Alien vs. Ninja

 
  • Deutscher Titel: Alien vs. Ninja
  • Original-Titel: Alien vs. Ninja
  • Alternative Titel: AvN | AvN: Alien vs. Ninja |
  • Regie: Seiji Chiba
  • Land: Japan
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Shuji Kashiwabara (Yamata), Mika Hijii (Rin), Ben Hiura, Koji Inagaki, Hajme Inoue, Sugihara Isamu, Katsu Itagaki (Alien), Taro Kanazawa, Shuya Mashita, Masanori Mimoto


Vorwort

Japan, zu Sengoku-Zeiten – die diversen rivalisierenden Clans hetzen sich gegenseitig ihre Ninja-Spezialtruppen auf den Halls. Jinnai, Yamata und Nezumi, ein Trio Ninjas des Iga-Clans, kehrt von einem Einsatz zurück ins Heimatdorf, doch der Oberste Ninjameister hat gleich eine neue Aufgabe für die müden Krieger – in der Nacht zuvor fiel, auch von unseren drei lustigen Schwertfuchtlern beobachtet, ein Feuerball vom Himmel. Was genau es damit auf sich hat, möchten die Ninjas doch bitteschön zeitnah ermitteln.

Auf dem Weg zur Einschlagstelle laufen unsere drei Helden einer anderen Gruppe Ninjas, die den Feuerball ebenfalls beobachten konnte, über den Weg, unter ihnen die hübsche Ninjette Rin. Man beschließt, zusammen weiterzuforschen, was eine gute Idee ist, denn Kanonenfutter menschlicher Natur werden unsere Freunde bald brauchen. Mit dem „Feuerball“ kam nämlich ein böses außerirdisches Monster auf die Erde, und das hat nicht viel besseres zu tun, als die Ninjas wahlweise in Fleischsalat zu verwandeln bzw. als Wirtskörper für seine parasitären Nachkommen (die’s bis dahin in kleinen Löchern im eigenen Schädel aufhob) zu verwenden. Nebeneffekt der Ersatzmutterschaft – man steht mental unter der Fuchtel des Aliens.

Nachdem es Yamata mit Müh und Not gelingt, das Monster zu killen, stellt sich heraus, dass es mitnichten alleine gekommen ist – und Monster Nummer 2 schleppt Jinnai fort, um ihn seiner Wirtskörpersammlung zuzuführen.
Rin und der fette Feigling Nezumi wären nun stark dafür, die Beine in die Hand zu nehmen, aber Yamata erinnert an den Ninja-Ehrenkodex. Gefallene Freunde werden gerächt…


Inhalt

Ich gebe es zu, ich bin kein großer Fan der neuen (wenn auch wieder abgeklungenen) Welle japanischer Extrem-Splatterfilme (fraglos durch Versus losgetreten). Diese No- bis Low-Budget-Teile, gerne bestenfalls semiprofessionell gearbeitet, beziehen ihre einzige Existenzberechtigung aus dem immer-weiter-Anziehen der Splatter- und Goreschraube, womit man sicherlich beim Stammpublikum von schnittberichte.com punkten kann, nicht unbedingt aber bei mir, der dann doch ganz gern ein wenig *Film* rund um’s Gekröse serviert bekommt.

Aber früher oder später musste es so kommen – (grumpy old man mode on) die elenden Schlitzaugen kommen mir mit einem Konzept, an dem ich nicht vorbeigehen kann… Aliens vs. Ninja. Ja, wie geil ist das dann? Das ist doch praktisch garantiertes Entertainment! Eh. Naja. Sort of.

Dieweil „AVN“ schon mal seinen Japsensplatterkollegen zwei Dinge voraus hat (Aliens und Ninjas, duh!), muss Writer/Director Seiji Chiba mit dem gleichen Grundproblem kämpfen, dass auch die „Tokyo Gore Police“, „Robo-Geisha“ & Co. plagt – kein Geld. Obschon Chiba mit den altehrwürdigen Nikkatsu Studios einen professionellen Filmbetrieb in seinem Rücken weiß, schüttete jener Chiba nicht gerade mit Yen zu. Durchaus vernünftige Entscheidung von Nikkatsu. Die anvisierte Klientel stört die Billigkeit nicht weiter, solange die Suppe fließt, und die ganz große Kasse, die man bei einem Millionenbudget machen müsste, wird ein Film dieses Zuschnitts nun mal grundsätzlich eben nicht machen (immerhin rapportiert die IMDb einen Etat von 600.000 Dollar, das wäre ungefähr das Doppelte, was Independent-Produktionen wie „Robo-Geisha“ stemmen).

Chiba spricht im Bonusmaterial davon (abgesehen davon, dass er sich von Ridley Scotts „Alien“ und Ninja-Filmen inspirieren ließ. Well, thank you for THAT observation), dass er einen „amerikanischen“ Film drehen wollte (was man zwanglos als „ein Film, der in Amerika leidlich erfolgreich läuft“ übersetzen darf). Ich weiß nicht, was Chiba als durchschnittlichen amerikanischen Film betrachtet, „AVN“ ist sicherlich keiner, denn dieser Film ist sowohl erzählerisch als auch von der handwerklichen Umsetzung der japanischen Manga-/Anime-Tradition verhaftet. Die Story packt auf den schlichten, titelgebenden Konflikt unnötiges Gedöns um die politischen Gegebenheiten der Sengoku-Ära (nicht, dass das irgendwohin führen würde… unsere Heldenninjas stoßen irgendwann mal auf eine aufgeriebene Ninja-Einheit eines feindlichen Clans, aber das ist es an terrestrischem Feindkontakt), macht ein paar halbseidene Ausflüge in die altbekannte asiatische Loyalitäts-Floskel (Nezumi, der fett, demzufolge faul, feige und natürlich auch ferrät-, äh, verräterisch ist, spekuliert über die Möglichkeit, das Monster zwecks Machtübernahme gegen die eigenen Leute einzusetzen; und natürlich steht die Frage im Raum, wie weit man selbstmörderischerweise geht, um einen Freund und Mitninja zu retten oder wenigstens zu rächen), und, jubeltrubelheiterkeit, natürlich muss es auch noch LUSCHTICH sein. D.h. Pansenhumor galore (inklusive des Gipfels humoristischer Höchstleistungen – Schwulenwitze), d.h. zumindest in der ersten Filmhälfte, in der sich die Comedy-Elemente notgedrungen auf den dicken (weil: dick=LUSCHTICH) Nezumi kaprizieren – wie ich mich freue…

Naja, zum Glück hat sich das, was man ersatzweise „Story“ nennen würde, hätten wir’s mit einem Film zu tun, der so etwas erzählen möchte, weitestgehend erledigt, sobald die Fronten (Alien da, Ninjas hier) geklärt sind und es nur noch darum geht, unter möglichst dekorativem Verlust von Extremitäten und Eingeweiden zu metzeln. Was soll ich da noch groß analysieren? Dass die hiesigen Ninjas keine schwarze Pyjamas tragen (und erst recht keine Stirnbänder, auf denen „NINJA“ steht), sondern „Rüstungen“ mit Helmen, über deren Authentizität ich mir keinerlei Urteil anmaße, und daher von Haus aus nicht gelten? Dass das außerirdische Monster, dem’s an phallusartigen Extremitäten etc. sicherlich nicht fehlt, irgendwann ein ungesundes Interesse an (unerwachsen-erwachsene Sprache voraus) Rins Titten entwickelt (und sich dafür einen Dolchstoß ins Arschloch einfängt)?
Nun gut, das erste ist mein Problem, weil ich in Sachen Ninjas von Godfrey Ho und Joseph Lai sozialisiert wurde und für historisch möglicherweise akkurate Darstellung für’s Restleben versaut bin, das zweite… na, es IST ein japanischer Genrefilm, dass da Hentai-Tentakel (Hentakel?) ihren Platz finden, sollte niemanden überraschen.

Da überrascht eher, dass in der zweiten Hälfte des Films der beabsichtigte Humor sogar dann und wann funktioniert, speziell dann, wenn er aus völlig unerwarteter Richtung kommt. Wenn der vom Alien mental kontrollierte Jinnai (wohlgemerkt, in der japanischen Originalsprachfassung) plötzlich Yamata ein nicht gerade akzentfreies „You motherfucker!“ an den Kopf wirft, was in einem vielstimmigen „fuck you“-Chor der assimilierten Ninja kulminiert, darf man schon mal dezent vor sich hin stutzen (prinzipiell sollte einen, nachdem eine Kampfszene Alien/Rin als Koitus inszeniert wurde, nichts mehr erschüttern, aber trotzdem…). Im finalen Zweikampf Yamata/Alien werden dann in kurzer Folge Wrestling-Moves, John-Woo-artiges Gunplay (Nezumi hat ’ne primitive MPi erfunden) und ein MMA-armbar angewendet. Warum auch nicht?

Trotzdem bleibt festzuhalten – für schmales Geld bekommt man auch in Japan nur einen „wir-rennen-lustig-durch-den-Wald“-Film. Production Values? Eher nicht. Und ein japanischer Mischwald unterscheidet sich halt nur bedingt von einem kontinentaleuropäischen… Aber wollen wir nicht übermäßig kritteln. Regisseur Chiba beüht sich um eine stylish-rasante Inszenierung mit optischen Mätzchen (bis hin zur bullet time) und CGI-Einsatz; leider bekommt man in der Handelsklasse auch in Japan nur CGs peinlichen Zuschnitts (die Eröffnungssequenz, in der die Ninjas von einer Pagode hüpfen, hätte auch gut in ein Videospiel von 1998 gepasst). Die Actionszenen sind zwar ordentlich choreographiert und die Beteiligten scheinen auch alle ungefähr zu wissen, wie man mit ’nem Katana fuchtelt, auf dass es gut aussieht, der Schnitt ist jedoch teilweise suboptimal, die Kamerapositionen nicht immer glücklich gewählt.
Für’s Monster gibt’s eine Animatronic (für Nahaufnahmen), die auch in einem ollen Fred-Olen-Ray-Film nicht positiv aufgefallen wäre, sowie einen ganz okay gewerkelten, aber vom Design her nicht speziell innovativen Monstersuit. Den Gipfel der Lächerlichkeit erklimmen die nun wirklich hochnotdämlichen Parasiten-Baby-Aliens, die augenscheinlich aus Gummimasse, auf die man „Augen“ geklebt hat, gefertigt wurden. Sieht ungefähr so realistisch aus wie Play-doh – auch wenn Chiba sich redlich müht, eine der zentralen „Gore“-Sequenzen (das Rausrupfen der Parasiten aus den Kehlen der Wirtskörper, wo sie sich eingenistet haben) nach Kräften eklig zu gestalten.

Die Splatter- und Goresudeleien sind ordentlich ruppig (trotzdem ging „AvN“ im Vergleich zu seinen meisten Jap-Splatter-Genossen uncut durch die FSK), freilich aber technisch eher schlicht. Ob man den Score, der von Techno bis Electro-Rave-Rock alle modernen Spielarten treibender elektronisch orientierter Musik durchexerziert, mag (schließlich ist er extrem anachronistisch), ist berühmte Geschmacksfrage, ich fand’s speziell für die Kampfsequenzen passend (Mortal Kombat!).

Schauspielerisch werden bestenfalls Bonsais ausgerissen. Shuji Kashiwabara müht sich um jugendliche Dynamik, trotzdem weiß man gegen ihn einen Tek Sakaguchi wieder zu schätzen.
Mika Hijii (an der Seite von Scott Adkins schon in ´“Ninja“ international aufgefallen) sieht sehr schnucklig aus (J-Babes sind halt doch die besten Asia-Beauties), bringt auch die nötigen physischen Fähigkeiten mit, ist aber auch keine große Schauspielerin – oder zumindest hat sie sich entschlossen, sie für einen kleinen Splatterfilm nicht auszupacken.
Die weiteren Darsteller sind für mich nicht zu identifizieren – den Typen, der Jinnai spielt, fand ich recht gut, dagegen ist der Knabe, der Nezumi spielt, einerseits natürlich mit einer nervigen Rolle gestraft, aber man kann das schon weniger nervig spielen.

Bildqualität: 8 Films bringt den Streifen in anamorphem 1.85:1-Widescreen. Der Videolook lässt sich nicht wegdiskutieren, aber davon abgesehen ist das so gut, wie man’s von ’nem aktuellen DTV-Splatterfilm erwarten kann.

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby Digital 5.1 und 2.0, japanischer O-Ton (nebst optionalen deutschen Untertiteln) in Dolby Digital 5.1. Schon allein wegen des unerwarteten „Motherfucker“-Gags empfehle ich die Originalsprachfassung, die auch ’nen recht patenten Musik- und Effektmix mitbringt.

Extras: Ein Making-of, erfreulicherweise untertitelt (allerdings nur in Englisch) und einigermaßen informativ, sowie der Trailer.

Fazit: „Alien vs. Ninja“, das müsste ich lieben. Kann ich aber nicht. Ich bin nunmal ein altmodischer Mensch und nähere mich Filmen bevorzugt von der Story-Seite. Sicher, ich kann auch mal ein reines Style-Feuerwerk ohne große Geschichte akzeptieren, aber das muss dann auch anders aussehen als „AvN“, ein Film, dem für „so bad it’s good“ dieser unfreiwillige camp value, die schiere, wie sagen die Anglophilen so schön, „ineptitude“, die Unfähigkeit der Beteiligten fehlt, für „so fun it’s good“ dagegen ist’s einfach zu wenig an treffenden Gags, zu viel Schwergewicht auf schieres Rumgesuppe mit („menschlichem“ und „außerirdischem“) Kunstblut. Ich wollte mit dem Ding echt Spaß haben, aber schlussendilch war ich nach 80 Minuten dann auch froh, dass es vorbei war. Der Geist des Großen Golden Ninja Warrior verhindert, dass ich in die tiefsten Tiefen der Bewertungsskala tauche, aber da ist dann wirklich mit jedem erdenklichen Ninja-Bonus. Wer an „Tokyo Gore Police“& Co. seine Freude hat, wird vermutlich aber von „AvN“ gut unterhalten. Mir ist’s dann doch etwas zu wenig.

2/5
(c) 2012 Dr. Acula


mm
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