Aragami

 
  • Deutscher Titel: Aragami
  • Original-Titel: Aragami
  •  
  • Regie: Ryuhei Kitamura
  • Land: Japan
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Masaya Kato (Aragami), Takao Osawa (Samurai), Kanae Uotani (Frau), Hideo Sakaki, Tak Sakaguchi


Vorwort

Irgendwo in den japanischen Bergen, so ungefähr 19. Jahrhundert – während einer regnerischen Sturmnacht schneien zwei schwerverwundete Samurais in einen abgelegenen Tempel. Zwei Tage später ist einer der Krieger wieder auf dem Posten, der andere ist hin, da konnte der hilfsbereite Gastgeber mit all seiner medizinischen Kunst nichts mehr richten. Kann man nichts machen, denkt sich der überlebende Samurai und möchte weiterziehen, doch der geheimnisvolle Gastgeber hat andere Pläne – bei ihm handelt es sich, eröffnet er dem verblüfften Gast, nämlich um den dämonischen Kriegsgott Aragami, im Nebenjob größter Schwertkämpfer aller Zeiten, und selbstredend unbesiegt. Nur ist das unsterbliche Dämonendasein kein besonders erfüllendes und deswegen plagt Aragami ein Todeswunsch. Andererseits will er nicht einfach so abnippeln, sondern im Kampf besiegt werden, und den Part möchte doch bitteschön, der junge Samurai übernehmen. Der hält die ganze Story zwar zunächst für höheren Lötzinn, muss sich aber eines besseren belehren lassen – in dieser Nacht ist nicht alles so, wie es scheint…


Inhalt

Manch einer erinnert sich vielleicht noch an mein Kino-Kurzreview zu „2LDK“. Mit „Aragami“ hab ich mir endlich den zweiten Vertreter des dort angesprochenen „Duel Projects“ angesprochen, eine Wette zwischen den Regisseuren Kitamura („Aragami“) und Tsutsumi („2LDK“), jeweils innerhalb einer Woche einen Film über eine Duell-Situation an einer Location auf die Beine zu stellen. Wo Tsutsumi („Keizoku – The Movie“) aus der Low-Budget- und Zeitnot eine Tugend machte und mit „2LDK“ eine bitterböse dreckige schwarze Komödie und die geforderte Duell-Situation gallig karikierte, inszenierte, die ich nach wie vor zu den absoluten Highlights des Kinojahrgangs 2004 rechne, schlug Gewalt-Ästhet Kitamura („Versus“, „Azumi“) einen anderen Weg ein und strickt mit „Aragami“ einerseits ein stark von klassischen Schwertkampf-Dramen beeinflusstse, andererseits den ein oder anderen Plotpunkt durchaus auch „Highlander“ entlehnendes Action-Kammerspiel ins Rennen.

Action-Kammerspiel? Äh, wasndas? Ganz einfach – „Aragami“ besteht aus jeder Menge Gelaber und zwei Kampfszenen (eine kurze in der Mitte und der Showdown). Angesichts Kitamuras bisher gezeigter dramaturgischer Fähigkeiten (bzw. meiner festgemeißelten Meinung, dass der Kerl sowas überhaupt nicht hat) kann einem da schon ein wenig Angst und Bange werden, aber, surprise, surprise, der Film entpuppte sich zwar als nicht gerade fetziger Action-Reißer, aber doch wesentlich besser als ich befürchtet hate.

Klar, das Ding ist dialoglastig wie Seuche und es dauert ein Weilchen, bis man sich als Zuschauer einen Reim auf das Gezeigte bzw. Gesprochene gemacht hat, aber da geht’s einem wie dem jungen Samurai-Protagonisten, der auch ’ne ganze Weile lang denkt, dass sein Gastgeber einfach ’nen mittelschweren Sprung in der Schüssel hat. Im Nachhinein betrachtet ist die Story vielleicht nicht wirklich schlüssig, aber nachvollziehbar und passt wunderbar ins Kitamura-Universum (na, und sicher wird „Versus“ da eingebaut); zumal die Dialoge, nach der zugegeben sehr zähflüssigen Auftaktphase der ersten 20 Minuten, auch gelegentlich unerwartet pointiert sind.

Richtig in Fahrt kommt der Streifen dann nach der ersten kurzen Action-Einlage (die gleichzeitig ein wirklich furztrockene Gags möglich macht) – es wird zwar wieder eine Weile gelabert und dabei existentialistisch-philosophische Phrasen gedroschen, aber es ist unterhaltsam. Der breit angelegte Showdown überzeugt dann von der furiosen Action (das KANN Kitamura, keine Frage) – die Swordsplay-Szenen sind edel choreographiert (allerdings leidet der Film etwas unter den Low-Budget-Bedingungen; er ist verdammt dunkel, manchmal ist’s recht schwer, den Bewegungen zu folgen), der ein oder andere Splattereffekt wird aufgefahren (aber auch nichts, was epochal gewalttätig, brutal oder gory wäre) und selbstredend vergißt Kitamura nicht, wer er ist, und baut genügend stylishe Kamerafahrten (360-Grad-Dolly-Roundtrips und Konsorten) und optisch beeindruckende Einstellungen ein, um seine Fans zufriedenzustellen.

Zumal Kitamura auch mal passable Schauspieler zur Verfügung hat – Masaya Kato („Crying Freeman“, „Brother“, „The Seventh Floor“) ist schon als Veteran einzustufen und verleiht dem Dämon Aragami gekonnt eine charmant-bedrohliche Ausstrahlung, Takao Osawa (Steven Seagals Co-Star in „Into the Sun“) ist mir anfänglich ein wenig zu blässlich, aber das ist ja durchaus gewollt, er blüht durchaus auf. Kitamura schummelt übrigens, was die Wettbedingungen angeht und baut drei weitere Rollen ein – Hideo Sakaki („Versus“, „Azumi“), Tak Sakaguchi („Versus“) und Kanae Uotani („The Messenger“) als geheimnisvolle Frau an Aragamis Seite.

Die Ausstattung des Films ist, gemäß der Eine-Location-Regel, eher spartanisch, wird aber gut genutzt. Der Soundtrack offenbart Licht und Schatten – während mir einerseits die modernistische Aufmöbelung symphonisch-traditioneller Klänge gut gefällt, nerven mich die rave-lastigen (aber mit Rockgitarre verzierten) Töne in den Kampfszenen ein wenig (wie halt schon bei „Versus“). Für den Abspann gibt’s ’ne instrumentale Hardrock-Nummer von Ex-Racer-X- und Mr.Big-Klampfer Paul Gilbert.

Bildqualität: Mir lag die REM-Verleihscheibe vor. Das Bild (1.85:1, würd ich schätzen) verleugnet in seiner Grobkörnigkeit die Low-Budget-Herkunft nicht und ist mir insgesamt, wie erwähnt, eine Ecke zu dunkel; da hätte etwas mehr Kontrast nicht geschadet. Detail- und Kantenschärfe sind mittelprächtig, die Kompression okay.

Tonqualität: Wir dürfen zwischen einer deutschsprachigen Dolby 5.1-Spur und dem japanischen O-Ton in Dolby Stereo wählen (dts-Freaks werden sich ärgern – der Film wurde in laut credits dts gedreht, aber die entsprechende Tonspur ist nicht an Bord). Beiden Tonspuren ist gemein, dass der Soundmix sehr knarzig-matschig ist (da hätte dann auch dts nicht mehr viel geholfen, weil ich glaube, dass das an den Low-Budget-Bedingungen liegt), die japanische Tonspur ist von den Effekten und Nebengeräuschen wesentlich lauter und lebendiger als die arg steril heruntergeregelt deutsche Synchro. Untertitel (und zwar Sub- und keine Dubtitles) werden mitgeliefert.

Extras: Ein Interview mit Kitamura, der Trailer, ein paar Hidden Features und ein launiges, stark auf den Zeitdruck und den dadurch bedingten Stress abgestelltes Making-of. Nicht übel. Diese Extras sollten sich auch auf dem „Duel Project“-Kaufpackage finden.

Fazit: Also gut – ich muss ein bisschen Abbitte leisten, ich hatte ja schon gedacht, Kitamura kann gar nix, aber nachdem er „Azumi“ nicht ganz in den Sand gesetzt hat und „Aragami“ nun auch nicht das befürchtete Desaster ist, nehm‘ ich einen kleinen Teil meiner Schelte zurück. Ich halte Kitamura immer noch für einen übertriebenen Stilisten, dessen Stärken bestimmt nicht im Storytelling liegen (dass diese Schwächen in „Aragami“ nicht zu sehr zu Tage treten, liegt auch an der kurzen Laufzeit von 75 Minuten; gut, das hat ihn beim 50 Minuten kurzen „Heat after Dark“ auch nicht dran gehindert, grandios zu scheitern), aber ich hab mich mit „Aragami“ schon ganz gut unterhalten. Der Streifen macht dem Zuschauer durch seine langwierige dialogintensive Auftaktphase den Zugang nicht leicht, aber wenn man sich darauf einlässt, entfaltet er doch einen gewissen eigentümlichen Charme. Weder in Punkto Rasanz, Gewalt, Humor und Entertainment kann er mit „2LDK“ mithalten, also erkläre ich Tsutsumi zum klaren Punktsieger im Duell, aber für sich allein genommen ist „Aragami“ nicht ohne Reiz.

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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