Interview mit Andreas Strassmann (cmv-Laservision)

cmv-Laservision ist ein deutscher Independent DVD- und Blu-ray-Hersteller mit Firmensitz in Berlin. Im März 1998 ließ Firmengründer Andreas Strassmann die Namensrechte am damaligen – zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelösten – Kult-VHS-Hersteller cmv-Audiovision prüfen und erwarb diese im Anschluss. Der in erster Linie durch sein kontroverses, anstößiges Programm sowie seine ungeschliffene, einzigartige Corporate Identity berüchtigte deutsche VHS-Hersteller diente damit sowohl als Basisinspiration wie auch konzeptionelle Grundlage für den inoffiziellen „Nachfolger“ cmv-Laservision.

Das Programm von cmv-Laservision umfasst bis heute vornehmlich neben B-Movies, unterschlagenen Nischen-, Kult- und Trashfilmen ganz besonders den Special Interest-Bereich – insbesondere auch sozialkritische/genderpolitische Titel. Darüber hinaus wurde zwischen September 2001 und Januar 2002 eine 6-teilige Soundtrack-Reihe von italienischen Genrefilmen in einer kleinen Auflage von je 500 Exemplaren veröffentlicht – die Idee einer Weiterführung dieses Veröffentlichungskonzeptes wurde allerdings aufgrund zu geringer Nachfrage wieder verworfen. Zudem beinhaltet das Programm von cmv-Laservision konzeptionelle Editionen, die in limitierter und nummerierter Auflage entweder fortlaufend weitergeführt werden oder mittlerweile abgeschlossen sind (z. B. „Trash-Collection“, „Eastern Collection“, „Retro Edition“, „Herschell Gordon Lewis Collection“ u. a.).

(Quelle: cmv-Laservision)

Zuerst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, den Lesern von BADMOVIES für ein Interview Rede und Antwort zu stehen! Du bist ja seit mittlerweile fast 25 Jahren mit Deinem Label cmv-Laservision am Markt tätig und hast bestimmt die ein oder andere nette Anekdote parat. Dass Du Dir für Dein Label den Namen Deines VHS-Lieblingslabels gesichert hast, dürfte ja hinlänglich bekannt sein. Es gab neben cmv-Audiovision aber noch andere Labels, die zum Teil heute noch große Fangemeinden besitzen, etwa Mike Hunter, vor allem wegen ihrer Filmauswahl, oder VMP, Arcade und Bavaria wegen ihrer schönen Glasboxen. Welche sonstigen Labels gefielen dir als VHS-Sammler?

Da kommt mir zuerst Heeres Video in den Sinn. Von denen gab’s zwar nicht allzu viele Titel, aber allesamt in Hartboxen basierend auf zwei schönen Grunddesigns mit hohem Wiedererkennungseffekt. Daneben noch Videophon (rote Serie), UfA (Punktecover), Solar Video, Greenwood, Westside und Marketing Pappboxen.

Was war Deine liebste Veröffentlichung auf VHS, Deine persönliche Perle?

Da kann ich mich jetzt nicht zwischen „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ von Videophon und „Nightmare“ von Solar Video entscheiden, also beide. ;o)

Wie und wann kamst Du auf die Idee, selbst ein Label aufzuziehen?

Der Gedanke, Filme unter eigenem Namen zu veröffentlichen, kam mir Ende 1997. Mit einem Geschäftspartner, der sich bis dato auf den Vertrieb von Laserdiscs aus dem In- und Ausland spezialisiert hatte, wurde schließlich im März 1998 „cmv-Laservision“ gegründet.

Mit cmv-Laservision hast Du ja mit dem Vertrieb von Laserdiscs begonnen, was, soweit ich informiert bin, schon nach sieben Titeln eingestellt wurde. Die Laserdisc gab es als Premium-Medium ja schon seit einiger Zeit, konnte sich auf dem Massenmarkt, auch wegen der vglw. gleichbleibend hohen Anschaffungskosten nie ganz durchsetzen. War der Gedanke dahinter eher ein idealistischer oder glaubtest Du wirklich daran, dass Laserdiscs sich doch noch langfristig im Mainstream etablieren würden?

Es gab nur fünf Titel von uns auf Laserdisc. Tatsächlich waren sieben geplant, aber „Muttertag“ und „Maniac“ erschienen dann später auf DVD und nie auf Laserdisc, obwohl die Coverdesigns für beide bereits fertig waren. Zum damaligen Zeitpunkt gab es in Deutschland aber durchaus eine feste Sammlergemeinde für Laserdiscs, insbesondere im Horrorbereich. Im Mainstream hat sie sich jedoch nie wirklich etabliert, aber das spielte für unsere Ausrichtung keine große Rolle. Vielmehr war es die DVD, die der Laserdisc den letzten Todesstoß gesetzt hat, weil der Produktionsaufwand und somit auch Verkaufspreis wesentlich geringer war.

Wann kam eure erste DVD raus und welcher Titel war das?

Das waren „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ sowie „Die Rückkehr der Zombies“, die zeitglich im Januar 2000 erschienen sind. Keine vier Monate zuvor erschien übrigens unsere Laserdisc von „Sado“ als letzte deutsche Laserdisc überhaupt.

Du warst mit Deinem Label Anfang der 2000er ja recht breit aufgestellt. Es gab vor der berühmten Trash Collection ja u.a. die Rockthology-Reihe, die englische Erotik-TV-Serie Electric Blue oder auch eine Soundtrack-Reihe, die von Dir auf den Markt gebracht wurde. Weißt Du noch, was ihr alles mal an Reihen und Collections laufen hattet?

Wir sind auch heute noch recht breit aufgestellt, allerdings nicht mehr mit so vielen unterschiedlichen Sammelreihen. Geblieben ist bis heute die Trash Collection, die aktuell bei No. 173 steht. Und selbstverständlich erinnere ich mich an jede einzelne Sammelreihe, weil wir uns zu jeder einzelnen ja auch Gedanken gemacht haben.

Neben der Trash Collection gab es ja von 2007 an auch noch die Retro Edition, die sich unter Sammlern großer Beliebheit erfreute und mit „Die Mumie des Pharao“ begann. Warum ausgerechnet Jewel Cases und warum keine herkömmlichen Cover?

Die Super-Jewel-Box war quasi als Analogie zu den VHS-Glasboxen unsere erste Wahl. Die „fehlenden“ Fronteinleger waren eine weitere, nämlich zu den VHS-Pappboxen von cmv-Audiovision, die alle auf dem selben Grunddesign basierten. Die Pappbox selbst war stets identisch und die jeweiligen Titelbilder, Rückentext, etc. wurden lediglich aufgeklebt. Bei unserern Super-Jewel-Box-Auflagen bildet also die DVD selbst das Titelbild, und daher gibt es keinen Fronteinleger.

Die beliebteste Reihe von cmv ist natürlich die Trash Collection, die es ja mittlerweile seit 18 Jahren gibt. Hier auch wieder als erstes die Frage zur Veröffentlichungsform: warum kleine Buchboxen?

Ich war schon zu VHS-Zeiten ein großer Fan von Hartboxen. Im DVD-Sammlerbereich gab es die gelegentlich auch, aber stets die größere Variante. Für mich erschien die kleine Hartbox (die bei uns Buchbox heißt) irgendwie logischer, weil sie die Größe einer Amaray-Box hat – die VHS-Hartboxen hatten ja damals in der Regel ebenfalls die selbe Größe wie ihre Weichbox-Pendants.

Die Videotheken waren ja voll mit Titeln, die kaum jemand kannte und die oftmals nur geschnitten den deutschen Markt erreichten. Der Pool an Filmen, die man potenziell ungeschnitten und auf DVD in Deutschland veröffentlichen könnte, war also ziemlich groß. Aber natürlich sind nicht alle Titel, die für so etwas in Frage kämen, besonders anziehend für den geneigten „Trash“-Fan und Sammler. War es immer leicht, hierfür einen neuen Titel zu finden, oder wurde es mit der Zeit immer schwerer?

Tatsächlich haben sich in all den Jahren ohne große Probleme immer wieder Titel ergeben. Das hat zum einen damit zu tun, dass ab Ende der 1970er bis Ende der 90er und insbesondere in den 80ern durch den Videoboom unzählige Titel erschienen, die heutzutage „Trash-Collection-würdig“ wären, bzw. sind. Zum anderen ergaben sich im Laufe der Jahre zahlreiche Kontakte, die wiederum andere Kontakte vermittelten, viele Optionen ergaben sich somit quasi von selbst.

Was ist Dein persönlicher Favorit aus der Trash Collection?

Selbstverständlich ROBOTER DER STERNE! Meine unangefochtene Nummer 1, da dieser Titel hinsichtlich fast aller Aspekte, die einen Trash-Film ausmachen, einfach unübertreffbar ist. Und die unfassbare deutsche Synchronisation setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf!

Wird die Trash Collection weiterhin als Ergänzung der Mediabook-Veröffentlichungen angeboten?

So lange die Fans der Trash Collection treu bleiben, wird es sie auch weiterhin geben.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde ja der cmv-Laservision-Online-Shop aus der Taufe gehoben, in dem der Fan cmv-Produkte direkt bei euch ordern kann. Beim Durchforsten der verschiedenen Sparten fällt natürlich auf, dass es in puncto der Veröffentlichungs- oder meinetwegen auch Verpackungsform in einigen Kategorien scheinbar nur einen Titel, z.B. „Die Klasse von 1984“, gibt. Da werden sich viele Sammler sicherlich eines fragen: wird es künftig noch weitere VHS- oder Retro-Editions geben?

Eine weitere VHS-Edition ist derzeit nicht in Planung, auf diese Verpackungsform haben sich inzwischen andere Labels spezialisiert. Abgesehen davon gab es in 2010 mit „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ bereits eine VHS-Edition von uns, in 2011 noch drei weitere Titel und in 2014 neben zwei weiteren Titeln eine 13-teilige Sammelreihe im VHS-Design, also drei, bzw. sieben Jahre bevor Netflix/Target mit seiner VHS-Edition von „Stranger Things“ eine Welle ins Rollen brachte. Andere Editionen wird es aber immer mal wieder geben. Von „Großangriff der Zombies“ gab es ja mal ein Videobook, ferner haben wir sechs Titeln eine Glasboxauflage im alten VHS-Stil spendiert.

Viele Fans, die euch zumeist nur durch eure „harte Kost“ und vorangig der Titel der Trash Collection kennen, werden hier sicherlich spätestens jetzt zur Kenntnis genommen haben, dass sich über die letzten Jahre mit einigen Filmen des „Coming-of-age“-Genre und auch des „Gay-Related“ neue Produktsegmente bei cmv-Laservision Einzug gehalten hat. Eine, wie ich finde, sehr lobenswerte Sache, womit Du sogar renommierten Labels wie bspw. Arthaus tatsächlich voraus bist. Können wir in Zukunft weitere Titel der Coming-of-Age Collection erwarten?

Der Coming-of-Age Bereich hat sich im Laufe der Jahre als durchaus erfolgreiches Segment in unserem Portfolio etabliert, sodass wir dieses Genre zukünftig sicher um weitere Titel ergänzen werden. Tatsächlich gibt es auch hier eine gewisse Sammler-Klientel für Mediabooks, wie wir unter anderem mit SPIELPLATZ DES TEUFELS feststellen durften. Daher wird es demnächst mit PIANESE NUNZIO – 14 IM MAI aber auch THE BOYS NEXT DOOR, der durchaus ebenfalls dem Coming-Of-Age Genre zugerechnet werden kann, weitere Titel für jene Sammler geben.

Werdet ihr auch das Programm an „Gay-Related“-Titeln erweitern?

Dieser Markt hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, so dass wir hier lediglich Ausschau nach unveröffentichten Klassikern halten, aktuelle Produktionen jedoch nicht mehr lizenzieren.

Sind vielleicht noch Reihen zu anderen spannenden Themenfeldern in Planung?

Da wir im kommenden Jahr uns 25. Firmenjubiläum feiern, wird es im Zuge dessen sicher die eine oder andere Überraschung geben.

Wir von BADMOVIES wünschen Dir auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg mit dem Onlineshop und freuen uns auf interessante neue Releases! Ach ja, bevor ich zum Abschluss noch zu ein paar generellen Fragen schwenke, noch etwas, das sich viele „Trash“-Freunde fragen, aber sicherlich mehr mit Wunschdenken denn realistischer Machbarkeit zu tun hat: wird es vielleicht noch einmal ein Neuauflage der Herschell Gordon Lewis Reihe geben?

Leider nein, da die meisten der Titel nicht das Potenzial für eine Synchronisation hatten und andererseits der deutsche Horrorfan auf selbige ungern verzichten mag (ganz anders als im Bereich der „Gay related“-Titel, die wir überwiegend mit Untertiteln und auch durchaus erfolgreich veröffentlicht haben).

Wie gesagt, Du bist jemand, der in fast 25 Jahren als Label-Chef, aber auch schon davor in den 80ern und 90ern als leidenschaftlicher Sammler, mit der Film- und Medienwelt sowie dem Business dahinter reichlich Erfahrung hat. Die Welt, die Kultur, die Technik und damit auch die Art, wie wir Filme rezipieren und konsumieren, befindet sich ja im steten Wandel. Es gab VHS, Laserdiscs, VCDs, DVDs und dann Blu-rays, doch nun hat sich über die letzten Jahrer das Streaming etabliert, über Dienste wie Netflix, Amazon Prime und Disney+, um nur die größten davon zu nennen, und es wird geunkt, dass das Ende der physischen Medien eingeläutet ist. Ich selbst bin da eher skeptisch, zunächst was Vor- und Nachteile dieser Dienste angeht, mannigfaltene Probleme wie Lizenzen, Verfügbarkeit und Zensur schweben doch deutlich sichtbar durch den Raum. Aber wenn ich denn mal durch den Backkatalog von Amazon Prime streife, dann kann ich nicht bestreiten, dass es bisweilen wie der Gang durch die gute, alte Videothek anmutet, man Filme findet, die man dort nicht vermuten würde, manchmal sogar in einer Qualität, wie man sie noch von der alten VHS-Kassette gewohnt ist. Wie siehst Du als Inhaber eines eher an Sammler und Liebhaber gerichteten Labels die Konkurrenz durch Streamingdienste?

Streaming ist und bleibt meiner Meinung nach in erster Linie eher ein Thema für die Blockbuster-Produktionen, während limitierte Sonderauflagen insbesondere für die Independent-Labels ein wichtiger Faktor sind. Die Rückkehr der Vinyl-Scheibe zeigt, dass auch im Zeitalter neuer Technologien stets eine gewisse Sammler-Klientel bestehen bleibt, denen Haptik vor Bequemlichkeit geht, und für die sich nicht zuletzt der Wert einer Sammlung nicht am Umfang einer Festplatte bemisst.

Zum Schluss wollen wir wieder auf cmv-Laservision speziell zurückkommen. Ganz allgemein, auf was kann sich der cmv-Fan in Zukunft noch freuen?

Das wird noch nicht verraten, aber wir werden selbstverständlich auch weiterhin dem Genre-Bereich treu bleiben. Ferner gelegentlich neue Verpackungsideen für die Sammlerklientel anbieten, aber auch weiterhin im Bereich der preisgünstigen „Normalverpackungen“ tätig bleiben.

Vielen Dank, Andreas Strassmann, für Deine Zeit und die Einblicke, die Du unseren Lesern gewährst.

Sehr gerne!

cmv-Laservision Online-Shop
Interview vom: 17.09.2022
Geführt von: Thomas Hortian