13 Assassins (1963) vs. 13 Assassins (2010)

 
  • Deutscher Titel: 13 Assassins
  • Original-Titel: Jûsannin no shikaku
  •  
  • Regie: Eiichi Kudo / Takashi Miike
  • Land: Japan
  • Jahr: 1963 / 2010
  • Darsteller:

    Chiezo Kataoka (Shinzaemon Shimada), Ko Nishimura (Kujuro Hirayama), Ryohei Uchida (Hanbei Onigashira), Kanjuro Arashi (Koranaga); Sumiko Fuji (Kayo), Kotaro Satomi (Shinrokuro Saimada), Akira Shioji (Horii), Shingo Yamashiro (Koyata Koga), Kantaro Suga (Naritsugu) / Koji Yakusho (Shinzaemon Shimada), Takayuki Yamada (Shinrouko Saimada), Yusuke Iseaya (Koyata), Goro Inagaki (Lord Naritsugu Matsudaira), Masachika Ichimura (Hanbei Kitou), Mikijiro Hira (Doi), Hiroki Matsukata (Kuraaga), Tsuyoshi Ihara (Hirayama), Ikki Sawamura (Mitsuhashi), Arata Furuta (Sahara)


Vorwort

Japan, zur Zeit des Tokugawa-Shogunats – die Provinzen des Landes werden von vom Shogun bestellten Fürsten beherrscht, und zu allgemeiner Überraschung herrscht seit einer ganzen Weile Ruhe und Frieden. Nur nicht im Fürstentum Akashi, dessen Vorsteher Naritsugu ein Eliteklassen-Arschloch vor dem Herrn ist, der Vergewaltigung, Folter und Mord als erquickliche Hobbys für den bunten Abend unter Herrenmenschen betrachtet. Sein hochrangiger Beamter Mayima begeht unter Hinterlassung diverser Anklagen und Vorwürfe demonstrativ Seppuku – das können Shogun und Ministerrat nicht ignorieren. Blöderweise ist Naritsugu des letzten Shoguns Adoptivsohn und damit sowas ähnliches wie Bruder des amtierenden Oberkäses, der noch dazu beabsichtigt, den Akashi-Chef im kommenden Jahr in die Regierung zu berufen. Eine öffentlichkeitswirksame Bestrafung des Bösewichts kommt aus Image- und Skandalträchtigkeitsgründen also nicht in Betracht. Der Shogun bittet stattdessen um „diskrete“ Behandlung, will sagen elegantes „unter-den-Teppich-kehren“.
Da macht nun aber Minister Doi nicht mehr mit – dem von ihm als vertrauenswürdig eingestuften ehrbaren Samurai Shimada erteilt er einen heiklen Auftrag. Er soll Naritsugu „inoffiziell“ töten. Nach Kenntnisnahme einiger vom Fürsten verübter Grausamkeiten willigt Shimada – im Wissen, dass es sich dabei im Grundsatz um ein Selbstmordkommando handelt – ein und stellt ein Team aus loyalen Samurai zusammen.
Naritsugus Armeechef Hanbei – dem die Umtriebe seines Fürsten durchaus an die Nieren gehen, sich aber als loyaler Samurai dennoch an ihn gebunden sieht – ahnt, dass Shimada etwas im Schilde führt. Für die beiden Samurai, die sich gegenseitig respektieren, beginnt eine Art Schachspiel. Schließlich macht Hanbei den ersten Zug und wagt sich mit dem Fürstengefolge auf den Weg von der Hauptstadt Edo zurück in die Akashi-Provinz. Das bietet Shimada und seiner Handvoll Getreuer, zu denen sich auch sein Neffe Shinrukoru gesellt hat, die Gelegenheit zum Angriff. Ein erster Hinterhalt an einem Fluss scheitert, weil (Original) Hanbei den Angriff vorausahnt bzw. (Remake) Shimada vermutet, dass Hanbei den Angriff vorausahnt. Beziehungen zu einem mit Naritsugu aus privaten Gründen verfeindetem Clan machen es möglich, dass der Fürst und sein Gefolge in eine Falle manöveriert werden – Shimada und die Seinen haben ein ganzes Dorf in eine perfekte Todesfalle umgebaut…


Inhalt

Ich mag nicht sein allergrößter Fan sein, aber ich bringe dem enfant terrible des japanischen Kinos, Takashi Miike, schon einige Sympathien entgegen. Sich vom handwerklich bedenklichen Garagen-Randalefilmer in der rigiden japanischen Studiowelt zum mittlerweile gut gebuchten A-Lister emporgearbeitet zu haben, nötigt vielleicht sogar noch mehr Respekt ab als die ähnlichen Karrieren von Peter Jackson oder Sam Raimi. Jedenfalls wird Miike – seit dem Maestro, wie ich schon des Öfteren mal erwähnt habe, der Knopf aufgegangen ist, dass man sich für einen Film auch mal mehr als eine Woche Drehzeit gönnen kann und nicht unbedingt zehn Filme pro Jahr drehen muss, sondern es auch mal mit zwei oder drei sein Bewenden lassen sein kann – von „richtigen“ Studios an große Budgets und vermeintlich prestigeträchtige Stoffe herangelassen. Und das ohne dass er sich dabei sonderlich verbiegen müsste…

Für Toei z.B. durfte er 2010 mit beachtlichem Aufwand (und nicht minder beachtlichem Kassenerfolg) „13 Assassins“, ein außerhalb Japans vergleichsweise unbekanntes Samurai-Epos aus dem Jahre 1963, neu auflegen. Da es dem deutschen Publisher Ascot Elite beifiel, passend zur Remake-Veröffentlichung auch das Original auf den Markt zu schmeißen (was ich sehr sehr löblich finde), drängte sich für mich der Gedanke auf, die beiden Versionen einem direkten Vergleich zu unterziehen. Das gestaltet sich sogar recht einfach, da Miikes Fassung trotz einiger merklicher Unterschiede in den feinen Ausprägungen grundsätzlich den Handlungsablauf identisch zum Original gestaltet.

Zentraler Konflikt der Story ist in beiden Versionen natürlich das alte Dilemma eines Samuraikriegers – unbedingte Loyalität gegenüber dem Dienstherrn vs. moralisch richtiges Handeln. Beide Punkte sind wesentliche Bestandteile des Ehrenkodex eines Samurai, doch was, wenn sie unvereinbar sind? Speziell in einer unflexiblen, starr hierarchischen Gesellschaft mit strikter Befehlskette und einem für westliche Verhältnisse übertriebenen Ehrbegriff? Für Eiichi Kudo, einen fleißigen, aber international nicht weiter aufgefallenen Regisseur (aus seinem Ouevre klingt „Yakuza tai G-men“ irgendwie potentiell spaßig), und seinen Screenwriter Kaneo Ikegani ist es, mehr als für Miike und seinen Drehbuchschreiberling Daisuke Tengan („Audition“, „Imprint“), die Essenz, die beiden unterschiedlichen Reaktionen auf diesen moralischen Tanz auf der Rasierklinge in Person von Shimada bzw. Hanbei darzustellen. Für Hanbei, dem die Taten seines Herrn zuwider sind und der vergeblich versucht, mäßigend auf den Lord einzuwirken, ist es nichtsdestotrotz absolut höchstes Gut, seinen Herrn, verkommen und verbrecherisch wie er sein mag, unter Einsatz seines Lebens zu schützen. Shimada hingegen entscheidet sich für „das Richtige“, die Tötung des Lords, auch wenn er mindestens ahnt, dass ihn diese Tat zumindest für einige seiner Zeitgenossen „entehrt“ (dass seine Aufgabe keine ehrenvolle ist, erschließt sich auch daraus, dass sie heimlich durchgeführt werden muss).

Kudo und Ikegani führen dabei eine zusätzliche Ebene ein, die Miike und Tengan entging – sie postulieren zwischen Hanbei und Shimada einen Generationenkonflikt. In ihrer Version ist Hanbei ein vergleichsweise junger Hüpfer, ein Ehrgeizling, der schnell Karriere gemacht hat (aber auch hochgradig kompetent ist) und bei aller Skepsis, die er seinem Dienstherren gegenüber hegt, stets daran denkt, wie (und nämlich wie schlecht) sich Auflehnung gegen den Brötchengeber im Lebenslauf macht, während Shimada am Ende seine Lebensweges angekommen ist und daher mit dem ganzen Loyalitätsschlamassel etwas entspannter umgehen kann. Miikes Version, die Hanbei und Shimada zu gleichaltrigen (und „alten“) Kollegen macht, fehlt diese zusätzliche Tiefe, und beinahe logischerweise tritt der Charakter des „Schachspiels“ zwischen den Samurai und der gegenseitige Respekt, den sie füreinander empfinden (in der Originalversion vergeht kaum eine Szene, in der Shimada vor seinen Getreuen nicht Hanbeis Strategie lobt, während für Hanbei ein Sieg über Shimada das größte Karriereziel überhaupt ist – Miikes Hanbei hält hingegen von Shimadas Taktiken nicht viel: „Er ist nicht der Gerissenste und nicht der Stärkste, aber ehe du dich versiehst, hat er dich besiegt, wenn auch nur knapp“), in den Hintergrund.
Das macht naturgemäß einige dramaturgische Änderungen notwendig – weil Miikes Charakterzeichnung plumper ist, auf ein klarer definiertes Gut/Böse-Schema setzt, fährt er das „Strategieduell“ der Samurai zurück; wo bei Kudo im Mittelpart praktisch permanent zwischen den beiden Gruppierungen und ihren jeweiligen Beratschlagungen hin- und hergeschaltet wird, lässt Miike die „Bösen“ im Mittelakt (bis auf die kaum vermeidbare Szene, in der Naritsugus Gefolge mit der „Durchfahrtsverweigerung“ durchs Gebiet der Owari konfrontiert wird) praktisch außen vor und baut eine völlig neue Episode ein, in der Shimada und seine Mannen nach einem Überfall von Hanbei gekaufter Ronin aus Sicherheitsgründen die Straße verlassen, durch den Urwald trekken, sich verirren und auf Kotaya Kiga treffen (der hier ein völlig anderer Charakter ist als im Original), und von der ich irgendwie vermute, sie solle mit monumentalen Landschaftsaufnahmen ein wenig „Herr der Ringe“-Scope in den Film injizieren.

Es prallen eben zwei völlig unterschiedliche Philosophien aufeinander – für Kudo ist der Schlusskampf die logische Konsequenz der vorhergehenden Ereignisse, die unvermeidliche „Katastrophe“, die sich aufgrund der festgefahrenen gesellschaftlichen Strukturen einstellen muss. Für Miike hingegen ist der Zeitraum *vor* dem Schlussfight eher lässlicher Aufgalopp, unwesentlicher Anlauf (man merkt’s auch an der zeitlichen Gewichtung – beide Filme tacken ungefähr bei 2 Stunden Nettospielzeit ein. Bei Kudo beginnt der Showdown pünktlich nach 90 Minuten, Miike ist eine Viertelstunde schneller, obwohl er die zusätzliche Dschungelepisode abarbeiten muss) – d.h. umgerechnet, dass Miike mehr oder minder vom Showdown aus „zurückinszeniert“, während Kudo sich auf den Höhepunkt „hinarbeitet“ (ich hoffe, es ist einigermaßen verständlich, was ich hier absalbadere. Falls nicht, sagt mir Bescheid, dann mal ich Euch ein Bild).
(SPOILERWARNUNG) In letzter Konsequenz hat das auch Bedeuteung für die Finalfights – während im Original Shimada erst den Fürsten tötet und sich dann Hanbei zum Duell stellt (und dieses freiwillig verliert, damit der Konkurrent sein Gesicht wahren kann), so stellt sich im Remake Hanbei vor seinen Fürsten und wird von Shimada im harten Kampf getötet, ehe er den Fürsten mit einem selbstmörderischen Trick besiegt.

Dabei klebt Miike in der Auftaktphase geradezu sklavisch an der Vorlage – die erste halbe Stunde ist beinahe ein frame-by-frame-Remake a la van Sants [[Psycho (1960) vs. Psycho (1998)#Psycho_(1998)|Psycho]] (mit dem zusätzlichen „Bonus“, dass Miike sogar die Sets und Kulissen exakt gleich bauen lässt); würde Miike nicht seinem Ruf gerecht werden und die Gewalt, die im Original selbstverständlich zahm und jugendfrei bleibt, deutlich hochfahren und expliziter gestalten (und eine nackte arm- und fußamputierte Frau zeigen, eines von Naritsugus Opfern), könnte man die Filme in dieser Phase übereinander legen.

In der Folge erlaubt sich Miike aber starke Abweichungen – wo Kudos Naritsugu einfach, sagen wir mal, ein Arschloch ist, das glaubt, sich aufgrund seiner Stellung arschlöchriges Verhalten herausnehmen zu können, ist Miikes Fürst ein bekennender Sadist, der an seinen Grausamkeiten auch noch mächtig Spaß hat (und z.B. Mayimas Familie persönlich abschlachtet, während er das im Original seinen Schergen überlässt) und dem nichts lieber wäre, als nach Antritt der Regierungsmacht umgehend einen unterhaltsamen Krieg vom Zaun zu brechen.
Manche Änderungen sind kosmetischer Natur (dass im Finale Miike seine dreizehn Helden gegen 200 Soldaten antreten lässt und nicht gegen 53 wie im Original, liegt natürlich hauptsächlich daran, dass Miike etwas mehr Spaß an der Metzelei hat als Kudo; auch macht das Original ein paar der „13“ explizit zu Ninjas, was Miike sicherheitshalber weglässt, weiß er doch, dass wir Zuschauer anno 2011 ziemlich genaue Vorstellungen davon haben, wer, was und wie Ninjas sind, und die garantiert nicht mit dem kompatibel sind, was der ’63er-Film meinte), manche bedingt durch die Veränderung der Charakterstruktur (dadurch, dass das „Psychoduell“ wegfällt, muss Shimada wesentlich früher ein aktiver Charakter werden. Wo er bei Kudo erst in den letzten Minuten ins Gefecht eingreift, kämpft er bei Miike von Anfang an an der Seite seiner Männer), manche sind so irrational, dass man sie in der internationalen Exportfassung sicherheitshalber so weit wie möglich eliminiert hat (Kotaya Kiga, in der Originalversion ein Möchtegern-Samurai, der sich den Helden anschließt, um dem Vater seiner Angebeteten zu imponieren, wird bei Miike zu einer übernatürlichen Figur, einem „yokai“, der seinem Dämonenboss die Dämonenfreundin ausgespannt hat und deshalb verstoßen wurde, die Samurainummer aus Fez und Dollerei mitmacht und sich z.B. von lächerlichen Kratzern wie einem durch den Hals gerammten katana nicht sonderlich imprägnieren lässt (wir können froh sein, dass es nur die deleted scenes sind, in denen wir Zeugen werden könnten, wie Kiga die komplette weibliche Dorfbelegschaft bis zur Erschöpfung durchknattert und dann, weil er immer noch nicht befriedigt ist, noch den Bürgermeister. Oh Nippon, oh Takashi…).

Zur technischen-handwerklichen Seite: Kudo und Miike zu vergleichen ist so etwa sinnig wie ein Vergleich zwischen Wes Anderson und Michael Bay – beide gehen einer Tätigkeit nach, die im Endeffekt auf „Belichtung von Filmmaterial“ hinausläuft, aber das ist schon die einzige Gemeinsamkeit… Eiichi Kudo ist bzw. war, wie erwähnt, ein schlichter Auftragsarbeiter im Studiosystem – kein Künstler, aber, im Umkehrschluss, jemand, der weiß, wie’s geht und es immer und immer wieder nachweisen konnte, sonst hätten ihm die Studios nicht einen Film nach dem anderen anvertraut. Kudo inszeniert seine Version der Attentäter sehr statisch, mit langen Einstellungen und schon fast geometrisch-mathematisch ausgeklügelt wirkenden Anordnungen (da ist sicherlich viel Symbolik hinsichtlich der rigiden Gesellschaftsstrukturen der japanischen Feudalgesellschaft einbezogen). Bewegung im Shot ist selten – und wenn Kudo seine Kamera mal schwenkt, scheint es, als geschehe es beinahe widerwillig, unter Protest, weil die sorgfältig ausgearbeitete Bildkomposition gestört wird, nur um dann doch wieder eine andere ausgearbeitete Bildkomposition zu offenbaren. Schade, dass Kudo nicht die Gelegenheit bekam, in Farbe zu drehen, mir deucht, er hätte mit den Möglichkeiten der Farbwahl einiges anfangen können.
Allerdings bedeutet „statisch“ in diesem Fall auch durchaus aktionsarm und, ich sag’s ungern, langsam. Wer, verdorben durch heutige Sehgewohnheiten, mit der Erwartung, ein rasantes Swordsplay-Epos serviert zu bekommen, an Kudos Originalversion herangeht, wird sanft entschlafen sein, noch ehe Naritsugu sich überhaupt auf die Strümpfe macht. Bevor Kudo zum halbstündigen Schlusskampf streitet, haben wir ungefähr… naja… fünf Sekunden „Action“ im Wortsinne erlebt – der Rest ist „Drama“.

Miike ist begreiflicherweise deutlich schneller unterwegs – nach der „Hommage“ der ersten zwanzig-fünfundzwanzig Minuten gibt er auch das sklavische Nachahmen Kudos Einstellungen – seine Version ist erheblich flotter geschnitten und fotografiert, müht sich, wie schon dargestellt, durch Ablichtugn imposanter scenery um epischen Scope und walzt den Schlussfight auf satte fünfundvierzig Minuten aus. Dass Miike brutaler ist, versteht sich von selbst. Wo Kudos Schwertkampfchoreographie vor allem im wilden Kampfgetümmel nicht mehr sonderlich choreographiert, sondern unkontrolliert herumfuchtelnd aussieht und so etwas wie ein „echtes“ Eindringen einer Klinge in einen Körper schön außen vor bleibt, lässt Miike sich nicht lumpen, lässt Köpfe rollen, schlägt Gliedmaßen ab, durchbohrt Körper und lässt das Kunstblut (teils „echt“, teils CG-created) in Strömen fließen (und, weil Miike nunmal Miike ist und keinen Film drehen könnte, der völlig in der von uns bewohnten Realität spielt, wenn sein Leben davon abhinge, auch gerne mal hysterisch übertrieben) – es wundert mich fast, dass er die Seppuku-Szene zu Beginn nicht gleich mit authentischem Gedärm abliefert…
Eins muss man allerdings erneut konstatieren – Miike hat sich vom wenig vertrauenswürdigen Hinterhoffilmer zu einem kapablen Handwerker entwickelt, dem man bedenkenlos ein paar Millionen Dollar (bzw. Yen) in die Hand drücken kann, ohne seiner Investition nachtrauern zu müssen. Er weiß, wie man mit der Technik umgeht, er hat die Schauspieler im Griff, er kann Effekte einsetzen (wobei sicherlich einige CGI-FX wie mit brennenden Holzfässern beladene Büffel, die er seine Helden durch die Gassen des Dorfes jagen lässt, zu den weniger großartigen neuen Ideen seiner Version zählen). Es ist immer noch wild, schnell und hart, aber es ist auch kontrolliert.

Beiden Versionen gemein ist übrigens die wirklich gelungene Gestaltung des Dorfes und seine „Umwidmung“ zur Todesfalle. Klar, Miike kann ein bisschen mehr Geld ausgeben und die Chose etwas aufwendiger gestalten, aber auch die Kulissenbauer der Originalversion dürfen sich metaphorisch auf die Schulter geklopft fühlen.

Den knappen Score der Originalversion (der öfter mal Sequenzen, die man sich, an das permanente Dröhnen moderner Blockbuster gewöhnt, beschallt wünschen würde, still in Ruhe lässt) besorgt niemand anderes als „Godzilla“-Legende Akira Ifukube; für das Remake übernimmt den Job (mit beachtlichem Erfolg) Miikes Stammkomponist Koji Endo („Izo“, „One Missed Call“, [[Like A Dragon]], „Full Metal Yakuza“).

Zur Schauspielerei – in der Originalversion tragen Chiezo Kataoka, ein Routinier, der das Handwerk schon in den 20er Jahren erlernt hatte, als gewiefter, erfahrener und durch nichts aus der Ruhe zu bringender Shimada, und Ryohei Uchida („Die Rebellen vom Liang Shan Po“, „Höllenfahrt ins Ungewisse“) als sein junger Rivale Hanbei trotz ihrer wenigen gemeinsamen Szenen (zwei an der Zahl) den Film praktisch im Alleingang.
Ko Nishimura („Yojimbo“, „Rotbart“; „UFOs zerstören die Erde“) hat als Shimadas treuer Samurai Hariyama einige intensive Szenen, Kantaro Suga ist mir beinahe ein wenig zu zurückgenommen als fieser Naritsugu (was aber auch durchaus zur Interpretation der Figur passt, die im Gegensatz zur Miike-Version im Original eben nicht der Sadist-aus-Freude-am-Sadismus ist, sondern einfach ein arroganter Widerling, der aufgrund seiner Sonderstellung als Shogun-Verwaandter seine Überlegenheit einfach als Tatsache voraussetzt).

Bei Miike kommt Koji Yakusho („Der Aal“, „Shall We Dance?“) recht nahe an Kataokas Performance heran, aber ihm fehlt (auch im „Fernduell“) ein Widerpart wie Uchida. Masachika Ichimura (normalerweise voice actor und Musicaldarsteller, der in der japanischen Uraufführung des Webber-“Phantom der Oper“ die Titelrolle gab) müht sich als Hanbei durchaus, ist aber zu sehr einseitig Loyalitätsfanatiker im Vergleich zur ambivalenten Darstellung Uchidas im Original.
Teeniestar Takayuki Yamada macht sich in der im Vergleich zum Original ausgebauten Rolle des Shimada-Neffen Shinrouko ganz patent; Goro Inagaki („Hypnosis“) dreht als Naritsugu deutlich heftiger auf als Suga.
Tsuyoshi Ihare („Gamera – Guardian of the Universe“, „Letters from Iwo Jima“, „Ninja“) ist ein beinahe beängistendes Nishimura-Double; Yusuke Iseya („Sukiyaki Western Django“, „Die Stadt der Blinden“, [[Casshern]]) geht mir als Waldschrat Kotaya Kiga mit seinem auf comic relief angelegten grimassierenden Spiel ziemlich auf die Nerven (irgendwie dachte ich bei ihm immer irgendwie an Son-Goku, und als bekennender Dragonball-Hasser ist das kein Kompliment).

DVD „13 Assassins“-Original:
Die Originalversion wird von Ascot Elite als ziemlich nackte, aber dafür auch recht preiswerte DVD vertickt. Der Print ist ziemlich soft, dafür aber weitgehend frei von Verunreinigungen oder Defekten. Peinlich: durch einen Mastering-Fehler wurde der 2.35:1-Print auf 1.78:1 gestaucht. Mit ein bissl Umstellung an der Glotze kann man sich ein annähernd korrektes Bild schon hinfummeln, aber passieren darf das natürlich nicht, und schon gar nicht einem Label wie Ascot Elite. Akustisch wird ausschließlich japanischer O-Ton in Dolby Digital 2.0 mit optionalen deutschen Untertiteln angeboten. Die Subs sind leider recht schlampig ausgefallen – es gibt einiges an Rechtschreibfehlern und inhaltliche Richtigkeit möchte ich auch nicht versprechen (schon allein, weil die Subspur sich über die komplette Filmlaufzeit nicht einig ist, ob Norigatsu nun nach Edo will oder von dort kommt). Als Bonusmaterial gibt’s den Trailer.

BluRay „13 Assassins“ – Remake:
Auch das Remake stammt aus dem Hause Ascot Elite. Der 2.35:1-Transfer ist von erlesener Güte – Farben, Schärfe, Kontrast, das passt alles, wie’s bei einer aktuellen BR-Disc auch sein sollte. In Sachen Ton haben wir die Auswahl zwischen dem O-Ton und einer gelungenen deutschen Synchro in DTS-HD 5.1, Untertitel können selbstverständlich optional zugeschaltet werden. Der Musikmix könnte für meine Begriffe etwas druckvoller sein. Als Extras gibt’s die für den internationalen Release entfernten Szenen der japanischen Fassung sowie zwei Trailer.

Fazit:
Fragt mich jetzt um Himmels Willen nicht, welche Version besser ist – sie haben beide ihre Vorzüge. Die Originalfassung von 1963 ist sehr betulich, bereitet ihren Actionausbruch sorgfältig vor und lebt von der exzellent geschriebenen Wechselbeziehung der Hauptfiguren Hanbei und Shimada, die Miike-Fassung ist ein für die Verhältnisse des einstmaligen Trash-Lieferanten extraordinaire ein glatt mainstreamtauglicher Actionfilm, dem die psychologische Tiefe des Vorbilds fehlt. Sehenswert sind sie beide – Kudos s/w-Film ist möglicherweise, wenn ich mich jetzt schon zu einem Urteil hinreißen lasse, der aus Cineastensicht „wertvollere“, Miikes knallige Version ist spaßiger, temporeicher; beide Interpretationen haben etwas für sich und vielleicht ist sogar die double-feature-Veriante, also beide Filme am Stück, die ich mir zwecks dieses Reviews gegeben habe, für den Konsum ideal.


mm
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