1. April 2000

 
  • Deutscher Titel: 1. April 2000
  • Original-Titel: 1. April 2000
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  • Regie: Wolfgang Liebeneiner
  • Land: Österreich
  • Jahr: 1952
  • Darsteller:

    Präsidentin der Globalunion (Hilde Krahl)
    Ministerpräsident von Österreich (Josef Meinrad)
    Sekretärin (Elisabeth Stemberger)
    Ina Equiquiza (Judith Holzmeister)
    Kapitän Herakles (Curd Jürgens)
    Der liebe Augustin (Paul Hörbiger)
    Alessandro Bibalini (Guido Wieland)
    Komponist (Hans Moser)
    Moderator Robinson (Ulrich Bettac)


Vorwort

Abt. Also, bei badmovies.de, da hamma wieder was gelernt…

Wir schreiben das Jahr 1952. Der Zweite Weltkrieg ist gerade 7 Jahre vorbei, einer der Hauptschuldigen, Deutschland, ist in Ost und West zerrissen, der zweite Hauptschuldige, Japan, bis zum 28. April noch von den USA besetzt, der wichtigste Nebenschuldige Italien hat’s wieder einmal geschafft, am Ende zu den Siegern zu gehören, und Stalin, der den Osten Europas „einkassiert“, hat noch ein knappes Jahr vor sich. Österreich indes, eigentlich als „erstes Opfer der NS-Aggression“ bezeichnet (bitte jetzt keine Diskussionen darüber, es wurde 1943 in der Moskauer Deklaration beschlossen und verkündet, und dabei wollen wir es jetzt belassen), ist noch immer von den Armeen der vier Siegermächte USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich besetzt. (Ganz Österreich? Ja, ganz Österreich. Damit das auch erledigt ist… *hmpf*). Der „Staatsvertrag“, der Österreich die endgültige Unabhängigkeit und Souveränität geben sollte, war, so schien es, in weiter Ferne (tatsächlich dauerte es noch 3 Jahre, was wahrscheinlich vor allem durch Stalins Tod 1953 beschleunigt wurde), die Anzahl der Konferenzen zu diesem Thema wurde schon lange nicht mehr gezählt.

Irgendwann reichte es der Österreichischen Regierung (1952 unter dem Kanzler Leopold Figl, der, wie fast alle Mitglieder seiner Regierung die Zeit von 1938-1945 größtenteils in Gefangenschaft – sprich KZs – verbrachte), und gab einen Auftrag aus: Man möge in Form eines Filmes die Besatzungsmächte dazu aufrufen, einzusehen, dass Österreich bitte zu räumen wäre.

Nur: Wie macht man das, wenn die Kommunisten im eigenen Land sind und man Sibirien gerne fern bleiben möchte? Lösung: In eine Satire verpacken, und das ganze in eine ferne Zukunft setzen. Flugs wurde die Suche nach den Autoren für dieses Filmstück ein Drehbuch in Auftrag gegeben, und die Autoren dafür wurden auf die österreichischste aller Methoden gefunden: Protektion. Ihre Namen waren Rudolf Brunngraber und Ernst Marboe (letzterer in späteren Jahren ein hohes Tier beim ORF). Diese machten sich sogleich ans Werk: Das Jahr 2000 bietet eine hübsche, runde Zahl, und am 1. April wird bekanntlich gescherzt. Also: 1. April 2000. Als Regisseur wurde Wolfgang Liebeneiner verpflichtet, eigentlich als Regisseur von NS-Propaganda-Filmen (!!!; Ich kanns mir so richtig vorstellen: „Ähm, ihr wisst schon, was der vorher g’filmt hat?“ „Wurscht. Weiß doch eh ka Mensch.“). Vor die Kamera lotste man jede Menge damalige Publikumslieblinge (die spielten u.a. auch für die Nazis, was mich persönlich herzlich wenig kümmert; wer in einem solchen Regime lebt, macht nun mal das „Beste“ draus. Punkt. Nur NACHHER sollte man gescheiter sein. Damit erachte ich auch dieses Thema für behandelt und beendet.), und schon konnte man davon ausgehen, dass auch das heimische Publikum im Kino sitzt. Im Schnellverfahren wurde der Film abgedreht, lief in Österreich in den Kinos an, wurde zum Straßenfeger und natürlich von der kommunistischen Presse pflichtschuldigst mächtig verrissen (muss Ignoranz nicht etwas Schönes sein…). Schließlich wurde 1. April 2000 auch exportiert, erzielte im Ausland aber nicht mehr als Achtungserfolge. Die USA bleib dem Film gleich vollkommen verschlossen, die drehten im Anschluss mit Der dritte Mann und Sound of Music seine eigenen Filme zum Thema „besetztes Österreich“.

Das Endergebnis gilt heute als ein Stück österreichische Filmgeschichte. Nicht, dass 1. April 2000 die Besatzungsmächte aus dem Land gejagt hätten, aber es bescherte der Bevölkerung eine kleine „Atempause“ in Form eines symbolischen Trittes in die besetzenden Hintern. Und so was tat ja schon zu Chaplins Zeiten gut. Also machen wir uns mal eben über einen solchen Film her, schon allein, um das Gerücht zu nähren, es gäbe noch ein zweites Genre neben dem des Horrorfilms.


Inhalt

Damit auch gleich jeden klar ist, was auf uns zukommt, ist der Titel in Form der damals üblichen, viersprachigen Personalausweise gehalten, was bedeutet, dass auch die Namen – also zumindest die Vornamen – in die entspr. Landessprache gesetzt wurden (und wer genau aufpasst, merkt nicht nur, dass Hans Moser als Jean Moser dasteht – der Mann hieß bürgerlich Jean Juliet – sondern stolpert auch über den einen oder anderen kleinen Gag in Stempelform: So wird der Text „Dieser Film wurde mit großzügiger Unterstützung der staatlichen und kirchlichen Behörden, sowie unter breitester Anteilnahme des Volkes von Österreich“ mit einem netten Stempel „Stimmt“ bestätigt, und eine Kalenderreform ließ offenbar einen „35. Juni 1999“ zu.). Aus diesem Vorspann ist aber auch schon zu erlesen, warum 1. April 2000 der teuerste Film ist, der bis zum heutigen Tag (4.5.2007) im Auftrag der österreichischen Regierung entstanden ist: Von den Sängerknaben über Robert Stoltz bis hin zur spanischen Hofreitschule hat man wirklich ALLES mobilisiert.

Gut, zum Film: Wir befinden uns in Wien, es ist 1. April 2000 (Nein, WIRKLICH, Pfoaaaah…). Österreich hat gerade eine neue Regierung gewählt, und so dürfen wir nun in Form einer Nachrichtensendung miterleben, wie deren neuer Ministerpräsident (nur für alle, die’s nicht wissen: Auch bei uns heißt das heute „Bundeskanzler“), in personam Josef Meinrad, Schauspielerstar und späterem Iffland-Ring – Träger (hier in Österreich sollte er einen seiner größten Triumphe 1968 mit dem Mann von La Mancha feiern, auch wenn er weit davon entfernt war, ein begabter Sänger zu sein), zur Angelobung schreitet. Niedlich dabei: Die „Strahlenpistolen“ der immer noch im Lande stationierten Besatzungssoldaten inkl. Akku, denn „mit Pulver schießt 2000 natürlich keiner mehr“, und die sehr offensiv ins Bild gerückte „Mode“, wie man sie sich 1952 für 2000 vorstellte. Angelobt wird durch die Hochkommissare Besatzungsmächte, was den Sprecher der Nachrichtensendung zu der Frage drängt „Ja, wer regiert denn nun eigentlich in unserem Land?“ Ich persönlich überlege immer noch, ob diese Angelobung wirklich so viel schlimmer ist, als die, die wir 2000 WIRKLICH hatten…

Jedenfalls wird dieses Ereignis überall in der besetzten Republik verfolgt, unter anderem auch am Stand eines Fleischhauers (=Metzgers) auf einem der Wiener Märkte, in dem sich eine ältere Dame zum Kommentar „Unser Ministerpräsident. Isser net fesch“ hinreißen lässt (leider hierzulande offenbar auch heute noch ein Hauptwahlkriterium…) Der Herr Ministerpräsident (der übrigens bis zum Ende des Filmes namenlos bleiben wird, weswegen ich ihn in Zukunft einfach mit „Meinrad“ titulieren werde – wesentlich angenehmer zum Tippen als „Ministerpräsident“), schreitet offenbar als erster seit 1945 zur Tat: Da gerade die 2.850te Konferenz über den Staatsvertrag gescheitert ist (das macht hochgerechnet von 1945 bis 2000 51 Konferenzen pro Jahr. Fleißig, fleißig…), gibt er nach ein paar 08/15 – Politikerplatitüden bekannt: „Freunde, es REICHT !!!“ (er drückt es selbstverständlich diplomatischer aus). Österreich ist frei und unabhängig, die Zahlung der Besatzungskosten wird eingestellt, die viersprachigen Ausweise, die „wir ohne Dolmetscher gar nicht lesen können“, werden für ungültig erklärt. Meinrad fordert die Österreicher auf, sie zu zerreißen, was man auch voller Begeisterung tut. Kommentar des Fleischers: „Und ich bin nicht in seiner Partei, ich TROTTEL !!!“ Üben wir etwa 1952 auch schon Proporzkritik? Nicht doch, würden wir doch nie tun… (welche Partei es ist, der Meinrad angehört, wird übrigens ebenso eisern verschwiegen wie sein Name).

Eher grußlos verlässt Meinrad das Podium, die Vertreter der Besatzungsmächte sind „not amused“, um nicht zu sagen „außer sich“. Man ist sich einig: Das gibt einen Weltskandal, wenn nicht sogar einen Weltkrieg, oder man ruft die Globalunion (wohl das Pendant zur heutigen UNO) an. Auf jeden Fall: Schlecht für Österreich. In Richtung Weltunion will sich Meinrad auch begeben, und zwar mittels „Staatsrakete“ (wahrscheinlich vom „Kap Kagran“ aus… *hehe*). Ist nur nicht nötig: Die Hochkommissare der Besatzungsmächte haben (übrigens auf allgemeinen Beschluss in Wienerischer Sprache) beschlossen, eben diese Weltschutzorganisation in Union City, die ihren Sitz irgendwo im Meer östlich von China zu haben scheint, selbst anzurufen. Grund: Bruch des Weltfriedens und Aggression gegen die Alliierten (Wow, was wir alles können…). Zitat eines Kommissars: „Wo kämen wir denn da hin, wenn plötzlich jeder seine Freiheit verlangt.“ (Ich kann mir buchstäblich vorstellen, wie die Vertreter der damaligen Kommunistischen Partei „FOUL“ schreien, auch wenn das Kommentar vom Franzosen kommt…)

In Wien tanzt man Walzer auf den Straßen. Die Unterbrechung durch die „Vier im Jeep“ [Historische Info für alle Nicht-Österreicher: Das ist ein Jeep mit jeweils einem Kommissar jeder Besatzungsmacht, der während der Besatzungszeit durch Wien kurvten, und dessen Insassen für Ordnung sorgten] werden angehalten (der Russe wird übrigens dargestellt von Helmut Qualtinger) und darüber informiert, dass sie nix mehr zu melden haben („Aus is‘ mit da Fahrerei…“). Das sorgt für Freude bei den Soldaten: Endlich darf man heim. Der Franzose bändelt noch in bisschen an (und zwar mit der jungen Waltraut Haas, die, wie könnt’s in einem Ösi-Film anders sein, Mitzi heißt), zum Abschied gibt’s noch eine Österreichische Bratwurst, einen Fisch, ein bisschen Gemüse, man singt „Muss i denn, muss i denn, zum Städtele hinaus“ und… Aaaabschied.

Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen: Der Fall „Österreich“ ließ die… ähem… Fluggeräte der Weltunion aufsteigen, und irgendein „Todesstrahl“ ist auch auf Wien gerichtet. Das Radio spielt schon die „Unvollendete“ von Schubert (geballte Symbolkraft). Kommentar Meinrad: „Jetzt wird’s bedenklich.“ Das Radio gibt bekannt: „Unser neuer Ministerpräsident wird sich der Präsidentin der Weltunion stellen.“ Davon erfährt Meinrad zwar erst aus dem Radio, aber wenn’s der Sache dienlich ist… Sein persönlichen Stab ist sich jedoch einig: Die Präsidentin ist ein „Drache“. Niedlich dabei das Kommentar: „Eine Frau. Das hat uns grade noch gefehlt.“ Beruhigt Euch, liebe Mitglieder des Alice Schwarzer – Fanclubs. Ich erinnere: Wir sind im Jahr 1952.

Nach einem kleinen Irrtum bürokratischer Natur – die Raketen sind statt nach Austria irrtümlich nach Australia geflogen – landet man vor dem Schloss Schönbrunn, und aus dem Fluggerät tritt die Präsidentin der Weltunion höchstselbst (dargestellt von Hilde Krahl, Star aus unzähligen TV-Filmen, die meinen Geschmack nicht wirklich treffen, aber zum Beispiel auch Gaststar in Derrick – trifft zwar meinen Geschmack auch nicht, aber es sei hier erwähnt). Umgeben ist dieses Schauspiel von einer Menschenmenge: Das Filmteam machte damals eine Ankündigung, man bracht Statisten für eine Menschenmenge in Schönbrunn. Man rechnete mit ein paar hundert Leuten. Gekommen sind Tausende…

Die Präsidentin verlässt mit den Vertretern sämtlicher Erdteile das Fluggeräte (dazu der Araber „Hadschi Halef Omar“, von dem der Reporter meint: „Von dem haben Sie bestimmt schon alle gelesen.“). Sehr freundlich marschiert Madam zielsicher auf die Hochkommissare zu, Meinrad soll erst mal mit dummen Gesicht weiter warten. Schließlich lässt sie sich herab, auch mit ihm zu sprechen. Ihren Ruf als Drachen macht die Präsidentin (übrigens auch namenlos) gleich einmal alle Ehre: Die Konferenz wird sehr kurz sein, Österreich hat den Weltfrieden gebrochen, die Tat verurteilt sich selbst. Tagungsort daher: „Wo finden Ihre Mordprozesse statt?“ In der Hofburg. (Passend, dort wurde 1938 ja auch Österreich „ermordet“. Dumm, dass kein Zeuge anwesend war…)

In der Hofburg faselt die Präsidentin mal über „Gerechtigkeit“ als Sicherung für den Weltfrieden. Unser „und ich bin nicht in seiner Partei“ – Metzger ist auch anwesend, und ist jetzt froh, nicht mehr in seiner Partei zu sein (jaja, die österreichische Volksseele. Liebe sprachgleichen Nachbarn: Seid froh, dass Ihr uns wieder losgeworden seid. *auswander*).

Gut, Österreich ist angeklagt, den Weltfrieden gebrochen zu haben. Noch immer bin ich beeindruckt, dass wir das können (Volkswitz über Österreichs Bundesheer: „Wenn Liechtenstein angreift, kömma Vorarlberg vergessen.“). Zunächst die obligatorische Frage: „Bekennen Sie sich schuldig?“ Natürlich nicht. „Haben Sie versteckte Waffen, die unseren Todesstrahlen trotzen können?“ (Woher kommt mir das bekannt vor… *grübel*) Meinrad: „Unsere einzige Waffe ist das Recht.“ Ah ja. Ob das beeindruckt… Nicht wirklich. Schließlich werden unsere Regierungsgebäude besetzt und durchleuchtet, natürlich mit „Durchleuchtungsgeräten“. Wir sind ja im Jahr 2000, und „Röntgenstrahlen“ war wohl 1952 nicht zukünftig genug.

Diese Durchleuchtungsmaschinen werden natürlich sofort demonstriert. Man findet einen Geldschrank mit einem Schein und ein paar vertrockneten Münzen („Ich bin der Finanzminister.“), mehr aber auch nicht. Die Grenzen werden inzwischen hermetisch abgeriegelt, eine Flucht ist unmöglich, man ist entschlossen, ein furchtbares Exempel zu statuieren. Begründung: An diesem Punkt der Welt herrscht seit 1000 Jahren ewige Unruhe (alle mitlesenden Österreicher sind angehalten, sich ihren eigenen „Kein Wunder bei den Nachbarn im Nordwesten“ – Kommentar zu denken. Ich hab nix gesagt.). Das kann nur an der geographischen Lage, vor allem aber natürlich an der Raublust der Bewohner dieses Landstriches haben. Und während man noch debattiert, was aus dem Landstrich gemacht werden soll, nachdem die Bevölkerung zwangsevakuiert wurde, legt Meinrad feierlichen Protest ein: Er komme sich vor, wie ein Hase, der vor einem Gericht voller Löwen steht. Und um das zu untermauern, zeigt man uns die Vertreter auch gleich im entsprechenden Kostüm. Herzig. Ich danke für diese bildliche Darstellung.

Jetzt meldet sich Hadschi Halef Omar zu Wort: Bereits die österreichische Fahne sei blutig entstanden., und zwar bei einem Kreuzzug. Dagegen hat Meinrad gleich einen Lehrfilm am Start. Gut, wenn man dem Tribunal so kommt, wird gleich die ganze 1000jährige Geschichte Österreichs aufgerollt. Schließlich müsse man feststellen, wer schuldig ist: „Das Land, sein Präsident oder beide“. Kann es sein, dass dieses Gericht nicht so ganz unparteiisch ist…?

Das ist für Meinrad das Stichwort, mit vollem Geschütz aufzufahren: Lehrfilme, Museen, Archive, Fernsehen, Schauspieler… Das volle Programm. Über die Frage, wer das alles bezahlt, kann man sich schließlich später den Kopf zerbrechen.

Zuerst aber der versprochene Lehrfilm: Er postuliert die Anekdote, der Babenberger Leopold habe einen weißen Rock getragen, der von „Feindesblut“ in rot getränkt wurde. Als er den Gürtel abnahm, erstrahlte der Rock in Rot-Weiß-Rot. [Eine Legende, die meines Wissen auch eine genau solche ist. Wahrscheinlicher ist, dass Rot-Weiß-Rot das Banner eines wichtigen Fürstenhauses war.] Das ist für Hadschi Halef Omar Beweis genug, doch Meinrad hat das beste Argument dagegen: Österreich habe diesen Kreuzzug nicht alleine unternommen. Mit im Bild sind doch auch der König von England und von Frankreich. Ganz Europa war unterwegs. Mitzi (Waltraut Haas, wir erinnern uns) jedenfalls ist ob des vielen Blutes so geschockt, dass sie sich in sanfte Ohnmacht verabschiedet (was macht die bei einem Schnaas-Film? Wahrscheinlich das beste, was man dabei machen kann: Abschalten – bzw. gar nicht einschalten.) Aus Solidarität verabschiedet sich auch Herakles, der höchste anwesende Offizier der Weltunionssoldaten (Curd Jürgens) ins Reich der Träume. Kommentar von Seite des Weltunions-Militärs: „Barbarisch diese Ritter. Ich könnte niemanden mit bloßen Händen töten“. Ist ja auch nicht nötig, wenn man mit (übrigens unsichtbaren) Todesstrahlen schießt.

Die nächste Frage jedenfalls an unseren Präsidenten ist nun: „Hat Leopold auch etwas mitgebracht?“ Ja, hat er: Seine spätere Frau Theodora und ein Wiegenlied, das man uns sogleich hören lässt. Der afrikanische Delegierte ist davon gleich so begeistert, dass er die Noten verlangt. Soll er haben, man ist ja nicht so. (Gut, dass das Lied nicht von Anton Karas stammt, der müsste sich erst mal wieder eine Aufnahme seiner Musik anhören, um zu wissen, was er da gespielt hat.)

Zeit für die erste Abstimmung: 5:1 gegen Österreich bei einer Stimmenthaltung. Also weiter im Text.

Die Weltunionsdelegierten stellen eine gar freche Frage: Hat man Ungarn und Böhmen etwa mit Wiegenlieder erobert? Nein, aber wie sagte schon Österreichs 70er – Jahre – Kanzler Bruno Kreisky: „Lernen Sie Geschichte“. Dann würde man nämlich auch bei der Weltunion wissen, dass Österreichs Kaiser Maximilian diese Gebiete „erheiratet“ hat. Das schreit natürlich nach einer sofortigen Vorführung. Ergo dessen: Lokalaugenschein im Stephansdom.

Minutiös stellt man die Feierlichkeiten im Stephansdom nach: Abgesehen von dem Brautpaaren ist natürlich auch Kaiser Maximilian anwesend (Memo an die Filmemacher: Die typsiche Habsburger-Unterlippe fehlt !!!). Hier nimmt der Wahlspruch der Habsburger seinen Anfang: „Die anderen mögen Kriege führen, Du, glückliches Österreich, heirate.“ „Das brachte den Völkern 400 Jahre Frieden, und zwar bis zum Jahr 1918“ belehrt uns Meinrad. Mitzi: „Wenn unser Präsident die Präsidentin heiraten würde, dann er‘ alles gut.“ Kommentar Ihres Begleiters: „Und wenn die Tochter vom Truman die Tochter vom Stalin geheiratet hätt‘, hätt‘ ma uns viel erspart“.

Nächste Frage des Gerichts: Wozu hat Habsburg die Völker benützt? Schließlich brüstete sich Kaiser Karl V., dass in seinem Reich die „Sonne nie unterging“. Auch dafür hat Meinrad eine Erklärung parat: Er wollte die Herrschaft Gottes zu errichten und Frieden zu bringen (klingt ja wie in Gladiator, und ich will hier nur postulieren, dass ich dieses Ridley Scott – „Meisterwerk“ für schlimmsten, Eroberungskriege legitimierenden Mist halte – und langweilig isser auch noch), doch im Alter traf ihn die Erkenntnis wie ein nasses Handtuch: „Gewalt eint nicht“. Konsequenz: Er dankte ab und wurde Mönch (mögen die Historiker unter uns über die Richtigkeit dieser Darstellung streiten). Scherzbolde, wie unsere Delegierten nun mal sind, fragt man gar frech, ob Meinrad denn auch ins Kloster ginge.

Die zweite Abstimmung… wird von einer schlimmen Nachricht unterbrochen: „Die Wiener Bevölkerung machte eine Einheit Soldaten kampfunfähig !!!“ Und wieder bin ich beeindruckt: Das KÖNNEN wir? Wow…

Meinrad wird vorsorglich gleich einmal verhaftet und als Geisel genommen. Man reist zum Tatort. Doch offenbar heißt „kampfunfähig“ im Jargon der Weltunion nicht automatisch „geschlagen“, sondern wirklich einfach nur „kampfunfähig“: Die Soldaten der Weltunion saufen mit der Bevölkerung und singen Wienerlieder. „Sie setzen die Wiener Gemütlichkeit wohl als Dolchsstoss von hinten ein.“ brüskiert sich die Präsidentin, aber im Jahr 2000 können man mit einer Spritze „zwangsweise ernüchtern“. (Gibt’s 2000 eigentlich auch Wein mit Dolby? Das is ja bekanntlich ein Rauschunterdrückungssystem. Boaaaaaaahahaha, der war jetzt aber wieder gut… ja, okay, den hab ich Peter Traxler geklaut, aber man stiehlt schließlich nur vom Besten, oder?). Unser aller Lieblingsweltpräsidentin formuliert an Ort und Stelle eine neue Anklage aus: „Gefährdung des Weltfriedens durch fortgesetzten liederlichen Lebenswandel“. Das beeindruckt Herakles nicht wirklich, der wird nämlich von Meinrads Sekretärin mit Wein „konvertiert“ und hält sie daraufhin im Arm – für 3 Sekunden. Nicht lang, aber immerhin…

Meinrad jedenfalls nimmt den Faden wieder auf: „Wenn Sie mit ‚liederlicher Lebenswandel‘ einen Lebenswandel mit Liedern meinen, haben sie recht.“ Das führt natürlich schnurstracks zum „Lieben Augustin“, zudem natürlich sofort hingeflashbackt wird. Augustin, dargestellt von Paul Hörbiger, zwitschert in einem typischen Wiener Heurigen das Lied Oh Du lieber Augustin. [Für alle Nicht-Ösis, die mit dem „Lieben Augustin“ nicht kennen: Der Mann war ein hochpopulärer Heurigensänger in der Pestzeit, und ist der Sage nach stockbesoffen in eine Pestgrube voller Toter gefallen, hat dort seinen Rausch ausgeschlafen und ist ihr gesund wieder entstiegen.] Bei einer Gästin des Heurigen treten plötzlich Pestbeulen auf, woraufhin das Lokal fluchtartig verlassen wird. Nur der liebe Augustin bleibt natürlich. Er stellt der armen Frau einen Becher mit Wein hin („Do, trink, jetzt derfst an Rausch hobn.“). Sie sieht im Wein bereits den Knochenmann spiegeln. Der liebe Augustin beginnt deprimiert Oh, Du lieber Augustin, alles ist hin zu singen, hinter ihm erscheinen noch mal der Knochenmann, und außerdem wandeln noch Vertreter aller Gesellschaftsklassen an ihm vorbei. Das wird ja noch richtig Poeistisch hier…

Meinrad führt weiter aus: „Sie mögen meinen, dieser Augustin wirkt wie Bruder Leichtsinn, doch 4 Jahre nach ihm rettet Wien Europa vor den Türken.“ Das verlangt natürlich eine sofortige Darstellung durch die örtliche Theatergruppe. Wir schalten daher zu einer Festung, die wohl Wien inkl. Stadtmauer doubeln soll. Das Osmanische Reich (ja, lieber Mitwiener, der Terminus „Türkenbelagerung“ ist eigentlich falsch, aber eben eingebürgert) wollte nach Europa vordringen, und Österreich – und besonders Wien – lagen im Weg, weswegen mal ein bisschen belagert wurde. Es dauerte Monate, bis der Polenkönig Sobieski mit Unterstützung anrückte, und so mussten sich die Wiener lange selbst verteidigen.

Die türkische Seite jedenfalls ist mit grandioser Pyrotechnik ausgestattet und setzt diese auch ein, um einen Teil der „Stadtmauer“ zu sprengen. Meinrad jubelt: „Und dann kam der Gegenangriff !!!“… oder eben doch nicht. Nichts und niemand sieht sich dazu bewegt, die Türken gegenanzugreifen. Schließlich erscheint ein einzelnes, einsames Männlein auf der Mauer: „Wir haben keine Leute !!!“ Der Finanzminister tritt ins Bild: „Wir haben vorige Woche die Besatzungskosten bezahlt, jetzt die ganzen Schauspieler, Kostüme… Wir haben kein Geld mehr. Da mach ich nicht mehr mit“ Da muss Meinrad aber improvisieren. Tut er auch: „Sie werden mir dankbar sein, wenn ich ihnen den blutigen Anblick dieser Schlacht erspare.“ Ufff. Gerade nicht die Kurve gekriegt. Das Ganze schreit jedenfalls nach einem Türkischen Kaffee.

Weniger begeistert über die österreichischen Siege gegen die Osmanen ist natürlich Hadschi Halef Omar. Da kann Meinrad aber kontern: „Warum seid Ihr gekommen? Wir haben Euch nicht eingeladen?“ Gut, das war jetzt keine sehr schwere Übung, und das „Wir Euch auch nicht“ des Türken droht unterzugehen, führte uns das nicht direkt zum nächsten historischen Event: Prinz Eugen und seiner Schlacht um Belgrad. Das verteidigt Meinrad mit der Wahrung des Hausrecht. „Sogar die Polizei respektiert es… Meistens“ – Blick zu Herakles. Oioioi, wenn das die sowjetischen Besatzer sehen. (Haben Sie wohl auch, aber da ‚Herakles‘ beim besten Willen nicht als russischer Name durchgeht, konnte man wohl nix machen. Schon wieder hat man die Russen attackiert, wieder hat’s wohl jeder verstanden, aber wieder musste eine andere Nation als Opfer herhalten, um die Anspielung vor der Besatzungsmacht zu kaschieren.)

Bevor Meinrad die historischen Fakten weiter ausführen kann, betritt „Prinz Eugen“ (Erik Frey) den Saal (Mitzi: „Lange Haare hatter.“ Begleiter: „Sind sicher falsch“): „Exzellenza suchen die Wahrheit? Hier ist sie: Ich bot dem Kaiser die Erweiterung seines Imperiums nach Konstantinopel, aber der Kaiser liebte Frieden und Musik.“ Wir schalten nach Schönbrunn zu Kaiser Leopold I., der gerade eine Kapelle dirigiert. Daher auch seine Antwort auf das Gesuch Eugens, Soldaten für den Feldzug nach Konstantinopel zu rekrutieren: „Nicht Rekrutieren – Dirigieren“.

Wieder im Gerichtssaal jammert Prinz Eugen nun endgültig los: „Wissen Sie, wie das ist, wenn man mitten im Krieg aufhören muss? Und wissen Sie, was der Kaiser aus meinen Dragonerpferden gemacht hat?“ Wer’s nicht weiß, der ahnt es: Die Spanische Hofreitschule. Minutenlang trippeln die Lippizaner durchs Bild *gääääääääähn*, bis die Präsidentin ein Einsehen mit uns hat: „Wir haben genug gesehen.“ Danke, ich auch.

Bevor es sich verkrümelt, macht Prinz Eugen aber noch auf Maria Theresia (konsequent als „Kaiserin“ bezeichnet, was übrigens nicht stimmt: Sie war Erzherzogin von Österreich und Frau des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches) und ihre 16 Kindern aufmerksam. „16 Kinder. Und da hat sie noch REGIERT !!!“ wundert sich die Präsidentin? Das haut sie ziemlich aus den Schuhen. Von dieser lieblichen Szenerie jedenfalls verabschieden wir uns mit dem unvermeidlichen „Mozart spielt auf Maria Theresias Schoß Klavier“ – Shot. Danke, das wäre hiermit auch erledigt.

Maria Theresias 16 Kinder, vor allem aber Mozart, hat die Präsidentin schwer beeindruckt. Sie spricht Österreich von Rückfälligkeit frei. Auf die Vernichtung wird verzichtet (wie gnädig), nicht aber auf Evakuierung. Schließlich stehe die heutige Brechung des Weltfriedens außer Frage und bedürfe keines Beweises. Die österreichische Bevölkerung wird auf die Welt verteilt, und bevor jetzt alle unsere Nordwestlichen Nachbarn „Um Gottes Willen, da kriegen wir sicher auch welche ab“ stöhnen können, schaltet sich Hadschi Halef Omar ein: „Die Wüste Sahaa wird doch gerade bewässert und kann mehrere Millionen beherbergen“. Beschlossen und verkündet: Man schickt die Österreicher in die (ehemalige, aber doch) Wüste, Österreich selbst wird Museum und Naturschutzpark. Einzig die Förster und Museumsdiener dürfen bleiben. Die Hochkommissare werden gefragt, ob sie als Kontrollarchivare agieren wollen. Es folgt eine Anspielung, die nur in diesen Jahren funktioniert und daher nur zündet, wenn man historisch interessiert ist: Die Verhandlungen zum österreichischen Staatsvertrag liefen bis 1955 alle folgendermaßen ab, dass die Westmächte und Österreich sich auf alle wichtigen Punkte geeinigt hatten und damit alles perfekt war. Dann wurden die Russen gefragt, die den Verhandlungen interessiert gelauscht, sich aber nicht durch Wortspenden ausgezeichnet hatten. Die Antwort der Russen war immer kurz und bündig: „Njet“. Ende der Verhandlung. In unserem Film schaut das nun so aus, das unsere Präsidentin alle durchfragt, und die Westmächte antworten mit „Oui“ und „Yes“. Danach fragt sie den Russen, und nimmt vorweg: „Njet, oder?“ Der Russe aber schüttelt den Kopf, klopft auf den Tisch und ruft „DA !!!“. Überrascht meint die Präsidentin: „Wirklich, DA ???“ Muss man erklären, versteht heut‘ keiner mehr.

Meinrad protestiert. „Solch teuflischer Plan über die Lippen einer Frau? Sind sie überhaupt eine Frau, Exzellenza?“ (Also, wie Jess Franco oder Andreas Bethmann dem Publikum DAS beweisen würden, kann ich mir bildhaft vorstellen.) Die Präsidentin aktiviert jedenfalls ihre feministische Ader: „Was bewirkte die Herrschaft der Männer? Jahrtausendelanges Chaos; Blut, Schweiß und Tränen“ (Ähm, schon mal von den Amazonen gehört? Die gibt’s bzw. gab’s nicht nur in schlechten Filmen !!!). Als sie noch von einem „Überholter Freiheitsbegriff“ faselt, reicht’s Angestellten des E-Werks, die die Verhandlung via Fernsehen mitverfolgen („Oba die Aundern, die tun, wos wolln.“). Der Chef persönlich stellt den Strom ab und gibt bekannt: Das ist ein Warnstreik für 5 Minuten, bei Nichtrücknahme des Beschlusses wird der Generalstreik ausgerufen. Öl in die Flamme: „Da haben Sie Ihre Österreicher“. Meinrad: „Das würde jedes Volk tun, dem man sein Land wegnehmen will. Gleiches Recht für alle. Auch für uns. Die ‚Vier im Jeep‘ gibt es nur bei uns. Warum fahren sie nicht in London, Moskau, Washington oder Paris?“ Darauf sollte man doch stolz sein, meint die Delegation. Nirgendwo sonst herrscht zwischen den Supermächten solche Einigkeit. „Und darum soll es immer so bleiben bei uns?“ Meinrad greift zum Mikro und spricht zu seinen Landleuten: „Bewahrt Besonnenheit. Nicht Generalstreik, sondern friedliche Demonstration.“

Auf das hinauf wird die Präsidentin kompromissbereit: Sie kündigt an, die Nacht zur Kontrolle in Wien zu bleiben.

Meinrad tritt ab, denn so eine Demo will natürlich vorbereitet werden (nett dabei die darauffolgende Szene, in der er die vor Gerichtssaal auf ihren Auftritt wartenden Schauspieler heimschickt, neben Kaiser Franz Joseph I. und Dr. Karl Lueger (legendärer, wenn auch antisemitischer Wiener Bürgermeister) auch Kaiserin Elisabeth, die, wenn sie nicht mehr gebraucht wird, heimgeht, um das Nachtmahl zu machen). Die Präsidentin indes vertraut den Ösis noch immer nicht und gibt klare Anweisungen: „Untersuchen sie alles nach Mikrofonen und Zeitzündern.“ (Klar, die gesamte Delegation sprengen ist sicher ein probates Mittel, die Freiheit zu erlangen…). Während die Schlafgemächer für die hohen Damen und Herren hergerichtet werden, bändelt Herakles mit Meinrads Sekretärin an. Dafür findet er beim Schlafen gehen dann aber auch eine Schokoladenkugel und ein Kärtchen mit der Aufschrift „Gute Nacht.“ Ist doch süß, oder?

Zu den Klängen von Mozarts „Kleinen Nachtmusik“ ziehen die Delegierten in ihren Gemächern ein. Vor dem Bild einer nackten Nymphe bleiben zwei der Delegierten aber dann doch stehen: „Gehen wir noch aus heute Abend?“ Inzwischen nimmt die Präsidentin ihr Zimmer in Augenschein: Es ist voll mit Statuen griechischer Kriegerinnen, die männliche Gegner niederstrecken. Ein wissender Blick verrät uns, dass sie die zarte Anspielung verstanden hat (wäre ja auch nur mit einem Holzhammer noch eindeutiger gewesen). Sie schläft im Bett des Prinzen Eugen, ihr Badezimmer aber muss sie mit der spanischen Kollegin teilen.

Meinrad empfängt indes zwei Musiker (einer davon dargestellt von Hans Moser) und gibt ein Kampflied in Auftrag. Der Refrain soll „Gleiches Recht für Jedermann“ oder so ähnlich lauten. Mosers Frage „Wieviele Viertel?“ wird von Meinrad offenbar zuerst in Richtung „Weingläser“ verstanden, gemeint war aber der Takt (nicht jeder Witzversuch kann zünden…). Im Text sollen die Beiden „alles unterbringen, was sich in letzter Zeit angesammelt hat.“ Hans Moser (seine Rolle heißt übrigens „Winzig“) ist Realist: „Ich weiß nicht, ob ich mich das trauen darf.“

Die Präsidentin steht derweil zwischen den Kriegerinnen-Statuen herum und blickt auf das Bild von Maria Theresia, deren 16 Kinder sie bis zum Ende des Filmes faszinieren.

Unsere beiden Musiker komponieren und texten einstweilen fleißig. Wir dürfen dabei miterleben, wie Texter 1 meint, man müsse schreiben, dass Österreich sein Recht „fordert“. Moser meint: „Wir können nix fodern, wir sind zu klein.“ (Naja, immerhin können wir ja den Weltfrieden stören…) Besser wär: Wir „Verlangen“ unser Recht. „Bitten“ ist wieder ganz schlecht, das wirkt zu untertänig, auch wenn’s nicht zwingend so ist: „Im Kaffeehaus sagen Sie ja auch: ‚Bringen Sie mir einen Kaffee, bitte.'“

Irgendwann ist das Lied dann auch fertig: „Die Sonne scheint auf alle gleich. Warum nicht auch auf Österreich?“ – Meinrad ist begeistert. Das perfekte Kampflied.

Einstweilen erwachen die Delegierten der Weltunion. Die Spanierin, schon längst ein Auge auf Meinrad geworfen, bändelt mit dem Herrn Ministerpräsidenten via Telefon an („Ich hab von Ihnen geträumt.“ War wahrscheinlich schon 1952 nicht mehr der originellste Anmachspruch…). Vom Nebenzimmer aus hört die Präsidentin mit, und ist darüber sichtlich nicht sehr erfreut. Das hindert uns‘ Spanierin nicht, in die Stadt zu fahren. Wen sie da wohl treffen wird… *grübel*

Unsere übrigen Delegierten hocken einstweilen noch beim Frühstück und knobeln Ausweichprogramm anstelle der Demonstration aus (so will ein Delegierter, den ich ob seiner extravaganten Kleidung als Chinese identifizieren möchte, ins Staatsarchiv). Mitten im schönsten frühstücken und planen explodieren in ganz Österreich Knallfrösche. Hadschi Halef Omar: „Was hab ich gesagt? Sie schießen schon.“ Danach dröhnt aus allen Lautsprechern das in der Nacht komponierte (und offenbar bereits mit Chor aufgenommene) Kampflied, unterlegt mit Bildern von Kindern, Babys, Autokolonnen mit Demotransparenten und vor allem Volksfeiern aus ganz Österreich. Zeitgleich beginnen auch alle Kirchenglocken im ganzen Land zu schlagen. Die Sequenz endet mit einem Shot vom vollem Heldenplatz (nein, ich frage jetzt nicht, aus welchem Jahr diese Aufnahme stammt). Auf einem Berg (ich schätz mal in Tirol) hält ein Politiker eine Ansprache, die via Mikrofon auch auf den Heldenplatz übertragen wird: „Wenn die Großmächte unser Recht anerkennen, wird das der Anfang für eine bessere Weltordnung sein.“

Zur Johann Strauß‘ Wiener Blut kommt der Demozug am Lusthaus im Grünen Prater an, der Zug trägt einen Wagen, auf dem Blumen die Worte „Gleiches Recht für Österreich“ bilden. Hadschi Halef Omar: „Da hammas ja, die Hetzparole.“ Mich deucht, der Mann hat was gegen uns… Johann Strauß fährt vorbei – und es folgt ein Wiener Operette – Medley aus 10 Operetten (Hab ich schon mal ausgeführt, was ich von Operetten halte? AUFHÖREN, BITTE, AUFHÖREN !!! Ich lieg schon wild zuckend unterm Computertisch… *bibber*)

Die Spanierin indes ist mit Meinrad im Kleidungsgeschäft und probiert ein Dirndl an (Typisch Frau: Gib Ihr einen Kleidertempel und sie vergisst, dass sie eigentlich Diplomatin auf höchster Ebene ist). Der Verkäufer meint: „Das geborene Dirndl.“. Diesen Zeitpunkt sucht sich uns‘ Präsidentin aus, um das Geschäft zu betreten: „Ihr Volk demonstriert um sein Leben. Und der Verantwortliche…? Das ist wieder einmal typisch.“ „Wenn eine schöne Frau ruft…“ Das kann eine eisenharte Präsidentin natürlich nicht beeindrucken (zumal sie dieses Kommentar wohl auch auf die Spanierin bezieht): „Andere mögen sie mit ihrer Atmosphäre benebeln. MIR kommt der Wiener Charme recht antiquiert.“ (Passt ja auch zu einem Volk, bei dem alles Neue immer automatisch ein Schmarrn is. Man verzeihe mir diesen persönlichen Ausrutscher. War aber eh nicht der erste, oder?)

Meinrad meint darauf in Richtung Spanierin: „Madam sehen in der Tracht wunderschön aus. Aber Exzellenza dürfte es entschieden zu weiblich sein.“ Präsidentin: „Ach, Sie meinen, weil man hierzulande ein Dutzend Kinder haben muss, um regieren zu können.“ Die Spanierin jedenfalls beschließt, die Demo im Dirndl zu betrachten. Der Verkäufer meint zu Meinrad: „Das hätt‘ ma g’schafft, Herr Präsident.“ Ja, hatte da etwa jemand Hintergedanken? Nicht doch, sonst heißt’s noch, wir Ösis wären hintertückisch… Die Gute Spanierein ist inzwischen jedenfalls total „austrianisiert“: Sie schließt sich im Dirndl der Demo an und versucht sogar zu jodeln. Wird zwar nur ein Indianerkriegslaut, aber der Versuch ehrt sie.

Der chinesische Delegierte studiert einstweilen Bücher des Staatsarchives. Muss es uns interessieren? Müssen nicht… Aber es wird noch wichtig.

Meinrad indes zeigt der Präsidentin den schönsten Wiener Brunnen. Der zeigt einen Schlangen- bzw. Drachenwesen in Angriffspose auf eine Frau. Unserer Präsidentin ist das mal wieder Zeichen für die österreichische Aggression, und Meinrad stimmt zu: „Das ist der Österreichischer Aggressor, der eine hilflose Präsidentin überfällt. Lassen Sie doch Ihr Herz sprechen anstatt der Paragraphen und Prinzipien. Dann würfen wir sie weniger fürchten, aber mehr lieben.“ Gut, wir haben’s kapiert, die beiden werden wohl noch ein Paar. Gottlob aber wird aus 1. April 2000 kein Liebesfilm, es tut nur langsam not, zum Ende zu kommen. Immerhin sind wir in Minute 90…

Die Demo jedenfalls marschiert nun zum Radetzkymarsch, uns‘ Spanierin tanzt voran, was von ihren Kollegen nicht nur zur Kenntnis genommen wird, sondern diese dazu bringt, sich spontan anschließen. Endlich sind nun auch die Sängerknaben im Bild, und Herakles krallt sich nun endgültig Meinrads Sekretärin. Meinrad und die Präsidentin finden sich einstweilen am Grabe Maria Theresias ein. Dort trifft die Präsidentin den Nagel auf den Kopf: „Immer flüchtet Ihr ins Vergangene. Warum? Was ist mit Gegenwart und Zukunft?“ Nach einem Shot auf Tanz mit Musik, die aus der Raumpatrouille Orion stammen könnte, stehen Meinrad und die Präsidentin nun vor dem Bild der Maria Theresia als Infantin, gemalt von Velazquez. „Wieder in der Vergangenheit“, kommentiert sie, aber Meinrad will nur endlich ungestört mit ihr reden. Madam Presidente ist immer noch uneinsichtig: „Sie meinen über ihren Friedensbruch?“ Naja, der Film dauert nur noch knappe 10 Minuten, ein bisschen müssen wir die die Entscheidung noch hinauszögern.

Jedenfalls ist das die richtige Zeit für die letzte Grundsatzdiskussion: „Wir haben noch keinen Frieden. Das wurde uns nur versprochen. Vor 57 Jahren.“ (Also 1943… das meint offenbar die Moskauer Deklaration. Aufgrund einer noch kommenden Szene muss ich da leider „Regiefehler“ schreien. Genauere Beschreibung wird bei entsprechender Szene nachgeliefert.). „Dennoch dürft Ihr ihn Euch nicht mit Gewalt nehmen.“ Zeit für Charakterexposition: Madam Presidente war Rechtsanwältin, hat aber jemanden im Krieg verloren. Sie gab daraufhin ihren Beruf auf und hat sich (übrigens „im Namen aller Frauen der ganzen Welt“) geschworen, jeden Krieg zu verhindern. An sich ja ein löbliches Werk, aber die „um jeden Preis“ – Politik bringt eben selten Gutes, und so meint sie „notfalls auch Vorbeugung durch Strenge.“ Meinrads Konter „Und für diesen Frieden lassen sie ein wehrloses Land besetzen ???“ entbehrt nicht einer gewissen Logik. Dennoch wird’s meiner Ansicht nach langsam Zeit, diese 08/15-Plänkelei zu beenden.

Gottlob schlägt eine Uhr 15 Uhr, und da wollte man die Verhandlung weiterführen. Diese muss aber wohl wegen akutem Mangel an Schöffen abgesagt werden: Die tanzen lieber in einem Ballsaal und lauschen Hans Moser beim „singen“ eines Völkerverständigungsliedes. Madam Presidente und Meinrad stehen ziemlich dumm im leeren Gerichtssaal herum.

Schreckliche Nachrichten, noch 7 Minuten vor Filmende: Ein Alliierter Jeep ist gesprengt worden. In diesen Moment betreten die Delegierten und Kiebitze den Gerichtssaal. Da kann die Präsidentin gleich die schlimme Nachtricht verkünden und von einem „Zweiten Sarajewo oder Pearl Harbor“ sprechen. Verdammt, so knapp vor dem Sinneswandel… Kruzifix.

Meinrad klammert sich an den letzten Strohhalm: Fernsehberichte ein… Und schon ist wieder ein Happy End in Sicht: Herakles hat einen Spielzeugjeep gekauft, der ist in die Scheibe eines Geschäftes gedonnert und die Scherben haben ein kleiner Mädchen verletzt, die aber an Ort und Stelle versorgt wurde. Damit ist alles wieder im Lot, womit wir nun zur „Urteilsverkündung“ schalten können: Madam Presidente verkündet, dass „dieser Vorfall zeigt, welche Gefahr die ‚Vier im Jeep‘ darstellen“. Da platzt unser unser Chinese aus dem Staatsarchiv in den Gerichtssaal, um ein dort gelagertes Dokument zu verlesen, dass besagt, dass im Jahr 1943 die größten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts Österreich die Freiheit und Unabhängigkeit versprochen haben. Die Besetzung kann demnach nur ein tragischer Irrtum sein. (Und da diese Deklaration – so unlogisch das auch sein mag, wenn sie im Staatsarchiv liegt – wohl keiner kennt, kann Meinrad im Museum mit den 57 Jahren auch nicht 1943 meinen, uns sollte daher wohl auch 47 Jahre, also 1953, sagen). Das ist nun endgültig das Stichwort: Österreich ist frei und unabhängig, die Besatzung wird beendet. Meinrad stürmt aufs Podium und schnappt sich die Präsidentin, was vom afrikanischen Delegierten mit „Na also: Du, glückliches Österreich, heirate.“ kommentiert wird. Nach der obligatorischen Walzerszene zeigt man uns, wie zu den Klängen von „Oh, Du mein Österreich“ das UFO mit den Hochkommissaren abhebt und Meinrad und die Präsidentin (und wohl zukünftige Ehefrau) Seite an Seite am Balkon des Schlosses Schönbrunn stehen. Meinrad blickt entsetzt in die Kamera: „Das wäre geschehen am 1. April 2000. Aber wir haben ja erst das Jahr…“ Pure Verzweiflung. (Ganz ruhig, Josef, sind nur noch 3 Jahre.).

Na, was sagt man als Deutscher zu diesem Blick in Österreichs Geschichte? (Wahrscheinlich „Mir doch egal.“ Obwohl: Wärt Ihr dann bei dieser Zeile der Rezi angekommen?)

Eines aber geht wohl hoffentlich aus den oberen Zeilen hervor: 1. April 2000 ist KEIN Science-Fiction – Film. Ich hoffe, dass wir uns darüber einig sein können, dass ein Film nicht zum SF-Film wird, nur weil ein paar UFO-Artige Dinger, die die Fluggeräte der Zukunft darstellen wollen, herumfliegen, und weil ein paar Leute komische Gewänder tragen. Tatsächlich will ich 1. April 2000 nicht mal als Zukunfts-Utopie bezeichnen. 1. April 2000 ist lupenreine Zeitsatire.

Die Botschaft des Films (Oh GOTT !!! Ein Film mit BOTSCHAFT !!! Das lässt mich normalerweise das am weitesten entfernte Weite suchen !!!) ist eindeutig: Wir haben die NS-Zeit hinter uns. Österreich ist definitiv entnazifiziert (bereits 1945 wurden alle NSDAP-Mitglieder von jeder Form der Ausbildung, Justiz und Legislative ausgeschlossen), also lasst gefälligst wieder zu, dass Österreich sich selbst um seine Angelegenheiten kümmert. Das noch heute die Nazizeit als Argument herangezogen wird, wenn alle Argumente ausgehen bzw. nie welche da waren, und das dann nur selten fundiert ist, steht wieder auf einem anderen Blatt.

So, und bevor ich mich nach dem letzten Satz, der mir irgendwie am Herzen lag, noch mehr in einer Abhandlung zum Thema „Vergangenheitsbewältigung“ verliere, schnell zum Handwerklichen: Dass der Film im Schnellverfahren „abgedreht“ wurde, sieht man ihm trotz aller Liebe zeitweise an, und zwar vor allem wegen der statischen Bilder Marke „Festgemauert in der Erde steht ’ne Kamera“. 1. April 2000 macht oftmals den Eindruck eines abgefilmten Theaterstückes, was man in diesem Fall aber nicht negativ beurteilen sollte. Aufgrund der „Absicht“ der Filmemacher waren großartige Kamerafahrten, raffinierte Inszenierung und innovative Schnitte nicht gefragt. Ich wage sogar zu behaupten, dass man damals der Meinung war, dass 1. April 2000 als „Momentaufnahme“ die nächsten Jahrzehnte ohnehin nicht überdauern würde. Wirklich unangenehm fallen letztendlich nur die viel zu langen Einspielungen der Spanischen Hofreitschule und vor allem das Medley der Operetten auf. Dafür wurde die Vorspultaste am DVD-Player bzw. Recorder angebracht.

Die Schauspieler kommen überwiegend vom Theater oder der harmlosen Komödie. Wenn man so will könnte man sie als „unsere Heinz Rühmanns“ bezeichnen. Einige kehrten auch auf die Theaterbretter zurück (z.B. Josef Meinrad), feierten vor und nach dem 1. April 2000 weiterhin Erfolge in Film und Theater (z.B. Hans Moser und Paul Hörbiger) und verschwendeten ihr Talent im Bereich der Heimat“filme“ (Waltraut Haas). Naja, jedem das Seine, ich muss ja nicht hinsehen. Immerhin hat der Film mit Curd Jürgens zumindest einen späteren Weltstar im Aufgebot.

Was den 1. April 2000 angeht, machen sie ihre Sache allesamt recht gut, was u.a. daran liegen könnte, dass das Anliegen des Films ein Anliegen des ganzen Volkes und damit auch eines dieser Schauspieler war. Bis heute jedenfalls gilt 1. April 2000 als absolut kultiges Kuriosum der (zugegeben, sehr… ähm… übersichtlichen) österreichischen Filmgeschichte. Und wie wir ja alle aus dem Geschichtsunterricht wissen (zumindest alle hier in Österreich), brauchte es ja dann doch nur 3 Jahre und den Tod eines der schlimmsten Diktatoren in der Geschichte der Menschheit, um wahr werden zu lassen, was dieser Film erst für 2000 vorhergesehen hat.

(Und noch eine abschließende Frage an den Doc, die anderen Gastrezensenten, den Lektor und an die anderen Stammleser: Kann es sein, dass das die politischste Rezi in der Geschichte dieser Seite ist?)

(c) 2008 Poes Rabe


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 8


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