Cold Harvest – Countdown zur Hölle

 
  • Deutscher Titel: Cold Harvest - Countdown zur Hölle
  • Original-Titel: Cold Harvest
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  • Regie: Isaac Florentine
  • Land: USA/Südafrika
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Roland Chaney/Oliver Chaney (Gary Daniels)
    Christine Chaney (Barbara Crampton)
    Little Ray (Bryan Genesse)
    Jake (Shane Howarth)
    Victor (John Simon Jones)


Vorwort

Als mir aus dem neuesten Überraschungspaket meiner Freunde von dvdmagazin.net gleich als erstes eine DVD aus dem Hause Madison entgegenflatterte, hielt sich meine Begeisterung in einem überschaubaren Rahmen, verübte dieses Label doch mit zweifelhaften Veröffentlichungen wie Stephen Kings Night of the Crow oder Sword of Honor, gerne auch aufgrund übelst verstümmelter 16er-Fassungen, doch schon einige Anschläge auf meine geistige Gesundheit (Kritiker könnten jetzt einwerfen, sie wären erfolgreich gewesen… nicht doch, ich war schon vorher blöd). Auch Cold Harvest (und nein, auch ich habe nicht die geringste Ahnung, was dieser Titel und der deutsche Untertitel „Countdown zur Hölle“ mit dem Film zu tun haben), soviel nehme ich vorweg, wurde zugunsten einer verkaufsförderlichen FSK-16-Freigabe um gut neun Minuten erleichtert. Skepktiker, der ich bin, senkte ich meine Erwartungshaltung auf unter null und legte die Disc ein, eigentlich nur deswegen, weil ich nur knapp eineinhalb Stunden Zeit für´s Filmegucken hatte, und daher den kürzesten verfügbaren Film wählte.


Inhalt

I rgendwie ist es doch beruhigend – man kann mich immer noch überraschen! Cold Harvest ist jedenfalls die erste von mir gesichtete DVD, die notwendige Exposition per Textcrawl in der TITLE-Sequenz der Disc präsentiert, also noch vor dem Menü! Nicht, dass das, was da steht, sich nicht innerhalb kürzester Zeit auch aus dem Film ergeben würde, aber es ist zumindest mal was neues…

Okay, starten wir den Film. „NU IMAGE PRESENTS“. Nu Image ist, da sage ich den Genreexperten nichts neues, die Hochglanzausgabe von Phoenician Entertainment – ein Studio, das sich nichts anderem verschrieben hat als dem Fliessbandausstoss von leidlich unterhaltsamen B-Actionfilmen – immerhin hat der Laden inzwischen mit Jean-Claude van Damme einen Star im Line-up, der in punkto Bekanntheitsgrad doch noch den ein oder anderen Level vor dem hier hauptrollenden Gary Daniels liegt, und ausserdem verpulvert Nu Image durchschnittlich doch den ein oder anderen Dollar mehr. Wie bei den meisten anderen Produkten des Hauses produziert die Israel-Connection Boaz Davidson/Avi Lerner.

Wir befinden uns mal wieder in einer gar nicht so fernen Zukunft. Und weil ähnliches Terrain erst in 9.857 Filmen abgegrast wurde, in einer postapokalyptischen solchen. Aber von diesen 9.857 Filmen spielen ca. 9.823 nach einem Atomschlag, während wir es hier – hurra-hurra, welch´ neue Idee, mit einer post-kometeneinschlagigen Zukunft zu tun haben. Worin unterscheiden sich diese? Nun, hm, lass mich ma´ nachdenken. In beiden Fällen ist die Zivilisation, wie wir sie kennen, vor die Hunde gegangen, der gemeine Pöbel hat seine für diesen Fall aufgehobenen Lederklamotten und grosskalibrigen Knarren aus´m Keller geholt und wäscht sich nicht mehr. Wohl nicht so sehr… aber okay, zwei Sachen gibt´s dann doch noch – wg. der durch den Kometeneinschlag entstandenen Staubwolke, die unseren Erdball umhüllt, ist es permanent finster, und ausserdem, was mit dem Kometen selbst wohl eher weniger zu tun hat, wird der Rest der Menschheit von einer geheimnisvollen Seuche dezimiert (gut, das ist jetzt aber auch nicht ganz so neu).

Oh, halt, meld-meld, ich-ich, jetzt weiss ich doch noch was – nach dem Kometeneinschlag verhalten sich 90 % der überlebenden Menschheit so, als wären sie in einem schlechten Spaghetti-Western! D.h. man setzt sich wieder Cowboy-Hüte auf, hat den Sechschüssigen locker im Halfter und duelliert sich alle Nase lang. So auch der blonde Hüne, den Genrekenner als Gary Daniels identifizieren, der uns mit einem typischen Italo-Western-Anti-Hero-Music-Cue vorgestellt wird, einen uns unbekannten Typen windelweich prügelt und in Duellform (wobei das allerdings eher ein Quatro-Ell ist) drei finstere Buben niederstreckt, die dem Vermöbelten zu Hilfe eilen wollen. Nun ist Gary Daniels aber imagetechnisch nicht der psychopathisch veranlagte Erzbösewicht, sondern unser Held, und von daher darf er sowas natürlich (auch wenn er sich unfairer Mittel bedient – seine Wumme hängt zwar am Gürtel, aber nicht in einem Halfter, sondern an einem Drehgelenk – hat im Duell den praktischen Vorteil, dass er nicht erst ziehen muss, sondern einfach seine Knarre um 90 Grad dreht und ballert – wie´s mit der Präzision dabei aussieht, kann ich nicht beurteilen, aber Helden treffen ja bekanntlich alles, auch wenn es rein ballistisch vollkommen unmöglich ist). Heissen tut er hier Roland Chaney (wobei die Synchro sich aber nicht ganz einig ist und ihn hin und wieder auch mal Ronald tituliert) und verdient sich seine postapokalyptischen Brötchen als Kopfgeldjäger, womit auch geklärt wäre, dass er den armen Kerl nicht aus Spass grün, blau und bunt geprügelt hat, sondern weil das ein schlimmer Finger ist, den er auch umgehend bei den „Federal Marshalls“, der zukünftigen Agentur, die so tut, als würde sie Recht & Gesetz aufrechthalten, abliefert, um die Belohnung einzustreichen. Von einem dort arbeitenden entfernten Bekannten erfährt uns Roland, dass sein Bruderherz Oliver, das er seit Jahren nicht mehr gesehen hat, in irgendeinem wissenschaftlichen Programm zur Seuchenbekämpfung arbeitet.

Und da ist er schon, der Oliver. Sieht genauso aus wie Gary Daniels und ist ergo nicht nur Rolands Bruder, sondern sogar dessen Zwilling. Allerdings macht Oliver einen etwas zivilisierteren (und gewascheneren) Eindruck – was´ne Brille alles ausmacht – und verfügt über ein blondes Weibchen namens Christine. Mit einem von diversen Soldaten bewachten Rot-Kreuz-Konvoi hoffen Oliver, Christine und einige andere Zivilisten, es in die „Sicherheitszone“ zu schaffen, wo sie ein neues, „normales“ Leben beginnen wollen. Wetten, dass?

Roland hingegen muss erst dem korrupten Marshall Vernunft einprügeln, als der von der Belohnung für den abgelieferten Gangster eine „Bearbeitungsgebühr“ in Abzug bringen will. Mit Hilfe seiner Martial-Arts-Kenntnisse werden auch die herbeieilenden Ordnungshüter aufs Kreuz gelegt und zum Abschied schnappt Roland sich noch den Steckbrief des tot oder lebendig gesuchten Übeltuers „Little Ray“, der sich mit vermutlich heimtückischen Methoden das lokale Benzinmonopol gesichert hat, auch sonst ein schlimmer Bösewicht ist und satte 50.000 Dollar Kopfgeld wert ist.

Wenn man vom Esel spricht, wird er uns meist prompt gezeigt, so auch hier. Little Ray hat seine Schlägervereinigung um sich geschart und beschliesst, weil was von Soldaten beschützt wird, in Zeiten wie dieser potentiell lukrativ ist, spasseshalber den Konvoi, mit dem Oliver & Company reisen, zu überfallen. Wie in Filmen dieser Art üblich verfügen die Bösewichter über die überlegene Waffentechnik und metzeln daher relativ mühelos die komplette Konvoibesatzung nieder, mit drei Ausnahmen. Zum einen überlebt der Computertechniker Victor, dem Ray weitblickenderweise einen gewissen Wert für weitere Verwendung zubilligt, zum anderen Oliver nebst Weib, die sich zunächst unter einem Truck verstecken und dann zu Fuss das Weite suchen. Letzteres fällt Ray und seinen Schergen (seine rechte Hand ist ein Typ mit dem vorhersehbaren Namen „T-Bone“) tatsächlich auf, es wird zur Verfolgung geblasen. Oliver fängt sich eine Kugel ein und mag Christine, die ihn eine Weile mitschleppt, nicht aufhalten – sie soll alleine fliehen, er will sie später treffen. Widerwillig gehorcht das Eheweib, während Oliver von Ray gestellt wird und zunächst für Roland gehalten wird. „Nein, du bist Oliver, sein feiger Zwillingsbruder!“ stellt Ray allerdings rasch fest und guess what, Ray und die Chaney-Twins sind alte Bekannte aus gemeinsamen Kindertagen. Und alte Freunde ballert man nicht einfach so über den Haufen, nein, man lässt ihnen eine faire Chance in einem Spiel. Das sieht folgendermassen aus: jeder Teilnehmer erhält 1 Pistole + 1 Kugel. Diese Bestandteile werden nebeneinander den Kontrahenten vor die jeweiligen Füsse gelegt. Nach dem üblichen westernmässigen Blickduell (incl. obligatorischer Augen-Close-ups) versucht man dann, die Kugel in die Pistole zu fingern und den Gegner umzupusten. Leider ist Oliver, ersichtlich einer der friedliebenden Menschen, die in wilden, barbarischen Zukünften eine Lebenserwartun haben, gegen die Eintagsfliegen sich wie Methusalems ausmachen, entschieden zu hibbelig und hektisch und fängt sich daher Rays Kugel direkt zwischen die Augen ein, exitus (und nehmen wir noch Wetten an, dass Ray im Finale durch eben dieses Spiel entleibt werden wird? Nein, denn die Quote wäre ungefähr 1,01 zu 1). Aus sicherer Deckung beobachtet Christine den Abgang ihres geliebten Ehemanns und vergiesst ein paar bittere Tränen (für den Oscar nominieren würde ich sie … nicht wirklich).

Tja, aber jetzt erst erfährt Ray vom gefangenen Victor, was eigentlich Sache ist – transportiert wurde mit dem Konvoi keine Sache, sondern die Zivilisten, denn die waren nach jahrelanger wissenschaftlich-medizinischer Forschung die einzigen sechs Personen (nebst Angehörigen), die Antikörper gegen das garstige Virus gebildet hatten. Ray ist baff: „Heisst das, ich habe gerade alle Leute umgelegt, die für das weitere Überleben der Menschheit wichtig waren?“ Yep, hat er. Keine schlechte Leistung für zehn Minuten Arbeit, was? Da aber Victor nicht genau weiss, wer von den transportierten Personen effektiv Antikörperträger war und wer nur Begleitung, besteht die kleine Möglichkeit, dass die entkommene Frau Serumsträgerin sein könnte. Und Victor könnte sie in diesem Fall auch aufspüren. Ray, der geistig durchkalkuliert, dass er sich als Besitzer eines Anti-Virus-Serums wahlweise zum Herrscher der Welt aufschwingen oder sich zumindest ordentlich von den Regierungskreisen (denn irgendeine Art Regierung scheint es tatsächlich noch zu geben) auszahlen lassen könnte, befiehlt, das Weib lebend zu fangen.

Roland ahnt von all dem noch nix und sucht einen Saloon (Western, wo man hinsieht), in dem Techno von der „James-Brown-is-dead“-Sorte gespielt wird (doch nicht so western) auf, weil dort der Waffenhändler Wilbur residiert und Roland ein wenig Munition braucht. Eine Abordnung von Rays Schergen erscheint, um Christine zu suchen. Wie jeder zünftige Saloon unterhält auch dieser ein Bordell, so dass wir ein paar gar lustige Szenen einfiedeln können, in denen Rays unterbelichteter Henchmen Jake einige Geschäfte der horizontalen Art stört, ehe er in Wilburs Büro platzt und dort von Roland unbürokratisch verdroschen wird. Jake ist erst mal ziemlich geplättet, denn „Ray hat dich doch vor einer Stunde erschossen!“ Ja, die gute alte Zwillingsverwechslungsmasche, die, wenn ich mich recht erinnere, 1952 aufhörte, komisch zu sein. Roland zählt 2+2 zusammen und kommt zum korrekten Ergebnis, dass von seinem Bruderherz die Rede sein muss, ist sauer und macht Rays halbes Dutzend Thugs nieder.

Victor hat inzwischen seine Computer angeworfen, mit denen sich, believe it or not, die Träger der Antikörper orten lassen. Tatsächlich bekommt er ein schwaches Signal, das aber, wie Victor feststellt, nicht von einem Menschen stammen kann. Für einen B-Movie-Schurken ist Ray erstaunlich helle, denn er kombiniert sofort, dass „das Flittchen schwanger ist, und es noch gar nicht weiss!“ (Womit wir einmal mehr, gäääähn, storytechnisch völliges Neuland betreten). Roland indes findet Oliver tot am Tatort rumliegen und begräbt ihn direkt neben der letzten Ruhestätte der Eltern. Weil die Chaney-Senioren offenkundig in ihrem eigenen Hinterhof eingegraben wurden, bietet das Roland gute Gelegenheit, das halbverfallene elterliche Anwesen einmal auszuchecken und in sentimentalen Erinnerungen zu schwelgen. In ihrer Panik und Verzweiflung hat aber auch Christine dieses Gemäuer als Fluchtpunkt auserkoren, wühlt im offenen Kamin (während sich Roland prophylaktisch versteckt, aber Christine anhand eines alten, herumstehenden Hochzeitsfotos identifiziert) und fördert eine Pistole zu Tage, mit der sie sich in ihrer übermenschlichen Trauer selbst zu erschiessen gedenkt. Das nennt man noch eheliche Verbundenheit! In letzter Sekunde verhindert Roland ein vorzeitiges Filmende, nach dem zu erwartenden kurzen Verwirrspiel ist sich auch Christine klar, wen sie vor sich hat und verbietet sich, von Roland begrabscht zu werden und kündigt ausserdem an, Rache für den Mord an Oliver nehmen zu wollen (wie sie das bewerkstelligen will, wenn sie sich vorher erschiesst, ist wohl nur mit weiblicher Logik zu erklären, vielleicht wollte sie Ray als Geist erscheinen). Roland ist hauptsächlich ein wenig pikiert, seinerzeit nicht zur Hochzeit eingeladen worden zu sein (Probleme…). Es bahnt sich eine mittlere Ausdiskutiererei ein, aber glücklicherweise (für uns) stürmt eine Brigade Ray-Schergen das Areal, Roland und Christine sehen sich, nicht ohne vorher eine Actionszene zu absolvieren, zu umgehender gemeinsamer Flucht genötigt. Ray erhält indes Bericht über das Saloon-Fiasko und macht Jake, den einzigen Überlebenden, für selbiges primär verantwortlich. Als verständnisvoller Erzschurke gibt er Jake aber noch eine letzte Chance: „Bring mir das Flittchen lebend!“ (T-Bone würde Jake lieber einfach umlegen, genau wie Victor).

Christine erklärt dieweil Roland, was es mit Oliver und den Antikörpern auf sich hat, von ihrer Schwangerschaft weiss sie selbstredend nix, vielmehr ist sie von Rache beseelt und gewillt, mit ihren private Ersparnissen die Prämie auf Rays Rübe zu verdoppeln. Roland ist beleidigt: „Was hältst du von mir? Er war mein Bruder!“ Schätze, er will andeuten, aus familiärer Verbundenheit mag er Ray ganz umsonst umnieten. „Du warst für Oliver nie ein Bruder und du warst deinen Eltern nie ein Sohn,“ faucht Christine – tja, Roland trägt ein finsteres Geheimnis spazieren (das sogar Ray kennt, der, bevor er Oliver killte, kurz darüber faselte, dass Roland seine Eltern auf dem Gewissen habe. We´ll find out).

Grössere Actionszene folgt. Angeführt von Jake attackiert ein Rudel Biker unsere Helden in ihrem Eigenbau-Jeep. Diverses Gunplay und Martial Arts folgt (mit einem der seltsameren Schnitte der 16er-Fassung – wir dürfen nicht bewundern, wie Roland mit einem hervorragenden flying Dropkick einen der Bösmänner vom Bike befördert. Schlimmer als ein Kopfschuss?) U.a. feuert Jake eine Bazooka auf den Jeep ab und bringt ihm zum Überschlag. Während Roland sich mit seinen Karate-Moves über Wasser hält, kämpft Christine einen verzweifelten Kampf mit dem klemmenden Sicherheitsgurt (ich wusste immer, angurten ist sicherheitstechnisch überbewertet). Natürlich gelingt es Roland in the nick of time, alle Bösmänner auszuschalten, sich seine kurzfristig verlorene Kanone wiederanzueignen und Christine zu befreien, ehe der Jeep explodiert. „Ich habe dieses Auto geliebt,“ emotionalisiert Roland, wofür ihn Christine angemessenerweise für ein „Riesenarschloch“ hält, das überhaupt nicht wisse, was Liebe bedeute. „Warum hasst du mich?“ fragt Roland. Z.B. weil Roland in besoffenem Zustand den Autounfall gebaut hat, der seine Eltern ins Jenseits beförderte und dann Oliver mit den Formalitäten und dem sonstigen Schlamassel allein liess, ergo: „Du warst nicht da, als Oliver dich brauchte.“ Böseböse. „Ich wollte mich bei ihm entschuldigen,“ salbadert Roland, was im ziemlichen Widerspruch zu allem steht, was wir bislang gesehen haben. Naja, als schnell ausgedachte Rechtfertigung mag das durchgehen. Jedenfalls wird ein neuer fahrbarer Untersatz benötigt, also suchen Roland und Christine noch mal Wilbur auf. Der hat auf Kommissionsbasis auch die passende Schleuder im Angebot, V8, ABS, Navigationssystem… nachdem Wilbur einen kurzen Blick auf Christines Reichtümer (und ich meine die finanziellen, Ihr Ferkel!) geworfen hat, wird der Deal beschlossen und bis der Wagen angeliefert wird, dürfen unsere Freunde sogar gratis Wilburs Privatgemach zwecks Relaxen benutzen. Dort entschuldigt sich Christine sort-of für ihre Ausfälligkeiten, aber Roland winkt ab: „Du warst nur ehrlich.“ Es folgt: lächerliche Ausrede für eine „erotische“ Szene. Christine wäscht sich mit nacktem Oberkörper und Roland beobachtet das sinnliche Schauspiel (ähm) via eines Spiegels (und dabei bearbeitet er seine Wumme mit recht eindeutig freudianischen Handbewegungen – sehr subtil; abgesehen davon, seit wann ist Barbara Crampton so prüde, nicht mal ihre Brüste zu zeigen? Buuh!) Auf alle Fälle rührt der Anblick Rolands hartes Herz, hat er doch schon lang keine Frau mehr so gesehen (hm, spricht nicht für ihn) . „Für die Liebe ist es zu spät. Ich komme immer zu spät!“, seufzt er in seiner big emotional scene (und ich verkneife mir tunlichst jeden Kalauer auf Kosten dieser Zeile).

Mit halbstündiger Verspätung wird auch Ray von seinen Unterlingen informiert, dass sich die gesuchte Person Christine wieder im Saloon aufhält, in dem Wilbur seine Geschäftsstelle unterhält. Dies führt dazu, dass sich eben dort bald zwei Armeechen von Schlägerbanden gegenüberstehen – Rays Tunichtgute und die von Wilbur, denn der hat natürlich nicht wirklich im Sinne, unseren Helden zu einem neuen Gefährt zu verhelfen, sondern vielmehr beabsichtigt, sich die Kohle ohne Gegenleistung anzueignen. Roland bekommt das ansatzweise mit und versucht, durchs Fenster zu türmen (was´n Held), fällt aber sofort Rays Leuten in die Hände. Nachdem Wilburs Männer niedergemetzelt sind, wird Christine gesucht, die aber hat sich im Bordelltrakt des Saloons hinter einer Nutte versteckt und entgeht so der Gefangennahme. Da er Christine nicht habhaft ist, foltert Ray spasseshalber unseren armen Roland, was Christine beobachtet. Dank eines eher wüsten Cuts müssen wir uns zusammenreimen, dass Christine Roland befreit, die beiden die Bikes der Fieslinge sabotieren und sich selbst auf einem Moped auf und davon machen. Allerdings geht ihnen rasch der Sprit aus und sie müssen zu Fuss weiter flüchten. Das Ziel ist weiterhin die Sicherheitszone. Bald werden sie von Bewaffneten umzingelt, die aber vergleichsweise friedlich bleiben und die beiden nur in ein „Dorf“ eskortieren, wo man sie allerdings lynchen will. Die Dorfbewohner sind sogenannte „Nomaden“ und deren Ältester kennt Roland von früheren Begegnungen und gewährt ihm freies Geleit, allerdings nur ihm, die Frau möchte er gerne „als Pflegerin“ hierbehalten. Kommt nicht in die Tüte, meint Roland, „ich gehe nicht ohne mein Weib!“ „Auch wenn du dafür sterben musst?“ Auch dann. Soviel Edelmut beeinruckt den Dorfältesten ungeheuer – beide dürfen passieren. Kaum haben sie das Nomadendorf wieder verlassen, werden Roland und Christine von offiziellen Soldaten aufgespürt. Christine wird gescannt und für schwanger befunden – siehste wohl, auch die offiziellen Autoritäten haben einen Detektor für die Serumsträger und ebenfalls den schwachen Ausschlag bemerkt, verfolgt und nunmehr gefunden. Schnell wird ein Hubschrauber herbeibestellt, der Christine in die Sicherheitszone bringen soll. Roland mag allerdings nicht mitkommen, denn er hat noch was persönliches zu erledigen. Was wohl?

Es erweist sich allerdings schnell, dass Roland das Angenehme mit dem Nützlichen kombinieren kann, denn Ray, nicht dumm, lässt den Hubschrauber abschiessen – nein, er ist nicht gänzlich debil, er lässt den Heckrotor beschädigen, so dass der Heli notlanden muss und er sich Christines bemächtigen und in sein Camp schaffen lassen kann. Roland wird Augenzeuge der Aktion – sofort kehrt er ins Nomadendorf zurück und mobilisiert dort innerhalb zwei Sekunden die Dörfler zum Sturmangriff auf den „gemeinsamen Feind“ Ray. Die Feuerpower der Nomaden ist nicht zu verachten – neben konventionellen Bleispritzen aller Art setzen sie auch Katapulte ein! Inmitten des allgemeinen Mayhems, Chaos und der Explosionen infiltriert Roland das Camp – Showdown-Time! Die Shoot-outs wären ohne die stellenweise arg offensichtlichen Schnitte und mit etwas weniger offenkundig nach Platzpatronen aussehender Munition ein wenig überzeugender, aber was soll´s – letztlich stehen sich Ray und Ronald gegenüber und etwas idiotischerweise fordert Ray (nach anfänglicher heftiger Ballerei inklusive eines kompletten Face/Off-Zitats – Ihr wisst schon, die Stelle wo Cage und Travolta sich durch eine Wand ein paar blöde Sprüche reinreichen, während sie ihre Wummen laden und dann die sie trennende Wand perforieren), ungefähr drei Köpfe kleiner und fuffzich Pfund leichter, seinen Gegner zum Kampf mano-a-mano. Nach anfänglichen Vorteilen beginnt Ray schnell den kürzeren zu ziehen und wird vorläufig k.o. geschlagen, steht aber zu weiterer Verwendung noch zur Verfügung. Jetzt muss erst mal Christine befreit werden, die von T-Bone bewacht wird. Letzterer versteckt sich und die Geisel, übersieht aber ungeschickterweise, dass im selben Raum und gut vom Flur aus einsehbar der Monitor des Serumträger-Detektors steht und dessen Anzeige kann Roland entnehmen, dass Christine sehr wohl im vermeintlich leeren Raum hinter der Tür steckt. Christine drückt T-Bone eine brennende Zigarette auf die Hand, das gibt Roland die Gelegenheit, den Schuft zu töten, indem er ihn mit einer herumstehenden Mistgabel (!) aufspiesst.

So, dann wäre also noch Ray zu erledigen, und um die notwendigen Klischees zu bedienen, schlägt Roland vor, dieses in Form des von Ray so geschätzten Duell-Spiels zu erledigen. It is agreed on, Ray ist zwar etwas schneller mit dem Einfummeln der Patrone, aber dafür schlechterer Schütze. Ray ist hinüber, Christine und der Tag gerettet und, um das Klischee-O-Meter endgültig zum Platzen zu bringen, geht nach fünfzehn Jahren wieder die Sonne auf…

Grosse Originalitätspreise gewinnt Cold Harvest nicht – aber das war weder zu erwarten noch, wenn ich mir Nu Image und deren Output so ansehe, beabsichtigt. Mehr als einen aktionsgeladenen schlichten Baller- und Prügelklopper hatte keiner der Beteiligten im Sinn und mehr ist daher letztendlich auch nicht rausgekommen, aber auch nicht weniger.

Das Drehbuch ist nicht sonderlich inspiriert – die Plotte um das schützenswerte ungeborene Leben, das den Fortbestand der menschlichen Rasse sichern soll, kennen wir u.a. aus Cyborg 2 (wenn ich mich nicht irre, man verliert ja doch den Überblick) und wurde von Mit-Produzent Boaz Davidson selbst schon mit American Cyborg verfilmt – dort war die Plotte insgesamt vielleicht ein wenig mehr ausgearbeitet, hier bleibt doch alles ein wenig vage. Nicht alles ergibt wirklichen Sinn (wenn offensichtlich doch noch eine halbwegs geordnete Staatsmacht existiert, wie kann Ray dann sein Regime aufziehen? Und wenn die Nomaden genügend Man- und Feuerpower haben, um ihrem Erzfeind Ray eins überzubraten, warum haben sie das nicht längst getan? Wieso müssen die Serumsträger mit einem Konvoi durch gefährliches Gebiet transportiert werden, wenn doch offensichtlich flugfähige Helikopter existieren?), aber natürlich dient die Story nur als Mittel zum Zweck, um einige semispektakuläre Actionsequenzen aneinanderreihen zu können. Die sind auch durchaus okay, wenngleich bei den Shoot-outs das bereits erwähnte Manko der arg erkennbar unechten Munition (das erinnert alles ein wenig an Kinderfasching) stört. Martial-Arts-mässig gibt´s nicht viel zu meckern, Gary Daniels ist ein veritabler Fighter und bringt auch gehörig Dynamik ins Spiel. Die mir vorliegende FSK-16-Fassung ist zwar relativ übel und oft auch sehr stümperhaft geschnitten, aber im Unterschied zu anderen jugendfrei bearbeiteten Actionheulern wie Sword of Honor verkommt der Film nicht zum blossen Stückwerk, da auch die übriggelassenen Actionszenen noch befriedigend ausfallen und genug Geballere und Gekloppe beinhalten – an sinnentstellenden Schnitten ist mir nur der eine aufgefallen, den ich auch oben im Text angeführt habe (als Christine und Roland aus dem von Ray besetzten Saloon entkommen). Etwas krampfhaft fällt das Bemühen aus, das Geschehen in den Kontext eines Westerns zu setzen, zu Beginn ist das noch für den ein oder anderen Grinser gut (und erst jetzt fällt mir die möglicherweise beabsichtigte Parallele Nomaden=Indianer auf, shame on me), gewinnt dem ganzen Prozedere aber auf Dauer kaum neue Aspekte ab. Etwas mehr Augenmerk hätte auf die nicht gerade sehr inspirierten Dialoge gelegt werden können (ich weiss, ich verlange nahezu unmögliches), dafür verdient der Streifen einen halben Ehrenpunkt für die Tatsache, dass ausnahmsweise mal kein Cyborg mit von der Partie ist (aber reicht das schon, um das Etikett „originell“ zu verdienen? I don´t think so).

Der betriebene Aufwand ist nicht sonderlich hoch, aber Regisseur Isaac Florentine gelingt es über weite Strecken recht gut, die spärlichen Sets durch eine rasante und temporeiche Inszenierung, die sich nur selten Auszeiten nimmt (die etwas lächerlich geratene „erotische Szene“ mit Christine und Roland fällt da ein), zu kaschieren, im allgemeinen tut sich genug Action auf, um zu übertünchen, dass man sich des öfteren mal in den gleichen Kulissen bewegt und die Sets insgesamt nicht sehr aufwendig gestaltet sind. Im Klartext wirkt der Streifen durch die geschickte Inszenierung etwas aufwendiger als er tatsächlich gewesen sein dürfte (verblüffend genug, wenn man berücksichtigt, dass Florentine hauptsächlich diverse Episoden diverser Power Rangers-Inkarnationen auf dem Regiebuckel hat). Auch ein Verdienst der beachtlichen und gelegentlich regelrecht atmosphärischen Kameraarbeit von Yussi Wein, wobei der Streifen storygegeben ohne eine einzige Tageslicht-Szene auskommt. Ganz gut gefällt ab und an auch die musikalische Untermalung, wenn sie klassische Western-Themes und -Cues zitiert.

Das Hauptproblem von Cold Harvest liegt aber in Hauptdarsteller Gary Daniels begründet. Meister Daniels ist zweifellos ein ausgezeichneter Martial Artist, der mit mir im Handumdrehen den Boden aufwischen würde, aber ich habe so die Ahnung, dass selbst meine Wenigkeit ein besserer Schauspieler sein könnte. Bereits in Fist of the North Star von Tony Randel, den ich längst besprochen haben würde, wäre die Laserdisc nicht ein Opfer meines letzten Umzugs geworden (unsachgemässer Transport durch das von mir beauftragte Personal, in dem Fall mein Herr Vater, kosteten mich gut zwanzig grosse Scheiben…) konnte mich Daniels nicht überzeugen und dieser Streifen revidiert meine Ansicht nicht wesentlich. Daniels, hierzulande vielleicht durch die Queen´s Messenger-Filme bekannt geworden, fehlt einfach Charisma und das wird hier ganz besonders augenfällig – zunächst mal hat er eine Doppelrolle zu absolvieren, wodurch er schon an seine darstellerischen Grenzen stösst, und dann ist da auch noch der Fakt, dass der Streifen eben den Bezug zu Spaghetti-Italo-Western herstellen will – und dort sind Helden und Antihelden gewöhnlich überlebensgross portraitierte Figuren (denken wir an Klaus Kinski, an Trintignant etc.). Da Daniels in dieser Gewichtsklasse nun überhaupt nicht mithalten kann, wird gerade der „originelle“ Kunstgriff der Verbindung Western/Postapokalypse dem Film zum Verhängnis, da der Hauptdarsteller letztendlich nicht in der Lage ist, den Film in diesem Sinne zu tragen.

Zu Barbara Crampton muss man dem geneigten Konsumenten dieser Site hoffentlich nicht mehr viel erzählen (und wenn doch, sag ich kurz Re-Animator, From Beyond und – schluck – Robot Wars). Crampton wird diesen Streifen sicherlich nicht als absolutes Ruhmesblatt in ihre Vita aufnehmen können, denn, auch wenn´s uncharmant ist, auch Barbara Crampton wird nicht jünger (zwischen Re-Animator und diesem Film liegen schlappe dreizehn Jahre) und für eine Aktrice, die nun mal hauptsächlich von ihrem Aussehen lebt, brechen irgendwann mal schwere Zeiten an. Nicht falsch verstehen, Crampton ist auch heutzutage nicht hässlich, aber der echte Hingucker nun auch nicht (mehr). Und was ihr dramatisches Talent angeht – nun, man bekucke sich im Zweifelsfalle ihre Trauer-Szene und bilde sich sein eigenes Urteil.

Sichtlichen Spass an seiner Rolle hat wenigstens Bryan Genesse, den wir zuletzt in The Guardian, auch dort in einer Schurkenrolle, sehen durften. Wie so oft erweist sich auch hier die alte These, dass man es in einem B-Actionfilm als Bösewicht schlicht einfacher hat, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen (andererseits sind die Helden in B-Actionfilmen oft einfach auch schlechter geschrieben).

Zu den technischen Aspekten der unter die Lupe genommenen Disc – Stichwort Bildqualität: Ups, was ist das denn? Für die Verhältnisse des gemeinhin als, öhm, „low quality“-Lieferanten bekannten Labels Madision ist die Bildqualität von „Cold Harvest“ geradezu sensationell! Ein Vollbildtransfer zwar, aber einer, der es an Farbtiefe, Kontrast (da wir´s mal wieder mit einem sehr düsteren Film zu tun haben, freut man sich doch, wenn man auch in Dunkelheit etwas erkennen kann) und Schärfe mit der ein oder anderen Major-Veröffentlichung mithalten kann. Wenn ich nicht nach ca. zehn Minuten Opfer eines heftigen Player-Lock-ups geworden wäre, hätte ich mich allerdings noch mehr gefreut. In Punkto Ton beschäftigt Madison von jeher Herrn Schmalhans als Küchenmeister, und wenigstens hier erfüllen sich die gesunden Vorurteile, die man gegen das Label hegt. Unspektakulärer Dolby-Digital-2.0-Sound ausschliesslich auf Deutsch lässt sich der Anlage entlocken. Der Mix ist angemessen, ohne zu begeistern, aber auch ohne grössere Ausfälle. Wenigstens kommt Madison mal ohne die gefürchteten „Specials“ aus, statt dessen gibt´s satte acht Trailer aus dem Madison-Programm als einzige „Extras“.

Das Wort zum Sonntag: Cold Harvest erfindet das postapokalyptische Genre nicht neu, leistet sich aber auch keine grösseren Blödheiten, die´s anderswo nicht auch schon gegeben hätte. Etwas charismatischere Besetzung der beiden Hauptrollen hätte nicht geschadet, dito ein wenig mehr „Realismus“ in den Shoot-outs, aber wer an seinen B-Film keine grösseren Ansprüche stellt als sich solide mit einem ordentlichen Mass an anständiger Action unterhalten zu lassen, kann hier zuschlagen. Der vergleichbare American Cyborg ist summs summarum sicherlich ´ne Ecke besser, aber ich hab in dem Bereich auch schon schlechteres gesehen. Die FSK-18-Fassung, die´s gerüchtehalber auch gibt, dürfte den Bloodhounds sicher im Zweifelsfalle lieber sein, aber auch die gekürzte 16er-Fassung bietet insgesamt solide, nie herausragendes, aber auch nie unterirdisches Action-Entertainment.

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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