Dagegen sind die Aufnahmen des „fliegenden“ Starman ja schon wieder beinahe erträglich (speziell, wenn man daran denkt, dass die im ersten „Superman“-Film, der mit den Worten „sie werden glauben, dass ein Mensch fliegt“ beworben wurde, auch nicht wirklich überzeugend waren) – klar als Rückprojektion erkennbar, aber die s/w-Fotografie kaschiert das ein wenig (dafür leidet die Kameraarbeit unter dem Beschneiden des 2.35:1-Widescreen-Formats auf fernsehtaugliches Vollbild. Mir ist trotzdem irgendwie ein Rätsel, wie 50-Minuten-Filme seinerzeit im japanischen Kino aufgeführt wurden. Double Features?). Spektakuläre, ähn, Stunts wie eindrucksvolle Sprünge werden, wie’s ein Jahrzehnt später auch die Italiener so zu handhaben pflegten, durch die gute alte Film-rückwärts-ablaufen-lassen-Technik gelöst (mit lustigen Folgen – wenn Starman aus dem Wasser „springt“, ist sein Kostüm „danach“ knochentrocken). Dramaturgisch treffen die drei Regisseure ab und an mal eher unverständliche Entscheidungen – eine fünfminütige „Spannungssequenz“, in der der von den Agenten entführte Knabe ausbüxt und nach diversem Versteckspiel rund um einen Bahndamm wieder eingekäscht wird, ist völlig unnötig… aber okay, das ist natürlich wieder eine Konzession an die Kinder im Publikum, insgesamt wird’s aber nicht langweilig, was bei der kurzen Laufzeit schon ein Kunststück wäre. Ob’s gefällt, hängt freilich wesentlich davon ab, ob man mit altertümlicher Kinder-„Action“-„SciFi“ grundsätzlich etwas anfangen kann – ein paar kaiju-Monster hätten mir persönlich schon gut getan…
Einzig zuordenbarer Darsteller ist Ken Utsui, der die Hauptrolle des Starman mit großem stoischen Ernst spielt, als wäre hier wirklich große Tragödie zu mimen. Utsui tauchte immerhin schon unkreditiert in „Die sieben Samurai“ auf und nahm karrieretechnisch durch’s Schlüpfen in den lächerlichen Strampelanzug keinen Schaden – er ist bis heute im Geschäft – 1975 agierte er u.a. neben Sonny Chiba in „Bullet Train“, dem japanischen Versuch, sich ans Genre der Ensemble-Katastrophenthriller made in Hollywood anzuhängen. Shoji Nakayama (der dürfte der Polizist sein) tauchte 1977 noch im „Großen Krieg der Planeten“ auf, Minoru Takada, ein Veteran aus der Stummfilmzeit, schaffte es immerhin noch in die Toho-Werke „Atragon“ und „Ghidora“.
Bildqualität: Für Mill Creek ist der s/w-Vollbildprint beachtlich – angemessen scharf, mit nur wenigen Defekten und Laufstreifen und erträglichem Kontrast… für die Verhältnisse des Billigramsch-Labels ist das ein Transfer der Criterion-Klasse. Wenn’s jetzt auch noch Widescreen wäre…
Tonqualität: Die zu erwartende nicht sonderlich prickelnde (aber auch nicht ausnehmend schlechte) englische Synchronfassung kommt mit merklichem, aber noch nicht wirklich störendem Grundrauschen und ist insgesamt gut verständlich. Die Musik (die ab und an mal Ifukube zu „zitieren“ versucht; da die US-Verleiher aber den Soundtrack eigenständig zusammenpfriemelten, ist’s noch nicht mal unmöglich, dass tatsächlich der ein oder andere Cue vom Meister stammt) ist etwas dumpf.
Extras: –
Fazit: Tja, was sagen wir nun dazu? Wie ich schon schrob, muss man grundsätzlich mit juvenilem Abenteuer-/Krimi-/SF-Garn etwas anfangen können, um „Atomic Rulers“ unterhaltsam zu finden. Mir war’s, obwohl der US-Cut schon ziemliches Tempo vorlegt und die schwachmatigen Spezialeffekte durchaus in die Ed-Wood-Kategorie fallen (wenn der nicht sogar besser war), doch noch etwas zu dröge – zu viel Kinderspiel, zu wenig Superhelden- oder SF-Action. Ich hoffe auf die folgenden Teile (die in der „Nightmare Worlds“-Box großzügig mitgeliefert werden), in denen’s dem Vernehmen nach deutlich utopischer (und mit Monstern geziert) zugehen soll. „Atomic Rulers“ ist zwar nicht völlig uncharmant trashig, aber das gewisse Etwas, der entscheidende Funke, der einen billigen Heuler (immerhin den ersten japanischen Superheldenfilm überhaupt, insofern hat das ganze Spässken schon wieder historischen Wert) zum Trash-Vergnügen macht, fehlt. Schade drum, ich hätte gern über oder mit dem Film gelacht, aber im Endeffekt plätscherte er, bis auf zwei-drei völlig mißlungene FX-Shots, ohne echten Eindruck zu hinterlassen an mir vorbei.
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(c) 2009 Dr. Acula