Stardust

 
  • Deutscher Titel: Der Sternwanderer
  • Original-Titel: Stardust
  •  
  • Regie: Matthew Vaughn
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Charlie Cox (Tristan Thorn), Claire Danes (Yvaine), Michelle Pfeiffer (Lamia), Sienna Miller (Victoria), Robert De Niro (Captain Shakespeare), Kate Magowan (Una), Nathaniel Parker (Dunstan Thorn), Mark Strong (Septimus), Jason Flemyng (Primus), Mark Heap (Tertius), Rupert Everett (Secundus), Sarah Alexander (Empusa), Peter O’Toole (König)


Vorwort

England im 19. Jahrhundert – der Ortschaft „Wall“ gibt eine Mauer den Namen; sie trennt das höchst reale England vom magischen Königreich Stormhold. Der Übergang von einer Welt in die andere ist streng verboten, doch vor 18 Jahren wagte Dunstan Thorn einen Ausflug auf die andere Seite. Neun Monate später postalisch angeliefertes Resultat: sein Sohn Tristan, gezeugt mit einer von einer Hexe gefangengehaltenen Prinzessin. Nun ist Tristan fast erwachsen und unglücklich verliebt in Victoria, die ihrerseits auf den eitlen Stutzer Humphrey (und dessen Kohle) abfährt. Immerhin gelingt es Tristan, Victoria zu einem nächtlichen Picknick zu überreden. Eine Sternschnuppe bringt Tristan auf die Idee, im Austausch für ihre Gunst den Stern zu apportieren. Natürlich ahnt Tristan nicht, dass die Sternschnuppe direkte Folge der Erbfolgeauseinandersetzung in Stormhold ist. Der greise und fiese König hat als letzte Amtshandlung nämlich seinen Rubin in den Himmel geschleudert, auf dass der seiner noch überlebenden Söhne (der Rest hat sich schon gegenseitig abgemurkst), der den Rubin findet, der neue Obermotz wird – dabei hat er den Stern abgeschossen. Der gefallene Stern ist, wie Tristan herausfindet, eine junge Frau, Yvaine. Und hinter dem Sternchen sind auch drei Hexen unter der Führung der bösen Lamia her, denn das Konsumieren des herausgeschnittenen Herzens des Sterns versprechen den Schrumpelhexen wieder für ein paar hundert Jahre jugendliche Schönheit. Trotz aller Widrigkeiten und mithilfe des vermeintlich grausamen Luftpiraten Shakespeare versucht Tristan, Yvaine seiner Victoria wie versprochen zu präsentieren, doch ist dies a) mächtig gefährlich und b) auch eine Lehrstunde über wahre Liebe…


Inhalt

Als die ersten Ankündigungen, Neil Gaimans Roman „Stardust“ würde als middle-budget-Studioproduktion (65 Mio. Dollar Budget ist heutzutage für einen effektlastigen Film ja kein Riesenbudget) verfilmt, durchdrangen, war meine erste Reaktion: „Das wird entweder derbe rocken oder heftigst saugen.“ Nun, nach kinematischer Betrachtung des stolzen Werks, kann ich beruhigt konstatieren – die erste Annahme (ergo: „derbe rocken“) trifft zu.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich den Roman (noch) nicht gelesen habe, aber eins ist mir auch so klar – Neil Gaiman ist einer der einfallsreichsten Autoren der Gegenwart, sowohl im Comic-Bereich als auch, was das klassische geschriebene Wort angeht – und dank seiner Comic-Erfahrungen durchaus in der Lage, „visuell“ zu schreiben. Man hat mir zwar glaubhaft versichert, dass Roman und Filmadaption sich gravierend unterscheiden, aber ebenso, dass die Änderungen, speziell bezüglich des Endes, Verbesserungen darstellen – und zudem gab Gaiman dem ganzen Treiben seinen persönlichen Segen: nicht nur, dass er Regisseur Matthew Vaughn (bislang als Director nur mit dem Gangster-Thriller „Layer Cake“ aufgefallen) die Script-Option aus Vertrauen für umme gab, er brachte Vaughn auch mit der letztlichen Co-Drehbuchautorin Jane Goldman zusammen, die Gaiman persönlich für geeignet hielt, die romantischen Seiten des Buchs adäquat umzusetzen. Operation gelungen – das fertige Script wirkt sehr rund, hält kitschige Romantik, fesselndes Fantasy-Abenteuer und ein gerüttelt Maß Humor, gerne böse-schwarz, im Gleichgewicht und sorgt so für ein zweistündiges buntes Comic-Vergnügen mit allen Zutaten für beste Unterhaltung.

Die Story sprudelt über vor guten Ideen – die Kombination der drei Handlungsstränge (Tristans selbstgestellte Aufgabe, die Jagd der Prinzen nach dem Rubin, die Suche der Hexen nach dem Stern) fügt sich bis in den Showdown blenden zusammen, düstere Einfälle wie der Umstand, dass jeder Einsatz von „Sternzauber“ die Hexe Lamia altern lässt (selbstredend ist die ganze Hexen-Geschichte eine Satire auf den Jugend- und Schönheitswahn) haben ebenso ihren Platz wie Abgedrehtes wie Luftpiraten, die Blitze „fischen“ wie fast schon Slapstick (wenn Lamia einen unfreiwilligen Helfer in eine Frau verwandelt und der erst mal nichts besseres zu tun hat, als seine neuen Brüste einer kritisch-erfreuten Prüfung zu unterziehen).

Vaughns Inszenierung ist flott – niemals überpacend, aber fast immer im Fluss, lediglich im Mittelpart gibts ein-zwei kurze Durchhänger. Kameraführung und Production Design können den ein oder anderen Anklang an Gassenhauer wie den „Herrn der Ringe“ (die Festung Stormhold, das Hexen-Hauptquartier) oder „Harry Potter“ (Interiors, der Markt jenseits der Mauer) nicht verhehlen, trotzdem hat der Film einen einheitlichen, nicht flickschusterischen Look. Die Kameraführung ist angemessen episch mit wunderbaren Landschaftspanoramen, ohne den Blick für nette Details zu vernachlässigen. Ebenso haut der Score in den richtigen Momenten auf die große, symphonische Pauke (der Rocksong im Abspann ist zwar recht nett, passt aber irgendwie nicht zu einem im 19. Jahrhundert angesiedelten fairytale).

Die Effektarbeit ist nicht ganz auf einem Level mit den RICHTIG GROSSEN Blockbustern mit den dreistelligen Millionenbudgets, aber absolut zweckmäßig – und Shakespeares‘ Luftschiff is truly a sight to behold. Herausstellen möchte ich, dass der Film sein FSK-12-Rating schon berechtigt trägt (was auch die offensichtlich leseschwache Mutter, die meinte, ihren sechs- oder siebenjährigen Steppke in den Film schleifen zu müssen, spätestens zur Halbzeitmarke endlich kapierte) – es wird fleißig (und durchaus fies und böse) gestorben, aus Tiereingeweiden orakelt etc. Beim „Sternwanderer“ handelt es sich zweifellos um ein Märchen, aber um eins, dass sich eben nicht an ein kindliches Publikum richtet.

Keine Einwände habe ich gegen die Besetzung – Charlie Cox („Casanova“) mag vielleicht zu Beginn etwas blass erscheinen, aber das ist eben auch gewollt, da sein Tristan eine Wandlung vom Loser zum Helden durchmacht. Beglückwünschen muss man die Produzenten zum Umstand, dass Sarah Michelle Gellar die ihr ursprünglich zugedachte Yvaine-Rolle aus privaten Gründen ablehnte – Claire Danes („William Shakespeares‘ Romeo + Julia“, „Terminator 3“) ist viel stärker der ätherische, „other-worldy“ Typ, der für den „Stern“ gefragt ist. Mark Strong („Sunshine“, „Syriana“) ist als Septimus ein angemessener Schuft, Michelle Pfeiffer („Dangerous Minds“) macht sich als Oberhexe Lamia famos und ist sichtlich gut aufgelegt.

Auch die diversen weiteren (im Verlauf des Films auf unterschiedlichste Art gemeuchelten) Prinzen, darunter immerhin big names wie Rupert Everett und Jason Flemyng wissen zu überzeugen, verblassen aber gegen die kurze, aber höchst boshaft-prägnante Vorstellung von Alt-Star Peter O’Toole („Lawrence von Arabien“, „Supergirl“) als siechem König und, natürlich, dem unglaublich flamboyanten Part von Robert de Niro als angeblich blutrünstigem Piratenkapitän – schön, dass de Niro sich weiterhin nicht zu schade ist, eine schauspielerisch nicht gerade anspruchsvolle Rolle zu übernehmen, wenn sie ihm Gelegenheit bietet, jede Menge Spaß zu haben und völlig aus sich herauszugehen.

Summa summarum handelt es sich beim „Sternwanderer“ um ein vorzügliches Stück Fantasy-Kino, dass trotz Abweichungen von der Romanvorlage dem „Geist“ Gaimans absolut gerecht wird – vom „feeling“ her würde ich den Film glatt mit dem Klassiker „Die Braut des Prinzen“ vergleichen – letzterer war filmisch sicher unspektakulärer und stärker auf Witz hin zugeschnitten, aber er hat eine ähnliche Verbindung von boshaftem Humor und bewusst kitschiger Herzschmerz-Romantik. Matthew Vaughns Film setzt stärker auf Effektgewitter, hat aber trotzdem den Charme, den so mancher FX-Blockbuster gerne hätte, aber im Wettstreit um noch tollere CGIs verliert. Daher: Daumen ganz weit nach oben für „Der Sternwanderer“ – und wer’s im Kino verpasst hat, sollte sich jetzt schon die DVD auf die Wunschliste setzen. Es lohnt sich!

(c) 2007 Dr. Acula


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