- Original-Titel: 3 Scream Queens
- Regie: David DeCoteau
- Land: USA
- Jahr: 2014
- Darsteller:
Michelle Bauer (Sylvia), Linnea Quigley (Alexis), Brinke Stevens (Ellen), Orel de la Mota (Chad), Todd Maurer (Brad), Tadd Fulton (Clyde), Adam Graff (B.J.), Alberto Carapia (Justin), Branton T. Collins (Biff), Kyle Morris (Bosley)
Vorwort
Sylvia Sahara, renommierte B-Movie-Scream-Queen, findet sich auf Anfrage des Filmproduzenten Bosley in einem kleinen Kino ein, um Geschäftliches zu besprechen. Zu ihrer Überraschung – und zu ihrem Leidwesen – trifft sie dort erst mal nicht auf den Producer, sondern auf ihre Kollegin und Rivalin Alexis, die unter gleichen Voraussetzungen herbestellt wurde. Und nicht nur das, auch Ellen, eine weitere arrivierte B-Aktrice, ist schon da. Wenn man sich seit Jahren um die gleichen Rollen kloppt, bleibt ein gewisses persönliches Spannungsfeld zwischen den Beteiligten nicht aus – im Klartext, die drei Low-Budget-Diven können sich ungefähr so gut leiden wie ein Dschihadist einen mormonischen Missionar. Bevor sich die Grazien aber gegenseitig mit ihren High Heels die Augen auskratzen, meldet sich Bosley (sic) aus dem Vorführraum. Er hat nämlich ein Problem.
Ein belgischer Arthouse-Fuzzi hat für ihn einen Slasherfilm gedreht, bzw. 70 Prozent davon, bis Bosley die Faxen dicke von seiner wichtigtuerischen Art hatte und ihn unzeremoniell gefeuert hat. Das Problem: der Herr Künschtler hielt augenscheinlich „Filmen nach Drehbuch“ für unter seiner Würde, so dass Bosley jetzt auf relativ undurchschaubarem Material sitzt und – vor allem – kein Ende hat. Da kämen nun die Scream Queens ins Spiel. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung im Horror-Genre müssten die doch in der Lage sein, in dem Lichtspielwerk den Sinn und das passende Finale zu finden. Wer den besten Vorschlag abliefert, bekommt die weibliche Hauptrolle und einen Co-Producer-Credit – fast wie beim Crowdfunding.
Die drei Damen vom Kill machen’s sich also im Kino gemütlich und glotzen die vorhandene Footage…
Schauplatz der Handlung ist ein luxuriöses Verbindungshaus direkt am Strand, in dem sechs knackige Studenten herumlümmeln – Chad, Brad, B.J., Clyde, Justin und Biff. Mitten in die schönsten Workout-Orgien platzt ein ungeplanter Stromausfall. Ob der am Ende was mit dem Fluch der alten Zigeunerin zu tun hat, den sich das fröhliche Sextett kürzlich eingefangen hat? Niemals, meint Biff und schnappt sich – am hellichten Tag – eine Taschenlampe zwecks Suche nach dem Sicherungskasten, während B.J. die Stromlosigkeit dazu nutzt, unter die Dusche zu steigen. Schlecht für die Jungs: es strolcht ein Killer in schwarzer Kutte und mit großem Messer durchs Gemäuer und macht sich daran, die Reihen der armen hemdlosen Collegestudenten zu lichten.
Inhalt
David DeCoteau macht mir’s wirklich nicht leicht. Ich werde ja nicht müde darauf hinzuweisen, dass ich DeCoteau für den in Sachen „raw talent“ vermutlich besten No- bis Low-Budget-Genrefilmemacher halte, und für den einen, dem ich mal ein echtes Budget und richtige Schauspieler wünschen würde, aber seit einer Weile arbeitet der gute Mann nach Kräften daran, seinen bei mir guten Ruf empfindlich zu ruinieren.
Gut, ich erwähnte es im Review zu 1313: Bermuda Triangle, ich bin nicht die Zielgruppe für seine aktuellen, fließbandweise heruntergekurbelten Fanservice-Filmchen für Schwule, die sich dann doch nicht trauen, Hardcore-Porn auszuleihen. Das ist okay – wenn DeCoteau für sich eine Marktlücke entdeckt hat, in der er mit geringem Aufwand die Bedürfnisse seiner Klientel gewinnbringend zu befriedigen vermag, soll das eben so sein, auch wenn die 1313-Reihe ja nicht mal Gay-Softcore ist.
Wo’s dann allerdings ein bissl grenzwertig wird, ist, wenn DeCoteau sich marketingtechnisch an sein „altes“ Publikum heranpirscht, das sich an seine Horror- und Genre-Gassenhauer wie „Creepozoids“, „Sorority Babes in the Slimeball Bowl-O-Rama“ oder „Dr. Alien“ noch wohlwollend erinnert. „3 Scream Queens“ protzt mit der Mitwirkung der ebensolchen berühmtesten Schreihälsinnen der Low-Budget-Filmgeschichte, Linnea Quigley, Michelle Bauer und Brinke Stevens (das Triumvirat war bereits für „1313: Cougar Cult“ im Einsatz, aber dort nicht unter dem expliziten Scream-Queen-Verweis). Dazu noch das Gimmick, dass die drei Damen sich quasi casted-for-life als Expertinnen in einem „echten“ Horrorfilm wiederfinden sollen, so versteht der geneigte Durchschnittskonsument zumindest den Covertext, das weckt Neugier, das weckt Interesse, vor allem bei B-Film-Nostalgikern wie dem Unterfertigenden, dessen filmische Sozialisierung zu einem nicht geringen Anteil von den drei Mädels (und ihren anatomischen Eigenschaften) geprägt wurde.
Und gute Güte, DeCoteau sitzt da auf einer wahren Killer-Idee (pun not necessarily intended). Drei nun wirklich genreprägende Scream Queens einen im Kontext billigen, sinnlosen Slasherschlonzer kommentieren und mit all ihrer Kenntnis um Klischees, Genre-Tropes, Do’s und Don’ts des Horrorfilms versuchen zu lassen, ein Ende hinzupfriemeln, das aus dem vorhergehenden Material zumindest ansatzweise eine Auflösung rausholt, das klingt nach viel Spaß und selbst wenn DeCoteaus Rahmenhandlung diese Hoffnung nicht ganz einhält, sondern die Mädels viel abschweifen lässt, sich fiktive Anekdoten austauschen und sie sich generell hochunterhaltsam gegenseitig anzicken lässt (wobei sich Linnea und Michelle auf Brinke einschießen, die sich im Filmkontext den anderen überlegen fühlt, weil sie selbst schon geschrieben und Regie geführt hat – beim vierten Teil irgendeines Mutantenhorrorfranchises, das nach Linneas fachkundiger Ansicht „nach Teil 3 tot“ war), macht das Spaß, natürlich hauptsächlich, weil die drei Schreiveteraninnen mit ordentlich guter Laune an ihrer Wortgefechte gehen. Ein Highlight ist z.B., als Linnea die Killerfigur als schwer Giallo-beeinflusst identifizert und Michelle verständnislos fragt, was denn nun wieder ein Giallo ist. Linnea wirft ihr ein „vierzig Jahre im Business und sie weiß nicht, was ein Giallo ist“ an den Kopf, worauf Michelle empört „ich bin NICHT vierzig Jahre im Business“ entgegnet.
Der auf dem Cover herausgestellte plot point, dass den Damen die gezeigte Footage so realistisch vorkommt, dass sie befürchtet, der Killer wäre echt und jetzt im Kino, ist allerdings nur ein untergeordnetes Nebenplötchen, das die Queens auch rasch wieder verwerfen – es macht also nicht die eigentliche „Story“ aus, wie der Klappentest suggeriert. Essentieller für den, äh, Plot ist es, dass die drei Screamies daran tüfteln, wer der Mörder sein könnte und wie, zum Geier, frau aus dem Konstrukt eine geeignete Rolle für sich bastelt (ob des alten Zigeunerfluchs wird z.B. Brinke vorgeschlagen, die Zigeunerin zu spielen, worauf sie entrüstet „warum sollte ich mit 29 eine alte Zigeunerin spielen?“ protestiert). Natürlich ist am Ende nicht alles so, wie es scheint, auch wenn der Film eine Kardinalsünde begeht und mit dem Schlusstwist endet, d.h. dem Zuschauer eine Resolution des Twists (und ein Ende, was ja irgendwie zum Set-up passt) verweigert.
Das klingt jetzt doch, auch wenn es nicht ganz das erhoffte Scream-Queen-MST3K, das ich mir versprochen hatte, ganz frohsinnsstiftend, warum bin ich dann trotzdem sauer auf Mr. DeCoteau? Nun, nicht nur, weil er sich selbst den Gag des „Drei Engel für Charlie“-Szenarios (die Girls kommunizieren mit einem ungesehenen Auftraggeber) versaut, weil es in der Serie eben nicht Bosley ist, der sich hinter der Sprechanlage versteckt, sondern, tadaa, Charlie, sondern primär und ganz besonders, weil der „Film-im-Film“ mal wieder genau das ist, womit DeCoteau seit Jahren seine Brötchen verdient und arglosen Genrekonsumenten auf den Wecker fällt – schwuler Fan-Service.
In den vielleicht 40 Minuten Film-im-Film-Material haben wir’s mal wieder ausschließlich mit einem halben Dutzend Jungspunde zu tun, deren kombinierter Körperfettanteil im Promillebereich liegt, ihre Waschbrettbäuche und Brustmuskeln ausgiebig vor die Kamera halten und praktisch nichts tun, was irgendeine Relevanz für den, ähemähem, Horror-Plot hätten. Zusammengerechnet haben die sechs Protagonisten vielleicht zehn Lines, die sie mit der Überzeugungskraft von nepalisischen Laiendarstellern stammeln, ansonsten sehen wir sei beim Workout, Joggen, Duschen (wobei DeCoteau hier von seiner „1313“-no-dirty-stuff-Regel abweicht und uns auch formatfüllend das Gehänge von Adam Graff vorführt), wobei unser Regeisseur auch noch gekonnt Zeit damit totschlägt, so grandiose Szenen wie „Biff joggt auf einer Landstraße“ gleich mehrfach in voller Länge zu zeigen (und damit meine ich wirklich die komplette identische Sequenz, einfach zweimal aneinandergefügt). Zwischen diesen Nichtigkeiten schleicht der Killer durch die Hütte. Und die Hütte ist EXAKT die gleiche Location, die wir schon bei „1313: Bermuda Triangle“ hatten und bereits von dort her in- und auswendig kennen. Im Gegensatz zum Bermuda-Desaster haben wir hier nicht mal den Trost, dass wenigstens verschiedene Burschen in Shorts durch die ständig gleichen Korridore, Treppenhäuser und Zimmer schleichen, sondern nur einen POV-Shot, der mittels der ständig gleichen Einstellungen ein Dutzend mal an den gleichen Türen vorbei geht, in die gleichen Zimmer kuckt, die gleichen Poster an den Wänden studiert (ich glaube, das vermutlich gefakede „Field Trip“-FIlmposter, das ungefähr siebenmal an meinen Augen vorbeidefilierte, kann ich jetzt blind nachzeichnen). Man kann kaum in Worte fassen, wie sehr das auf die Nerven geht (und selbst DeCoteaus üblicher Zielgruppe müsste es auf den Senkel gehen, dass in der gefühlten Hälfte der Laufzeit des Fanservice-Materials nur durch leere Räume gePOVt wird). Alle heilige Zeiten (gefühlt so ca. alle zwei-drei Stunden), läuft der POV-Shot dann einem der „Darsteller“ über den Weg, hebt ein Messer, dann drückt Brinke auf die Pause-Taste und die Mädels diskutieren darüber, wie „intense“ das doch alles sei und wie unsagbar realistisch gewalttätig, dieweil der geplagte Zuschauer, der immerhin ein paar Dollar in einen „Horrorfilm“ investiert hat, in der Zwischenzeit vermutlich mehr (bzw. überhaupt) Blut gesehen hat, wenn er sich vor Langeweile einen Pickel ausgedrückt hat.
Und das nehme ich DeCoteau dann übel – wenn er bei seinen „1313“- oder „Brotherhood“-Filmen damit durchkommt, dass er Gay-Softcore (ohne -core) abliefert, und seine Zielgruppe das schluckt, ist das okay, kann er machen, muss ich nicht ankucken. Die werden auch nicht offensiv als „Genrefilme“ im Wortsinne vermarktet. „3 Scream Queens“ behauptet aber eben, ein „echter“ Horrorfilm zu sein und legitimiert sich durch die Verpflichtung der drei titelgebenden Kehlkopfakrobatinnen, ist aber dann doch eine Mogelpackung. Ich habe den starken Verdacht, dass DeCoteau einfach von seinem letzten „1313“-Dreh noch eine halbe Stunde Material übrig hatte, die für einen eigenständigen Film nicht reichte und dann auf die Idee kam, aufgrund seiner freundschaftlichen Verbundenheit mit Quigley, Bauer und Stevens einfach die Rahmenhandlung drumrum zu drehen. Ist natürlich ökonomisch gedacht, aber nicht sonderlich fair dem Fan der Queens gegenüber. Da hilft dann auch noch der selbstironische Approach, der den Film-im-Film tongue-in-cheek als „sinnlos“ bezeichnet, nicht weiter…
Hat man „1313: Bermuda Triangle“ (und irgendwelche anderen Reihen-Beiträge, die an der gleichen Location entstanden) nie gesehen, könnte man sich ggf. an der Inneneinrichtung der Villa erfreuen, aber normalerweise gibt man ja keine 10 Dollar für einen abgefilmten Immobilienprospekt aus. Ich erspare mir daher irgendwelche Ausführungen zu Optik, Kameraführung etc.
Ebenso verweigere ich die Aussage zur darstellerischen Bewertung der Herren der Schöpfung. Wenn die Stoff für ein Demo Reel in der Hoffnung auf größeren Ruhm in der Zukunft brauchen, soll es so sein. Ich befasse mich dann lieber mit den 172 Jahren geballter B-Movie-Scream-Queen-Power der Titelheldinnen. Natürlich geht der Zahn der Zeit auch an diesen Ladies nicht spurlos vorbei. Linnea Quigley ist mittlerweile 60 Jahre jung, Michelle Bauer und Brinke Stevens sind 56. Michelle macht, auch wenn die Brüste inzwischen etwas tiefer hängen (ähm), immer noch eine anständige Figur und zwängt sich in ein kurzes Minikleid, mit dem sie nicht mal vernünftig eine Kinotreppe runtergehen kann, Linnea führt ihr Minirock- und Netzstrumpf-Image spazieren und Brinke… naja, Brinke fand ich, oller Chauvi, nie sonderlich attraktiv (sie hat ja einen vergleichsweise ausgefallenen Look), hat sich aber über die Jahre nicht dramatisch verändert. Alle drei reifen Mädels sind mit Spaß bei der Sache – auch wenn DeCoteau aus dem Gimmick mehr hätte herausholen können und nicht immer die gleichen stummen reaction shots für Inserts verwenden müssen. Wäre der Rest des „Films“ nicht, ich hätte durchaus Freude an dem charmanten Wiedersehen mit den immer noch sympathischen Schauspielerinnen.
Bildqualität: 1.85:1-Widescreen anamorph, erstklassige Bildqualität. Da kann man Rapid Heart nichts vorwerfen.
Tonqualität: Englischer Ton in Dolby Stereo. Zweckmäßig.
Extras: Audiokommentar mit David DeCoteau, eine DeCoteau-Trailershow (die sich allerdings auf seine Gay-Softcore-Sachen beschränkt) und als besonderer Bonus eine zweite DVD mit dem TV-Film „Beastly Boyz“ zu dessen zehnjährigen Jubiläum. Mit dem ging offenbar das ganze Gay-Horror-Elend los. Ich fürchte, den werd ich mir so schnell nicht ankucken.
Fazit: Man kann sich auch mit Anlauf zwischen die Stühle werfen – DeCoteaus üblicher Klientel wird der Streifen vermutlich zu wenig von dem bringen, was sie erwarten (vulgo: hübsche Kerle mit ohne Klamotten), diejenigen, die sich von der Mitwirkung der Scream Queens wirklichen „Horror“ oder wenigstens eine launige Horror-Komödie erhofft hatten, werden durch den ganzen Gay-Interest-Krams sicherlich verschreckt werden. Das Tragische ist, dass die Idee an und für sich wirklich gut ist und einen unterhaltsamen kleinen Film abgeben könnte – und die Scream Queens sind auch Game für ein solches Unterfangen -, aber mit seiner neuerlichen totalen Verweigerung an Konventionen des „Erzählkinos“ und der wahllosen Aneinanderreihung der stets gleichen Einstellungen langweilt DeCoteau selbst das gutwilligste Publikum zu Tode. Wer die Vorspultaste glühen lässt und sich nur die Segmente mit den Scream Queens ansieht, kommt auf ’ne solide halbe Stunde Entertainment, der allein ich drei sympathische Punkte geben würde. Als Gesamtkonstrukt betrachtet kommt für den Film aber dennoch nur die Tiefstwertung in Frage. Schade.
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(c) 2015 Dr. Acula