Airline Disaster

 
  • Deutscher Titel: Airline Disaster
  • Original-Titel: Airline Disaster
  • Alternative Titel: Airline Disaster - Terroranschlag an Bord |
  • Regie: John Willis III
  • Land: USA
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Meredith Baxter (President Harriet Franklin), Lindsey McKeon (Gina Vitale),Scott Valentine (Joe Franklin), Geoff Meed (Robert Stevens), Jude Gerard Priest (Bill Alexander), Matt Lagan (Cason), Bart Baggett (Harry), Londale Theus (Agent Melville), Chip Bent (Fred)


Vorwort

Die Luftfahrtindustrie lernt einfach nicht dazu – als hätte es [[Cabin Pressure]] nie gegeben, hat man wieder ein vollautomatisches Flugzeug gebaut, dieses Mal aber gleich in Jumbo-Ausmaßen. Für den publicityträchtigen ersten Linienflug setzt die Fluglinie einen angemessen telegenen Piloten hinter den eigentlich überflüssigen Steuerknüppel – Joe Franklin, den Bruder der akuten US-Präsidentin Harriet Franklin. Mit an Bord, wenn auch nicht unbedingt dienstlich, ist Secret-Service-Agentin Gina Vitale, außerdem, schon deutlich dienstlicher, ein Rudel Terroristen. Keine islamischen Djihadisten, sondern ordentliche Neonazis der Aryan Brotherhood. Deren Bodentruppen entführen Joes Familie, damit der Pilot auch ordentlich spurt. Die Nazis übernehmen das Flugzeug und fordern lediglich die Freilassung diverser eingekerkterter Geistesgenossen. Mrs. President verhandelt natürlich nicht mit bösen Terroristen, aber von den Passagieren ganz abgesehen mag sie freilich nicht den Jet abschießen, den ihr Bruderherz pilotiert. Ein Versuch, den Vogel per Fernsteuerung zu übernehmen, schlägt fehl – zum Glück hat sich Gina Vitale rechtzeitig in den Frachtraum der Maschine abgeseilt und ein Handy dabei. Während FBI-Agent Melville versucht, Joes entführte Familie zu finden, findet Vitale heraus, dass es letzten Endes doch nicht um Ideologie, sondern um schnöden Mammon geht…


Inhalt

Start frei zu einer weiteren Woche Asylum-Festspiele bei badmovies.de. „Airline Disaster“ wartete jetzt schon ’ne ganze Weile auf Sichtung, aber ich konnte mich lange nicht überwinden – vielleicht lag’s am enorm einfallsreichen Titel? Nix gegen deskriptive Filmtitel (Michael Bays Filme würde ich vielleicht auch besser goutieren, wenn sie „Stuff explodes. Also: No plot whatsoever.“ heißen würden). Jedenfalls wüsste ich nicht, dass eines der großen Studios aktuell einen Flugzeug-Katastrophenfilm in der Pipe hätte, aber letztlich ist das auch egal, da der Titel zwar beschreibend, aber nun mal auch einfach falsch ist. „Airline Disaster“ bedient sich zwar einer bewährten Formel, allerdings nicht der klassischen „Airport“-Katastrophenfilmschiene, sondern der „Die Hard on a Plane“-Schule, bekannt und beliebt durch Gassenhauer wie „Passagier 57“, „Einsame Entscheidung“ oder „Air Force One“ – ein kleines Subgenre an und für sich, und im Low-Budget-Bereich durch zahlreiche stock-footage-Epen aus der Wynorski-Werkstatt auch schon vielfach ausgebeutet.

Interessanterweise zeichnen für das Drehbuch keine Asylum-Stammschmierfinken verantwortlich – das Duo Paul Sinor/Victoria Dadi arbeitet hier erstmals zusammen (für Asylum schrieben sie anschließend deren nächsten Weltuntergangsthriller „2012: Ice Age“. Damit hat Asylum mittlerweile satte drei Untergangsszenarien für’s nächste Jahr parat – [[2012: Doomsday]] und [[2012 Supernova]] kennen wir ja schon). Der interessante Geselle dieser Zweckgemeinschaft ist zweifellos Paul Sinor, der offensichtlich ein echter, leibhaftiger Angehöriger des US-Verteidigungsministeriums ist und als militärischer Berater an einigen großen Major-Filmen wie „Transformers“, „Der Tag, an dem die Erde still stand“ , [[I Am Legend]] oder „G.I. Joe – Geheimakte Cobra“ mitwirkte. Cue conspiracy theories („das Pentagon macht Filmpropaganda!!1“) now! Nun, ernstlich, man könnte meinen, Sinor wäre angesichts der genannten „Einzelkämpfer-im-Flugzeug“-Klopper der Vergangenheit auf die Idee gekommen, ein Drehbuch zu schreiben, in dem zumindest die wesentlichen Fakten (also organisatorischer Kram wie Ränge, Befehlsketten, Protokolle) stimmen, aber würde ich damit bei Asylum hausieren gehen? Ich weiß ja nicht…

Ist aber ja auch für den Film per se völlig irrelevant, da wir davon gepflegt ausgehen können, dass unseren Freunden aus dem Irrenhaus relativ wurst ist, ob ein Script im Großen und Ganzen einerseits und in den Detailfragen andererseits Sinn ergibt, solang’s billig zu filmen ist, man die ein oder andere bekannte und bezahlbare Nase einbauen und das Endresultat dann in die Videotheken stapeln kann. Allerdings kann man konstatieren – mit „Airline Disaster“ gelingt der Schmiede der Sprung von qualitätsignorierenden Trashproduzenten zu akzeptabler B-Dutzendware. Ist halt die Frage, wievel vom, ähm, „Charme“ der munter vor sich hin trashenden Asylum-Heuler übrig bleibt, wenn der ganze Kram in ein halbwegs professionelles Korsett geschnürt wird. Storytechnisch nämlich liegt „Airline Disaster“ so ziemlich auf einem Level mit den erwähnten Wynorski-Hobeln, mit dem Unterschied, dass Asylum seine Effekte selbst strickt und nicht im Restposten-Archiv einkauft.

Faktisch spielt sich „Airline Disaster“ in drei parallel laufenden Plots – die Ereignisse im Flugzeug selbst, die Besprechungen des Krisenstabs der Präsidentin und die Ermittlungen des FBI im Entführungsfall; daraus folgt zwanglos, dass das Buch nicht wirklich eine Hauptperson im Wortsinne hat, es ist mehr ein Ensemblestück – weder Gina Vitale (die ungefähr ein Drittel des Films damit verbringt, dumm im Frachtraum rumzustehen, ehe sie mal auf die Idee kommt, ein paar Naziärsche zu treten) noch Melville noch die Franklin-Geschwister sind echte zentrale Figuren; es macht – und das ist vielleicht einer der Punkte, den Paul Sinor zu machen beabsichtigt – die Sache vielleicht etwas realistischer, insofern klar wird, dass die klassische ein-Mann-gegen-den-Terror-Nummer eben, hihi, nur in Filmen funktioniert, dieweil im „echten Leben“ teamplay angesagt ist. Recht okay ist die Besetzung der bad-guys-Rolle mit Neonazis (das ist im Zweifelsfall auch immer politisch korrekt, un d die, die sich auf die Füße getreten fühlen, sind die, um deren Seelenpein wir uns nicht sonderlich zu scheren brauchen), der Kunstgriff, die politischen Motive nur vorzuschützen, um dann doch wieder nur einen simplen Geldraub zu tarnen, ist dann allerdings schon mächtig abgegriffen. Anstatt echter Charaktere haben wir halt dann eine Präsidentin (und was für eine – hat von nix ’ne Ahnung, trifft Entscheidungen erst dann, wenn es sich wirklich wirklich wirklich nicht mehr vermeiden lässt und ist offensichtlich auch noch Lesbe… wenn ich mich nicht schwer verhört habe, murmelt einer ihrer presidential aides – in der O-Ton-Fassung – dass die „first lady“ in Sicherheit wäre. Ich glaube nicht, dass das ein Statement ist, sondern gehe davon aus, dass man erst spät Meredith Baxter gecasted und schlicht vergessen hat, die Line des Komparsen entsprechend umzuschreiben).

Womit wir nahtlos beim Thema „Asylum-typischer Schmarren“ wären – und auch ohne Mockbuster-Verwandschaft oder intentional camp hat „Airline Disaster“ einiges zu bieten: die generell inkompetenste US-Regierung seit Menschengedenken (SPOILER: Kurz vor Schluss entscheidet sich die Präsidentin dafür, die Maschine mit einem Ultra-Super-Geheim-Laser vom Satelliten aus abzuschießen. Nur sind die Militärs zu blöd und legen fast halb Washington in Schutt und Asche, ehe sie schnallen, dass sie den Flattermann wohl eher nicht treffen), hysterische Flug-Action (wer schon immer sehen wollte, wie ein Jumbo Jet durch Straßenschluchten pfeilt und um 90 Grad gekippt zwischen zwei Wolkenkratzern durchdüst, findet hier sein Shangri-La; außerdem rasiert der Jet nicht nur diverse Antennenmasten, sondern – schluck – auch das Washington Memorial ab… woo-hoo, da klatschte ich laut Beifall, obwohl ich mir ja vorstellen könnte, dass das einem echten Flugzeug nicht so gut bekommt) und, öäh, großartige Dialoge: „come on, you big beautiful whaaaaaaaaaaaaaaale“! Es ist nicht von dieser durchgängigen insanity eines [[Mega Piranha]] (wie könnte es auch), aber immer, wenn man befürchtet, der Streifen könnte sich ins Fahrwasser eines schnöde-gewöhnlichen B-Thrillers bewegen, passiert wieder was lustig-doofes (z.B. ein Kampfjet explodiert, weil er durch eine Kerosinwolke fliegt) und hält den geneigten Asylum-Fan bei Laune (was auch für das durchgeknallte Ende gilt).

Technisch ist „Airline Disaster“ mittelprächtig ausgefallen – die Regie von Jay Willis, einem alten Fahrensmann von David Michael Latt und David Rimawi aus Prä-Aslylum-Zeiten (und hauptberuflich Filmelektriker… das ist schon wie bei Corman: Lunger lang genug an Sets rum und irgendwann darfst du mal Regie führen) ist „uneven“, wie man so schön sagt. Auf jede gefällige Verfolgungsjagd folgt eine unkreativ gelöste Dialogszene, das Pacing ist uneinheitlich, die Höhepunkte wirken willkürlich gesetzt und nicht wirklich einer schlüssigen Dramaturgie folgend. Alexander Yellen, Asylum-Stammkameramann, hat auch schon eindrucksvollere Bilder geliefert und das Production Design ist stark schwankend – während man sich für die Passagierraum-Interiors in einem existierenden lifesize-mock-up eingemietet hat, sind das Cockpit und der Frachtraum wenig überzeugend, auch das Krisenstab-Set macht einen vergleichsweise klaustrophobischen Eindruck. Visuelle Effekte gibt’s zuhauf – man mag sich immer wieder fragen, ob der Wynorski-Einsatz, aufwendige Szenen anderswo zu kaufen, im Low-Budget-Bereich nicht der sinnvollere ist als alles selbst rendern zu lassen. Aber gut, Asylum macht’s selbst und es sieht auch nicht soooo schlecht aus. Klar, das sind keine fotorealistischen CGI, das ist mehr auf dem Niveau eines mittelprächtigen Videospiels, aber ich hab an Asylum auch nicht den Anspruch, mit state-of-the-art-FX zugedröhnt zu werden; die Flugzeuge sehen „realistisch“ genug aus, um nciht allzusehr durch ihre Rechnerherkunft vom Film abzulenken (und es gibt ja auch Dinge, die schwieriger zu modellieren sind als Düsenflieger…), die Zerstörungssequenzen gehen auch in Ordnung, nur die CG-Pyrotechnik ist indiskutabel (das alte Lied: Explosionen und Flammen sind so etwas wie die Königsdisziplin der Computergrafik, und wenn’s schnell und billig sein soll, sieht’s dann eben hauptsächlich billig aus).

Was die Produktion mangels Kohle an Scope nicht hergibt, versucht Chris Ridenhour akustisch zu kompensieren und knallt einen wuchtigen, hemmugslos übertreibenden Score (synthi-symphonischer Natur) auf die Tonspur, dass es nur so rumpelt (wie so oft bei Asylum-Filmen handelt man nach der Devise „mehr ist mehr“ und beschallt auch Szenen, die auch ohne musikalische Untermalung gut, wenn nicht besser zurechtkämen).

Darstellerseitig freut sich Asylum über das Gimmick-Casting in zwei Positionen sicherlich heute noch ein virtuelles Bein ab. Meredith Baxter und Scott Valentine, die Franklin-Geschwister (die sich im Film keine Sekunde lang gegenüberstehen), sind alte Bekannte aus der Michael-J.-Fox-Sitcom „Family Ties“ (dt. „Familienband“) – dort spielte Valentine den Freund von Baxters Tochter! (Ehre, wem sie nicht gebührt, bei gut zehn Jahren Altersunterschied ist die Geschwister-Nummer da schon glaubwürdiger). Während Valentine (den wir auch aus „Mein teuflischer Liebhaber“ oder [[Carnosaur 3]] kennen) sichtlich die Zeit seines Lebens hat und sich köstlich amüsiert, beschränkt sich Baxter (auch zu sehen in „Die Unbestechlichen“) auf besorgtes Kucken über den Brillenrand. Emmy-Nominentin Lindsey McKeon („Springfield Story“, „Saved by the Bell: The New Class“, [[Land That Time Forgot, The|The Land That Time Forgot]]) hat man immerhin ein paar unglaubwürdige Action-Prügel-Szenen ins Script gegeben, die sie passabel bewältigt, Geoff Meed („Resident Evil: Extinction“, „I Am Omega“, [[100 Million BC]]) könnte als Oberschurke für meinen Geschmack etwas stärker aufdrehen (allerdings gibt er im Begleitmaterial zu Protokoll, bewusst keine over-the-top-Vorstellung geben zu wollen). Londale Theus ([[2012 Supernova]], „Transmorphers: Fall of Men“) gibt einen akzeptablen FBI-Agenten ab.

Bildqualität: Die BluRay von Great Movies bringt den Film in wunderschönem 1.85:1-Widescreen. Ich hab immer ein wenig ein schlechtes Gewissen, wenn ich einen Asylum-Film in HD kucke – von Fug und Rechts wegen dürften die nicht so gut aussehen… bildqualitativ genügt die Scheibe auf jeden Fall meinen Ansprüchen an eine Budget-BluRay (die ich für knapp 8 Euro erstanden habe).

Tonqualität: Deutscher und englsicher Ton in Dolby 5.1. Der englische O-Ton ist prinzipiell gut verständlich (Untertitel gibt’s nicht) und Ridenhours monumentaler Score knallt gut rein, leider gibt’s im ersten Filmdrittel ein paar Tonaussetzer – nicht nervig, aber merklich.

Extras: Ein kurzes making-of mit ein paar Interviewschnippseln mit Valentine, Meed und McKeon, ein blooper reel und eine ausführliche Asylum-Trailershow.

Fazit: Ich könnte es mir einfach machen und ein paar Sätze von weiter oben reinkopieren – aber ich bin ja nicht so. „Airline Disaster“ macht Spaß – nicht so viel Spaß wie „Mega Piranha“, aber schon einen ordentlichen Humpen – irgendwo zwischen (in diesem Fall nicht beabsichtigten) Trash-Feuerwerk und semi-seriösem B-Actionthriller findet der Streifen seine kleine Nische in der Abteilung „kurzweilige Unterhaltung“. Objektiv sicher einer der „besseren“ Asylum-Streifen (da eben aus bewährten Elementen einigermaßen stimmig zusammengesetzt), der genug studiotypische dumme Ideen hat, um dem Asylum-Fan ein breites Grinsen aufs Gesicht zu zaubern. Vielleicht sogar ein guter Tipp für Asylum-Einsteiger, denn phasenweise sieht das einem „echten“ Film richtig ähnlich…


mm
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