- Deutscher Titel: Air Force 2
- Original-Titel: Air Force 2
- Alternative Titel: Air Force 2 Down | In Her Line of Fire |
- Regie: Brian Trenchard-Smith
- Land: USA
- Jahr: 2006
- Darsteller:
Mariel Hemingway (Lynn Delaney), David Keith (Walker), David Millbern (Armstrong), Jill Bennett (Sharon), Robbie Magasiva (Petelo), Patrick Kake (Hammer), Sydney Jackson (Murphy), Rene Naufahu (Solia), Jesse Hutch (Rosen), Paul Dzenkiv (Kindall), Lee Tuson (Logan), Stuart Devenie (John Ellison), James Gaylyn (Admiral Winters)
Vorwort
Frischer Wind weht durch’s Weiße Haus. Der neue Präsident hat dafür gesorgt, dass der Kongress friedlich zusammenarbeitet und sogar eine große Gesundheitsreform durchgewunken hat, Vizepräsident Walker begibt sich auf eine Good-Will-Tour im Dienste des Klimaschutzes (das *ist* mal ein Science-Fiction-Film) auf eine ausgedehnte Pazifiktournee, begleitet von ausgesuchten Journalisten wie dem Pulitzer-Preisträger Murphy und der jungen hotshot-Reporterschnalle Sharon. Bewacht wird der Vize von seienr ehemaligen Desert-Storm-Kampfgefährtin Delaney. Air Force 2, die Maschine des Vizepräsidenten, muss in einem schweren Sturm notwassern. Die Überlebenden retten sich auf eine nahe Insel, doch sind sie vom Regen in die Traufe gekommen. Dort nämlich übt die lokale Opposition von San Pietro unter der fachkundigen Anleitung des Söldners Armstrong dem Umsturz des diktatorischen Regimes. Als Armstrong, dem monetäre Erwägungen sichtlich vor politischer Ideologie gehen, der Koffer des Vizes vor die Füße gelegt wird, wittert er die große Chance – mit dem US-Vizepräsidenten lässt sich doch sicher Kasse machen. Wenn schon die US-Regierung nicht mit Terroristen verhandelt, gibt’s doch bestimmt den ein oder anderen Schurkenstaat, der sich die Möglichkeit, den Repräsentanten des Imperialismus vor aller Weltöffentlichkeit ordentlich zu demütigen, ein paar Dollar kosten lässt. Walker soll also gefangen werden. Der Vizepräsident und seine reduzierten Entourage vermasseln den Versuch, ein Satellitentelefon zu erbeuten. Heldenmütig lässt Walker sich gefangen nehmen, damit Delaney und Sharon entkommen können. Delaney plant natürlich die sofortige Befreiungsaktion, doch geht auch die schief (obschon reihenweise Statisten ins Gras beißen). Armstrong will Delaney exekutieren lassen, aber Rebellenführer Petelo, dem Armstrongs selbstherrliche Kommandoübernahme wie auch sein aufbrausendes Temperament gewaltig auf den Zeiger gehen, will die Hinrichtung nur vortäuschen. Delaney wartet solcherlei Gefälligkeiten aber nicht ab, geht stiften und bereitet (nachdem der frustrierte Armstrong Petelo erschossen hat) den großen Showdown vor…
Inhalt
Unser heutiges B-Actionfilmchen „Air Force 2“ (bzw. „In Her Line Of Fire“, womit beide Titel eindeutig klar machen, an welche Blockbustermotive das Opus sich anzuhängen beabsichtigt), zum Discountpreis von einer schlappen Million Dollar gedreht, hat immerhin die Distinktion, tatsächlich einen US-Kinostart erlebt zu haben – gut, es waren nur zwei Leinwände, und das Gesamteinspielergebnis von sage und schreibe 721 Dollar (nein, ich habe keine „tausend“ vergessen) dürfte Spielberg, Cameron und Bruckheimer nicht gerade in Angst und Schrecken versetzen, aber wie sagt man so schön: „at least it has been there“, und irgendwie ist es doch ganz tröstlich, dass es jenseits des großen Wassers noch ein paar Grindhouse-Kinos zu geben scheint, die sich nicht zu schaden sind, auch für mit jeder Faser seines Zelluloid-Körpers „ich bin ein DTV-Billigfilm“ schreienden Streifen ein paar Vorstellungen zu reservieren. Sowas sollt’s hier auch geben…
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zum gewöhnlichen Billigaction-Rotz von der Stange ist die Tatsache, dass schreiberisch verantwortlich drei Frauen waren – Sherry Adamo, Anna Lorenzo und Paula Goldberg (letztere als einzige auch mit einigen anderweitigen verfilmten Scripts auffällig geworden, u.a. für den anstehenden neuen „SF-Thriller“ von David DeCoteau, „Alien Presence“). Frauen? So richtige *Frauen* schreiben Actionfilme? Wann bin ich in ein seltsames Paralleluniversum abgebogen? Für den gewöhnlichen Zuschauer unterscheidet sich das, was das Damen-Triumvirat sich aus dem Kreuz geleiert hat, nur unwesentlich von dem, was Nu Image oder andere Low-Budget-Schmieden gemeinhin auf die Videotheken loslassen – selbst der Umstand, dass die zentrale Rolle des Kick-Ass-Action-Helden nicht von einem Testosteron-Paket a la Dolph Lundgren, sondern von einer Frau, in diesem Fall Hemingway-Enkelin Mariel, gespielt wird, ist jetzt nicht gerade das große feministische Statement an sich. „Air Force 2“ kreuzt die üblichen Plotpunkte „Flucht, Gefangennahme, erneute Flucht usw.“ routiniert, aber eben auch althergebracht, auf der Checkliste ab. Da gibt’s keine großen Überraschungen, weder die alten Bekanntschaften auf Seiten der Guten noch die Spannungen zwischen den Bösen (der Konflikt zwischen dem ideologisch getriebenen Rebellenführer und seinem eher weltlich orientierten Söldner) gewinnen Originalitätspreise (allerdings hätte ich fast meine Guitar-Hero-Gitarre darauf verwettet, dass Armstrong und Delaney und/oder Walker sich aus alten gemeinsamen Armeezeiten kennen).
Scheinbar also kein großes Ding, wenn Frauen Actionfilme schreiben – sie machen’s wohl auch nicht anders als die Herren der Schöpfung. Könnte man meinen, wenn man die „internationale Fassung“ des Films vorliegen hat. Den „hook“ des Films wollte man nur dem einheimischen Publikum zumuten: Delaney ist lesbisch, und Sharon ist ihre love interest! In der internationalen Fassung kann man darauf nur aus einer kurzen Dialogsequenz, in der Murphy Sharon gegenüber andeutet, Delaney sei deshalb so zickig mit ihr, weil sie an ihr interessiert sei (und das muss man schon rausinterpretieren) kommen, die US-Fassung ist da schon deutlich expliziter – wenngleich eine lesbische Sexszene (die bekanntlich jeden Film aufwerten würde, ähempt) ausgespart bleibt, gibt es einige Kußszenen. Schon bizarr, dass dieser Angle ausgerechnet aus der „weltweiten“ Fassung herausgeschnippelt wurde, wo man doch eher vermuten würde, mit unchristlicher gleichgeschlechtlicher Liebe könnte man in den US of A nicht kommen, und schon gar nicht in einem Billig-Actionfilm (da könnte man fast auf die Idee kommen, der US-Kinostart des Streifens fand im Rahmen eines schwullesbischen Filmfestivals statt). Man lebt und lernt…
Naja, nicht, dass „Air Force 2“ wesentlich interessanter wäre, würden die beiden Hauptdarstellerinnen sich öfters mal gegenseitig die Zungen in die Hälser stecken, großartige Relevanz für den Plot hat’s, das sagen zumindest nach den Stimmen, die man im WWW so findet, auch die Kenner der US-Fassung, nicht; d.h. im Umkehrschluss, dass der internationalen Schnittfassung keine dramaturgischen Meilensteine entgehen oder der Sinn des Films entstellt wurde. In der internationalen Fassung gilt Delaneys Loyalität und ganzer Einsatz eben ihrem alten Kampfgefährten, dem Vizepräsidenten, das ist genauso glaubhaft, wenn nicht sogar eher noch glaubhafter, als eine sich blitzschnell entwickelnde Lesbennummer mit einer doofen Journalistin. Eine einzige ganz grobe Doofheit (neben dem schlichten faktischen Fehler, dass man Schwimmwesten nicht schon IM Flugzeug aufbläst, weil man sonst schlechterdings aus dem absaufenden Flieger nicht rauskommt) ist mir aufgefallen – Delaney und Walker infiltrieren das Rebellencamp, um das Satellitentelefon zu mopsen. Das gelingt, was tun unsere Helden also? Sie telefonieren *NOCH IN DER HÜTTE*, was natürlich den Fiesowichten vielfältig Gelegenheit gibt, sich in Stellung zu bringen, anstatt das Telefon einzustecken und schleunigst ins Gewölle zu türmen, um dann aus einem sicheren Versteck heraus nach Hause anzurufen. Das ist nur mit B-Movie-Scriptlogik zu erklären, weil Walker als Folge dieser Szene ja irgendwie von den Bösen gefangen genommen werden musste.
Ohne den Lesbenterz handelt es sich also um einen gewöhnlichen Einzelkämpfer-gegen-ganze-Armee-Actionheuler der typischen Machart – der Held bzw. die Heldin könnte mit verbundenen Augen hinter dem Rücken durch die Beine schießen und die bösen Feinde würden tot umfallen, umgekehrt treffen die Fieslinge natürlich mit einer MG keinen Flugzeugträger aus zwei Metern Entfernung, Delaney absolviert harte Zweikämpfe, Sprünge aus fahrenden Autos und ähnliche Freizeitaktivitäten, ohne auch nur eine Schramme davonzutragen (ich war schon ernstlich der Ansicht, Miss Hemingway hätte sich eine „no-facial-disfigurement“-Klausel in den Vertrag schreiben lassen, aber im Showdown hat sie wenigstens Dreck im Gesicht), aber mein Freund Brian Trenchard-Smith (Semiklassiker wie „Turkey Shoot“ und das kultisch verehrte Nicole-Kidman-Frühwerk „BMX Bandits“ gehen ebenso auf sein Konto wie unterhatsamer Schmarrn vom Schlage „Leprechaun 3 und 4“ und natürlich der von mir in den siebten Kreis der Hölle verdammte Right-Wing-Propaganda-Hassstreifen Megiddo: The Omega Code 2) inszeniert den ganzen Spaß unerwartet furios und rasant. Klar – für eine Million US-Mäuse kann man nicht gerade Riesenaufwand betreiben und muss man jeglichen „scope“ mit Stock-Footage-Einsatz vortäuschen, aber Trenchard-Smith hält das Tempo hoch, lässt kaum Atempausen und sorgt insgesamt für mächtig viel Remmidemmi im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten (die schmale Kohle, die er verbraten konnte, verdankt er dann auch noch einem der berüchtigten deutschen Filmfonds… seufz); das wird man nicht mit „Rambo II“ verwechseln, und letztlich stört sowohl der übliche Video-Look wie – noch mehr – die CGI-Effekte, mit denen Flammen, Explosionen, Mündungsfeuer und sogar Einschusslöcher simuliert werden, schon, aber der Regisseur hat grundsätzlich die richtige Idee – je mehr knallt, je mehr scheppert, desto eher bleibt der Videothekenkunde befriedigt und bei der Stange. Langweiliger Charakter-Stuff interessiert keinen Menschen, ein zünftiger one-liner geht immer mal, da ist „Air Force 2“ deutlich durchgängiger aktionsgeladen als die teureren Nu-Image-Vehikel, die dafür auf zwei-drei zentrale (und dann eben aufwendiger gestaltete) action set pieces setzen, zwischen denen man dann aber auch geflissentlich Bier holen gehen oder ein paar wichtige e-mails schreiben kann. Sicherlich Geschmacksfrage, was einem besser gefällt, ich war heute aber durchaus in der Stimmung für nonstop-Action, und in dem kleinen, bescheidenen Maßstab, den Trenchard-Smith sich leisten kann, liefert er diese pflichtschuldigst ab.
Neil Cervin („Slap Shot 3“, „The Art of War II“) liefert gefällige, Bilder, die Action-Choreographie verdient keine John-Woo-Gedächtnisorden, ist aber in Ordnung (und wenn Mariel Hemingway sich in mano-a-womano-Gefechten mal von einem Stuntwoman vertreten lassen muss, ist das plausibel getarnt). Wie gesagt, die CGI-Effekte wirken arg billig (auch der Flugzeugabsturz zu Beginn hält keinen Vergleich mit den CGI von UFO oder Nu Image aus), dafür erfreut uns David Reynolds („Earth vs. The Spider“, „How To Make A Monster“, „She Creature“) mit einem netten, sehr Jerry-Goldsmith-zitierenden Action-Score.
Härtetechnisch belässt der Streifen es bei mühelos FSK-16-kompatiblen blutarmen Erschießungen.
Zum Cast: Mariel Hemingway („Star 80“, „Superman IV“), die überlebende Hemingway-Enkelin, schlägt sich als Action-Heroine überraschend wacker, sieht mit 45 Jahren auch noch knackig-ansehnlich genug aus und liefert in den wenigen schauspielkünste erfordenden Passagen einen soliden Job ab. Das ist okay, das geht in Ordnung. David Keith („Feuerteufel“, Caged Fear, „Die Indianer von Cleveland II“, „Epoch“) darf bis zu seiner Gefangennahme ebenfalls fröhlich um sich ballern und hat sichtlich Spaß an seiner Rolle. Jill Bennett ist offensichtlich eine Spezialistin für schwullesbische Stoffe (und als solche u.a. in den Serien „Dante’s Cove“ und „3Way“ am Start und überzeugt mich eher weniger, wohl aber auch, weil ihre Rolle in der internationalen Fassung reichlich unnötig ist. Einen gehörigen Humpen Fun hatte sicherlich David Millbern, der mit Gusto den durchgeknallten psychopathischen Söldner Armstrong spielt. Millbern debütierte 1982 in Jack Hills „Sorceress“ und „The Slumber Party Massacre“ und finanziert seinen Lebensunterhalt mittlerweile regelmäßig mit TV- oder DTV-Ware wie „Tornado Warning“, „Chupacabra Terror“ oder dem deutschen Fernsehfilm „Die Weihnachtsmann-Affäre“. Millbern trifft jedenfalls genau den richtigen Ton für einen exaltierten Psycho-Actionschurken a la Vernon Wells in „Phantomkommando“. In Nebenrollen finden sich Sydney Jackson („Die fliegenden Ärzte“), Patrick Kake („Cleopatra 2525“, „Die Chroniken von Narnia“), Lee Tuson („Die Chroniken von Narnia“), Rene Naufahu („Matrix Reloaded“, „Matrix Revolutions“, „Power Rangers Space Patrol Delta“) und Robbie Magasiva („Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“).
Bildqualität: mcOne/Ascot Elite legen „Air Force 2“ in beeindruckiend sauberem anamorphen 1.78:1-Widescreen vor. Schärfe-, Kontrast- und Farbwerte sind ausgezeichnet, die Kompression arbeitet unauffällig, einzig der Layerwechsel ist ein wenig sehr hakelig ausgefallen. Für eine Budget-Veröffentlichung aber ausgezeichnet.
Tonqualität: Der Konsument kann wählen zwischen deutschem und englischen Ton, jeweils in Dolby Digital 5.1, optional können deutsche Untertitel zugeschaltet werden. Ich habe mich auf die O-Ton-Spur konzentriert, die gut verständlich und rauschfrei ist und auch in Punkto Dynamik und Soundmix für einen Budget-Release zu gefallen weiß.
Extras: Neben einer Trailershow gibt’s den „Air Force 2“-Trailer sowie eine Fotogalerie.
Fazit: Ich geb’s zu – ich war positiv überrascht. Von einem Streifen, der finanziell doch noch ’ne ganze Liga unter dem angesiedelt ist, was die üblichen Verdächtigen wie Nu Image und Konsorten auf den Markt werfen, hatte ich nicht erwartet, dass er mich so gut unterhält. „Air Force 2“ verdient keine Originalitätspreise und lässt den Zuschauer auch nicht pausenlos mit heruntergeklapptem Kiefer ob des veranstalteten Budenzaubers bass erstaunt auf der Fernsehcouch erstarren, dafür ist dann doch alles zu klein, sind die CGI-Pyros zu offensichtlich, aber der solide arbeitende Cast und Trenchard-Smiths tempogeladene Inszenierung täuschen ein wenig über das magere Budget hinweg. Wer seine Actionfilme billig, aber rasant, unrealistisch, aber nicht offensiv doof, und mit einer arschtretenden Frau in der Hauptrolle mag, fährt hier gut. Trotzdem komisch, das mit der (fehlenden) Lesbengeschichte. Versteh einer die Amis…
3/5
(c) 2009 Dr. Acula