Executive Protection – Die Bombe tickt

 
  • Deutscher Titel: Executive Protection - Die Bombe tickt
  • Original-Titel: Executive Protection
  •  
  • Regie: Anders Nilsson
  • Land: Schweden
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Jacob Eklund (Johan Falk), Samuel Fröler (Sven Persson), Lia Boysen (Jeanette Persson), Alexandra Rapaport (Pernilla), Christoph M. Ohrt (Nikolaus Lehmann), Marie Richardson (Helen), Krister Henriksson (Mortenson)


Vorwort

Um ihre Fabrik in Estland vor den erpresserischen Nachstellungen lokaler Gangster zu bewahren, engagieren der schwedische Geschäftsmann Sven Persson und sein Partner den Ex-Stasi-Agenten Nikolaus Lehmann als Sicherheitschef. Lehmann löst das Gaunerproblem auf seine Weise – bei einem fingierten Geldübergabetermin wird die komplette estnische Banditengesellschaft erschossen. Persson und Partner wollen angesichts des Massakers die geschäftliche Beziehung zu Lehmann beenden und ihm sein vertraglich vereinbartes Honorar nicht zahlen. Dagegen hat Lehmann aber durchaus was einzuwenden und setzt die Geschäftsleute samt Familien daheim in Schweden unter Druck. Persson rekrutiert einen alten Freund – den zynisch-eigenbrötlerischen Bullen Johan Falk, der gerade wegen seiner unorthodoxen Methoden dazu verdonnert wurde, Berichte über Fahrraddiebstähle anzufertigen. Falk vermittelt den Kontakt zu einer ihm bekannten Security-Firma, deren Chef auch klar sieht: Lehmanns Ansinnen, sich in Firmenaktien auszahlen zu lassen, passt zur neuen Masche der organisierten Kriminalität, florierende Unternehmen auf legale Weise zu übernehmen. Und wenn die bisherigen Firmeninhaber nicht spuren, wird eben nachgeholfen. Obwohl die Securities und Falk Perssons trautes Heim in eine Festung verwandeln, gellingt es Lehmann, Perssons Ehefrau zu entführen und mit einer Zeitbombe um den Hals zurückzuschicken…


Inhalt

Sag keiner, ich wäre nicht leicht zu beeinflußen. Vor ein paar Wochen bekam ich zwecks Review „The Third Wave“ zugeschickt und war vielleicht nicht in Grund und Boden begeistert, aber immerhin so neugierig, mir auch die weiteren, vorhergehenden Teile der schwedischen Wirtschaftsactionkrimi-Trilogie mal anzusehen. In bewährter von-hinten-nach-vorn-Methodik stellte sich mir zunächst der Mittelteil der Serie, „Executive Protection“ vor. Und, sappralot, das ist wirklich ein absolut solider Thriller.

Die Story greift einige Elemente auf, die auch der anschließende „The Third Wave“ zentral darlegte – die „dritte Phase“ der organisierten Kriminalität, die Übernahme real existierender Unternehmen. Während dieser Punkt in „The Third Wave“ eher abstrakt als Hintergrund für ein klassisches „rettet-die-Zeugin“-Quasi-Roadmovie genutzt wurde (dem dritten Film ging es mehr um die globalen Zusammenhänge), so haben wir es hier mit einer „Einzelfallstudie“ der praktischen Umsetzung zu tun, was der Glaubwürdigkeit der Geschichte aufgrund der etwas kleineren Dimension durchaus zuträglich ist. Regisseur Anders Nilsson legt, wie auch im Nachfolgefilm (hm, ist irgendwie komisch, dauernd auf einen folgendenFilm Bezug zu nehmen anstatt auf einen Vorgänger), nicht nur Wert auf die eigentliche Thrillerhandlung und ihre innewohnenden Action-Sequenzen (zu denen gleich mehr), sondern auch auf die Charakterisierung seines Helden Johan Falk (in der Tat werden Falk und seine Handlungen in „The Third Wave“ schlüssiger, wenn man „Executive Protection“ kennt. Schätze, es wird mir nicht erspart bleiben, zur Abrundung des Gesamteindrucks auch noch den ersten Film, „Zero Tolerance“, mal zu verhaften). „Executive Protection“ baut seinen Charakter sorgsam, aber mit subtilen Mitteln auf (ja, das ist ein Film zum gelegentlichen Zwischen-den-Zeilen-Lesen) und schildert, mehr noch als der dritte Teil, seinen Helden als zwiespältigen, innerlich zerrissenen, beziehungsunfähigen Loner, der durch eine Bilderbuch-Katharsis gehen muss (jessas, wir werden wieder psychologisch. Shoot me now). Okay, verlassen wir also derart hochgeistige Spekulationen – die Story ist flüssig und verständlicher als in „The Third Wave“, kommt allerdings ebensowenig ohne ein paar Längen aus. Auch hier sind 108 Minuten vielleicht zehn zuviel, die man hätte bequem straffen können. Dennoch baut der Streifen mit fortschreitender Laufzeit eine enorme Spannung auf und selbst yours truly, eigentlich hartgesotten, was Spannungskino einging, rutschte zum Finale hin recht nervös auf dem Fernsehsofa hin und her. Schafft nicht jeder Film, und schon gar nicht jeder europäische.

Nicht fehlen dürfen bei Anders Nilsson einige dosiert eingesetzte und realistisch wirkende Actionszenen – realistisch bedeutet, dass es keine John-Woo-Shoot-outs und „2 Fast 2 Furious“-Stuntorgien gibt, sondern dennoch teilweise intensive und down-to-earth, sprich, „echt“ wirkende Schußwechsel und Verfolgungsjagden (und den ein oder anderen ziemlich knackigen Einschuß gibt’s auch zu sehen). Das ist nicht die hochoktanige und explosionshaltige Action des durchschnittlichen Hollywood-Blockbusters, sondern vielleicht sogar der bemerkenswerte Entwurf eines europäischen Actionkinos, in dem Form (=Stunts) nicht himmelhoch über dem Inhalt steht, sondern sich der Story unterordnet. Nilsson gelingen jedenfalls mit den relativ begrenzten Mitteln einer rein schwedischen Produktion einige bemerkenswerte Szenen und, wie gesagt, ein sehr spannendes, intensives Finale.

Kameraführung und Schnitt bewegen sich dabei auf einem ansprechenden Niveau, der Score von Bengt Nilsson ist vielleicht eine Spur zu pompös.

Nachdem ich nun zwei Johan-Falk-Krimis gesehen habe, kann ich Jacob Eklunds Leistung besser einschätzen – der Junge hat seinen Charakter einfach zu einer gewissen Perfektion entwickelt. Er ist nicht strahlender Held, aber auch nicht der zynische Antiheld, sondern ein Charakter, der zwischen diesen Extremen pendelt, der gerade in „Executive Protection“ erkennen muss, dass seine „nur das Ergebnis zählt“-Philosophie vielleicht doch nicht immer zum gewünschten Erfolg führt. Eklund agiert jedenfalls überzeugend. Samuel Fröler als Sven Persson gefällt mir persönlich als Geschäftsmann, der den Deal mit dem Teufel nicht konsequent durchdenkt, ebenfalls recht gut, dito seine Film-Frau Lia Boysen. Die Überraschung des Films ist sicherlich Alexandra Rapaport als harte Security-Expertin Pernilla (auch wenn ihr Charakter ein wenig underwritten daherkommt). Einen erstaunlich charismatischen Schurken verkörpert die deutsche Leihgabe Christoph M. Ohrt, den wir aus qualitativ so unterschiedlichen Sat.1-Serien wie „Helicops“ (dämlich) und „Edel & Starck“ (überraschend lustig) kennen. Der Knabe hat mehr drauf als seine TV- und deutschen Filmrollen wie „Feuer, Eis & Dosenbier“ vermuten lassen.

Bildqualität: Hochgradig erfreulicherweise für Sammler sind die drei Teile der Johan-Falk-Trilogie bei drei verschiedenen deutschen Programmanbietern erschienen. Während „The Third Wave“ beim Qualitätslabel Sunfilm erschien und „Zero Tolerance“ leider bei den nicht für spektakulär gute Discs bekannen Freunden von Laser Paradise das Licht der deutschen Welt erblickte, fühlte sich für „Executive Protection“ Starmedia berufen. Das Label liefert hier brauchbare Arbeit ab – der 1.85:1-Widesecreen-Transfer (16:9) erzielt in den Einzeldisziplinen durchaus überdurchschnittliche Ergebisse. Detail- und Kantenschärfe sind gut bis sehr gut ausgefallen, Farben und Kontrast wissen durchaus zu gefallen, die Kompression ist gut. Der Print ist sauber und wird nur von sehr wenigen kurzen Bildstörungen beeinträchtigt.

Tonqualität: Starmedia legt drei Tonspuren vor, von denen ich als O-Ton-Fetischist nur den Originaltrack (schwedisch mit eingestreutem Englisch und Deutsch) getestet habe (auch deshalb, weil man die Tonspur nur umständlich über’s Menü wechseln kann). Deutscher und Originalton liegen in Dolby Digital 5.1, die deutsche Fassung zusätzlich im dts-Format vor. Der von mir getestete Originalton zeichnet sich durch sehr gute Sprachqualität und Rauschfreiheit aus. Die Musik erschallt angemessen voluminös, die Soundeffekte sind sehr zurückhaltend, aber das ist schon dem Film an sich geschuldet (Pistolen klingen halt im richtigen Leben nicht wie Atombomben). Deutsche Untertitel werden mitgeliefert, diese allerdings weisen erstaunlich viele ortographische Fehler auf (ich weiß, das sagt der Richtige, aber ich verdiene damit ja auch nicht meinen Lebensunterhalt, obwohl, irgendwie schon…).

Extras: Nicht gerade viel, was Starmedia anbietet: drei Trailer (zwei Kino- und einen TV-Trailer) für „Executive Protection“, Biographien für einige wesentlich Beteiligte, eine Bildergalerie und eine Trailershow.

Fazit: „Executive Protection“ ist ein verblüffend spannender Thriller mit Actioneinlagen UND ausgefeilter Charakterisierung (zumindest soweit es den zentralen Charakter angeht), und das auch noch aus Europa. Sollte man eigentlich allein deswegen schon aus Prinzip unterstützen. Mit Ausnahme einiger kleinerer Längen im ersten Filmdrittel schafft es der Streifen, ohne spekulative Stuntorgien und trotz eines eher bedächtigen Tempos, zum Ende hin einen enormen Drive, eine enorme Spannung aufzubauen, was sogar über einige kleinere Plotholes hinwegsehen hilft. Ein gelungener europäischer Genrefilm, wie er uns öfter mal erfreuen könnte und der lebende Beweis, dass Schweden mehr zu bieten hat als ABBA, Smörebröd und Henrik Larsson. Die Starmedia-DVD kann in Punkto Bild und Ton durchaus überzeugen, ist aber eher sparsam ausgestattet.

4/5
(c) 2004 Dr. Acula


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