Absolution – Horrortrip ins All

 
  • Deutscher Titel: Absolution - Horrortrip ins All
  • Original-Titel: The Journey: Absolution
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  • Regie: David DeCoteau
  • Land: USA
  • Jahr: 1997
  • Darsteller:

    Mario Lopez (Ryan Murphy), Jaime Pressly (Allison Wade), Richard Grieco (Sgt. Bradley), Greg Serano (Hubbard), Nick Spano (Quintana), Justin Walker (Dallas), Damon Sharpe (Dragotta), Charles Mattocks (Liles), Steve Wilder (Bateman)


Vorwort

Vor 30 Jahren verwüstete eine gigantische Explosion den Großteil der Erde – die wenigen Überlebenden haben sich in einer Kolonie namens „New America“ zusammengerottet. In der Arktis steht die Militärakademie Fullerman. Hier werden die Besten der Besten der Besten zu eisenharten Kampfmaschinen ausgebildet. Sergeant Bradley führt ein gestrenges Regiment. Hierhin lässt sich der Kadett Murphy versetzen, und zwar nicht, weil er so scharf drauf ist, über die Grenzen jeder menschlichen Leistungsfähigkeit hinaus gedrillt zu werden, sondern weil er das Verschwinden seines Freundes Liles aufklären will.

Murphy findet sich umgehend auf Bradleys persönlicher shitlist wieder – dafür reicht schon ein Queens-Akzent und der vage Verdacht, dass Murphy erstens eine Nervensäge und zweitens ein Weichei sein könnte. Auch seine neuen Stubenkameraden stehen, mit Ausnahme des sensiblen Quintana, dem Neuankömmling mindestens skeptisch, teils offen feindselig gegenüber. Schnell findet Murphy heraus, dass Bradley ungewöhnliche Methoden anwendet – so wird im Training mit scharfer Munition geschossen, was der Sergeant damit rechtfertigt, dass New Americas Gesetze in Fullerman nicht gelten. Die Kadetten ihrerseits streben danach, in Bradleys geheimnisumwitterte Elite-Truppe, das „C-Team“, aufgenommen zu werden. Murphy, der sich mittlerweile mit Allison, einem Mädchen, das ab und zu die Akademie besucht, um sich mit den Jungs zu amüsieren, angefreundet hat, überzeugt zwar mit Top-Leistungen am Schießstand, fällt jedoch, was das C-Team angeht, durch, weil Bradley ihm nicht vertraut.

Wenig überraschend zieht Murphy die Schlussfolgerung, dass das mysteriöse Verschwinden von Liles etwas mit dem ominösen C-Team zu tun hat, zumal die glücklich aufgenommenen Kadetten rasch auffällige Verhaltensänderungen zeigen. Murphy schnüffelt herum und stellt fest, dass Bradley seine Elite-Jungs mittels Steroiden und anderen wissenschaftlichen Experimenten in gefühllose Soldatenzombies verwandelt und sich mit seiner Truppe auf den anstehenden „Tag der Rückeroberung“ vorbereitet. Leider wird er entdeckt und landet, weil Bradley gerade keine Zeit hat, sich tiefergehend um Murphy zu kümmern, in einer Zelle – wo er auf Liles trifft, der die fehlenden Puzzleteile zum Mosaik liefert. Der „Tag der Rückeroberung“ steht unmittelbar bevor, eine nur alle dreißig Jahre auftretende galaktische Konstellation, die Bradley den Einsatz eines „molekularen Transportsystems“ ermöglicht und mit dem wird der Sergeant eine Alien-Invasion starten…


Inhalt

Man kann sich das angesichts filmischer Bankrotterklärungen wie 1313: Bermuda Triangle oder 3 Scream Queens kaum mehr vorstellen, aber David DeCoteau war tatsächlich mal ein passabler Regisseur annehmbarer B-Pictures, bevor er offenkundig beschloss, nur noch seine schwule Zielgruppe mit Fanservice-Material zu versorgen. Gerade für Charles Bands verschiedene Unternehmungen lieferte DeCoteau, oft unter finanziell katastrophalen Bedingungen, im Idealfall kleine Genre-Perlen, oft aber zumindest kulttaugliche kleine Fetzer ab (man denke an Dr. Alien, „Sorority Babes in the Slimeball Bowl-o-Rama“, „Creepozoids“ etc. pp.).

Wann genau DeCoteau auf der Straße zum Ruhm von den „geschlechtsneutralen“ Exploitation-Reißern zur schwulen Onanievorlage abbog, ist im Nachhinein schwierig zu sagen, weil er auch in seinen reinen Horrorfilmen gerne mal Elemente einbaute, die in seinem aktuellen Schaffen dominieren – knackige Jungspunde, die in Boxershorts herumlaufen, finden sich schon in Full-Moon-Filmen wie „Talisman“. Da DeCoteau aus seiner sexuellen Orientierung nie ein Geheimnis machte, nahm ihm das das nun bekanntlich doch eher heterosexuell geprägte Fandom nicht wirklich übel, solange das nicht die alleinige Existenzberechtigung der Filme blieb.

1997 scheint aber zumindest ein wichtiger „turning point“ in DeCoteaus Vita zu sein – in diesem Jahr drehte er seinen bislang einzigen „dramatischen“ gay interest-Film, „Leather Jacket Love Story“, der in der Szene gute Kritiken errang. Ob die wohlwollende Aufnahme seiner schwulen romantischen Komödie DeCoteau dazu veranlasste, auch in seinem herkömmlichen Ouevre die stets vorhandene latente Querness hochzufahren, ist natürlich an dieser Stelle nicht zu klären, aber zumindest mal eine brauchbare Arbeitsthese. „Absolution“ , mit einem Budget von ungefähr 1,5 Mio. Dollar schon eines der größeren DeCoteau-Projekte, scheint jedenfalls ein Indiz dafür zu sein, dass sein Macher schon mal auslotete, wie weit er gehen kann, und den Fandom-Mainstream, der ja immerhin noch das meiste Geld für Videos und DVDs ausgibt, dabei nicht verliert.

Zugegeben ist das so ungefähr die eine Subkultur, der ich mich in keiner Form zugehörig fühle, aber dass es schätzungsweise Myriaden Seiten an Gay-Fetish-Porn, der an Militärakademien spielt, gibt, scheint mir naheliegend zu sein. Eine normalerweise rein männliche Angelegenheit, überwiegend mit jungen Leuten gefüllt, die verständlicherweise in körperlicher Top-Verfassung sein müssen, das ist für eine knackige schwule Story ja noch erheblich logischer als ein Männerknast. Ob Drehbuchautor Chris Chaffin, dessen einziger Screencredit als Autor „Absolution“ ist, der schwulen Szene zuzurechnen ist, ist mir unbekannt, seine sonstigen Tätigkeiten als Produzent von Geisterjäger-Reality-Shows wie „Ghost Lab“ und „Paranormal State“ lassen darauf jedenfalls keine Rückschlüsse zu. Das „Absolution“-Script schafft es zumindest noch, seinen gay interest derart zu tarnen, dass man den Film, ist man blind (und demzufolge eigentlich von visueller Unterhaltung eher abgetrennt), durchaus als strunzgewöhnlichen Militärthriller einstufen kann.

Das SF-Setting tut dabei eigentlich nicht wirklich viel zur Sache, aber Genrestoffe dürften auf dem Videosektor besser laufen als reine Militärverschwörungsthriller – theoretisch könnte Bradley aber jeder x-beliebige General sein, der sich seine private Spezialeinheit heranzieht, um damit einen Umsturz/Terroranschlag/präventiven nuklearen Krieg anzuzetteln (es ist vielmehr eins meiner kleinen Problemchen mit dem Streifen, dass sein Bösewicht als Sergeant einen verdammt niedrigen Rang dafür hat, dass er quasi Alleinherrscher der Akademie ist). Noch weniger nötig – und bei noch nicht mal genauem drüber Nachdenken reichlich sinnlos – ist die Ansiedlung der Plotte in der Arktis. Da frag ich mich ernsthaft: woher kommen eigentlich Allison und ihre Freundin Katie, die in der Akademie ein- und ausgehen, wenn doch mit Fug und Recht und von links und rechts wegen in ein paar tausend Meilen Umgebung von Fullerman sprichwörtlich nichts sein könnte, wo die Mädels leben? (Und wir reden an dieser Stelle auch nicht davon, dass das Happy End Murphy und Allision dem Erfrierungstod ausliefert, schließlich hocken sie allein, ohne Hilfe, Vorräte oder Ausrüstung, in T-Shirts am Nordpol rum. Naja, vielleicht taut jemand Murphy vierzig Jahre später auf und nennt ihn Captain America).

Chaffins Script ist eins von der Sorte, das alle offenen Fragen mit ein-zwei Schlagworten zu erledigen versucht, ohne wirklich etwas zu erklären. Wie macht Bradley seine Kadetten zu Supersoldaten? Super-Steroide (warum man die Jungs dafür in eine Art Gyroskop einspannen muss, weiß aber vermutlich nicht mal DeCoteau, außer, dass es ein halbwegs cooles Visual abgäbe, wenn’s denn kompetent umgesetzt wäre). Wieso können die Aliens nur alle 30 Jahre zuschlagen? Sternenkonstellation (was, da wir im Filmkontext von * Galaxien * reden, erstaunlich dämlich ist). Wieso hat Murphy, obwohl er in einer offiziellen Mission unterwegs ist, offensichtlich keine Möglichkeit, seine Auftraggeber, die geheimnisvolle „Agency“, zu kontaktieren? Oh… errr… (seht den Drehbuchautoren unauffällig pfeifend wegschlendern…).

Aber immerhin – im Vergleich zu dem, was DeCoteau heute so auf die zahlende Kundschaft loszulassen pflegt, hat „Absolution“ eine stringent erzählte Story mit klaren Prota- und Antagonisten zu bieten, die wir im Endeffekt zwar so oder ähnlich schon x-mal gesehen haben, aber in ihren Grundzügen funktioniert. Und eben DeCoteau auch reichlich Gelegenheit bietet, seinen durchtrainierten Cast schwitzend beim Trainieren oder „entspannt“ in ihren Undies auf der Stube hocken zu zeigen. Das ist zwar das homoerotische Äquivalent eines bewegten pin-up-Bildes, aber wenn das der Zielgruppe reicht, soll’s mir recht sein. Alibihalber baut DeCoteau auch eine heterosexuelle Sexszene zwischen Lopez und Pressly ein, die dem Regisseur aber offenkundig Rätsel aufgibt, die Kamera ist hier weniger lüsterner Voyeur denn verständnisloser Beobachter (komischerweise hatte DeCoteau in seiner Karriere auch schon mal weniger Probleme mit heterosexuellem Softcore). Wie Lopez und Pressly aufeinander herumrutschen ist jedenfalls distinkt nicht erotisch, es sei denn, man hält aus Prinzip jeden Quadratzentimeter nackter Haut für ein erotisches Statement.

Man muss allerdings wohlwollend feststellen, dass DeCoteau sich hier weit genug im Griff hat, dass man die homoerotischen Anklänge wohl bemerkt, sie aber nicht dezidiert den Fluss des Films stören (vor allem, weil sie im Setting der Militärakademie eben durchaus Sinn machen). Da und dort droht ihm zwar der eigentliche Plot etwas zu entgleiten (sprich, dass Murphy ja eigentlich versucht, die Vermisstenfälle aufzuklären, er aber außer ein paar halbherzigen Fragen an die Stubenkumpel nicht wirklich viel dafür tut), aber das Mystery um den „Tag der Rückeroberung“ ist zumindest für einen kleinen B-Film interessant genug, um den Streifen in Schwung zu halten, auch wenn’s eben ein paar ausgeborgter „Stepford“-Elemente braucht, damit’s vorwärts geht.

Der aufgebotene Aufwand hält sich in engen budgetären Grenzen – futuristisch ist die ganze Nummer nur vom Namen her (dass man auf dem Schießstand auf Hologramme ballert, ist – bis der Alieninvasionsplot enthüllt wird – so ziemlich das aufwendigste SF-Gimmick), Kulissen und Kostüme sind aus dem 08/15-Fundus und großartige Effekte braucht man nicht zu erwarten (der deutsche Untertitel „Horrortrip ins All“ ist in so vieler Hinsicht irreführend, dazu allein könnte man Abhandlungen schreiben, was ich zu Eurem Gewinn jetzt nicht tun werde. „Ins All“ reist hier jedenfalls niemand). Im Finale gibt’s ein paar ziemlich schäbige early CG-Pyros zu bewundern. Kameratechnisch gibt’s ein paar Einstellungen aus DeCoteaus bewährter gekippter-Kamera-Sicht, aber leider ohne Schaukeleffekt…

Das Casting ist dagegen schon recht inspiriert – ohne, wie gesagt, über die Szene Bescheid zu wissen, ahne ich, dass sowohl Mario Lopez als auch Richard Grieco in schwulen Kreisen durchaus populär sein könnten. Lopez, der heutzutage hauptsächlich Moderatoren- und Presenter-Gigs übernimmt, war das mutmaßliche Sexsymbol der High-School-Sitcom „Saved by the Bell“, spielte später den populären Turmspringer Greg Louganis in dem Biopic „Sprung ins Ungewisse“ und wechselte nach „Absolution“ zur Strandpolizei von „Pacific Blue“. Zuletzt spielte er einige Male den Dr. Hamoui in „Nip/Tuck“. Durchtrainiert und gebräunt, viel mehr muss er für die hiesige Rolle auch nicht sein, kommt er zumindest nicht gänzlich uncharismatisch daher, auch wenn ihn keinerlei Chemistry mit Jamie Pressly verbindet (nicht nur in der erwähnten Sexszene).

Pressly selbst hatte sich auf dem Videomarkt gerade mit „Poison Ivy III“ einen kleinen Namen gemacht, „Absolution“ markiert ihre erst zweite Hauptrolle. Ihr eigentlicher „Durchbruch“, wenn man das so nennen will, kam erst einige Jahre später mit dem Aufkommen der Teenie-Sex-Komödienwelle im Fahrwasser von „American Pie“, so war sie in „Tomcats“, „Joe Dreck“ und „Nicht noch ein Teenie-Film“ zu sehen. Außerdem war sie in dem furchtbar üblen Steven-Seagal-Vehikel Ticker ebenso dabei wie in der T&A-Revue D.O.A.: Dead or Alive. Später gehörte sie zum Ensemble von „My Name is Earl“ und versucht seit dem Ende dieser Serie wohl mehr oder weniger verzweifelt, eine eigene Sitcom ins Rollen zu bringen – weder „I Hate My Teenage Daughter“, „Jennifer Falls“ noch „Mom“ scheinen bislang aber echten Eindruck geschunden zu haben. In „Absolution“ ist sie nicht viel mehr als ein sprechender Satz Brüste als Alibi.

Nicht viel falsch machen kann man als B-Film-Produzent, wenn man Richard Grieco als Bösewicht einkauft. Der bringt aus „21 Jump Street“- und „Booker“-Zeiten noch eine Fanbase mit (und, wie erwähnt, auch hier würde mich nicht wundern, wenn die aufgrund seines Schönling-Images zu einem gehörigen Teil aus schwulen Fans besteht), und hat zudem das notwendige Overacting und scenery chewing, das einen B-Movie-Villain von Format auszeichnet, drauf. Den ultrahartärschigen Drill Sergeant mit finsterem Geheimplan bringt er mit fröhlicher Boshaftigkeit auf den Punkt.

In Nebenrollen finden sich Greg Serano, der in der kurzlebigen „Dangerous Minds“-Serie eine tragende Rolle gespielt hatte, einen kleinen Port in Costners Ego-Nummer „Postman“ spielen durfte und inzwischen zwischen TV-Parts und kleineren Kinoauftritten (z.B. in „Terminator Salvation“) pendelt. 2001 spielte er eine Hauptrolle in dem auch homoerotisch angehauchten TV-Horrorfilm Saint Sinner. Justin Walker hatte seinen Karrierehöhepunkt zweifellos mit seinem ersten Auftritt überhaupt in „Clueless“. Danach kamen nur noch ein paar kleine B-Film-Rollen wie diese hier, „Frankenstein lebt“ oder dem „Humanoids from the Deep“-TV-Remake. Damon Sharpe hat sich mittlerweile als Songwriter neu definiert, schreibt Hits für Jennifer Lopez und beteiligt sich als Gesangstrainer an Casting-Shows wie „The X Factor“. Dabei sollte man ihn eher als Juror einsetzen, gibt er in „Absolution“ doch ein ziemlich überzeugendes Arschloch…

Bildqualität: Epix veröffentlichte den Film in seiner Twilight-Classics-Reihe. Für sein Geld bekommt der Konsument einen reichlich durchschnittlichen 1.78:1-Transfer – nicht sonderlich gut, aber auch nicht ausnehmend schlecht. Natürlich nix, um sein HD-Equipment auszureizen… (eine ältere und auf dem Gebrauchtmarkt billig zu bekommende Version erschien bei Planet Media).

Tonqualität: Das gilt auch für den Ton. Die gerade so akzeptable deutsche Fassung dürfen wir in einem Dolby 5.1-Upmix erlauschen, den O-Ton gibt’s in Dolby 2.0.

Extras: Nur eine Epix-Trailershow.

Fazit: Möglicherweise ist das weniger ein Indiz für die Qualität von „Absolution“ als für die mangelnde Klasse des Filmkrempels, den ich mir in diesem Monat anderweitig um die Augen geschlagen habe, aber ich fand „Absolution“ jetzt nicht sooo schlecht. Ja, der Plot bzw. sein SF-Gimmick ist doof bis sinnlos, die leads Lopez und Pressly haben keine Chemie und wenn DeCoteau tatsächlich mal so tut, als würde er FX auspacken, wird’s peinlich, aber die ganze Nummer ist noch ganz flott inszeniert, der homoerotische Kram hält nicht den ganzen Film auf und Griecos ich-bin-so-böse-ich-hab-sogar-eine-Narbe-im-Gesicht-Performance hat nicht unbeträchtlichen Unterhaltungswert. Summa summarum: wenn man ein anspruchsloses kleines B-Militärthrillerchen im SF-Gewand ansehen will, kann einem schlechteres widerfahren als „Absolution“. It’s okay for what it is.

3/5
(c) 2015 Dr. Acula


mm
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