1313: Bermuda Triangle

 
  • Original-Titel: 1313: Bermuda Triangle
  •  
  • Regie: David DeCoteau
  • Land: USA
  • Jahr: 2012
  • Darsteller:

    Stefan Gatt (Shaun), Michelle Bauer (Echo), Dean Barlage (James), Skyler Hart (Daniel), Scott Jordan (Tom), Jamel King (Francisco), Kip Canyon (Clay)


Vorwort

Muckibursche Shaun, seines Zeichens selbst ernannter Schatzjäger und von mir ernanntes Güteklassen-Arschloch, wittert vor den Gestaden einer Karibikinsel den Fund seines Lebens. Mit Hilfe seines örtlichen Handlangers Francisco hat er an einem Strand, der von den Einheimischen „der Friedhof“ genannt und des entsprechenden Rufs wegen nach Kräften gemieden wird, bereits einige vielversprechende Artefakte ausgebuddelt. Weil Shaun, der bereits in Erwartung kommenden Ruhms seine Autobiographie diktiert und sicher ist, mindestens eine Reality-Show abzuräumen, sich – soviel Weitblick muss sein – nicht blamieren will, unterhält er in seiner gemieteten Mördervilla einen Stab junger und billiger (und knackiger) Experten – James ist für die Begutachtung der gefundenen Münzen und Juwelen zuständig, Tom müht sich als Anthropologe um die korrekte Datierung und historische Einordnung der Funde, Daniel ist als Elektronik-Experte dabei, um die von Shaun gefundene Blackbox eines abgestürzten Flugzeugs auszuwerten.

Das macht Echo, die bekannte Bloggerin, die Shaun angeheuert hat, um für die notwendige virale Publicity zu sorgen, sobald die Story öffentlichkeitsreif ist, stutzig. Eine Blackbox hat nicht nur mit dem von Shaun gesuchten Schatz nicht viel zu tun, sondern ihr Besitz ist auch noch höchst illegal. Echo würde vermutlich selbst ihre mehr oder minder subtilen Versuche, aus der versammelten Expertenschaft genauere Einzelheiten über Shauns Vorhaben herauszufinden, einstellen, ahnte sie, dass Shaun gerade Francisco, der eine deutliche Gehaltsaufbesserung verlangt hat, den Schädel eingeschlagen hat.

So aber findet Echo heraus, dass Tom nur bei der Schatzsuche mitmischt, weil er hofft, auf diesem Wege Beweise für seine Theorie über die Position des versunkenen Atlantis zu ergattern, während Daniel aus der Blackbox Aufzeichnungen extrahiert, die den Absturz des Flugzeugs mit dem Bermuda-Dreieck und den bekannten dort auftretenden Phänomenen bringt. Und dabei wissen unsere tapferen Ermittler noch nicht mal von den Jungs, die in Shauns Villa auf rätselhafte Weise verschwunden sind…


Inhalt

Das hatte ich schon lange vor… David DeCoteau it von der ganzen B-Film-Macher-Blase, die in den 80er Jahren ihr Unwesen begann (also die Konsorten Wynorski, Ray, Band, Pyun & Co.) der, der womöglich mit dem meisten „raw talent“ gesegnet ist, und wenn die Sterne günstig stehen und es ein Stoff ist, mit dem er etwas anfangen kann, auch unter widrigen, sprich Ultra-Low-Budget-Bedingungen erstaunlich ansehnliche Resultate hervorzubringen weiß (das fiel mir zuletzt bei seinem Segment von Werwolf vs. Frankenstein Reborn auf.

Wiewohl DeCoteau immer noch gerne Auftragsarbeiten erledigt und von der Familienkomödie bis zum Horrorfilm alles herunterkurbelt, das der Produzent schnell, billig und halbwegs kompetent heruntergekurbelt haben will, steckt er sein Herzblut seit einigen Jahren in seine eigene Firma Rapid Heart Pictures, mit der er sich, als einer der wenigen offen schwulen Filmemacher, primär darum bemüht, Filme für die schwule Zielgruppe herauszubringen. Und da ziehe ich den Hut und sage clevere Idee, denn man muss ja ehrlich zugeben: die meisten Gay-Interest-Filme sind Problem- oder Liebesfilme, die sich mit dem Thema „Gayness“ an und für sich beschäftigen, während es kaum reine „Unterhaltungsfilme“ für ein schwules (oder lesbisches) Publikum gibt, in denen die sexuelle Ausrichtung der Protagonisten nicht per se das Thema sind, von Genrefilmen ganz zu schweigen (umgerechnet auf Heteros würde das bedueten, dass wir uns nur Adoleszenz- oder Beziehungsdramen ansehen dürften). Diese Marktlücke zu besetzen ist DeCoteaus erklärtes Ziel und da ist er, was Filme ohne schwerpunktmäßig sexuellen Inhalt angeht, ziemlich konkurrenzlos.

Sein (bislang) krönendes Achievement in dieser Hinsicht ist die 1313-Reihe, die insgesamt 14 Filme umfasst – die inhaltlich nicht zusammenhängenden Streifen haben jeweils einen anderen Genre-Aufhänger, das reicht von Tierhorror über UFO-Entführungen bis hin zu männermordenden „Cougars“ („1313: Cougar Cult“ ist denn auch tatsächlich die Reunion der drei führenden 80er-Scream-Queens Linnea Quigley, Brinke Stevens und Michelle Bauer). Den Serientitel konnte ich mir bislang noch nicht erklären – ich halte durchaus für möglich, dass das irgendeine Art Szenecode ist, aber mehr als dass die „Encyclopedia of Human Relationships“ „Gay and Lesbian Relationships“ unter Randnummer 1313 führt, hat meine Recherche nicht ausgespuckt. Ist aber womöglich schon Grund genug.

Jedenfalls wollte ich schon lang mal einen von DeCoteaus 1313ern besprechen, obwohl mir vollkommen kar ist, dass ich als bekennende Hete so ziemlich der Letzte bin, für den diese Filme gemacht sind. Da mich zudem so ziemlich alles an Lore um das Bermuda-Dreieck interessiert (das kommt davon, wenn man mit zehn Charles Berlitz liest), lag die Entscheidung für „Bermuda Triangle“ recht nah…

… oh boy. Ich hatte mich ja seelisch auf einiges vorbereitet, zumal schon einige von DeCoteaus 90er-Full-Moon-Filmen andeuteten, wohin der Hase läuft, aber das „1313: Bermuda Triangle“ nun wirklich nicht mehr ist als ein siebzigminütige jugendfreie Fleischbeschau, in der „Plot“ nur dann passiert, wenn DeCoteau wirklich keine Ausrede mehr einfällt, seine Darsteller mit nacktem Oberkörper abzulichten, ohne dass sie dabei wenigens zwei-drei handlungsrelevante Lines murmeln, das überrascht mich dann doch. Wenn man sich die Geschichte, so wie oben in der Zusammenfassung dargestellt, durchliest, mag das nicht hochgradig originell sein, aber brauchbare Grundlage für ein zünftiges B-Movie, aber diese Story macht vielleicht 15 von den 75 Minuten Laufzeit aus und der überwiegende Teil davon konzentriert sich auf die letzten 20 Minuten. In der Restzeit sehen wir gut gebräunte junge Burschen am Pool herumlümmeln, im Pool kraulen, in der Küche herumstehen oder, zumindest was Shaun angeht, über die Strandpromenade von Venice, die leidlich überzeugend selbige einer Karibikinsel mimt, eh, promenieren.

Aus Gender-Forschungssicht ist es ganz kurios zu beobachten, wie albern eine ausgiebige Duschszene wirkt, wenn man anstelle einer Frau einen Kerl unter die Brause steckt und die Szene aber sonst exakt so filmt, wie eine gratitious shower scene in einem „herkömmlichen B-Movie aussehen würde – ist man nicht auf Männer gepolt (oder zumindest nicht auf sixpacks, auf denen man Xylophon spielen kann), hilft einem das natürlich nicht wirklich weiter.

Der größte Betriebaufhalter sind aber gleich DREI völlig gleichlaufende Szenen, in denen irgendwelche halbnackte Boys durch die leere Villa streifen, nach schier endlosen Minuten, die sie mit „Hallo? Ist da wer? Ich bin’s, INSERT-NAME-HERE“-Rufen verbringen, von einem schäbigen CGI-Effekt erwischt und jeweils in eine (blaugefilterte) Bondage-Szene teleportiert werden. Was zum Schlumpf das mit dem Restfilm zu tun hat, lässt sich zwar zwischen den Zeilen halbwegs herausahnen, aber WER diese Typen sind und ob und ggf. was sie mit Shaun zu tun haben… noone knows (im Audiokommentar gibt DeCoteau auch mehr oder minder zu, dass er so Bewerber für künftige Projekte ausprobiert). Allein mit diesen Segmenten (eine davon setzt er sogar als Teaser ein) schlägt DeCoteau locker 20 Minuten tot (er hält diese Szenen für „suspense“ und verkündet stolz, sie gerne und absichtlich einzusetzen).

Okaaay… najaaaa… seien wir ehrlich, es *wären* Betriebaufhalten, wenn’s denn einen Betrieb gäbe, der aufgehalten werden könnte. Leider orientiert sich DeCoteau an der „Dracula“-Todd-Browning-school-of-filmmaking, will sagen, wenn er die Wahl hat, entweder eine Aktion zu zeigen oder die Charaktere über die Aktion reden zu lassen, dann entscheidet er sich mit tödlicher Präzision für Variante 2. Wir sehen NIE, wie Shaun nach dem Schatz sucht, wir sehen NIE, wie Tom oder James die Artefakte untersuchen, wir sehen Daniel nicht an der Blackbox arbeiten (okay, er hat sie zumindest einmal in der Hand, oder wenigstens Teile davon), nöö, die Herrschaften unterhalten sich stets nur über das, was sie gerade herausgefunden haben. Action speaks louder than words, but words are cheaper…

Womöglich sollten wir aber darüber ganz froh sein, denn unter den Micro-Budget-Bedingungen, unter denen DeCoteau operiert, könnte er eh kaum etwas vernünftiges zeigen, selbst wenn er wollte. Selbst vergleichsweise simple Szenen wie der Mord an Francisco bleiben im wahrsten Sinne des Wortes blutarm (Francisco kniet über einem Rucksack, Shaun greift sich einen stabilen Baumstamm, Schnitt, Francisco liegt tot da), und die CGI-Effekte, mit denen sich die transdimensionale Präsenz an ihren Opfern zu schaffen macht, hätte ein Amiga 500 auch nicht schöner hingekriegt…

Zumindest gibt’s schöne Bilder – zwar konnte DeCoteau nicht, wie erhofft, on location in der Karibik drehen (die Insel, die er sich ausgekuckt und auf der er schon zwei andere Filme gedreht hatte, war zwischenzeitlich von Kreuzfahrtschiffen entdeckt worden und so stand die Hotelanlage, die er nutzen wollte, nicht zur Verfügung), aber die Strände von Kalifornien sind ein passables stand-in und für die großen weiten Reiseführer-Establishing-Shots behalf er sich mit Aufnahmen, die er für andere Projekte in Puerto Rico gedreht hatte („I have millions of miles of footage from there“, wie er im Audiokommentar ausführt) und ein paar ausgesuchten eingekauften stock-footage-Sequenzen. Die Villa, in der der Film größtenteils spielt, steht in Malibu und wird von DeCoteau nach eigener Auskunft in praktsich allen „1313“-Filmen benutzt. Würde ich auch machen, wenn ich eine solche Location, fertig eingerichtet, hätte. Die Kameraarbeit ist manchmal recht beeindruckend (praktisch jeder Shot in der Villa ist ein Dolly-Shot), manchmal (bei vermutlich guerilla-style geschossenen Exteriors) ziemlich zappelig.

Recht grausig im Sinne von unpassend ist der Soundtrack, den DeCoteau offenkundigt bei einer Musikbibliothek eingekauft hat und der selbst den langweiligsten Typ-sonnenbadet-im-Liegestuhl-Shot mit der Vehemenz eines „Fluch der Karibik“-Titelthemas beschallt.

Was Sex & Violence angeht… nun, auf dem Cover steht zwar groß „unrated“, aber David DeCoteau legt Wert darauf, dass seine „1313“-Filme „sauber“ bleiben („you can show them to your Grandmother“), no blood, no gore, no nudity (die über nackte Männeroberkörper hinausgeht). Am „heikelsten“ sind noch die Bondage-Szenen, die sich aber auch darqauf beschränken, dass sich die betroffenen Herren in weißem Schlüpper in mehr oder minder restriktiven Fesseln abkrampfen.

Recht spannend finde ich mal wieder aus Forschersicht, dass der Film zwar ganz offen und ohne jede Scheu für eine schwule Zielgruppe konzipiert ist (ja, theoretisch könnten auch Frauen auf die Typen stehen, aber wir wissen ja alle, dass Frauen sich wesenlich weniger gern nackte – oder halbnackte – Männer ankucken als umgekehrt), aber *im Film selbst* nicht die leiseste Anspielung auf Schwulitäten enthalten ist (mit viel Not und Vaterlandsliebe kann man eine kurze Szene, in der Daniel und James sich im Pool mit Wasser bespritzen, so interpretieren), im Gegenteil, die einzige Andeutung erotischen Interesses seitens James und Daniels auf Echo bezogen ist (was sich allerdings auch auf ein paar „woah, pretty lady“-Lines beschränkt). Es ist, als spiele der Film in einer Parallelwelt, in der es völlig normal ist, dass Männer stets oben ohne (oder zumindest mit lässig weit geöffnetem Hemd) herumlaufen.

Mit den Darstellern ist nicht viel Staat zu machen. Stefan Gatt, hauptsächlich als „physique model“ im Geschäft, ist ein charismafreier Bodybuilder, der sich aber zumindest redlich Mühe gibt. Er staubte zuletzt eine kleine Rolle in dem Nickelodeon-Halloween-Film „Fun Size“ ab. Skyler Hart wurde von DeCoteau schon in „1313: Actor Slash Model“ eingesetzt und scheint mittlerweile zumindest regelmäßig kleine Rollen in Low-Budget-Filmen und Fernsehserien zu ergattern – als Daniel ist er zumindest nicht unsympathisch, hat aber nicht viel zu tun. Dean Barlage (James, ganz passabel, zumindest wenn er ein wenig sarkastisch sein darf) hat’s immerhin zu kleinen unkreditierten Auftritten in „Fast & Furious 6“ und „Captain America: Winter Soldier“ gebracht. Kip Canyon (Clay, ein wenig creepy) taucht noch in DeCoteaus „Badass Showdown“ und in Full Moons „Puppet Master X: Axis Rising“ auf. Jamal King (Francisco) ist unter dem Namen „Jah King“ auch als Musiker unterwegs, Scott Jordan (Tom) hat nur noch den Auftritt in „1313: UFO Invasion“ auf dem Zettel.

Bliebe noch Michelle Bauer. Meine Lieblings-Scream-Queen (tut mir leid, Linnea) ist zwar nicht mehr ganz so rank und schlank wie früher, für ihr zur Drehzeit respektables Alter von 54 Lenzen aber immer noch eine attraktive Frau (sie als „Cougar“ zu besetzen, ist also nur logisch). Sie befleißigt sich hier einer etwas verwirrenden Mischung aus under- und overacting, was zumindest für Unterhaltungswert sorgt.

Bildqualität: 1.78:1-Widescreen anamorph, mit sehr schönen Farben, aber mit deutlichen Schwächen im Bereich Kantenschärfe; Ränder werden doch gerne mal etwas pixelig (ich mutmaße, dass es daran liegt, dass die 1313-Filme ursprünglich für SD-TV-Ausstrahlungen und Streaming konzipiert wurden und daher die gewählte Auflösung nicht ganz mit den Ansprüchen moderner HD-Geräte mithalten kann).

Tonqualität: Englischer Ton in Dolby Stereo. Gut verständlich, auch wenn stellenweise nur der on-set-Mikrofonton zur Verfügung steht, der Score ist zu dominant abgemischt.

Extras: Regie-Kommentar von David DeCoteau, der, wenn der Maestro nicht damit beschäftigt ist, seine Website, Facebook-Seite, Yahoo-Group und Händler, die seine Filme führen, zu pluggen, durchaus informativ ist. DeCoteau führt durch seine Casting-Prozesse, geht ausführlich auf den Übergang von 35-mm zur Digitalfilmerei und die dam it verbundenen technischen Herausforderungen und Umstellungen ein und erklärt die Philosophie, die hinter den 1313-Filmen steht. Die DVD ist codefrei.

Fazit: Puuuh… was soll man dazu sagen? Ein Film, so wie du, ich und Wim Wenders sich das vorstellen, ist das sicher nicht – die rudimentäre Andeutung einer Story dient quasi nur als Auflockerung, aber es ist auch kein schwuler Sexfilm (und will das auch nicht sein), nicht mal softcore, es sei denn, die Zielgruppe kann sich schon bei jedem bloßen Bild eines gut gebauten Oberkörpers einen von der Palme wedeln (und wenn, dann God bless ‚em). „1313: Bermuda Triangle“ ist die filmgewordene Version eines Männermodelmagazins – schöne Menschen in schöner Umgebung, aber ohne jegliche erotische Konnotation. Als Genrefilm ein Totalausfall (ob man nun schwul ist oder nicht – es passiert ja einfach nichts), als schwule Wichsvorlage nach meinem Verständnis auch nicht brauchbar; insgesamt für mich ein wenig rätselhaft, was das soll. Michelle-Bauer-Fans könnten vielleicht mal reinschauen wollen, ihre Performance ist sicher das Highlight, aber wirklich lohnen tut sich’s nicht (so ungern ich’s schreibe, aber das Beste an der Scheibe, weil tatsächlich recht interessant, ist der Audiokommentar).

1/5
(c) 2014 Dr. Acula


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments