A Hard Rain

 
  • Original-Titel: A Hard Rain
  •  
  • Regie: Dennie Gordon
  • Land: USA
  • Jahr: 1993
  • Darsteller:

    John Mahoney (Ross Stewart), Stephen Nichols (Mike Manson), Deborah Hedwall (Kate Stewart), J. Trevor Edmond (Doug Stewart), Stacy Edwards (Michelle), Bobby Anderson (Kevin), Don Hood (Will Hunter), Jeffrey Josephson (Polizist), Brian Doyle-Murray (Billy), Jonathan Sherman (Jake), Thomas Wagner (Vernon)


Vorwort

Eine kleine Stadt an der amerikanisch-kanadischen Grenze. Der Cop (?) Munson erschießt, quasi vor den Augen seiner Frau und Kinder (wobei die Kinder offenbar aus früherer Beziehung der Frau stammen), den jungen Doug Stewart. Zwar wird Munson ohne weiteres festgenommen, aber Dougs Eltern – speziell seine Mutter, die Dougs Liebschaft und die Knirpse nicht leiden kann – sind am Boden zerstört. Erst recht natürlich, als Munson auf Kaution freigelassen wird und, this being a small town, alle Nase lang vor ebenjenen, also den Nasen, der Stewarts herumturnt. Ein Mitglied der Pokerrunde, in der Papa Russ regelmäßig spielt, weist beiläufig darauf hin, über ein Waldstück zu verfügen, in dem schon mal jemand verschwinden kann… Russ lehnt entrüstet ab und versucht’s mit Bestechung, doch Dougs prallgefüllter Collegesparstrumpf bringt Munson nicht dazu, sich zu verdünnisieren. Angesichts der Tatsache, dass seine Frau sich nicht mal mehr vor die Haustür traut, lässt sich Russ doch noch mal die Idee mit der endgültigen Beseitigung des Problems durch den Kopf gehen…


Inhalt

Mal auf die Schnelle zwischendurch wieder ein Kurzfilm aus der „Cinema Collection“, schließlich sind Kurzfilme ja irgendwo auch Menschen, äh, Filme. Dennie Gordon, Writer/Director von „A Hard Rain“, ist sogar ein Filmemacher, aus dem noch richtig was geworden ist – gut, „Unterwegs mit Joe Dreck“ mag jetzt nicht gerade der epochale Klassiker des Erzählkinos des späten 20. Jahrhunderts sein, aber mit „New York Minute“ und „What a Girl Wants“ kann man sich zumindest beim Regisseurs-Stammtisch sehen lassen, ohne gleich verprügelt zu werden (und auch bei vielen TV-Serien gab Gordon seine Visitenkarte ab).

Sein Debüt-Short, der nicht mal der IMDb bekannt ist, wird vom DVD-Cover frecherweise als „Action“ angekündigt, aber wie der obigen Inhaltsangabe zu entnehmen ist, ist „Action“ dann doch was anderes. „A Hard Rain“ (was genau der Titel zu bedeuten hat und in welchem Zusammenhang er mit dem Film steht, frage man Gordon oder den Schreiberling der zugrundeliegenden Kurzgeschichte, einen gewissen Alex Debus) ist fraglos eher in die Psychodrama-Schublade, Unterfach „mit Thriller-Einschlag“, einzusortieren, was an und für sich ja nichts Schlechtes sein muss.

„A Hard Rain“ kann aber insgesamt nicht überzeugen, hauptsächlich deswegen, weil der Stoff wenig geeignet für einen Kurzfilm ist. Wir haben ja, nicht erst durch die in letzter Zeit besprochenen Shorts wie 12:01 PM oder Heart of the Deal ermittelt, dass Kurzfilme sich speziell für pointierte Stoffe anbieten – Geschichten, die sich nicht großartig mit Setup, Charakterentwicklung etc. abgeben müssen, sondern kurz, knackig auf einen Twist, einen Gag, eine Pointe, einen Pay-Off, wie immer man es nennen will, hin inszeniert werden können. Die Story von „A Hard Rain“ ist allerdings keine solche – diesem durchaus nicht uninteressanten Stoff wäre mit einer abendfüllenden Behandlung fraglos besser gedient gewesen. In den knapp 20 Minuten, die Gordon zur Verfügung hat, lässt sich die psychologische Tiefe, die für eine glaubhafte Geschichte nötig ist, nicht darstellen, zudem muss er, da er sich zeitbedingt auf den wesentlichen Punkt, die Rachegeschichte, konzentrieren muss, viele Fragen offen lassen – und dann hat das Ding am Ende eben keine Pointe…

Es fehlen schon einmal ganz grundsätzliche Charakterbeziehungen – wie sind Munson und Doug verbunden, warum bringt Munson Doug um und wieso trägt er eine Polizeiuniform? Wieso kann Dougs Mutter seine Frau und die Kinder nicht leiden (dass es nicht Dougs leibliche Kinder sind, ist reine Spekulation meinerseits)? Ah, Nachspann noch mal konzentriert kucken hilft weiter – Dougs Gspusi ist in der Tat Munsons Ex; wäre schön, wenn solche nicht unwesentlichen Informationen vom Film selbst vermittelt würden und nicht erst von den Credits. So ergibt’s schon etwas mehr Sinn. Aber für den Autoren ist’s ein Armutszeugnis…

Auch sonst gibt das Script oft Rätsel auf – wieso kann ein Mörder, der von diversen Zeugen identifiziert werden kann, auf Kaution freigelassen werden (nicht, dass ich die Kaution per se nicht glaube, aber ich denke, dass der Freikäufer mehr als nur den Gegenwert einer Tüte Gummibären auf den Gerichtstresen legen müsste)? Wieso können die Stewarts den sicherlich überschaubaren Zeitraum bis zum zwangsläufig folgenden Prozess nicht „aussitzen“ – SO lange kann das ja nicht dauern – und wieso bietet Russ dem Mörder seines Sohnes GELD dafür, sich zu verpissen (Geld, dass der guten Gewisses eh kaum ausgeben könnte, weil als Kautionsflüchtling Polizei, FBI und private Kopfgeldjäger hinter ihm her sein dürften)? Ich hab ja nichts dagegen, mir gewisse Zusammenhänge in Filmen selbst zu erarbeiten, aber bei „A Hard Rain“ kommen zwei Umstände strafverschärfend zusammen – die Plotte scheint von Haus aus nicht sonderlich glaubwürdig konstruiert und das Kurzfilmformat für ein offensichtlich recht komplexes Beziehungsgeflecht zwischen den verschiedenen Charakteren schlicht und ergreifend ungeeignet zu sein.

Der Stoff an sich ist – wie gesagt – nicht schlecht und gäbe in kompetenten Händen und mit der notwendigen Laufzeit ausgestattet möglicherweise durchaus ein patentes Drama um das Leid der Angehörigen von Verbrechensopfern, die mit den Tätern konfrontiert werden und schlussendlich die Fassung verlieren, ab, aber in dieser Reader’s Digest-Version, in der notwendigste Zusammenhänge unklar bleiben, verliert die Geschichte ihre Kraft und ergibt sich reiner Beliebigkeit, zumal – SPOILER VORAUS – der Story die für einen effektiven Kurzfilm einfach empfehlenswerte Pointe fehlt. Russ bringt – was wir dann auch nur im Flashback sehen dürfen – Munson im Handgemenge um, muss aber erkennen, dass ihm das in der Bewältigung seines Verlusts nicht wirklich weiterhilft. D’oh. Bahnbrechende Erkenntnis… nur eins fand ich ganz nett umgesetzt: dass praktisch das gesamte Dorf (inklusive Sheriff) zumindest ahnt, was Russ getan hat, aber es stillschweigend billigt. Was aber auch einen wesentlich stärkeren Eindruck hinterlassen würde, hätte der Film uns wenigstens ein bisschen Anlass geboten, das Leid der Stewarts zu *verstehen*. SPOILERENDE.

Durch das Kurzfilmformat wirkt das Prozedere insgesamt etwas gedrängt – Russ‘ Frau igelt sich nach der ersten Zufallsbegegnung mit Munson in ihrem Haus ein (es ist mitnichten so, als ob Munson die Stewarts irgendwie stalken würde oder sonst besondere Anstalten macht, ihnen auf den Keks zu gehen), der Bestechungsversuch und das Rachemordkomplott werden durchhastet.

Stilistisch und technisch ist das von Dennie Gordon ordentlich, aber auch wenig spektakulär oder wenigstens denkwürdig umgesetzt. Eine großartige eigene visuelle Handschrift, ein Bemühen um Originalität ist nicht zu vermelden. Das ist alles durchaus kompetent, auch die Flashback-/Traumsequenzen, vermittelt sicherlich den Eindruck, dass Gordon das Handwerk beherrscht, aber gerade, wenn die Geschichte selbst aus sich heraus nicht überzeugen kann, wäre ein wenig mehr Experimentier-, Risikofreudigkeit, speziell bei einem Kurzfilm, durchaus angebracht gewesen.

Schauspielerisch liefert John Mahoney, dem großen Publikum natürlich besser bekannt als Frasiers grummeliger Papa aus der langlebigen Sitcom (eine Rolle, die er unmittelbar nach diesem Film aufgriff), eine gute, wenn auch nicht herausragende Leistung ab.
Stephen Nichols („House“, „Witchboard“) als Killer Munson ist adäquat, aber nicht mehr, den restlichen Akteuren bleiben nur wenige kurze Szenen, um sich auszuzeichnen.
Deborah Hedwall („As the World Turns“) als Russ angeschlagene Ehefrau und Stacy Edwards („Skeeter“, „Mit aller Macht“, „Superbad“) als Dougs Geliebte machen aus ihren wenigen Möglichkeiten das Optimum.
In einer kleinen Nebenrolle agiert Brian Doyle-Murray („Und täglich grüßt das Murmeltier“, „Wayne’s World“, „Daddy Day Camp“).

Bildqualität: Ein knapp mittelmäßiger Vollbildtransfer, der älter aussieht als das Produktionsbaujahr 1993. Unterdurchschnittliche Schärfe, brauchbarer Kontrast, leichte Verschmutzungen.

Tonqualität: Der ausschließlich englische Dolby 2.0-Ton versinkt, speziell in der ersten Filmhälfte, ein ums andere Mal im breiigen Dialogsumpf und macht so manche Line komplett unverständlich. Im Filmverlauf wird’s besser, aber insgesamt trotzdem nicht befriedigend.

Extras: –

Fazit: „A Hard Rain“ ist in der vorliegenden Form ein furchtbar überflüssiger Kurzfilm – handwerklich patent, wenn auch ohne jeglichen Funken Inspiration, inhaltlich aufgrund der Stauchung auf ein 20-Minuten-Format konfus und ein Ratespiel der eher weniger amüsanten Art für den Zuschauer. Da der gute Wille der Beteiligten durchschimmert und man wenigstens erahnen kann, dass der Stoff, besser ausgearbeitet und auf das Format eines eineinhalbstündigen TV-Films gezogen, an sich nicht schlecht (aber auch nicht weltbewegend originell) ist, ist der Streifen letztlich kein komplettes Ärgernis wie der elend verquaste Fifteenth Phase of the Moon, aber einen echten „incentive“, warum man in „A Hard Rain“ mehr als nur eine lockere Aufwärmübung für seinen Regisseur sehen sollte, finde ich nicht. Wir raten dann doch eher ab.

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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