30 Days To Die

 
  • Deutscher Titel: 30 Days To Die
  • Original-Titel: 30 Days To Die
  • Alternative Titel: 7 in the Torture Chamber |
  • Regie: Griff Furst
  • Land: USA
  • Jahr: 2009
  • Darsteller:

    Wendy Carter (Amelia Wellington), Ivanna Keelu (Madison), Marc Sheffler (Sheriff Bobby Neeley), Laurence Cohen (Guy), Brendan Conner (Lawrence), Kevin Kazakoff (Chase), Samantha Cope (Vanessa), Gina La Piana (Sophie), Shirly Brenner (Sheryl), Kristina Kreyling, Kady Zadora


Vorwort

Crystal Lake (seufz), eine beschauliche Kleinstadt irgendwo in den USA. Das friedliche Leben der Gemeinde wird empfindlich durch den neuesten Streich des gefürchteten Serienmörders „Infinity Killer“ (so genannt, weil er seinen Opfern, bevor er sie totfoltert, das Unendlichkeits-Symbol in die Plauze fräst) gestört. Das Opfer ist die 17-jährige Sheryl, eine ehemalige Patientin der Therapeutin Amelia Wellington, die im Zuge eines Nachsorgebesuchs die übel verstümmelte Leiche gefunden hat. Sheriff Bobby verspricht, den Killer in bäldigster Bälde dingfest zu machen, was sich schon deswegen schwierig gestalten dürfte, weil niemand anderes als der leicht debil wirkende Gesetzeshüter der Hobbymetzger ist…

Aber vergessen wir diesen Plot für die nächsten gut, na, 50 Minuten, es gibt schließlich interessanteres (ach) zu beobachten. So nämlich Madison, Marke „troubled teen“, die ihren Eltern durch ständige Festnahmen wegen Vandalismus und Schreiben gar erschröcklicher Geschichten auf Sack bzw. Eierstöcke geht. Und so geht die Reise für Madison beim nächsten Familienausflug nicht in die erwartete Shopping Mall, sondern in die Pampa des Nirgendwo, wo ein unmarkierter Van neben der Familienkutsche parkt und zwei freundliche, aber sehr bestimmte Herren namens Lawrence und Chase Madison im Namen des Crystal Lake Treatment Center für freidrehende Psychoteenies zwangsweise in Empfang genommen wird. Ein Fluchtversuch beim Hamburger-Kauf wird mit einer soliden Rechten und einer Spritze Sedativa unterbunden, und so kann Madison im von der Zivilisation meilenweit entfernten Besserungslager eingeliefert werden.

Chefin des Etablissemengs ist die uns bereits bekannte Amelia Wellington, die ganz verständnisvolle Psychotante spielt, aber nichtdestotrotz auf strikte Einhaltung der Regeln pocht – die lauten sinngemäß und zusammengefasst „tu, was immer man dir sagt“. Das Camp entwickelt sich im Schnelldurchgang zur Hölle für Madison. Die anderweitig hier untergebrachten Juniorschlampen kucken sich Maddy sofort als neues Mobbing-Opfer aus, Lawrence und Guy sind Spanner, und Chase steht auf, naja, eher direkten Kontakt mit seinen Schutzbefohlenen. Wirkungsvoll sind Amelias Methoden wohl auch nicht, denn Maddys Zimmergenossin Tania ritzt sich nach wie vor die Arme auf, Ashley stolpert von einer Überdosis in die nächste und Vanessa und Sophia würgen sich gerne gegenseitig, bis sich das Bewusstsein erweitert. Als Madison erst am Frühstückstisch gezielt angekotzt wird und am Abend in der Dusche von den Queen Bitches vergewaltigt wird, diese Story aber von Amelia nicht gekauft wird und ein mehr oder minder erpresstes Telefonat mit ihrer Mutter auch nicht zur gewünschten Abholung führt, reifen Fluchtgedanken bei Madison. Ashleys nächste OD bietet die benötigte Ablenkung und Maddy geht in die Wälder stiften.

Amelia ruft die Cops – und wer macht sich auf den weiten Weg zum Camp und stolpert gleich mal über die flüchtende Madison? Sheriff Bobby – ein Schuss hallt durch die Nacht…

… und wenig später fährt im Camp Crystal Lake der Infinity-Killer vor und metzelt sich durch Patienten und Personal…


Inhalt

Ich werd’s nie lernen. Nie. Niemals nicht. Was, fragt Ihr erschüttert? Na, das Kaufen von spottbilligen Multifilmboxen. In diesem Fall „Horror Girls Unlimited“, eine Box, die auf 2 DVDs sechs Filme zusammenstellt und nen Zehner kostet. Ihr wisst ja, ich bin ein Sparschwein, und momentan ganz besonders, da ist 1,60 für einen Film so in etwa das Budget, in dem ich mich rumtreiben kann. Andere kaufen Mediabooks und VHS-Editionen für Echt Viel Kohle (TM), ich wühle mich halt wieder durch die Supermarktgrabbelecken…

Den Anfang in der Box macht „30 Days to Die“ (ein Titel, der nothing mit anything zu tun hat, man wollte sich da wohl produzentenseitig an „30 Days of Night“ anhängen, mit dem der Film natürlich auch nichts zu tun hat). Unschwer zu erkennen, dass es sich dabei um eine to-tal unabhängig entstandene Produktion handelt (womöglich aus der mumblecore-Ecke, denn verantwortlich zeichnet ein ganzes Künstlerkollektiv namens „Killer Cereal“. Ha. Ha. Und nochmals Ha). Der einzige Name, der mir im Vorspann was sagte, war Griff Furst, und naja, das ist auch nicht gerade ein Qualitätsindiz, gehört Furst doch zu der Mk-II-Generation der Asylum-Mockbusterer (auf sein Kerbholz gehen „I Am Omega“ und „100 Million BC“) und frequenter Kollaborateur von Leigh Scott.

Zunächst mal ist festzuhalten, dass der Film in der ab 18 freigegebenen Box beinahe natürlich geschnitten ist wie Sau – gut sechs-sieben Minuten dürften zur Uncut-Fassung fehlen, das bitte ich also mal wieder hinsichtlich meines folgenden Geschreibels zu berücksichtigen. Besonders traurig war ich allerdings nicht, denn… es ist ein ziemlich blöder Film, ob komplett oder nicht.

Neben Furst werkelten John Case und Marc Sheffler (auch als Sheriff im Film zu sehen) am Drehbuch. Marc Sheffler? Beim ein oder anderen Ultra-Trivia-Experten für Filmhorror könnte ein kleines Glöckchen klingeln. Lang lang ist’s her, aber 1972 spielte er Junior Stillo, den Fußabtreter der Krug-Gang, in „The Last House on the Left“. Sheffler hatte sich im Anschluss an seinen Auftritt im wegweisenden Terrorfilm von Wes Craven auf eine Schreiberlingskarriere verlegt und u.a. für „Love Boat“, „Wer ist hier der Boss?“ oder „Bigfoot und die Hendersons“ Episoden geschrieben. „30 Days to Die“ stellt seine späte Rückkehr auch vor die Kamera und in das Genre, das ihm seine ersten Filmsporen ermöglichte, dar. Seine Drehbuchbeteilung verbirgt er allerdings – vielleicht im Hinblick auf seine seriösen TV-Gigs – vorsichtshalber hinter einem Pseudonym.

Meine erste Reaktion auf den Film war der Wunsch, den Autoren eins auf die Schnauze zu hauen. Crystal Lake? Im Jahr 2009? Das wäre vor 25 Jahren schon nicht mehr als launiger in-joke durchgegangen (immerhin – der Film treibt damit noch einen Schabernack, wenn Guy sich für einen false scare eine Hockeymaske aufsetzt und Lawrence erschreckt). Meine zweite Reaktion – hoi, die Enthüllung des Killers erledigen wir aber früh, nämlich nach gut fünf Minuten. Auf „suspense“ ist man hier also wohl eher nicht so aus. Für die Kombination halbdebiler Hinterwaldsheriff/eiskalt-berechnender Serienkiller in Personalunion war ich aber gewillt, potentiell ein Anerkenntniskärtchen herzugeben, je nachdem, was Furst daraus entwickeln würde. Nach gut zehn Minuten steckte ich das Kärtchen aber wieder ein, denn dann wurde mir klar, dass wir, bevor wir wieder an ernstlichen Horror-/Slasherkram kommen würden, geraume Zeit mit nervigen Teenagegören im Zickenmodus verbringen würden. Ich hab ja auch nichts gegen einen zünftigen „reform school girls“-Film (denn als solcher geriert sich „30 Days to Die“ für ein halbes Stündchen oder so), aber dafür, dass solche Filme funktionieren, braucht’s eine sympathische Identifikationsfigur. Madison ist aber eine genauso doofe Kackbratze wie ihre Mitpatientinnen, so dass sich nicht so recht Mitleid einstellen will, wenn Madison als Lesbe verunglimpft oder mit vorgekautem Frühstück bekotzt wird (von der lesbischen Vergewaltigungsszene dürfen wir in der deutschen Fassung vorsichtshalber nichts sehen, sondern nur ein paar Dialogfetzen über blackscreen anhören). Möglicherweise bin ich ein grumpy old man, aber jugendliche Straftäter, die aus Langeweile Straftaten begehen, sind nicht so direkt Charaktere, mit denen ich instinktiv Freundschaft schließen möchte (denn irgendeine Charaktermotivation sucht man bei Madison – allerdings auch bei ihren Mitgefangenen – vergeblich).

Okay, es spielen sich also so lange die Leiden der jungen M. ab, bis wir praktisch vergessen haben, dass es irgendwann mal einen Serienkiller gab – die einzige Verbindung zwischen beiden Plots, Amelia, die Psychotante, bekommt auch exakt null background, so dass wir uns auch nicht zusammenreimen können, ob und ggf. welcher Zusammenhang zwischen ihr, Camp Crystal Lake (heul) und dem Infinity-Killer besteht. Nachdem wir uns also mittlerweile sicher sind, dass wir niemanden im Camp, weder vom Personal noch von den Patientinnen, leiden können, erbarmt sich Griff Furst und geht zum Metzelteil übrig, in dem ohne Ansehen der Person alles abgemurkst wird, was nicht bei drei im Atombunker ist. Dem geneigten Genrefan sollte (SPOILER) auffallen, dass die vermeintliche Protagonistin als erste abserviert wird – da wird doch nicht ein oller Twist sein garstig Antlitz heben? Tut er natürlich – der Infinity-Killer findet ausgesprochen glaubhafterweise in Madison seinen Meister, sie eignet sich seine Maske an und schlachtet ihre vormaligen Peiniger ab. Das vollzieht sich in enormem Tempo, schließlich hat Furst an dieser Stelle nur noch 20 Minuten übrig, verfehlt jegliche Wirkung (weil, wie gesagt, uns jeder einzelne Charakter völlig wurscht ist und die Kills, sofern durch die Zensurschnitte erkennbar, auch keine Originalitätspreise verdienen). Es gibt noch eine depperte Andeutung, wonach Amelia und der Sheriff zusammengearbeitet haben könnte und irgendwie der Eröffnungsmord an Sheryl bereits irgendwie mit dem jetzigen Gemetzel zusammenhängt, aber das hat alles keinen Sinn, wird durch nichts überfordert, sondern einfach hingeschmissen, in der Hoffnung, der verzweifelte Zuschauer würde das schon irgendwie fressen.

Damit wäre ja eigentlich auch schon geklärt, dass Pacing und Dramaturgie des Films ziemlich neben der Spur liegen – das kann Furst eigentlich besser. Handwerklich ist „30 Days to Die“ eher langweilig, ohne optische Einfälle, ohne Kameraideen, mit wenig bemerkenswertem set-up von Scares oder Kills. Was man von den Splatter-Effekten sehen darf (was nicht arg viel ist), sieht nicht sooo übel aus, ich bin ja durchaus ein Freund von handgemachter FX-Arbeit, und ungeschnitten könnte der Film zumindest in der Hinsicht punkten – aber ich darf ihn ja nicht uncut sehen und selbst wenn ich die uncut-Fassung vor mir hätte, bin ich mittlerweile zu alt, um nur von blutigen Schauwerten eingewickelt zu werden, ich hätte dann schon gern auch einen einigermaßen passablen Film drumrum, und daran fehlt’s „30 Days to Die“ ja hauptamtlich. Neben den Kills ist, wie gesagt, auch die Vergewaltigungssequenz geschnitten, Freunde nackter Haut bekommen aber ein paar unverfänglichere topless-Szenen inkl. einer Duschszene (die anregend wäre, würde nicht ständig auf die spannenden Lawrence und Guy geschnitten) geboten.

Der Score ist nicht der Rede wert, dafür aber gibt’s ein ganzes Dutzend okayer alternative-/indie-rock-Songs einer Kapelle namens „Zoomer“, die über den Film verteilt werden.

Schauspielerisch herrscht mal wieder das Bohren vergleichsweise dünner Bretter vor. Hauptdarstellerin Ivanna Keelu wird nicht mal in der IMDb gelistet (ich deduziere, dass sie die Hauptrolle spielt, anhand der „in order of appearance“-Listung im Nachspann). Wendy Carter (Amelia) brachte Griff Furst von „100 Million B.C.“ mit (wo er sie aber auch hätte bleiben lassen können), Brendan Connor (Lawrence) hat in seiner Vita eindrucksvolle Rollen wie „Orderly #1“ in „General Hospital“ oder „Marine #2“ in „Shooter“. Bei Laurence Cohen (Guy) sieht’s nicht viel besser aus, auch wenn einige seiner Rollen wie in „Bones“ sogar echte Namen haben. Samantha Cope hat immerhin ein paar etwas substantiellere TV-Rollen in „Hannah Montana“, „The Lake“, „Cougar Town“ oder „Private“ im Lebenslauf. Kevin Kazakoff (Chase) hat ebenfalls Asylum-Erfahrung durch „Universal Soldiers“ und „AvH: Alien vs. Hunter“ (zwei der übelsten Gurken des gesamten Asylum-Backkatalogs) und war auch mal in „Supernatural“ und „Human Target“ zu sehen.

Der größte Casting-Coup neben Marc Sheffler dürfte wohl Kady Zadora als eines der einsitzenden Girls sein. Die heißt nämlich nicht zufällig so, sondern ist tatsächlich die Tochter von Pia und ihrem Methusalem-Sugar-Daddy Meshulam Riklis. Kady spielte noch eine kleine Rolle in Fursts Komödie „Movin‘ in“ und war dann nur noch in „Ru Pauls Drag Race“ zu sehen – vielleicht ist das ja ihre neue Scene (okay, sie versucht sich wohl wirklich unter dem Namen „Kady Z“ als Popsängerin. Bislang ersichtlich ohne jeglichen Erfolg). Ihre Mutter ist die begabtere Schauspielerin, sag ich mal.

Die Bildqualität in der Box aus dem Great-Movies-Daredo-Whatever-the-name-is-today-Umfeld ist mittelmäßig (1.78:1 anamorph), wird manchmal schon etwas pixelig, und Kontrast ist die Sache des Transfers nicht (da der Showdown sich bei Dunkelheit abspielt, aus dunklen Szenen aber keine gewinnbringenden Screenshots gewonnen werden konnten, ist das mitgelieferte Bildmaterial komplett aus den ersten zwei Akten), aber bei drei Filmen auf einer DVD ist das ja auch zu erwarten. Die Synchro (einzig mitgelieferte Tonspur) ist erträglich. Nicht gut, aber erträglich. Extras gibt’s natürlich nicht.

Was ist also das abschließende Urteil? Ein weiterer nichtssagender, lieblos heruntergekurbelter Indie-Slasher von der Stange, dramaturgisch ziemlich vergeigt, bar jeder sympathischen Figur, und dann in der deutschen Fassung eben auch noch verstümmelt. Ist man nicht auf Miss Zadora jr. Oder die neuen Eskapaden von Junior Stillo notwendig, kann man sich den Streifen getrost schenken.

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 3


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments