Gemini 13 – Todesstrahlen auf Cap Canaveral

 
  • Deutscher Titel: Gemini 13 - Todesstrahlen auf Cap Canaveral
  • Original-Titel: Operazione Goldman
  • Alternative Titel: Gemini 13 - Todesstrahlen auf Kap Canaveral | Lightning Bolt |
  • Regie: Antonio Margheriti
  • Land: Italien/Spanien
  • Jahr: 1966
  • Darsteller:

    Anthony Eisley (Lt. Harry Sennet), Wandisa Guida (Kary), Diana Lorys (Captain Flanagan), Luisa Ravelli (Sylvia White, als Ursula Parker), Francisco Sanz (Prof. Rooney, als Paco Sanz), Jose Maria Caffarel (Archie White), Folco Lulli (Mr. Rehte), Oreste Palella (Fidel, Chef der Abteilung S, als O. Palely)


Vorwort

Nervosität bei der NASA – die letzten paar Raketenstartversuche sind munter ins Höschen gegangen, und der verantwortliche Eierkopf Professor Rooney sieht Gespenster. Beim letzten Start sollen seiner Ansicht nach ein paar unautorisierte Gesellen an der Startrampe rumscharwenzelt haben. Die NASA hält Rooney für leicht gaga, aber als er wenig später mitsamt seinem Assistententschakkl bei einer privaten Forschungstour vermeintlich in einer Bootsexplosion verendet, wittert man in Regierungskreisen nun doch ein amtliches Mordkompott. Ergo wird die spezielle Spezialabteilung „Abteilung S“ eingeschaltet – die besteht zwar außer ihrer Chefin, der „Agentin 36-22-36“ alias Captain Flanagan zwar nur noch aus Möchtegernjamesbondverschnitt Harry Sennet, hat dafür aber dem Finanzministerium unbegrenzte finanzielle Ressourcen aus dem Kreuz geleiert.

Getarnt als reicher Playboy, der gar nicht weiß, wohin er seine Millionendollar-Schecks werfen soll, infiltriert Harry ein Ferienparadies in der Nähe von Cap Canaveral, wo der nächste Versuch, eine Mondrakete in den Himmel zu schießen, demnächst stattfinden soll. Dort bandelt er mit der chronisch suspekten Sylvia White und ihrem ältlichen Ehemann/Vater/angeheirateten Schwippcousin elften Grades Archie White an. Harrys unspezifiziertes Herumschnüffeln hat tatsächlich Effekt – Flanagen und er ertappen Archie beim Durchsuchen von Harry Suite. Bevor der Knabe allerdings verhört werden kann, wird er augenscheinlich von Sylvia erschossen, die ihrerseits wenig später gewaltsam über die Wupper geht. I’m not quite sure what that proves, aber Harry und seine Chefin sind überzeugt davon, auf der richtigen Spur zu sein – allerdings haben sich ihre Anhaltspunkte auch terminal verabschiedet. Ein ungewöhnlicher siloähnlicher Bau in der Nähe des Caps erweckt ihre Aufmerksamkeit, erweist sich jedoch bei Inspektion als veritable Todesfalle. Mit Müh und Not gelingt es den Agenten, sich zu retten, bevor unbekannte Hand das Silo vernichtet. Damit sind sie nicht entscheidend weiter bei der Frage nach dem „wer + was“, dennoch hoffen die Agenten, dass ihre Ergebnisse ausreichen, um den nächsten Raketenstart aufzuschieben. Den Gefallen tut die NASA ihnen aber nicht und schreitet munter zum Abschuss. Harry versucht verzweifelt, zum Startplatz durchzudringen und den Start zu verhindern, aber zu spät – unsichtbare Strahlen holen die Rakete vom Himmel und der gesamte Stützpunkt verwandelt sich in eine explosive Rauchwolke.

Harry, der sich einigermaßen unversehrt aus Autowrack und Explosionschaos schälen kann, entert einen verdächtigen Kleintransporter der Rehte-Brauerei und stößt in dessen Fabrik auch auf unfreundliche Henchmen. Trotz erbitterter Gegenwehr wird Harry überwältigt und von der Blondine Kary in ein Mini-U-Boot gesteckt, das ihn in die Unterwasserstadt ihres Brötchengebers, niemand anderes als Brauereiboss Mr. Rehte, bringt. Rehte trägt sich mit Weltherrschaftsplänen und will aus diesem kühnen Grunde einen gigantischen Laser (der im Film konsequent wie der deutsche Star der „Human Centipede“-Filme ausgesprochen wird) auf dem Mond stationieren. Deswegen soll die NASA auf dem Erdtrabanten sich möglichst nicht rumtreiben. Rooney – wir erinnern uns dunkel, der Auslöser allen Übels – wurde von ihm gekidnappt und arbeitet für ihn nun an Rakete und Laser und sollte er eines Tages nicht mehr zu gebrauchen sein, wird er, wie so manch anderer Wissenschaftler, den Rehte bislang zwangsbeschäftigte – so auch Karys Papa -, eingefroren. Rehtes Rakete ist praktisch startbereit und Harry soll Tiefkühlgemüse werden. Es braucht wohl eine Entscheidung von Kary, ob sie Harry helfen soll oder doch aus Furcht vor Rehtes Gefriertruhe des Bösmanns böses Werk verrichtet…


Inhalt

Es ist mal wieder Zeit für europäische Spione. Ich hatte ja schon anklingen lassen, dass ich für dieses Genre durchaus immer mehr Sympathie entwickle und mir auch über jeden neuen Release eines 60er-Eurospy-Schinkens persönlich ein Bein abfreue. Und ganz besonders freute ich mcih, dass „Gemini 13 – Todesstrahlen auf Cap Canaveral“ nun mehr das Licht der DVD-Welt erblicken durfte, bringe ich diesem Streifen aus der Werkstatt des umtriebigen Allesfilmers Antonio Margheriti auch noch nostalgische Gefühle entgegen, war das doch ein Film, der in den Frühzeiten des Privatfernsehens, als die Sender noch händeringend günstiges zu versendendes Material suchten, auf SAT.1 (glaub ich) ausgestrahlt und vom damals noch jungen Doc begeistert gesehen und aufgezeichnet wurde (heutzutage würde kein Sender mehr den Film auch nur mit der Kneifzange anfassen. Ist alt und billig, könnte also maximal bei SchleFaZ laufen).

„Operazione Goldman“ – was als Titel genauso viel oder wenig treffend ist wie der US-Verleihtitel „Lightning Bolt“ oder der „Gemini 13“-Vorsatz des deutschen Titels – kann man geradezu als perfektes Exempel vorzeigen, wenn man mal gefragt wird, was eigentlich die Charakteristika eines Eurospy-Films sind: die Vorgaukelung von Action und Scope auf dem Level der James-Bond-Filme, ohne auch nur ansatzweise die finanziellen Mittel und/oder die technische Kompetenz hierfür zu haben, ein Drehbuch, das keine Sekunde lang Sinn ergibt und einen Hauptdarsteller, der als charismafreie Trantüte das blanke Gegenteil des eigentlich zu imitierenden Sean Connery abgibt. Diese drei Punkte wollen wir mal en detail analysieren.

Beginnen wir, wie’s liebe Gewohnheit auf diesen Seiten ist, mit dem Script. Der megalomanische Superschurke mit dem Hang zur Welteroberung ist, ergo der „Blofeld“ des Eurospy-Universums, muss selbstverständlich einen exaltierten Plan haben, den er bei geeigneter Gelegenheit dem Heldenagenten vors Knie nageln kann. Nun kann man schon mal darüber streiten, ob der Vorsteher eines Bier-Imperiums, der ganz so aussieht, als wäre er selbst sein bester Kunde, als überlebensgroßer Schurke an und für sich funktioniert (und höchstwahrscheinlich bei „nein“ rauskommen – auch wenn er einen erstklassigen Schurkenlair hat (aber ohne Piranha-Becken und deswegen ganz grundsätzlich disqualifiziert). Sein Plan, sich dafür bezahlen zu lassen, Städte *nicht* vom Mond aus mit Laserstrahlen zu beschießen, ist abgefahren-schräg genug, um als Motivation durchzugehen und seine Tiefkühltruhe auf Eis gelegter ehemaliger Helfer-Eierköpfe (und insbesondere die Auflösung dieses speziellen Subplots) ist für einen Eurospy-Film von ’66 schon ordentlich zynisch. Bis wir allerdings an die Stelle kommen, heads or tails aus dem Plot ausmachen zu können, dauert’s schon ein Weilchen (ziemlich genau eine Stunde), und eigentlich nichts, was zuvor passiert, hat wirklich Bedeutung für die Geschichte, so z.B. die Episode um Archie und Sylvia – wenn Archie nicht später in Rehtes HQ wieder auftauchen würde, könnte man sich nicht sicher sein, ob die beiden überhaupt etwas mit der Story zu tun haben.

Immerhin – zwei Anerkenntnispunkte verleihe ich dem Script. Für 1966 ist es erstaunlich progressiv, dass Flanagan die Chefin des Agenten ist (was ihn nicht daran hindert, sie zwanglos anzuflirten), und die Idee, dass das „unbegrenzte Budget“ der Abteilung keine Floskel ist, sondern Harry tatsächlich stets versucht, seine Gegner erst mal mit einem solide siebenstellig ausgestellten Scheck von ihrem Böstun abzubringen, ist originell.

Thema 2 ist Action und Scope. Man will ja schließlich mit einer kassenerprobten Big-Budget-Serie wenn schon nicht mithalten, dann zumindest so tun, als ob man in der gleichen Liga spielt, dementsprechend muss man schon ein paar Lire in Bauten und Ausstattung investieren. Das Schurken-HQ ist, wie gesagt, aller Ehren wert und bietet große, hinkuckenswerte Sets, wie sie auch in einem lesser Bond-Sequel nicht sehr unangenehm auffallen würden. Dass ein Großteil des Produktionsetat da reingesteckt wurde, liegt auf der Hand, macht aber auch nötig, dass man ansonsten keinen exotischeren Schauplatz bieten kann als eine beliebige Hotelanlage, die die touristischen Regionen von Florida spielt. Ausflüge nach Südamerika oder Asien sind dann natürlich nicht mehr drin… Action gibt’s nicht gar so viel wie vielleicht gedacht – klar, im Showdown wird geprügelt, gekämpft und gestorben, und die kurze Gefechtseinlage im Lager der Brauerei ist auch okay (da wird auch mal Gabelstaplermikado gespielt), aber in der ersten Hälfte tut sich da nicht sooo viel. Und natürlich wäre Antonio Margheriti nicht er selbst, würde er nicht Effekt-Sequenzen mit allerliebsten Modelltricks bewerkstelligen. Die Szene, in der Cap Canavaral komplett explodiert und das in keiner Sekunde anders aussieht als würde ein jähzorniger Zwölfjähriger seine Märklin-Bahn zerstören, ist die Stelle, an der ich mich bei der damaligen TV-Erstsichtung in den Streifen verliebte (und zwanzig Jahre später konnte der gute Antonio es immer noch nicht besser, vgl. „Das Alien aus der Tiefe“). Besonders den „Auto-Stunt“ in dieser Sequenz bitte ich ganz besonders zu verachten. Großartig aus Trashologensicht sind auch einige der miestesten Rückprojektionen, die ich jemals als nicht-parodistisch gemeint mitansehen dürfen musste.

Thema Nummer 3 ist dann der Held an und für sich. Der Eurospy-Film hat nicht gerade eine ruhmreiche Tradition memorabler Heldendarsteller – Ray Danton, Lang Jeffries, Jack Taylor und auch Anthony Eisley, das sind eher trübe Funzeln der Thespiskunst, die womöglich die notwendigen physischen Fähigkeiten mitbringen, aber bei Charisma/Ausstrahlung/Selbstironie (alles, was Sean Connery eben für acht Mann hat) vom lieben Gott nicht reichhaltig bedacht wurden. Eisley, der Ende der 50er mit der Serie „Hawaiian Eye“ frühen TV-Ruhm erlangte, bei Corman in „Wasp Woman“ agierte und kurz nach „Gemini 13“ in David L. Hewitts B-Film-Basterds-erprobten „Reise ins Zentrum der Zeit“ hauptrollenderweise tätig war (außerdem spielte er im unsterblichen Trasher „Navy vs. The Night Monsters“) ist ein ganz besonders hölzerner Geselle, dem man weder den Action-Helden noch den Frauenschwarm (beides nunmal unabdingbare Qualifikationen für den Gemeinagenten von Welt) abkaufen kann – zudem besteht seine größte Heldentat auch darin, den ungefähr den über 50 Jahre alten und fetten Folco Lulli (Mr. Rehte, „Lohn der Angst“, „Scharfe Kurven für Madame“) von einem Gerüst zu schubsen…

Die Damenwelt ist durchaus attraktiv (aber von fürchterlichen 60er-Frisuren geplagt). Wandisa Guida (Kary) sah der geneigte Freund italienischen Gruselkintopps in der Freda/Bava-Kollaboration „Der Vampir von Notre Dame“, Diana Lorys (Flanagan) amtierte für Jess Franco in „Der schreckliche Dr. Orloff“, tauchte in „Argoman – Der fantastische Supermann“ auf und hatte einen kleinen Part im Charles-Bronson-Vehikel „Wilde Pferde“. Luisa Rivelli (Sylvia) kann in „Der Gehetzte der Sierra Madre“ oder „Ein dreifach Hoch dem Sanitätsgefreiten Neumann“ (auch ein staple frühzeitlicher Sat.1.-Programmierung) erspäht werden.

Die DVD von Endless Classics/Cargo Records bringt den Film in anständigem 1.85:1-Widescreen (anamorph). Obacht geben – die beiden Sprachfassungen auf der Disc sind unterschiedliche Schnittfassungen. Die deutsche Fassung entbehrt ungefähr 30 Sekunden Handlung, die aber durchaus ein Verständnisproblem aufwerfen; in der englischen Sprachfassung ist diese Lücke geschlossen. Warum man die paar Sekunden nicht umgetopft hat, um auch die deutsche Fassung in den uncut-Rang zu erheben, entzieht sich meinem Verständnis. Extras gibt’s keine, sofern man die Zugabe der ungeschnittenen englischen Version nicht als Extra bezeichnet.

Summa summarum – wer in seinem Leben nur einen Eurospy-Film sehen will, kann getrost zu diesem greifen, denn er beinhaltet praktisch alles, was das Genre in positiver wie negativer Sicht auszeichnet. Fans des Genres wird er abseits der possierlichen Modelltricks und des schicken Schurkenlair-Sets keine Aha-Erlebnisse bescheren, aber 90 Minuten ordentlich unterhalten. Solider Genre-Durchschnitt.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 6


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Thomas Hortian
27. September 2017 3:32

Kann man so stehen lassen und muss man nicht mitnehmen…