Art of Nature

 
  • Deutscher Titel: Art of Nature
  •  
  • Regie: Carsten & Marc Fehse
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Ernst Meincke, Martina Treger (Sprecher)


Vorwort

Mit Computeranimationen und Zeitrafferaufnahmen werden dem Zuschauer die „Wunder der Welt“ vorgestellt, von der Entstehung des Lebens im Ur-Ozean über die vielfältige Unterwasserfauna, die Tierwelt in eigentlich lebensfeindlichen Gebieten wie dem Joshua Tree Nationalpark in den USA, die Regenwälder Südamerikas bis hin zur hektischen Betriebsamkeit in modernen Metropolen und einem Ausblick auf den Sprung der Menschheit ins All…


Inhalt

Mit „Art of Nature“ liegt uns hier ein ungewöhnliches Projekt vor, von Machern, bei denen man, despektierlich gesagt, nicht unbedingt damit rechnen musste, dass sie uns eine Natur-Dokumentation vorstellen würden, denn die Gebrüder Fehse gehören nun eigentlich eher zum Umfeld des ehedem umtriebigen „Independent“-Filmers Timo Rose (für den Marc Fehse auch beim ersten „Mutation“ Regie führte) und realisierten gemeinsam dem im Fandom recht wohlgelittenen „Killerbus“. Schon irgendwo logisch, dass man sich von dort aus Richtung Discovery Channel weiterentwickelt…

Gut, ich will nicht lästern, bei den deutschen Indie-Filmern ist mir jede Weiterentwicklung Recht. Allerdings scheint „Art of Nature“ einiges einem 1995 entstandenen gleichnamigen Documentary von Gary Warriner zu schulden, so dass man den ein oder anderen Originalitätspunkt wieder abziehen darf. Immerhin versicherten sich die Fehses der Mithilfe zweier bekannter Synchronsprecher – Ernst Meincke (Patrick Stewart) und Martina Treger (Sharon Stone), die den begleitenden Text sprechen.

Nun machen zwei kompetente Sprecher noch keine gute abendfüllende Dokumentation und, leider, hat „Art of Nature“ ein gravierendes Problem, nämlich keinerlei Narrative und keine greifbare Aussage. Mehr oder weniger zusammenhanglos werden uns mehr oder weniger beeindruckende Aufnahmen mit mehr oder weniger (ehrlich gesagt aber meist eher weniger) gehaltvollen Begleittexten vorgesetzt, die, trotz der Einteilung in vorgeblich thematisch ordnende Kapitel, kaum ein echtes Konzept verraten. Während die Auftaktphase des Films, die von der Entstehung des Lebens an sich (mit einigen ansehnlichen CGI-Animationen) in die Unterwasserwelt führt, noch recht gelungen ist, geht mit fortschreitender Laufzeit der Fokus des Films bzw. seiner Macher völlig verloren. Es wird wild zwischen Locations gesprungen, ein roter Faden ist nicht mehr zu erkennen, wenn wir, nachdem wir gerade in der Wüste Sinai einen Kaiserskorpion mehere Minuten lang ausgiebig studieren konnten, vom Joshua Tree Nationalpark, wo wir (vorgeblich) gerade Augenzeuge geworden sind, wie eine Klapperschlange eine Baby-Maus verschlingt (was aber, wenn ich die Special Thanks-Sektion des Abspanns richtig deute, wohl eher in einem deutschen „Schlangenpark“ aufgenommen wurde), plötzlich in den Harz umschalten und für ein paar Minuten Wölfe und Hirsche beobachten. Dann blenden wir plötzlich um nach Afrika und begutachten lachende Negerkinder, bekommen ein paar allgemein zivilsationskritische Platitüden um die Ohren gehauen und verbringen den Großteil der restlichen Filmlaufzeit (und das ist an der Stelle noch ’ne halbe Stunde) damit, weitgehend unkommentierte Zeitrafferaufnahmen aus diversen Metropolen der Welt (Paris, Istanbul, Kairo, New York, L.A., Osaka und Berlin) anzusehen, die streng genommen das, was wir bislang vage als „Punkt“ des Films wahrgenommen haben (nämlich eben die moralinsaure „wir-müssen-auf-die-Natur-aufpassen“-Nummer) konterkarieren, weil nun fröhlich die Segnungen der Zivilisation (Straßenverkehr, Architektur, meterhohe Werbe-Billboards) abgefeiert werden, als gäbe es kein Morgen mehr. Ein echtes Statement dazu, eine Auseinandersetzung mit diesen Kontrasten, findet nicht statt. Wäre man bösen Willens, könnte man sogar auf die Idee kommen, die Großstadt-Aufnahmen dienten nur dazu, den Streifen auf abendfüllende Länge zu hieven (da helfen auch die eingeblendeten „fact sheets“ mit einigen Daten zu den abgebildeten Städten wie Einwohnerzahl, Zeitzone und geographische Ortsangabe nicht weiter, zumal L.A. und New York sich offensichtlich diese Daten auch teilen… things I’ve learned…). Lediglich eine kurze Sequenz (in der Unterwasser-Phase), die sich mit Haien beschäftigt, bringt ein paar handfeste (und ernüchternde) Fakten.

Nun, mangels eines wirklich greifbaren Standpunkts des Films bleibt nicht mehr übrig, als sich auf die immer wieder beeindruckenden Bilder zu konzentrieren und da schütteln sich die Fehses einige aus dem Ärmel – seien es die guten Unterwasseraufnahmen, die spektakulären Einstellungen des Angel Falls (des höchsten Wasserfalls der Welt in Venezuela) oder der Victoria-Fälle, oder eindrucksvolle Makroaufnahmen aus der Insekten- und Pflanzenwelt. Ganz besonders verliebt sind die Macher zweifellos in die Zeitrafferaufnahmen, die, gerade was Pflanzenwachstum angeht, immer wieder verblüffend sind, speziell in der zweiten Filmhälfte, der „Metropolen“-Sequenz, in der ungelogen sicher 20 Minuten Zeitrafferaufnahmen am Stück abgespielt werden, neigt allerdings auch dieses Stilmittel dazu, zu ermüden, es ist dann einfach „overplayed“.

Technisch ist das alles aber sehr sauber, gelegentlich werden auch Splitscreens bemüht und immer wieder bauen die Fehses CGI-Animationen ein, die zwischen überzeugend bis, naja, weniger überzeugend schwanken (auf der „weniger überzeugend“-Seite pendeln sich z.B. einige eher hanebüchen einkopierte Dinosaurier-Animationen in eine Realszene und ein sowieso im Filmkontext eher deplazierter Shot zu einem Fötus im Mutterleib ein).

Nur beiläufig bin ich bislang auf die Qualität der Texte eingegangen, und das mit gutem Grund, die sind nämlich leider zumeist schwach – tausendmal gehörte Allgemeinplätze, unbeholfene Versuche, die gezeigten Naturschönheiten verbal angemessen poetisch zu begleiten und oft und gerne auch ohne wirklichen Zusammenhang zum gerade gezeigten Bild. Meincke trägt seine Texte trotz alledem im ganzen Gusto seiner Picard-Stimme vor (gut, der Mann macht genügend Werbung), Treger wirkt im direkten Vergleich, hm, weniger zwingend. Verschenkt wurde leider die Option, bei zwei Sprechern zwei unterschiedliche „Perspektiven“ zu nutzen, beide wechseln sich halt einfach ab, ohne dass dabei eine wirkliche Text-Dramaturgie zu erkennen ist. Da man nicht wirklich Gehaltvolles verpasst (höchstens ab und an unfreiwillig komische Passagen) und sich die Texte eh zumeist nicht direkt auf das Bild beziehen und, wenn doch, nicht viel beinhalten, was die Bilder nicht sowieso schon zeigen, empfiehlt es sich durchaus, den Film ohne Narration, nur mit Musik unterlegt, als reines „Bild-Demo“ zu genießen; die Musik ist zwar nicht sonderlich kreativ (größtenteils handelt es sich genau um die „entspannten“ drum’n’bass-Rhythmen, mit denen so ziemlich *jeder* Naturaufnahmen unterlegen würden), aber nicht aktiv ohrenfolternd und gelegentlich sogar recht gefällig auf die Bilder und den Schnitt abgestimmt.

Bildqualität: Alive bringt „Art of Nature“ in wirklich schönem Coverartwork (mit Pappschuber ums Amaray) auf den Markt. Der Streifen selbst liegt in einem sehr ansehnlichen anamorphen 1.85:1-Transfer vor, der störungs- und defektfrei den Bildschirm ziert. Leichte Qualitätsunterschiede lassen sich zwischen den verschiedenen Sequenzen ausmachen, die dem Quellmaterial geschuldet sein dürften. Wäre das jetzt noch ’ne Blu-Ray-Scheibe, wäre das ein prima Demo für HD-Fernseher.

Tonqualität: Die Tonspur liegt in Dolby Digital 5.1 vor. Die Texte sind klar und völlig rauschfrei, die Musik sehr angenehm, nicht zu vordergründig, sondern unterstützend, eher eben als „ambience“ eingesetzt, beigemischt.

Extras: Neben der Option, sich den Streifen ohne die Narration zu Gemüte zu führen, gibt’s noch den Trailer.

Fazit: Hm. Letztlich lässt mich „Art of Nature“ eher ratlos zurück, weil ich ehrlich nicht weiß, warum die Fehse-Brüder diesen Film gemacht haben, außer als Technik-Showcase für CGI, Zeitraffer- und Makrofotografie. Die spektakulären Naturaufnahmen werden nicht wirklich in einen inhaltlichen Bezug zu den in der zweiten Hälfte zelebrierten Metropolen gesetzt, das Zeitrafferstilmittel läuft sich irgendwann tot, eine echte Aussage, die über altbekannte „schützt die Natur“-Bitten hinausgehen, erkenne ich nicht. Als reiner Bildschirmschoner bzw. reine Demo mag das tauglich sein, aber wie oft braucht man wirklich eine mit Musik unterlegte Nautur-Doku als ambience für eine kleine abendliche Soirée? Ich sehe eine Zielgruppe wirklich noch hauptsächlich in der Klientel der Fernsehgeräteverkäufer. Schlusswort – technisch größtenteils überzeugend, teilweies bemerkenswerte Aufnahmen, aber summa summarum irgendwie… pointless, leider.

2/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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