Alone

 
  • Deutscher Titel: Alone
  • Original-Titel: Seuls
  •  
  • Regie: David Moreau
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 2017
  • Darsteller:

    Sofie Lesaffre (Leila), Stephane Bak (Dodji), Jean-Stan Du Pac (Terry), Paul Scarfoglio (Yvan), Kim Lockhart (Camille), Thomas Doret (Saul)


Vorwort

Fronteville, eine französische Großstadt mit den üblichen Problemen einer solchen Metropole. Unsere Heldin ist Leila, eine Teenagerin mit Migrationshintergrund, begeisterte Rennfahrerin, wie auch ihr Bruder Aysam, der aber seit einem Unfall (?) im Koma liegt. Leila kann nicht nur alles fahren, was Räder und nen Motor hat, sondern hat auch ne kurze Zündschnur und gerät gerne mal in Prügeleien…

Eines schönen Tages wacht sie auf und ist allein – keine Spur von den Eltern, aber auch draußen auf den Straßen herrscht gähnende Leere. Autos stehen mitten auf der Straße, von ihren Passagieren ist nichts zu sehen. Irgendetwas ist passiert – und zu allem Überfluss ist die Stadt von einem undurchdringlich scheinenden Nebel eingekesselt. Leila durchkämmt die Stadt und findet den zwölfjährigen Terry und die etwas ältere Camille. Auch die können nichts anderes zu Protokoll geben als nach dem Aufwachen vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein. Das Polizeirevier bringt auch keine neuen Erkenntnisse – nur einen schwarzen Jungen, Dodji, der offenbar unfreiwillig die Gastfreundschaft der Uniformträger genoss und sich ob seiner Befreiung auch gleich undankbar aus dem Staub macht.

Im Bankenviertel entdecken unsere drei Fragezeichen ein SOS in Form von eingeschalteten Lichtern an einem Bürogebäude. Urheber ist Yvan, rich kid extraordinaire, aber ebenso ahnungslos, was passiert ist. Terroranschlag? Außerirdische? Ein Unfall im nahen AKW?

Und es gibt offenbar noch jemanden in der Stadt – einen messerbewehrten Killer, der aussieht wie der Schurke eines populären Comics. Dodji rettet Leila vor dem Zugriff des Mörders und schließt sich nun doch der Gruppe an. Mit dem Funkgerät eines beschlagnahmten Armeefahrzeugs gelingt den Kids die Kontaktaufnahme mit *jemandem*, der baldige Abholung verspricht. Doch dafür müssen die Kids erst einmal die Nacht überleben – zumal sich die bedrohliche Nebelwand immer näher auf das Stadtzentrum zuschiebt…


Inhalt

Das gute alte „alle-sind-verschwunden“-Thema ist auch nicht kaputtzukriegen und taucht in regelmäßigen Abständen, gern auch beim FFF, wieder mal auf. Es ist ein Genre, auf das ich – obschon die Auflösungen mit schöner Regelmäßigkeit in Enttäuschung enden – durchaus abfahre, denn es sprich einfach den urbanen Stadtmenschen in mir an. Für unsereins, aufgewachsen und konditioniert auf Verkehrslärm, hektisches Herumgewusel, Dauerbeschallung etc. ist die Vorstellung der leeren, verlassenen Stadt wohl gleichermaßen Traum- und Alptraumszenario. Wiewohl jeder von uns wohl eine Weile Spaß haben würde, in einer verlassenen Stadt endlich mal allen Blödsinn zu machen, der einem einfällt, irgendwann mal käme fraglos der Schock, die Ernüchterung, die Wirkung der Einsamkeit. Ob das nun im neuseeländischen Geniestreich „The Quiet Earth“ (wohl der beste Vertreter des Subgenres ist), oder ein eher mediokrer Vertreter wie der britische „The Last Seven“ – ganz ohne Reiz sind diese Streifen für mich nie.

Daher war ich auf diese französische Variante, basierend auf einem offenbar nicht ganz unbekannten Comic, recht gespannt. Wie würde sich eine „Young Adult“-Version des Themas, die ja über die gewöhnlichen plot points automatisch noch die ein oder andere zusätzliche Ebene einbringt, schlagen? Die Antwort ist erfreulicherweise „sehr gut“.

David Moreau, der sich bereits mit „Them“ (verdammt, auch schon wieder elf Jahre her!) als kompetent in Sachen schön eskalierender Terror bewies, gewinnt dem Genre vielleicht keine grundlegenden neuen Erkenntnisse ab (was man irgendwie über die ganzen FFF Nights ’17 schreiben könnte), aber er hat das Setting im Griff und mit seinen Charakteren (und vor allem ihren Darstellern) echte Glücksgriffe gelandet. Nun ist auch die „zusammengewürfelte Gruppe, die sich ohne das Mystery niemals auch nur auf Sichtweite einander nähern würde“ ein klassisches Trope, aber, wie auch schon gesagt, solche Tropes werden zu solchen, weil sie funktionieren – und die Gruppierung des upper-class-kids, des möchtegern-erwachsenen Knirpses, des vermeintlichen prototypischen Banlieu-Kleinkriminellen, dem braven Mittelklasse-Huschchen und dem sort-of-rebellischen riot girl sorgt dafür, dass die Interaktion zwischen den Figuren nie langweilig wird – es macht wirklich Freude, dabei zuzusehen, wie diese gegensätzlichen Charaktere zu einer Einheit werden, die füreinander einsteht und zusammenhält (auch wenn es manchmal nicht immer am cleversten ist).

Mit der geheimnisvollen Kuttengestalt, dem unheimlichen Nebel und dem mysteriösen Sprecher am anderen Ende der Funkverbindung haben wir gleich drei Mysteries zum Preis von einem, und auch wenn die Auflösung und Zusammenführung der verschiedenen Geheimnisse nicht sonderlich originell sein mag (aber auch nicht aus dem Nichts kommt), so ist sie in einer Form konsequent, wie ich es bei einem derart motivierten Film noch nicht gesehen habe (und wie elegant „Alone“ sein Happy End innerhalb einer Minute in einen bösen Cliffhanger umstrickt, ist ebenfalls bemerkenswert).

Moreau erweist sich einmal mehr als erstaunlich fähiger Regisseur (dafür, dass „Alone“ gerade mal seine fünfte Regiearbeit in 14 Jahren darstellt) – natürlich verfehlt die menschenleere Metropole grundsätzlich nie ihre Wirkung, aber Moreau entwickelt die Geschichte in angenehmen, sich stets steigerndem Tempo, bis zum wirklich druckvoll-packenden Schlussakt. Große Effekte braucht’s bis auf die brauchbare CGI-Nebelwand nicht.

Toll sind, wie erwähnt, die jungen Darsteller – Sofia Lesaffre („Amira“) als Leila und Stephane Bak („Elle“, „Die Schüler der Madame Anne“) vielleicht mal herausgehoben. Aber auch der Rest des Ensembles darf sich gelobt fühlen (und wenn ich das bei Kinder-/Teenie-Darstellern mache… you know the deal).

„Alone“ ist jedenfalls ein sehr guter Film, packend inszeniert, souverän gespielt und mit einer, wie gesagt, sehr konsequenten Weise, sein Mystery aufzulösen und gleichzeitig ein Sequel vorzubereiten. Das ist nicht 08/15-Young-Adult-Ware, das ist schon eine Liga drüber…

4/5

(c) 2017 Dr. Acula


mm
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