Amityville: Der Fluch

 
  • Deutscher Titel: Amityville: Der Fluch
  • Original-Titel: The Amityville Curse
  • Alternative Titel: Amityville: Der Fluch kehrt zurück | The Amityville Curse: Der Fluch |
  • Regie: Tom Berry
  • Land: Kanada/USA
  • Jahr: 1990
  • Darsteller:

    Kim Coates (Frank), Dawna Wightman (Debbie), Helen Hughes (Mrs. Moriarty), David Stein (Marvin), Anthony Dean Rubes (Bill), Cassandra Gava (Abigail), Jan Rubes (Priester), Norris Domingue (Detective)


Vorwort

Der Gastronom Marvin und seine latent hellseherisch begabte Ehefrau Debbie sind auf Haussuche. Nicht speziell zum persönlichen Gebrauch – Marvins Hobby scheint das „houseflipping“ zu sein, also der Ankauf erbarmungswürdiger Bruchbuden zu Spottpreisen, die Renovierung derselben und das Verhökern der entsprechenden Objekte zu erklecklicher Rendite. Momentan hat Marvin ein Auge auf ein Haus am Stadtrand von Amityville geworfen, aber auf dem Weg dahin erspäht Debbies entzündetes Holzauge ein anderes Gebäude, das ihr aus ihren Träumen und Visionen bekannt vorkommt.

Für einen normalen Menschen wäre das ein Grund, couragiert aufs Gas zu treten und die Hütte Hütte sein zu lassen, aber Marvin verliebt sich stantepete in das Kolonialhaus, auch wenn er glaubt, die Investition wäre für ihn eine Nummer zu groß. Aber wozu hat man finanzkräftige Freunde, die in das Unternehmen miteinsteigen können. Und so ist Marvin dank der Hilfe seiner Freunde Frank und Abigail bald Eigentümer der Immobilie. Mit dem handwerklich begabten Bill im Schlepptau wollen die beiden Paare das marode Gemäuer auf Vordermann bringen. Wird nicht einfach, denn der Zustand des Hauses erheblich schlechter als ursprünglich gedacht. Frank und Abby sind sich daher alles andere als sicher, ob sie ihre Investition auch wieder einspielen werden, aber Marvin ist trotzdem ungeheuer stolz auf sich, seine Verhandlungskünste und den enorm günstigen Kaufpreis, den er herausgeschlagen hat.

Aber praktisch mit erstem Übertreten der Schwelle beginnt eine Reihe unheimlicher Ereignisse – Dinge fallen von der Decke, der Strom geht nach Gutdünken ein und aus, unheimlicher Wind bläst Kerzen aus, Türen schlagen zu, das ganze Programm unaufregender Spukereien. Das jagt niemanden sonderlich ins Bockshorn, außer vielleicht die, wie gesagt, für Übernatürliches empfängliche Debbie – die hat dann auch gleich Visionen von einem dünnen Jungen und seinem Hund, der ihr im Umfeld des Hauses erscheint.

Der Versuch der Fraternisierung mit den Ureinwohnern des Städtchens verläuft suboptimal – das Haus hat einen üblen Ruf aufgrund vermeintlichem Herumgeisterns, und Ratio-Mensch Marvins Verweise auf primitiven Aberglauben machen ihm bei den lokalen redseligen Saufköpfen eher keine Freunde. Unbedingt eine Freundin werden will die schrullige Schreckschraube Mrs. Moriarty, worauf nun keiner des Großstadtquintetts gesteigerten Wert legt.

Die unheimlichen Ereignisse werden zunehmend eindringlicher – Debbies Visionen nehmen gemeingefährliche Formen an, und das sich Abbys Badewasser in Blut verwandelt, trägt auch nicht unbedingt zur allgemeinen Stimmungshebung bei. Abigail plädiert deswegen auch für baldige Abreise, aber Marvin hängt an seinem Neuerwerb. Zumindest, bis Mrs. Moriarty sich bei einem ungebetenen Besuch den Hals bricht, was verständlicherweise die Polente auf den Plan ruft. Und erst vom ermittelnden Sheriff erfährt Marvin die unerfreuliche Wahrheit über das Haus – es war einst das Pfarrhaus eines Priesters, der vor zwölf Jahren in seinem eigenen Beichtstuhl von mehr oder weniger unbekannter Hand erschossen wurde. Und aus unerfindlichen Gründen wurden der Beichtstuhl und diverse andere Gegenstände aus der tatortenden Kirche ins Haus geschafft. Augenscheinlich wohnt in dem Beichtstuhl ein böser Geist, dem danach dürstet, von einem der Eindringlinge Besitz zu ergreifen, um seinem mordenden Handwerk nachzugehen…


Inhalt

Eine weitere Rückkehr nach Amityville… wir kennen ja alle die Geschichte des berühmten Spukhauses am Ocean Drive 112, wo dereinst Roland DeFeo seine Familie ermordete und einige Jahre später die Familie Lutz von übernatürlichen Vorgängen so sehr ins Bockshorn gejagt wurde, dass sie nach vier Wochen panisch das Haus verließen, ein Buch darüber schrieben und reich wurden. Nach allgemeinem Dafürhalten sind die Erlebnisse der Lutzes ein clever eingefädelter Hoax, was aber niemanden an wüsten Spekulationen hinderte, und vor allem nicht Hollywood-Produzenten, die „wahre Geschichte“ zu verfilmen, mit Pre- und Sequels zu versehen und generell den Namen „Amityville“ an jede viertklassige Geistergeschichte zu klatschen, die einem unterbelichteten Autoren einfiel. Der Umstand, dass selbst unterstellt, die Lutzes hätten sich ihre Geschichte nicht aus dem Daumen gelutscht, so richtig viel während ihrer Bespukung nun auch nicht passierte, stört da nicht weiter. Der erste Film von 1979 ging speziell in den USA ab wie Bombe, während er international keinen besonderen Reibach machte (Stephen King analysierte in „Danse Macabre“, dass die USA zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich gebeutelt waren und „Amityville Horror“ eines der führenden Beispiele für „wirtschaftlichen Horror“ waren, da das Haus dort nicht zuletzt die Erwerbstätigkeit von George Lutz vernichtet, der Rest der Welt aber andere vordringliche Probleme hatte, also dem Publikum der „persönliche“ Zugang fehlte). „Amityville II“ erzählte unter der Regie von ausgerechnet Polizioteschi-Spezialist Damiano Damiani die Vorgeschichte der DeFeo-Morde, Teil 3 gerierte sich als 3D-Geisterbahnfahrt, mit Teil 4 verabschiedete sich die „offizielle“ Serie in biedere TV-Film-Gefilde und eröffnete zukünftigen Trittbrettfahrern die Möglichkeit, ihre Filme um aus dem Spukhaus entfernte Gegenstände zu stricken. Nach dem Remake von 2005 unter Michael-Bay-Aufsicht kam der bislang letzte Versuch, die Legende filmisch zu verabeiten, konsequent von den modernen Spukfilm-Spezialisten von Blumhouse, doch nicht alles, was der Laden anfängt, wird zu Gold und so ging „Amityville: The Awakening“, inszeniert von Aja-Spezi Franck Khalfoun trotz einer hauptrollenden Jennifer Jason Leigh an den Kinokassen der Welt amtlich baden.

Heute allerdings befassen wir uns mit einem Film aus dem Jahr 1990, produziert in Kanada und erstes der, sagen wir mal, „inoffiziellen“ Sequels zum Original. Aber wie sagt schon das steinalte Spruchweistum und wenn es dies nicht tut, dann sollte es gefälligst, du weißt, dein Amityville-Sequel/-Rip-off ist in Schwierigkeiten, wenn du nicht mal das Key Visual der Serie, nämlich die weltberühmte Fassade des Spukhauses, die vermutlich jeder denkende Mensch erkennt, selbst, wenn er noch nie einen Amityville-Film gesehen hat, erkennt, verwenden kann.

Der Fairness halber sei gesagt, dass „The Amityville Curse“ nicht behauptet, seine grimmige Mär würde im echten Amityville-Spukhaus spielen – der Film macht sogar einige Umstände, um möglichst wenig Berührungspunkte mit dem Original-Franchise aufzuweisen (wobei sich dann schon die Frage stellt, warum man den Film so nennt und an diesem Ort ansiedelt); der einzige echte Bezugspunkt ist eine kurze Dialogandeutung über den brutalen Mord an einer Familie, der vor einigen Jahren stattgefunden haben soll und den wir als Zuschauer natürlich als Remineszenz an die DeFeo-Morde verstehen sollen (ohne dass auch nur der Name angesprochen würde). Das ist schon eine ziemlich dünne Verbindung, auch wenn der Streifen angeblich auf einem Buch des selbsternannten Geisterjägers und Amityville-“Experten“ Hans Holzer fußt. Der in Österreich geborene Holzer schrieb nicht weniger als vier Bücher über den Amityville-Spuk, die freilich allesamt als Tinnef gelten. Sein größter „Triumph“ dürfte sein, dass das Finale des „Amityville Horror“-Remakes von 2005 auf seine „indian burial ground“-Theorie zurückzuführen ist. Ob dieser Film irgendetwas mit Holzers gleichnamigem Buch zu tun hat, ist mir unbekannt (nach kurzer Recherche beinhaltet das Buch neben einer Zusammenfassung seiner „Untersuchungen“ zwei Original-Geschichten Holzers, die seiner Meinung nach „gute Drehbücher“ abgegeben hätten).

Sei’s drum. In Drehbuchform gezimmert haben die Story letztendlich Michael Krueger („Mindkiller“, „Night Vision“) und sein Kumpel Norvell Rose. Die Regie übernahm Tom Berry, der seinen Karrierepfad wenig später änderte und zum Produzenten wurde, als solcher u.a. an „Scanners II“ und „Screamers“ beteiligt war, und nun seit Jahren unterbelichtete TV-Movies für anspruchslose Kabelsender produziert (hochklassige Ware wie „Space Transformers“, „Super Twister“, „Philadelphia Experiment – Reactivated“, „Ice Twister 2“ – inzwischen hat er sich auf Hausfrauenthriller spezialisiert).

Betrachten wir „The Amityville Curse“ mal losgelöst vom Franchise und akzeptieren, dass Amityville halt offenbar das Epizentrum neuengländischer Spukhäuser darstellt… dann taugt der Film immer noch nicht viel. Das liegt schon mal primär daran, dass die fünf Protagonisten unsympathische Spacken sind, mit denen man möglichst wenig Zeit verbringen möchtet (das qualifiziert sie sicherlich für die Rolle dankbaren Kanonenfutters, aber leider lässt sich der Film halt auch sehr sehr sehr viel Zeit, bis das Haus so handgreiflich wird, dass es den Charakteren ernstlich zu Leibe rückt). Marvin ist ein egoistisher Arsch, Debbie eine nervtötende Heulboje, Frank ein Idiot, von dem man sich ernstlich fragt, wie er ein heißes Weib wie Abigail abgegriffen hat, Abigail ist von dem ganzen Haufen vielleicht die Intelligenteste, dafür aber von Anfang an schon auf Herumgemosere abonniert, und Bill… zu dem fällt mir ehrlich gesagt eigentlich keine Eigenschaft ein, die ihn in irgendeiner Form charakterisieren würde.

Diese fünf Nasenbären infiltrieren also nichtsahnend das Spukhaus, verhalten sich wie die letzten Doofbratzen, gehen den Einheimischen auf den Geist und fallen schließlich (zumindest zu 3/5, was auch wieder enttäuscht, weil man eigentlich alle tot sehen will) dem Spukhaus zum Opfer. Dabei bedient sich der Streifen der ältesten Spukhaus-Klischees der Filmgeschichte (komischerweise allerdings auch einiger Einflüsse aus „Das Haus an der Friedhofsmauer“, of all movies, zumindest kam’s mir so vor), die allerdings dann auch so unaufgeregt-langweilig umgesetzt werden, dass man sich ein wenig Blumhouse’schen Theaterdonner (Ihr wisst schon, Remmidemmi von der Tonspur, der eine zufallende Tor mit dem akustischen Äquivalent einer persönlichen Erscheinung des Belzebubs begleitet) wünscht, um nicht sanft zu entschnorcheln. So plätschert der Film humor- und spannungsfrei eine Stunde vor sich hin, bis unsere „Helden“ endlich, nach dem Tod von Mrs. Moriarty, die Geschichte vom Priestermord (den wir zumindest in Teilen bereits als Prologsequenz betrachten durften) erfahren und der Film in der Erkenntnis, dass er nur noch 20 Minuten Zeit hat, um den Cast etwas zu lichten, die Handbremse lockert und zumindest in einen erkennbaren Vorwärtsgang umschaltet. Auch danach bleibt der Streifen primär albern anstatt spannend, aber wenigstens passiert jetzt etwas – nichts sonderlich spektakuläres (zumal auch die „Auflösung“ des Priestermords und seine Verbindung zum jetzigen „Gemetzel“ vergleichsweise vage bleibt), zu diesem Zeitpunkt ist man allerdings für alles dankbar – am dankbarsten allerdings für den Beginn des Abspanns.

Jedenfalls tut sich „The Amityville Curse“ mit seiner äußerst biederen Inszenierung und dem totalen Unverständnis, einen vernünftigen Scare vorzubereiten und/oder durchzuziehen, das Interesse des Zuschauers aufrecht zu erhalten – in einem Zeitalter, in dem praktisch jeder Heimvideozuschauer mit dem Handy vor der Glotze sitzt (was ich persönlich ja für eine totale Unsitte halte), werden selbst gutmütige Gemüter versucht sein, lieber eine spannende Runde Candy Crush oder zwölf zu zocken, während „Curse“ vor sich hin dudelt.

Berrys Regie ist träge und selbst in den vermeintlichen Spannungssequenzen (z.B. als Bill von einer unheimlichen Spinne nicht wirklich attackiert wird) nie zu Pulssteigerungen hinreißend. Special Effects werden spärlich eingesetzt, arg blutig wird’s nicht, und auch die Latex-Applikationen, die Kim Coates im Finale in einen schleimigen Halbmutanten verwandeln darf, ziehen die Wurst nicht vom Teller.

Womit wir dann auch schon bei den Darstellern wären. Kim Coates ist der größte Name im Cast, aber natürlich war Coates, der spätere Star aus „Sons of Anarchy“ (auch zu sehen in „CSI: Miami“, „Prison Break“ oder „Battlefield Earth“), hier noch am absoluten Anfang seiner Karriere, und kann hier nicht wirklich Eindruck schinden (seine Figur ist auch kaum dazu geeignet). Dawna Wightman (Debbie), für die dieser Film Auftakt und Höhepunkt der Filmkarriere war, ist hauptsächlich nervig, David Stein (Marvin, „Hangfire“) langweilig, Anthony Dean Rubes (mit einem „introducing“-Credit gewürdigt, obwohl er zuvor bereits in „Yentl“, „Der einzige Zeuge“ und „Captain Power“ vor der Kamera stand), füllt als Bill eine Planstelle, aber auch nicht mehr. Cassandra Gava (Abigail) dachte vermutlich, nach Auftritten in „Conan, der Barbar“, „Nightshift“ oder „Höllenjagd bis ans Ende der Welt“ würde noch was aus ihr, aber das reduzierte sich bald auf bit parts und eine zehnjährige Auszeit – und heutzutage spielt sie in unterbelichtetem Kram wie Rob Baards hirnigem Ego-Projekt „Ninja Immovable Heart“.

Anthony Dean Rubes‘ Vater Jan („Mighty Ducks II“, „Der einzige Zeuge“) schaut als pfaffendes Mordopfer vorbei, und Helen Hughes („Billy Madison“, „Das Horror-Hospital“) ist wenig eindrucksvoll als Mrs. Moriarty.

Mir liegt die DVD von CCI vor, die den Film in angemessen schreppligem 4:3-TV-Format präsentiert. Bild und Tun sind bestenfalls durchschnittlich. Als Extras gibt’s eine Bildergalerie und den Trailer. Immerhin, das CCI-Packaging ist hübsch.

„The Amityville Curse“ ist von allen Amityville-Sequels womöglich das langweiligste – müde, dröge, uninspiriert inszeniert und mau gespielt. Diesen Trip nach Neuengland kann man sich getrost schenken.

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 3


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