Barbarella

 
  • Deutscher Titel: Barbarella
  • Original-Titel: Barbarella
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  • Regie: Roger Vadim
  • Land: Frankreich/Italien
  • Jahr: 1968
  • Darsteller:

    Barbarella (Jane Fonda)
    Pygar (John Phillip Law)
    Great Tyrant (Anita Pallenberg)
    Concierge/Duran-Duran (Milo O´Shea)
    Professor Ping (Marcel Marceau)
    Dildano (David Hemmings)
    Mark Hand (Ugo Tognazzi)
    Präsident der Erde (Claude Dauphin)
    Captain Moon (Véronique Vendell)
    Captain Sun (Serge Marquand)
    Stomoxys (Catherine Chevallier)
    Glossina (Marie Therese Chevallier)


Vorwort

Mein heutiger (vom Grossteil der mir bekannten Mitmenschen als zumindest zutiefst zweifelhaft eingestufter) Geisteszustand und/oder Filmgeschmack kommt verständlicherweise nicht von ungefähr, es gibt gewisse prägende Ereignisse im Leben eines jeden Filmbetrachters, die einem je nach Stimmungslage die Augen öffnen bzw. einen dazu bringen, sich selbige rauszureissen und zukünftig das friedliche Leben eines Yakhirten im Südhimalaya zu führen. Da ich, wie Ihr vielleicht bemerkt habt, derzeit weniger haarige Rindviecher in Nepal pflege, sondern hier blöde Reviews schreibe, könnt Ihr Euch denken, welche Alternative bei mir zutrifft. Eines dieser bewussten prägenden Ereignisse habe ich der ARD und ihrer verdienten alten Science-Fiction-Reihe (waaay back in the 70´s/80´s) am Samstag abend zu verdanken, und dass meine Eltern mir seinerzeit im Alter von acht oder neun Jahren tatsächlich erlaubten (nicht, dass ich gefragt hätte, hehe), Barbarella um 23.nochundölfzig Uhr zu kucken, kann man ihnen entweder als ausgesprochen liberale Sichtweise oder mittelschweren Erziehungsfauxpas auslegen. Gut, in dem Alter bekommt man von den sexuellen Anzüglichkeiten des Streifens natürlich noch nicht wirklich alles mit, aber bei Gott, das sind trotzdem Bilder, die Eindruck auf einen Knirps wie moi seinerzeit machen… Nun, zahlreiche Viewings und etliche Jahre später erschliesst sich mir auch die, ähm, andere Komponente des Films… Da dachte ich mir, ich könnte den Film, auf den ich eh mal wieder Bock hatte, auch mal für diese Seiten unter die Lupe nehmen. Ich versuche mich, da der Bekanntheitsgrad des Films wohl etwas grösser sein dürfte als der übliche Krempel hier, mal wieder etwas kürzer zu fassen…

Okay, noch ein paar Takte zum Film selbst… Roger Vadim, einer der französischen nouvelle-vague-Regisseure, der sich traute, Sex, bzw. das, was man in den 60ern dafür hielt, mit Filmen wie Und ewig lockt das Weib in den Mainstream-Film einzubauen, wollte gerne den ausgesprochen erfolgreichen sexy comic Barbarella (da man seinerzeit noch keine Comics verfilmte, sondern nur anständige Literatur, heisst es in den Credits kryptisch „based on the bestseller“) mit seinem Haus-und-Hof-Star Brigitte Bardot verfilmen. Dummerweise (für Vadim) entschied die Diva justament in diesem Moment, keine Unterhaltungsfilme mehr machen zu wollen und sich zukünftig hauptsächlich mit radikalen Tierschutzaktionen in den Schlagzeilen zu halten und Vadim brauchte eine neue Hauptdarstellerin – dass er auf Jane Fonda stiess, kann man als einen Treppenwitz der Weltgeschichte betrachten, denn mittlerweile will ja auch Mrs. Fonda nichts mehr von Film als Medium zur blossen Volksbelustigung wissen…


Inhalt

Legendär ist der Film schon mal wegen seiner legendären Titel-Sequenz, in der Jane Fonda sich bei Zero Gravity Stück für Stück aus ihrem Raumanzug schält, bis der Zustand kompletter Nacktheit erreicht ist – explizite Einblicke werden uns leider verwehrt, da die Produzenten irgendwo noch ihre Title-Cards einblenden müssen (und Ihr könnt Euch ja denken, über welche Stellen), aber der ein oder andere Nippel schimmert denn doch durch. Okay, zur Story – im Jahr 40.000 (angeblich, im Film selbst sagt das niemand) zoomt die hübsche Klasse-5-Astronavigatrix (boah, Klasse 5!) Barbarella in ihrem mit Plüschteppichen ausgelegten Holz-Raumschiff „Alpha Sieben“ durchs Universum. Just nach ihrer Strip-Einlage klingelt der Präsident der Erde höchst selbst an (und begrüsst Barbarella mit einem unenthusiastischen „Liebe!“ – ist nicht ganz so cool wie „Sanfte Grüsse, Bürger! Was sind deine Extreme?“, aber ein Anfang) und verklickert dem Mädel, dass es sich a) nicht die Umstände machen solle, sich anzuziehen und b) er einen Super-Geheimauftrag für sie habe. Der Erde geht nämlich der Wissenschaftler Duran Duran ab (sollte es tatsächlich noch einen Menschen auf dieser Welt geben, der nicht weiss, dass die Popgruppe gleichen Namens sich nach eben diesem Kerl benannte, weiss er es jetzt – lustig übrigens, dass Duran Duran später noch als Konzept-Video zu ihrem Album „Arenä ein „Sequel“ mit Milo O´Shea drehten, indem er die Rolle erneut übernahm), der Schelm habe sich in die unerforschten Gebiete um Tau Ceti abgesetzt und noch dazu sein Geheimrezept für den „positronischen Strahl“ mitgenommen und letzteres ist – GOSH – eine Waffe! Und das, wo das Universum doch seit Jahrhunderten befriedet ist. Blöderweise weiss man nichts über die Leute, die sich in Tau Ceti so rumtreiben – die könnten doch glatt noch im „primitiven Status neurotischer Verantwortungslosigkeit“ sein (also so ähnlich wie die Bush-Administration) und das wiederum könnte Krieg bedeuten! „Eigensinnigen Wettbewerb?“ vermutet Barbarella, die ihren Thesaurus gerade nicht gefrühstückt hat. „Blutige Konfrontation!“ berichtigt der Präsi und da die befriedete Menschheit keine Armee oder Polizei hat, ist das einzige, was zwischen dem Universum, wie wir es kennen, und mannigfachem Blutverlust steht, unsere liebe nette und affenscharfe Klasse-5-Astronavigatrix. Ihre Mission erleichtert nicht gerade, dass das einzig bekannte Foto von Duran Duran (so ´ne Art Klassenfoto) den bewussten Mann mit Helm zeigt (!). Aber per „Atom-Transmitter“ beamt der Präsi einen Gehirnwellendetektor, der anspringt, sobald Duran Duran in der Nähe ist, auf Barbarellas Schiff, zudem noch einige antike Waffen, Leihgaben des Konflikt-Museums.

Barbarella akzeptiert die Mission, zieht sich an und jagt ihr Schiff dann in den „temporal space“ für den 150-Stunden-Trip nach Tau Ceti (also ist das ganze kosmisch gesehen ein ziemlicher Katzensprung, was die Forschungsbemühungen der Menschheit in einem zweifelhaften Licht dastehen lässt… da hätte man doch mal nachsehen können). Barbie beschliesst, die Reise zu verschlafen, knallt sich auf eine Art Plastik-Plane zum Pennen und lässt sich vom schwuchtelig klingenden Bordcomputer Alfie aufwecken („Barbarella, rise and shine“ flötet der Compi singenderweise). And a good thing, too, denn die Alpha Sieben gerät in eine „magnetische Störung“, die effekttechnisch so aussieht, als hätte man das Innere einer Lavalampe gefilmt und vermutlich nur nach mindestens acht LSD-Trips mit „Weltraumeffekten“ in Verbindung zu bringen ist. Alfie, Berufsoptimist unter den Computern, berechnet die Überlebenschancen auf lumpige 0,00002 zu 10000, was keine wirklich erfreuliche Quote ist. Nach mehr ungeheuer psychedelischen Weltraumeffekten (uff… nie mehr beschwere ich mich über Ed Woods Effektarbeit) bruchlandet Barbie in einer recht eisigen Gegend, die Alfie als „Planet 16“ im Tau-Ceti-Gebiet identifiziert. Barbarella zieht sich zwecks Erkundung der Sachlage erst mal um (wobei mir ihr lecker Outfit als eher ungeeignet für eher kalte Regionen erscheint), entdeckt nicht nur ein hübsches Loch im Schiff, sondern auch zwei identische Dreikäsehochs (Zwillingsmädchen, für die Nichtdenker), die komisches Kauderwelsch radebrechen und Barbarella (die´s mit Englisch und Französisch – der Sprache, Ihr Ferkel – probiert) mittels eines mit einem Glitzerstein beschwerten Schneeballs k.o. schlagen, fesseln und mit einer Art Skibob (Barbarella, wieder bei Bewusstsein: „I haven´t skied in ages!“), der von einem globbrigen Mantarochen gezogen wird (I don´t make this up, people!) zum abgestürzten Wrack eines Erdschiffs namens „Alpha 1“, dem Schiff von Duran Duran, karren.

Das Schiffswrack wird von einem guten Dutzend Zwillingen bevölkert, die Barbarella an einen Pfosten fesseln und dann ihre Killerpuppen auf sie los lassen. Diese ferngesteuerten Spielzeuge verfügen über ausgesprochen scharfe metallene Kauwerkzeuge und beginnen der entsetzten Barbie in Arme und Beine zu beissen und ihr allgemein das Outfit zu zerfetzen (Barbies schwacher Protest: „Das sag ich euren Eltern!“, bevor sie ihn Ohnmacht sinkt). Sufficient to say, dass die entsprechende Trickarbeit nicht gerade, eh, überzeugend wirkt… Bevor Barbarella von den Püppis verhackstückt und unser abendfüllender Spielfilm erheblich abgekürzt ist, taucht eine in Fell gekleidete Gestalt in Begleitung von zwei peitschenschwingenden Stormtroopers-in-braun auf und feuert einen Schiessprügel ab, worauf ein Netz von der Decke auf die Kinder fällt und selbige fängt (ja, ich weiss, das soll so wirken, als würde das Netz aus der Waffe kommen, tut´s aber nicht!). Der Fellträger befreit unsere Heroine mit sabbernder Mimik und stellt sich, nachdem Barbarella ihre „Tongue Box“ auf das hierzulande gefaselte Kauderwelsch abgestimmt hat, als Mark Hand, der „Fänger“, vor, dessen Aufgabe es ist, die Kinder der Stadt Sogo, die eine gewisse Zeit, bis sie brauchbares Alter erreicht haben, in der Wildnis sehen müssen, wie sie zurechtkommen, wieder einzufangen und den Behörden zu übergeben. Von Duran Duran weiss Mark Hand als simpler Fänger gar nix – Antworten gibt´s nur in Sogo, und damit Barbie auch dahin flattern kann, bietet sich der freundliche Kingerschreck als Raumschiffsmechaniker an – immerhin, so erläutert er, halte er auch das „Eisgefährt“ (eine Art Segel-Gleiter mit eingebautem Propeller für Wind) in Schuss (was wohl ungefähr so plausibel ist, wie einen VW-Mechaniker ein Space Shuttle warten zu lassen). Barbie ist begeistert… wie könne sie dem Freund und Helfer nur danken? Mark Hand hätte da schon eine Idee… Liebe machen! Und dabei kennen die beiden noch nicht mal die jeweiligen Psychokardiogramme, entrüstet sich Barbarella, worauf Mark Hand erwartungsgemäss wie ein Kleinwagen kuckt. Na gut, soll Barb auch wurscht sein, nur will Mark Hand nicht auf die moderne Weise Liebe machen, ´ne Pille schlucken und dann die Handflächen aneinanderpressen, bis die gewünschte Stimulation eingetreten ist, nein, Mark deutet unbürokratisch auf das Bett! „Aber das hat seit Jahrhunderten niemand mehr gemacht,“ säuselt Barbarella, als ihr klar ist, dass Mark nach gutem altmodischen dreckigen Sex der Sinn ist, schliesslich wäre diese Methode „ablenkend“ und hindere die Menschen an maximaler Effizienz (da ist was dran), aber wenn Mark darauf besteht, soll es halt so sein – „aber ich weiss nicht, wozu das gut sein soll!“ Der Fänger schält sich aus seinen Fellen (und da er Ugo Tognazzi ist, ist er unter den Fellen nur unwesentlich weniger behaart…) und macht sich ans Werk. Tja, und was soll man sagen, die Italiener (Tognazzi, newa) sind wohl doch begnadete Liebhaber, jedenfalls ist Barbarella nach Verrichtung des Akts (der aufgrund seiner Dauer ein paar Ehrenrunden rund um Barbies Schiff nötig machte) absolut hingerissen und singt ekstatisch vor sich hin, während Mark sich an die Reparatur des Schiffes macht (wir bekommen einen nude body shot der Fonda durch die transparente Plastik-Hülle des Eisgefährts serviert – und, ha-haa, passend zum Ende des Liebesspiels knicken die phallusähnlichen Plastiktügensegel desselben ein… pretty risque´ für 1968, I suppose).

Mark lädt Barbarella auch ein, ihr derangiertes Outfit durch einige seiner Pelze zu ersetzen – die Dame entscheidet sich für ein ausgesprochen unpraktisches Modell mit meterlangem Schwanz, der ihr prompt in allen möglichen Schotts und Türen klemmt). Nachdem Barbarella dem wilden Mark noch eingestehen muss, dass die altmodischen Methoden doch nicht ganz so übel sind („aber ich verstehe, warum man sagt, dass es ablenkt“) und in Aussicht stellt, auf dem Rückflug noch mal vorbeizuschauen, düst sie ab in den Himmel. Da die raumschiffreparatorischen Fähigkeiten des Fängers aber in der Tat so zweifelhaft wie befürchtet sind, hat der die Stabilisatoren „rückwärts“ repariert, wie Alfie sich ausdrückt und Alpha Sieben geht in Sturzflug über. Zum Glück sind die Erd-Raumschiffe auch als Erd-Schiffe zu verwenden, Barbarella aktiviert die „Terraschraube“ und das Schiff bohrt sich in den Boden, taucht durch weitere psychedelische Farbeffekte (die „unterirdisch“ verkörpern sollen) und kommt schliesslich in einer unwirtlichen Felslandschaft wieder zum Vorschein. Barbie, in neuem Outfit, natürlich, steigt aus, um erneut die Schäden zu überprüfen, schlägt lang hin und verliert einmal mehr das Bewusstsein. Sie kommt wieder zu sich, als sie von einem Fremden, eh, abgetastet wird, schlägt die Augen auf und stellt fest: „Ich bin tot!“

Zugegeben, ein naheliegender Gedanke, wenn man sich einem Engel gegenübersieht… aber es ist nur Pygar, der letzte der Vogelmenschen, und noch dazu blind, weswegen er sich der Tastmethode bediente, und er erklärt ihr, dass sie sich im Labyrinth der „Stadt der Nacht“ befinde. Auf Anfrage gibt er seine Leidensgeschichte zum Besten – nach einem Absturz in Sogo wurde ihm dort auf Geheiss des „Grossen Tyrannen“ das Augenlicht genommen und er anschliessend ins Labyrinth verbannt, wo er dann auch prompt den „Willen zum Fliegen“ verloren habe. „Wie scheusslich,“ kommentiert Barbarella, um sich aber prompt ihrer Mission zu erinnern und nach Duran Duran zu fragen. Pygar weiss von nichts, aber Professor Ping könnte ihr eventuell weiterhelfen. Pygar führt die Astronavigatrix durch das Labyrinth, das gar grauslich ist – Menschen versteinern dort förmlich (bzw. Steine wachsen um sie herum… ein bisschen Bewegung könnte das Problem sichtlich leicht lösen). Ping ist beim Essen – es gibt Orchideen, was, wie der Professor (verkörpert vom weltberühmten Pantomimen Marcel Marceau, der hier aber sprechen darf) erklärt, ein Scherz nach dem Geschmack des Grossen Tyrannen ist – Orchideen haben praktisch null Nährwert, sind aber eklig schwer im Labyrinth heranzuziehen, aber das einzige, was es zu beissen gibt. Ping erweist sich darüber hinaus als wahres Genie, da er Barbarella a) als Erdling und b) als weiblich identifiziert (nicht, dass die weiblichen Wesen hier anatomisch grundlegend anders gebaut wären). Der Grosse Tyrann ist, wie wir uns schon gedacht haben, der Herrscher über Sogo, die Stadt der Nacht, die sich ganz dem Bösen verschreiben hat. Nach einem kurzen Blick auf einen „Grossen Grotesken“, einen Typ, der halb transparent herumläuft, was nach Ping der „klassische Weg, im Labyrinth zu sterben“ ist (und ich dachte, es wäre das Versteinern…), räumt Ping ein, dass Duran Duran irgendwo in Sogo wäre, man dort aber nur mit einem Raumschiff hinkäme. So´n Zufall, Barbarella hat eins und Ping bietet sich an, die Kiste zu reparieren – Barbarella ist nicht wirklich schlauer geworden und willigt ein, nur dauert die Reparatur Stunden, Tage, Wochen, wer weiss… jedenfalls zu lange. Barbie wirft einen abschätzenden Blick auf Pygar, aber der redet sich mit einer Schulterverletzung heraus. „Der Engel ist aerodynamisch in Ordnung,“ grunzt Ping, „das Problem ist moralisch!“ Barbarella, quick learner that she is, ahnt, wie man die seelischen Nöte des Engels beheben könnte und lädt sich zu Pygar nach Hause ein. Der Engel haust in einem Nest (natürlich!), aber bevor Barbie ihre neugewonnenen Kenntnisse gewinnbringend anwenden kann, taucht ein „schwarzer Gardist“ auf – das sind also die Kerle in den braunen Stormtroopers-Uniformen. Unsere Heldin bläst den Bösling in den Orkus – er explodiert in tausend Fetzen, ist aber innen hohl (Polizist? Eh, sorry, alter Witz ging mit mir durch), was normal ist, wie Ping versichert – die haben „keine fleischliche Substanz“.

Nachdem dieses Problem aus dem Weg geräumt ist, springt Barbarella mit Pygar in die Federn (pun intended)… letztere, die Federn, liegen kurz danach auf und um die wieder selig singende Barbarella herum, während Pygar durch die Lüfte pfeilt (ja, ich erkenne eine Allegorie, wenn ich sie sehe :-)). „Interesante Therapie,“ meint Ping. Gut, der Engel fliegt also wieder, ist aber dennoch skeptisch – die Sogo-Luftwaffe könnte ein Hindernis darstellen, aber nicht für Barbarellas Mini-Raketen-Projektor! Also geht´s auf gen Sogo, die schwarzen Garden lassen sich nicht lange bitten und ein zünftiges Air Battle (sort-of) schliesst sich an, mit dem sprichwörtlich letzten Tropfen Energie aus ihrer „Power Box“ schiesst Barbarella auch den letzten Angreifer vom Himmel (dass die verwendeten Effekte die Vorsilbe „spezial“ nicht wirklich verdienen, steht ja wohl nicht zur Debatte) und die beiden können in einer Seitenstrasse der Stadt der Nacht landen, wo nicht nur Pygar gewisses Aufsehen erregt (Engel sieht man halt nicht alle Tage), sondern auch Barbarella herself. Zwei finster aussehende Typen greifen sich das Mädel, Vergewaltigung im Sinn („oh!“ kommentiert Barbarella gelangweilt, als ihr die Absichten der Angreifer klar werden), werden aber von einer dunkelhaarigen Sexbombe mit Augenklappe hinterrücks abgestochen. Die Einäugige outet sich als Nutte und ist nicht abgeneigt, mit Barbie eine Gratisnummer zu schieben, aber Barbarella lehnt dankend ab. Indes ist Pygar verschwunden, aber Barb hört ihn schreien: „Good many dramatic situations begin with screaming!“, weiss sie immerhin. Pygar wird von diversen Sogoianern belästigt, die ihm Federn ausrupfen und ihn sogar zu killen beabsichtigen. Barbarella springt dazwischen und drängt sich und Engel in einen günstigerweise offenstehenden Raum, den Pygar als „Kammer der endgültigen Lösungen“ identifiziert (indem Barbie seine Hand von rechts nach links über ein paar Schriftzeichen führt, die nicht so aussehen, als wären sie Reliefs oder Braille).

Wenig vertrauenserweckend, der Name, zumal auch das Townsfolk überraschenderweise nicht folgt, was seine Gründe hat, wie eine Stimme den beiden bald klar macht – wer hier eintritt, hat sich entschlossen zu sterben und hat nun die Wahl zwischen drei aufregenden Toden – welche Tür darf´s sein, 1, 2 oder 3? Ist ja wie in ´ner Gameshow hier. Wer sich nicht entscheidet (Rückkehr ist selbstredend unmöglich) wird an den Matmos verfüttert, und das ist eine glibbrige und unangenehm wirkende Flüssigkeit, die bereits unter dem Fussboden vor sich hin blubbert. Barbie scheint nicht so wahnsinnig an ihrem Leben zu hängen und ist drauf und dran, sich (und den armen Pygar, dem sie die ganze Bescherung eingebrockt hat) in einen der tollen Tode zu stürzen, doch zum Glück für uns alle wird sie von einem nicht gerade unterernährt wirkenden Typen in weissem Gewand, begleitet von zwei schwarzen Garden (mann, ich will dauernd „Schweizer Garden“ schreiben) daran gehindert – nicht aus purer Menschenfreundlichkeit, sondern auf Befehl des Grossen Tyrannen, dessen „Concierge“ der Knabe ist. Er erklärt auch gleich, was der „Matmos“ ist – ein lebender See, der aus positiv aufgeladener Energie besteht und – logischerweise – sich von negativer Energie, wie Mephistopheles sich ausdrücken würde „kurz alles, was ihr böse nennt“, ernährt, und als Gegenleistung für die dekadenten Ausschweifungen, denen man sich in Sogo hingibt, die Stadt mit Energie versorgen würde. Pygar wird unauffällig per Netz entsorgt und Barbarella in eine Rohrpost gestopft. So landet sie am Hofe des Grossen Tyrannen, wo sie gleich mal den beiden Zwillingen, die sie vor kurzem per Schneeball geplättet hatten, in Beschlag genommen. Die beiden Kurzen würden gern noch mal eine Runde fröhliches Puppenspiel einschieben, aber der Concierge hasselt sie weg, auch wenn sie wohlgelittene Nichten des Tyrannen sind: „Erst ist der Tyrann dran!“ Zu nicht allzugrosser Überraschung des Publikums entpuppt sich der Grosse Tyrann als das einäugige Strichmädchen, jetzt aber ohne Augenklappe, dafür mit einem fetten Horn in Ermangelung einer Krone, und gibt zu Protokoll, sich hin und wieder gern unters Volk zu mischen. „Du interessierst dich für den Verbleib einer gewissen Partei,“ spekuliert die Tyrannin und Barbarella fragt prompt nach Duran Duran. Die Tyrannin meinte allerdings mehr Pygar, der sich gleich mehrerer Verbrechen schuldig gemacht habe: Flucht aus dem Labyrinth, Abschuss der halben Luftstreitkräfte Sogos plus, was das schlimmste ist, Vorenthalten eines gewissen blonden Vergnügens auf zwei Beinen… deswegen hat die Tyrannin Pygar auch an ein komisches Gestell kreuzigen lassen. Zum Schein lässt sich Barbie auf die Avancen der Tyrannin ein, zerrt dann aber Pygar eine Pistole aus dem Höschen, die sie clevererweise vorher dort deponiert hatte und nimmt die Tyrannin als Geisel.

Wie die meisten Despoten wird auch der Grosse Tyrann recht kleinlaut, wenn´s um seine eigene Gesichtshaut geht und Pygar wird wie verlangt abgelassen. Der hinzueilende Concierge rückt die Verhältnisse aber wieder gerade, denn er hat wohl bemerkt, dass Barbarella über null Energie verfügt, um die Knarre tatsächlich abzufeuern (es ist eine komische Systematik, unterschiedliche Waffen, ein und die selbe Energiequelle). Wieder mit Oberwasser findet die Tyrannin des Conciergen Vorschlag, Barbarella „den Vögeln“ zuzuführen, echt spassig. Während Barbarella also einem ungewissen Schicksal zugeschleppt wird, beschäftigt sich die Tyrannin mit Pygar – man nimmt, was man kriegt, und da auch eine Tyrannin mal spitz wie Nachbars Lumpi sein will, will sie´s von Pygar. Der allerdings steht auf dem Standpunkt „ein Engel macht keine Liebe, ein Engel IST Liebe!“. „Dann bist du eine tote Ente,“ kontert die Tyrannin metapherresistent und lässt Pygar in den Matmos werfen.

Barbarella wird indes in einen Glaskäfig gesperrt und die Vögel lassen nicht lange bitten – eine ganze Schar von Spatzen, Kanarienvögeln und Wellensittichen stürzt sich auf Barbarella und ist mächtig dabei, sie zu Tode zu hacken (der Film kann allerdings nicht wirklich die Illusion erwecken, die Piepmätze täten was anderes, als wild herumzuflattern und sich allerliebst auf Jane Fonda zu setzen… aber es ist´ne Ausrede, um ihr Kostüm zu zerfetzen), plötzlich öffnet sich eine Falltür und Barbarella landet wieder mal per Rohrpost direkt im Hauptquartier von Dildano (sic!), dem Chef der Revolutionären Streitkräfte, einer ganz offensichtlich chronisch unterbudgetierten Organisation (nicht mal die „Geheimgänge“ funktionieren), die sich zur Aufgabe gemacht hat, den Tyrannen zu stürzen. Ob des Auftauchens eines Erdlings, mithin eines Bewohners des „Planeten der Revolutionen“, ist Dildano höchst erfreut und schlägt prompt eine Allianz vor. Vor politische Verhandlungen stellt Dildano aber noch die Gretchenfrage: „Sehen alle Erdenfrauen so aus wie du?“ „Ich bin ungefähr Durchschnitt,“ entgegnet Barbarella und bestätigt damit meine Vermutung, dass ich definitiv im falschen Zeitalter geboren wurde… ich will in diese Zukunft!!

Natürlich steht auch Dildano nach Liebemachen der Sinn und Barbarella ist auch gerne bereit, sich einmal mehr aufs Kreuz legen zu lassen, doch, ha-haa, Dildano will´s wie die Erdenmenschen machen, er hat sogar die Pille! Barb, die inzwischen Gefallen an der alten Methode gefunden hat, protestiert zwar („ich will eure Traditionen nicht verändern“), aber Dildano hat fünf Jahre auf diese Gelegenheit gewartet und die will er sich nicht nehmen lassen. Barbie mag nicht Spielverderberin sein, also wird die Pille geschluckt und Händchen gehalten. Und auch der neumodische Liebesakt ist nicht von schlechten Eltern – Dildano qualmt schon bald der Handschuh (nicht mal direkter physischer Kontakt nötig, geiles Zeug, die Pille) und die Haare steh´n ihm zu Berge, ehe er den Höhepunkt mit einem gepflegten Wiehern quittiert. Nach dem Vergnügen kommt die Arbeit – Barbarella vermutet, dass Dildano die Pille von Duran Duran hat, was jener bestätigt (hmmm… wenn Dildano, wie vorher angemerkt, seit fünf Jahren auf eine Chance wartet, sie einzusetzen, kann mit der internen Zeitlinie des Films was nicht ganz stimmen, oder?), allerdings habe er den Erdenmann seit der Pillenübergabe nicht mehr gesehen, die schwarze Königin aber müsste wissen, wo er sich aufhält (die „schwarze Königin“ ist natürlich der „Grosse Tyrann“ – schön, wenn selbst ein Film von Profis sich gelegentlich in seinem eigenen Script verheddert, ist bei sage und schreibe acht Drehbuchautoren aber auch kein grosses Wunder). Der Königin würde Dildano gern habhaft werden, also schlägt er einen Deal vor. Hilft Barbarella ihm bei seiner Revolution mit Waffen und ihrem Raumschiff aus, verrät er ihr, wie sie an die Königin und damit an Duran Duran rankommt. Eine Frau, ein Wort und schon erfährt Barb, dass die Königin nur in ihrer Kammer der Träume verwundbar wäre – die aber ist von einer unsichtbaren Wand undurchdringlicher Energie umgeben, aber Dildano verfügt über einen Zweitschlüssel. Selbst Barbie (iom übrigen von Dildano neu eingekleidet, mit einer seiner „geheimen Uniformen“, natürlich) kommt auf die Idee, nachzufragen, warum Dildano sich nicht dann schon selbst des Schlüssels bedient habe, worauf dem Revoluzzer nur ein „äh, äh, ähhh“ und eine halbherzige Geschichte a la „noch nicht der richtige Zeitpunkt“ einfällt. Per „geheimen Radiö kontaktiert Dildano Professor Ping im Labyrinth und erkundigt sich nach den Fortschritten der Reparatur. Alles fertig, sagt der Prof, nur habe er aufgrund Garden-Aktivität das Schiff sicherheitshalber versteckt. Anyway, Dildano verabredet den Startschuss zur grossen Revolution und ein absolut unaussprechliches Passwort und reicht, nach hektischer Suche, Barbarella den unsichtbaren Schlüssel zur unsichtbaren Wand bzw. er hängt ihr den unsichtbaren Schlüssel an unsichtbarer Schnur um Barbies „geheimen“ Hals. Per Rohrpost schickt Dildano unsere Heldin back in the streets of Sogo, wo sich die üblichen S/M- und Bondagespielchen abspielen und ein paar schicke Damen aus einer gigantischen Wasserpfeife, in deren Inneren ein spärlich bekleideter Herr umherschwimmt, sich „essence of man“, äh, einpfeifen. Barbarella schliesst sich an, um sich vor dem heraneilenden Concierge zu verstecken, aber der ist nicht blöd und käscht die Blonde wieder ein und jetzt ist schluss mit lustig… der Concierge will Barbarella persönlich killen, und dabei das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Auftritt für die berühmt-berüchtigte „Lustorgel“, in die er Barbarella stopft und kräftig in die Tasten haut – das Prinzip der „Orgel“ ist simpel genug – es stimuliert die bedauernswerte Insassin sexuell, was zunächst ganz angenehm sein mag, aber beim „Crescendö unweigerlich zum Tod durch Lust führt (und wie uns die spärlich bekleidete Frauenleiche im Hintergrund andeutet, spielt der Concierge das Lied vom Tod nicht zum ersten Mal).

Dummerweise, für den Concierge, ist Barbarella sexuell unersättlich und überfordert die Maschine, die kurzschliesst und in Flammen aufgeht, was ihn ausser Fassung bringt: „Was für eine Art Mädchen bist du? Schämst du dich gar nicht??“ Lustorgel her oder hin, Barbarella soll sterben, also sucht der Concierge seine „devices“ zusammen, aktiviert dabei aber versehentlich den Gehirnwellendetektor, der prompt anschlägt und uns die ach so überraschende Tatsache vermittelt, dass der Concierge niemand anderes ist als Duran Duran – zwar um dreissig Jahre gealtert, aber das ist der Matmos, der seinen Tribut fordert. Barbarella will Duran Duran zur Rückkehr zur Erde bewegen. Im Prinzip gern, setzt ihr der auseinander, aber nur als ihr Eroberer – denn Sogo habe ihn die Wahrheit und die Essenz gelehrt – die Reinheit und Würde des puren Bösen! Und da kommt auch der positronische Strahl ins Spiel, der jedes Objekt und Lebewesen in seiner Reichweite unwiderruflich in die vierte Dimension befördern würde. „Monströs“ findet das Barbarella, erkundigt sich aber, wieso Duran Duran nicht erst mal probehalber die Macht in Sogo an sich gerissen habe. Duran Duran hat aber das selbe Problem wie Dildano – er kommt an die Tyrannin in ihrer Kammer der Träume nicht ran. Recht unvermittelt trägt unsere Heroine dem wahnsinnigen Wissenschaftler an, dass sie über den Schlüssel zur Kammer verfüge – umgehend scheucht er sie dorthin, wo die Tyrannin gerade vor sich hin den Schlaf der Ungerechten schläft. Barbarella ist blond, wie ich schon erwähnte, daher überrascht es sie echt, dass Duran Duran ein fieses Spiel treibt, sobald sie die Kammer geöffnet hat. Er schubst sie hinein, bemächtigt sich sowohl des Zweit- als auch des Erstschlüssels und verschliesst die Kammer wieder, womit Tyrannin und Erdsuperheldin eingeschlossen und somit der Weg zum Thron für ihn frei ist.

Guter Rat ist teuer, auch für Barbie, die sich durch die (selbstredend psychedelische) Welt der Traumkammer und mithin der bildhaft projizierten Träume der Tyrannin hangelt (sie träumt übrigens von Pygar) und selbige aufweckt und über die Lage unterrichtet. Per Sichtschirm können die Frauen auch die Krönungszeremonie Duran Durans verfolgen, die aber ihrerseits durch die startende Revolution gestört wird. Dildano und Ping machen aus der kompletten Streitmacht Sogos Kleinholz. Ob der Inkompetenz seiner Untergebenden erheblich genervt, setzt sich Duran Duran unter etwas, was einer 50er-Jahre-Frisierhaube ähnlich sieht und mit dem man den positronischen Strahl kontrolliert. Dildano, Ping und die restlichen Rebellen landen ohne weitere Umstände in der vierten Dimension, was vermutlich relativ unerfreulich sein dürfte – die Tyrannin stellt fest, dass alles verloren ist und greift zur Verzweiflungstat, den Matmos „freizulassen“, was nicht mal Barbarella für eine gute Idee hält. Apocalypse now – der lebende See sploddert über Sogo und vernichtet alles und jeden, auch den lieben Duran Duran, der fälschlicherweise Barbarella verantwortlich macht: „Du hast gewonnen, Barbarella! Aber die Erde hat ihren letzten grossen Diktator verloren!“ Jo, und einen mit einer Amtszeit von ungefähr fünf Minuten. Truly great. Programmgemäss sollten auch Tyrannin und Barbarella dem Matmos zum Opfer fallen, aber letzterer greift zum Selbstschutz – da er Barbarellas „Unschuld“ nicht verträgt (wie das damit zusammenpasst, dass Barbarella Duran Durans Lustorgel durch sexuelle Unersättlichkeit runiert, erschliesst sich mir nicht ganz), schafft der See eine Blase um die beiden Frauen und spült sie ans nächste Ufer, wo sie prompt auf den bewusstlosen Pygar stossen, mit dem es dem Matmos genauso erging. Durch beherztes Klappen seiner Flügel holt Barbarella den Engel zurück unter die Lebenden – Pygar ist wieder einsatzbereit und kann sowohl Barbarella als auch Tyrannin zum Raumschiff unserer Heldin fliegen (abgesehen mal davon, dass Ping es versteckt hat und keiner weiss, wo es ist). Auf die Frage, wieso Pygar nach allem, was sie ihm angetan habe, auch die Tyrannin rettet, entgegnet Pygar: „Ein Engel hat kein Gedächtnis!“ (Boy, das wird eine interessante Dreierbeziehung…). THE END.

Jaja, ich geb´s zu… es ist doch nicht kürzer geworden (und trotzdem hab ich mich bemüht – meine Notizen waren erheblich länger als im Normalfall, das Review ist es zumindest nicht).

Barbarella verleugnet in keiner Sekunde, eine Comic-Verfilmung der late sixties zu sein – knallbunt, sexy und grösstenteils ohne Sinn und Verstand. Ernst nehmen kann un darf man diesen Film in keiner Sekunde, aber man wird auch kaum in die Versuchung kommen, denn schon die Titelsequenz mit dem legendären Null-G-Script (der in einem Anfall von Kreativität einfach dadurch bewerkstelligt wurde, dass Jane Fonda sich auf einem Glastisch räkelt … man kann sogar die Reflektionen erkennen, trotzdem wirkt das verhältnismässig überzeugend) und dem herrlich naiv-herzig-fröhlichen Titelsong macht die Marschrichtung klar – hier ist high camp am Werke, ob beabsichtigt oder nicht, bleibt dahingestellt, aber einen ernsthaften Science-Fiction-Film wollte ganz sicher keiner der Beteiligten drehen.

So erklärt sich auch der Look des Films (und da Comic-Autor Jean-Claude Forest auch als künstlerischer Berater tätig war, liegt der wohl nicht so weit entfernt vom Look des Comics) mit seinen aberwitzigen Sets (wie dem Raumschiff-Interieur), den putzig-unbeholfenen Spezialeffekten (allein über die Lavalampen-Kaleidoskop-„Weltraum“-Effekte könnte man seitenlange Abhandlungen schreiben) und den Kulissen, die, ich ziehe den Vergleich zugegebenermassen nicht zum ersten Mal heran, die Original-Kirk-&-Co.-Star Trek-Serie wie James Camerons Titanic wirken lassen. All das gehört aber zum eigentümlichen und eigenwilligen Charme dieses Films, der ganz zweifellos nur 1968 gemacht werden konnte (und mit gewissem Grausen nehme ich zur Kenntnis, dass AUSGERECHNET DREW BARRYMORE sich selbst für die Hauptrolle eines von ihr produzierten Remakes, oder sollte man besser „Re-Imagening“ sagen, des Stoffes ausgewählt hat – nicht nur, dass supadupa-CGI-Special-FX einem Stoff wie diesem sicher nicht gut zu Gesicht stehen, muss ich auch ganz chauvimässig feststellen, dass Barrymore auch rein optisch nicht mit der Fonda konkurrieren kann, da wär mir Cameron Diaz schon lieber, wenn ich´s mir aussuchen dürfte, oder Denise Richards) – einen guten Spezialeffekt hätte das breite Publikum wahrscheinlich eh nicht erkannt, wenn er ihm ins Gesicht gesprungen wäre (auch wenn 2001 relativ zeitnah danach herauskam), und abgesehen davon ging´s ja, wie gesagt, nicht um Realismus, sondern um comic-haftigkeit, und ähnlich wie der alte Batman-Film von anno tobak erfüllt Barbarella diesen Anspruch mühelos. Dazu gehört dann halt auch ein ganz offensichtlich aus Sperrholz zusammengezimmertes Raumschiff (Ed Wood wäre stolz gewesen), das auch mal allerliebst an deutlich sichtbaren Fäden durchs Bild gezerrt wird, genauso wie lächerliche Miniaturaufnahmen und technisch drittklassige Rückprojektionstricks (für Pygars Flugaufnahmen zum Bleistift).

Dass ein Film dieser Art kein oscarreifes Drehbuch hat (was bei der erklecklichen Anzahl von Autoren auch stark überraschen würde), ist keine Sensation – der eigentliche Plot kommt und geht nach Belieben und macht einer erquicklichen Nummernrevue verschiedener nahezu unzusammenhängender Episoden Platz, die entweder Barbarella in irgendeine bondage-artige Bredouille oder in eine Sexszene, bevorzugt sogar gleichzeitig, stürzen, was den Film schon zu einem Geistesverwandten von The Perils of Sweet Gwendoline macht (allerdings ungleich besser und unterhaltsamer als das Tawny-Kitaen-Vehikel von äusserst dubiosem Wert) – das Script ist nicht mehr und nicht weniger als die Ausrede, um Jane Fonda in ein ganzes Arsenal von sexy outfits zu werfen, um sie dann step by step wieder aus selbigen herauszuschälen. Und, man, die Outfits SIND sexy. Und da man ständig was ziemlich nett anzuschauendes vor der Optik hat, verzeiht man auch etwas leichter, dass sich das Script gelegentlich in seinen eigenen Wirrungen verheddert (Schwarze Königin oder grosser Tyrann? Fünf Jahre, seit Duran Duran eintraf? Die Zwillings-Nichten sind am Hof hochangesehen, obwohl sie maximal einen Tag in der Stadt sind, seitdem Mark Hand sie zurückgebracht hat – und wie überhaupt, wenn er mit Babs zugange war? You see, nachdenken sollte man tunlichst nicht…). Aber eigentlich ist das egal, denn mehr als nur ein gelungener Dialogwitz und spassige Nebenbei-Gags (besonders in Dildanos Hauptquartier) beweisen, dass Barbarella durchaus zum Lachen sein soll.

Roger Vadim, der im Vergleich zu seinen französischen Kollegen Truffaut oder Godard ganz gewiss keine grosse Leuchte ist (man mag sich bleistiftsweise sein ultraübles Machwerk Adams kesse Rippe mit einer jungen Rebecca de Mornay als Bardot-Ersatz zu Gemüte führen), treibt das Spektakel auch flott genug voran, lediglich die Sequenz im Labyrinth zieht sich ein wenig, wohl weil Vadim sich dort um „Atmosphäre“ bemüht, aber von den lächerlichen Tricks und billigen Kulissen eindeutig k.o. geschlagen wird.

Erwähnenswert ist noch die goldige musikalische Untermalung zwischen fröhlichem Beat und beschwingten kuriosen Easy-Listening-Tunes – für den Soundtrack würde ich glatt Geld ausgeben, allerdings nicht die 28 Dollar, die amazon.com dafür verlangt :-). Kuriosum am Rande – unter den Studiomusikern, die die Songs einspielten, findet sich ein gewisser David Gilmour (und ich hoffe, dass ich jetzt nicht „Pink Floyd“ erwähnen muss). Jedenfalls passen die Songs, gerade dadurch, dass sie eigentlich vollkommen deplaziert wirken, hervorragend ins Gesamtbild des Films, da sie den camp value ausgezeichnet unterstreichen.

Natürlich ist Barbarella auch nicht gerade Schauspielerkino. Jane Fonda hat nicht viel mehr zu tun als einen naiven Gesichtsausdruck und sexy outfits (ich weiss, ich wiederhole mich) spazieren zu tragen, Da sie aber, durchaus in der Tradition der Bardot, einen gewissen kindlichen Charme ausstrahlt, wirkt das nicht aufgesetzt, sondern fast schon natürlich (was eigentlich kein echtes Kompliment darstellt). Und, äh, erwähnte ich, dass Jane hier ausgesprochen sexy ist??

John Phillip Law, im späteren Leben gern gesehener Gast in Z-Filmen wie Space Mutiny oder Alienator, seinerzeit aber immerhin noch ernst genommener Darsteller in richtigen Filmen… tja, was soll man sagen? Ich weiss nicht, ob Vadim senem Pygar-Darsteller tatsächlich mit auf den Weg gegeben hat, dass „Blindheit“ gleichbedeutend ist mit „absolut keinen Gesichtsausdruck verwenden“ – Steven Seagals facial expressions wirken wie pures method acting im Vergleich zu der absoluten Maske der Ausdruckslosigkeit, mit der sich Law hier durch seine Szenen hangelt.

Milo O´Shea, ein echter Veteran mit ellenlanger Filmographie, verkörpert Duran Duran mit angemessenem Overacting, das keinen Vergleich zu Oliver Reed oder William Shatner in deren besten Zeiten zu scheuen braucht. Prominent besetzt sind einige der Nebenrollen – zu Marcel Marceau hab ich schon kurz ausgeführt, der skurille Professor Ping (Leitspruch: „Genius is mysterious“) scheint Marceau förmlich auf den Leib geschneidert. David Hemmings, der in Antonionis Blow Up zum Kultstar der 60er-Jahre-Artfilm-Bewegung wurde, ist sich hier auch nicht zu schade, hemmungslos zu chargieren und vermutlich die meisten (beabsichtigten) Lacher zu ernten. Der vielbeschäftigte Italiener Ugo Tognazzi (Käfig voller Narren) parodiert gekonnt die Klischees über italienische Lover (ob das allerdings beabsichtigt war, wage ich mal sanft zu bezweifeln, alas, it works that way, and that´s fine with me).

Anita Pallenbergs hauptamtlicher claim to fame begründet sich darin, zu nicht weniger als drei „Rolling Stones“ intime Beziehungen unterhalten zu haben. Mit der Schauspielerei hat sie nicht wirklich was am Hut, aber sie sieht gut aus (allerdings war´s mit ihrem Englisch wohl nicht so weit her, weswegen sie in der englishen Fassung nachsynchronisiert wurde – einen skandinavischen Akzent hat man ihr aber trotzdem verpasst…).

Barbarella ist, wie ihr sicherlich mitbekommen hat, ein Film, der mich immer wieder begeistert – selten taten sich ernsthafte Filmschaffende zusammen, um ein Werk zu schaffen, das mit jeder Faser seines Seins „ich bin camp, ich bin trash, ich bin Kult“ schreit und damit absolut ins Schwarze trifft. Hochgradig unterhaltsam, oft lustig, mit (vermutlich absichtlich) lachhaften Effekten, Kulissen und Sets, und, last but not least, sexy as hell. Ich kann den Film nur uneingeschränkt empfehlen – keine Kultfilmparty, besonders mit Schwerpunkt auf den swinging sixties, ist komplett, wenn dieser Film nicht mit dabei ist.

Inzwischen ist Barbarella auch auf DVD erhältlich, wie bei Paramount typisch leider ohne irgendwelche Zugaben und, was man hört, auch mit keinem sonderlich spektakulären Transfer. Die Laserdisc aus gleichem Hause gibt zumindest bild- und tontechnisch keinen Grund zur Klage (speziell der Sound ist richtig gut, da machen die Songs gleich doppelt so viel Spass) und hat immerhin noch als Extras vier Trailer (für The Keep, War of the Worlds, When Worlds Collide und I Married a Monster from Outer Space) zu bieten.

Also, die allerletzten Worte: Barbarella macht Laune, seine Schwächen sind offensichtlich ganz bewusst eingesetzt, um die Comic-Atmosphäre umzusetzen, was herausragend gelungen ist, seine Darsteller entweder supersexy (erwähnte ich das bereits?) oder wirklich witzig, daher sollte Barbarella in keiner aufgeschlossenen Trashsammlung fehlen. Mit Sicherheit eine der unterhaltsamsten Angelegenheiten, die jemals ein Studio des Megaflop-Filmmoguls Dino De Laurentiis verlassen hat…

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 8


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