Ab-Normal Beauty

 
  • Deutscher Titel: Ab-Normal Beauty
  • Original-Titel: Sei mong se jun
  •  
  • Regie: Oxide Pang Chung
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Jiyin: – Race Wong
    Jas: – Rosanne Wong
    Anson: – Anson Leung
    Jiyins Mutter: – Michelle Mee
    Professor: – Cub Chin


Vorwort

Abt. Don’t belive the hype oder wie?

Ich mag das FantasyFilmFest. Acht-neun Tage lang verwandeln sich ganz normale Kinos in Treffpunkte für Nerds, Splatterheads, Gorehounds und sonstige gesellschaftliche Außenseiter und ziehen sich ein Mammutprogramm an mehr oder weniger „phantastischen“ Filmen rein. Es ist in gewisser Weise, auf seine unglamouröse Weise (auch wenn man ab und zu den Regisseur eines Festivalbeitrags für ein halbseidenes Q&A ankarrt) ein Event, und auch, wenn man eher oft als selten vom Programm und ganz besonders den Filmen, von denen man sich ob der Vorabpresse ein erweckendes Erlebnis erhofft, im Stich gelassen wurde, freut man sich um so mehr über die kleinen Überraschungen, über die man jedes Jahr stolpert, und wenn alles andere scheitert, so hat man zumindest das Vergnügen, Filme auf großer Leinwand sehen zu dürfen, die im Normalfall hierzulande direct-to-DVD verramscht werden und es ist nun mal so – selbst die hinterletzte Zombie-Gurke aus der C-Liga wirkt (in den allermeisten Fällen) auf Kinogröße projiziert dann halt doch eindrucksvoller als in der heimischen Fischkiste.

This is really a roundabout way of saying, dass ich unseren heutigen Film NICHT beim FantasyFilmFest gesehen habe (duh) – der Streifen lief zwar auf dem 2005er-Festival, aber das war eines, das weitgehend ohne meine Beteiligung ablaufen musste. Und trotzdem habe ich eine FFF-Connection, denn die Festivalbetreiber haben die nette Angewohnheit, vor den Abendvorstellungen gerne mal DVDs zu verquizzen und eines schönen Abends beim diesjährigen Festival war mir Fortuna hold und ich durfte neben schicken Steelbooks von „Cargo“ und „Freeze-Frame“ eben auch die ungeschnittene, strafrechtlich ganz bestimmt unbedenkliche und nur für den Verleih gedachte Koch-Media-Scheibe von „Ab-Normal Beauty“ mit nach Hause nehmen. Eine gewisse Skepsis ist angebracht – Coversprüchen a la „selbst das hartgesottene FFF-Publikum machte sich ins Hemd“ (etwas weniger blumig ausgedrückt) trau ich nun nicht weiter, als ich einen Dreißigtonner werfen kann und abgesehen davon handelt es sich um Asia-Horror. Und von dem halte ich, wie Stammleser dieser Seiten wissen dürften, nun nicht ganz so viel wie manch anderer, aus dem kühnen Grunde, dass mir noch kein asiatischer Horrorfilm mit ’nem richtig taffen Drehbuch entgegengesprungen ist und sich der einzige „catch“ der Fernost-Grusel-Welle spätestens mit dem dritten „Ju-On“-Sequel mit solch Vehemenz zu Tode geritten hat, dass alles optisch-visuelle Talent und Scare-Set-up nichts mehr retten kann [optisch-visuell ist… toll… – der Lektor].

Nun, „Ab-Normal Beauty“ kommt wenigstens nicht aus Japan, sondern stellt sich als Ko-Produktion thailändischer und Hong-Kong-Recken vor, die verantwortungsvollen Schaltpositionen haben die Pang-Brüder inne, die bei Fans und Kritik mit ihrem (von mir aus unerfindlichen Gründen bislang nicht gesehenen, obwohl die DVD, wenn mich nicht alles täuscht, sogar hier rumsteht) „The Eye“ punkten konnten. Was, meiner bescheidenen und absolut maßgeblichen Ansicht nach, noch nicht viel heißt. Hat sich noch für jeden Ramsch ein Schreiberling gefunden, der ihn abfeiert. Zumindest spricht mich die Thematik an – alles, was rund um das legendenumwitterte Thema „snuff“ zu drehen scheint, ist schon mal interessant, und schließlich kann’s ja eigentlich auch nicht angehen, dass ausgerechnet Mainstream-Hollywood und „Batman“-Franchise-Fasttöter Joel Schumacher mit „8 mm“ den bislang wohl effektivsten Beitrag zu diesem Genre geleistet haben (verfolgt m.E. übrigens vom spanischen „Tesis“).

Dann wollen wir doch mal sehen, was die Asiaten aus dem Szenario raus holen. Genügend krankhafte Fantasie sollte es in den Breiten ja geben…


Inhalt

Zum Vorspann gibt’s einige Impressionen aus einem Museum, ehe wir ins Atelier einer Kunsthochschule umschalten, wo die diversen Studenten fleißig die Aktmalerei üben. Okay, wir befinden uns also in der Szene der bildenden Künste. Unsere heutige Hauptperson ist Jiyin, eine typisch mandeläugige Schönheit mit dem in far east offenbar schwer als Schönheitsideal geltenden leichten Silberblick, und ihres Zeichens sowas wie das resident Wunderkind der Schule. Jedenfalls hat sie grad mal wieder einen Preis für ein Foto gewonnen und wird über diesen Umstand von dem sie verehrenden Jüngling Anson komplimentiert. Blöd nur, dass Jiyin erstens mal null Interesse hat, mit Anson mehr als nur die allernotwendigsten Höflichkeitsfloskeln auszutauschen und zweitens mit dem prämierten Werk persönlich reichlich unzufrieden ist. Anson baggert trotzdem, wird aber des beackerten Feldes durch Hinweis auf eine anstehende Verabredung mit Jiyins schon im Hintergrund ungeduldig wartender Freundin Jas verwiesen. „Wer ist der Kerl?“, fragt Jas mürrisch. „Wen interessiert’s?“, schulterzuckt Jiyin und Anson schleicht mit metaphorisch eingezogenem Schwanz traurig vom Acker.

Jas und Jiyin begeben sich auf eine ausführliche Foto-Tour und knipsen, was ihnen vor die Linse kommt (und unsereins denkt, die Asiaten kampffotografieren nur als Touristen) – Natur, verfallene Hinterhöfe, gegen die der letzte Plattenbau in Marzahn gemütlich wirkt, hübsch geschmacklos rosa gepinselte Wohnblöcke etc. Allerdings gibt’s leichte Meinungsverschiedenheiten über die Motivauswahl. Jas versteht irgendwie nicht, warum ihre Freundin offenbar ein ziemliches Faible für Verfall hat.

Jiyin, sichtlich finanziell nicht gerade auf Dornen gebettet, kann ihre Bilder in der eigenen, gut ausgerüsteten Dunkelkammer entwickeln (sollte man allerdings im Kreise etlicher Chemikalien gemütlich an seiner Kippe ziehen? I kinda doubt it). Ihre Mama, scheinbar hauptamtlich zuständig für die reichliche monetäre Versorgung, beklagt zwar die aus ihrer Sicht zeitverschwendende Beschäftigung mit der brotlosen Foto-Kunst, Jiyin geht aber nicht drauf ein, und so belässt es Muttchen mit dem Hinweis auf ihre anstehende einmonatige Geschäftsreise. Penunze wird hinterlassen. Aber Jiyin ist wohl ein ziemlich anspruchsloses Gemüt, bekundet sie doch, den Zaster von Mamas letzter Reise noch auf Halde zu haben. Die ernährt sie wohl auch Absorbtion von Feuchtigkeit aus der Luft. Sonst haben sich Mutter und Tochter sichtlich (bzw. hörbar [akkustisch-auditiv wolltest du sagen, gelle? – der Lektor]) nicht viel zu sagen. Spricht für ein schwer intaktes Verhältnis.

Zeit für ein augenöffnendes Erlebnis – Jiyin geht vor die Tür und wird stantepete Zeugin eines verheerenden Autounfalls. Leichen pflastern sozusagen ihren Weg und reflexartig greift sie fasziniert zur Kamera und fotografiert die Resultate des Blechgemetzels. Das muss sie unbedingt brühwarm Jas erzählen, und tut dies in derart aufgelöstem Zustand, dass die Freundin gleich akuten Drogenmissbrauch vermutet. Darüber hinaus hält Jas die Leichenfotografiererei für „verrückt“ (naja, ich denke, es gibt ausgeflippteres. Soll Leute geben, die damit sogar ihr täglich Brot verdienen). „Ich konnte nicht widerstehen“, hysterisiert Jiyin. Jas will ihr diesen neuen Spleen gleich ausreden, aber Jiyin hat’s nun extrem eilig, die Negative zu entwickeln.

Na dann. Jiyin ist begeistert ob der Ergebnisse: „Endlich habe ich das ideale Bild!“ Jas ist irgendwie nicht halb so enthusiastisch und fragt nach, wie Jiyin sich bei der Knipserei denn gefühlt habe. Jiyin grübelt ernsthaft nach und kommt zum Schluss, ursprünglich große Angst gehabt zu haben, jetzt aber doch „erregt“ zu sein. Dat kümmt Jas unnormal vor, weswegen sie empfiehlt, das Bild unzeremoniell wegzuwerfen. Kommt aber gar nicht in die Tüte, denn das Bild „zeigt den Augenblick des Todes“ (naja, eher den Augenblick danach, aber wer wird denn kleinlich sein) und da muss Jas doch auch was fühlen, verdammich.

Aber wohl eher nicht, denn später ist Jiyin allein, seift sich ein und legt sich eine aufwendige Gesichtsmaske (nich‘ so mit Gurken, sondern richtig mit Stoff und so) auf. Dabei kommt sie wieder ins Grübeln (symbolisiert durch leichte distortion-Effekte), weil ihre Maske anscheinend für sie Ähnlichkeit mit einer Totenmaske hat (jedenfalls interpretiere ich das mal frank und frei so).

Zurück in der Schule wird wieder Akt gemalt. Jas starrt das Modell auf der Suche nach einem Inspirationsfunkten an – plötzlich rinnt unter dem Scheitel der Nackten ein dünner Blutsfaden herunter, über die Stirn, zwischen den Brüsten, bis hinab zum rechten Fuß. Außer Jiyin scheint niemand das gesundheitliche Problem des Modells zu bemerken. Kein Wunder, denn nur in Jiyins ersichtlich derangiertem Oberstübchen stellt sich die Szenerie so da… Immerhin, es regt den Kreativprozess an. Jiyin verbessert ihre Aktmalerei durch genaue Übertragung des beobachteten Blutsfadens auf ihr Gemälde und erntet damit einen extrem irritierten (aber, wir kennen ja Kunstprofessoren, vermutlich auch anerkennenden) Blick ihres Lehrmeisters. Auch die Studentenschar staunt Legosteine.

In high spirits lädt Jiyin Jas zum Essen ein und will zum feierlichen Anlass selbstpersönlich zum Kochlöffel greifen, was Jas überrascht. Zunächst müssen aber noch frische Zutaten eingekauft werden, und das erledigt man am Besten auf dem Markt. Jiyin wird plötzlich abgelenkt, weil an einem der open-air-Verkaufsstände ein Metzgersmann damit beschäftigt ist, Hühner zu schlachten. Das ist doch mal ’n Motiv! Sofort wird der aufrechte Tiermörder mit barer Penunze bestochen, noch mehr Hühner zu schlachten, nur damit sie was zu Knipsen hat. Was Geld bringt, ist gut, denkt sich der Schlachter und geht eifrig ans Werk. Seinen fachkundigen Kommentar kann er sich allerdings, macht Jiyin schnell klar, getrost schenken, es geht ihr nur um den ästhetischen Wert der Schlachterei, und deswegen komponiert sie die ganze Bildgestaltung in ihrem künstlerischen Sinne um und demonstriert sogar, wie, bitteschön, der Fachmann doch ihrzuliebe die Hühner killen soll. Während Jas angewidert-besorgt den sich auftürmenden Hühnerleichenstapel und Jiyins Turbofotografierei beobachtet, greift Jiyin zwecks Demonstration, wie sie die Schlachterei haben will, selbst zum Messer und schneidet, nach langwieriger Überlegung, einem Stück Geflügel höchstpersönlich den Kopf ab.

In der Dunkelkammer ist Jiyin ehrlich überrascht, warum Jas immer noch mächtig angeekelt ist: „Ist mit dir irgendwas?“ Jas sieht wohl den Zeitpunkt, ihrer Freundin mal deutlich zu verklickern, dass sie mächtig eins an der Klatsche hat, noch nicht für gekommen und weicht aus. Jiyin allerdings hat ganz ander Sorgen, erleidet sie doch eine Halluzination, in der alles Blut auf ihren (da Künstlerin, schwarz-weiß gehaltenen) Fotos echt wird und auf sie herunterdrippt. Da kann man dann schon mal weiche Knie bekommen. Jetzt ist’s an Jas, Fragen zum allgemeinen Zustand loszuwerden, aber Jiyin schiebt das Erlebnis auf zu langen Verweil in der Dunkelkammer.

Zum Happa-Happa gibt’s passenderwese (irgendwie nicht wirklich… eßbar aussehendes) Huhn, aber Jas hat, wen wundert’s, nicht wirklich Appeitit und sagt das auch so. „Warum redest du soviel ungereimtes wirres Zeug in letzter Zeit?“, fragt sie Jiyin, aber die behauptet, nur auf der Suche nach neuen künstlerischen Impulsen zu sein, man kann ja nicht immer nur Häuser und Blumen fotografieren. In der Tat hat ihr das Markt-Erlebnis ein neues Tätigkeitsgebiet erschlossen – sie spezialisiert sich nunmehr auf Tierkadaver (egal, ob Vogel oder Hund), die sie kunstvoll drapiert, turbofotografiert Fischaufschneider etc. pp. In der Dunkelkammer packt sie dann allerdings ein unerwarteter Anfall von Selbst-Ekel o.ä., sie rupft jedenfalls einige der graphischen Fotos von den Trockenleinen und flüchtet sich in eine dampfende Badewanne zwecks körperlicher und vermutlich auch gewollt spiritueller Reinigung. Aber wer weiß, was für’n Zusatz sie sich da ins Badewasser gekippt hat, jedenfalls biegt sie direkt in einen Flashback ab – und dem entnehmen wir das obligatorische Kindheitstrauma, das Jiyin zu der durchgeknallten potentiellen Klapsmüllerin gemacht hat, die sie nun mal ist.

In der glücklichen (höhö) Kinderzeit war Jiyin auch schon künstlerisch tätig – malt halt irgendwelche Bilder -, wird aber durch ein paar andere Kurze (Future Doc teilt mit: ihr Cousin, und ein paar Kumpels), empfindlich gestört, alldieweil offensichtlich sexuell motiviert angegrabbelt (it’s quite disturbing, denn sichtlich ist keiner der Beteiligten älter als zehn). Man greift ihr unters Kleidchen, befummelt sie usw. Shame on them. Kein Anstand! Keine Moral! Und das in dem Alter! Da sind bestimmt die Medien schuld. Egal. Zu ihrem eigenen Ekel (ich interpretiere mal wieder frei) flashbackt Jiyin sich zu einem Orgasmus. Das kotzt sie reichlich an.

So schwer kathartisch scheint die Episode jetzt aber auch wieder nicht gewesen zu sein, denn in einem Buchladen blättert sie wenig später in einem Bildband „ART OF DEATH“ (wie die großen Lettern auf dem Umschlag verraten), und das ist nun mal genau ihr Ding. Anson, der sie mit der Handdigicam videofilmt, erklärt sie, dass das doch ganz normal sei: „Bilder aus dem Alltäglichen, wie man die Beute des Todes wird!“ (Oder des Wahnsinns fette…). Das Buch wird jedenfalls gekauft, und für schriftlich fixierte Mitgliedschaft im Buchclub gibt’s sogar satte zehn Prozent Rabatt.

Trotzdem findent Anson es eher unappetitlich, dass sie ihre Neuerwerbung beim gemeinschaftlichen Mittagsmahl in einem Café begeistert durchblättert (hey, das eine prominent in Szene gesetzte Bild mit den zwei sich küssenden Leichenköppen kenn ich – das war doch mal’n Pungent-Stench-Cover, odda?). Sie ist sich sicher, dass er dem Tod schon mal begegnet sein muss und möchte wissen, was er dabei gefühlt hat. Anson ist nicht ganz so sicher, worauf sie hinaus will und spekuliert, dass sie ein Szenario wie den Besuch am väterlichen Grab meint. Sowas in der Art halt. Aber als er als einzigen sachdienlichen Hinweis zur Gemütslage nur zu Protokoll geben kann, „dass er nicht mehr da ist“ (der Vater jetzt), ist Jiyin bitter enttäuscht, was sie nicht davon abhält, ihm ihre Foto-Filosofie ans Knie zu nageln: „Fotografie heißt, einen stillen Moment für sich einzufangen, wie schnell sich das Objekt auch bewegt.“ Whatever. Zur Unterstreichung dieser denkwürdigen These legt sie einen perfekten freeze-frame hin. „Den Auslöser gedrückt, und alles stoppt wie beim Tod“, proklamiert sie und auch Anson ist sich mittlerweile wohl recht sicher, dass sein Angebetetes mal dringend ein paar Tassen nachkaufen müsste. Aber da er noch nicht ganz ausgeschlossen hat, doch noch bei ihr zum Stich zu kmmen, redet er ihr erst mal schön. Jiyins Handy bimmelt und Jas ist dran, und überhaupt gar nicht entzückt, dass Jiyin sich mit Anson abgibt: „Du hast versprochen, sich nicht mehr mit ihm zu treffen“. Jiyin geht nicht weiter darauf ein, sondern lädt sich per sofortiger Wirkung zu Jas nach Hause ein.

Dort ist Jas weiterhin extrem stinkig, weil „du sollst nicht mit ihm ausgehen, nur mit mir, und mit niemandem anderem!“ Womit wir nun auch offiziell etablieren, dass Jas und Jiyin nicht nur Kumpelinen, sondern wohl auch sowas ähnliches wie ein Liebespaar darstellen. Jiyin findet die Exclusivbelegungsregel eher nicht gut. „Ich will dich für mich allein“, schmollt Jas und zieht ’ne Schnute. Das ist auch noch selten gut gegangen im Film… Jiyin erklärt, dass Anson ihr nix bedeutet und abgesehen davon kann die Beziehungsproblematik nicht ausdiskutiert werden, weil Jas‘ (Mittelklasse-)Eltern nach Hause kommen. Die freuen sich zwar über Jiyins Anwesenheit (wenn die wüssten), dennoch schauen die Mädels, dass sie so schnell wie möglich – unter der Ausrede, Kinokarten zu haben – Land gewinnen. Stellt sich die Frage, was jetzt mit der Zeit anfangen? Jiyin hätte nichts dagegen, wirklich ein Lichtspieltheater aufzusuchen, Jas befindet sich aber gerade in der renitenten null-Bock-auf-gar-nix-Phase. Jiyin orientiert sich in Richtung des Galerie-Geländers (Jas residiert im zehnten Stock einer Mietskaserne) und fragt Jas, ob sie mal an Selbstmord gedacht hätte, wäre schließlich ein perfekter Spot für so ’ne Aktion: „sssss und klatsch“, wie sie sich ausdrückt. „Ich würd’s nicht tun“, brummt Jas. „Ich schon“, verblüfft Jiyin ihre Freundin. „Warum, wo du alles hast? Da hätte ich mehr Grund, ganz im Ernst, Süße“, gibt sich Jas eher unwirsch, was Jiyin aber nicht daran hindert, über’s Geländer zu kraxeln und in aller Freundschaft mal nachzufragen, ob Jas den mitspringen würde, wenn sie hier die Flatter macht. Begreiflicherweise sagt Jas in der Situation sicherheitshalber alles, was Jiyin gern hören würde. Langer Rede kurzer Sinn – Jiyin jammert, dass es ihr zwar materiell gut geht, aber dafür ihr jeglicher familiärer Support fehlt, i.e. Mütterlein, das sich nicht so umtriebig um Jiyin kümmert wie Jas ihre Mum. Per Audio-Flashback wird uns vermittelt, dass Jiyin seinerzeit mit der Missbrauchsgeschichte pflichtschuldigst bei Frau Mama vorstellig geworden ist – nur geglaubt hat man ihr nicht, im Gegentum, als notorische Lügnerin musste sie sich beschimpfen lassen. Da kann zarte Kinderseele schon Schaden nehmen… Jiyin lässt das Geländer los, aber nur für einen Sekundenbruchteil, und vollführt nun einen ekstatischen Tanz am Rande des Abgrunds bzw. einhändig am Galeriegeländer, kulminierend in einem schrillen Freudenschrei.

Selbstmord hin, Geländertanz her, so wirklich will sich Jiyin dann doch nicht gen Asphalt schleudern, aber dafür schüttet sie Jas gegenüber endlich mal ihr Herzelein aus. Dem entnehmen wir, dass Jiyin seit diesem verhängnisvollen Vorfall aus Jungs nichts macht und sich daher in die Freuden der gleichgeschlechtlichen Liebe geworfen hat, und das bleibt auch so. „Hättest du mir auch früher sagen können“, gibt Jas sich verständnisvoll, und alles andere mal außer Acht gelassen, ihr böser Cousin hat eh seine gerechte Strafe erhalten, ist er doch einen Tag nach der Angrabbelei eine Treppe runtergefallen und war hin. „Ich finde das ganz fair“, meint Jiyin, aber Jas kuckt zutiefst nachdenklich… (Todesstrafe für minderjährige Sextäter? Man unterrichte Marco W.)

Neuer Tag, neues Glück, neuer Selbstmord. Diesmal nicht von seiten Jiyin, aber von einer anonymen weißgekleideten Frau, die sich auf’m Dach eines Hauses drapiert hat und ernsthafte Anstalten macht, nun der Schwerkraft freien Lauf zu lassen. Die notwendige schaulustige Gaffermenge versammelt sich vorschriftsmäßig und auch Jiyin zückt fasziniert ihre Kamera. Sehnsuchtsvoll knipst sie die Dachbesetzerin, bis die auf einmal weg ist. Weg weil gesprungen. Jiyin knipst den Sprung im Dauerfeuer mit – während die Menschenmenge ehrfurchtsvoll zurücktritt, klickt Jiyin bis zum bitteren (klatsch, you remember) Ende und macht noch ein paar schöne stilvolle close-ups von der Leiche und der Blutlache. Sie selbst wird bei der Leichenfledderei fotografischer Art von unbekannter Hand videogefilmt. Ob das Anson…? Auf jeden Fall türmen sich schon mal die Metaebenen…

Kurzer Einschub – hm, hat man mir nicht einen Film versprochen, der sich mit der Snuff-Thematik befasst? Gut, im weitesten Sinne sind wir da schon in der Ecke, aber könnten wir diesbezüglich langsam mal zu Potte kommen? Ich hab Weihnachten noch was vor. Grüße, Ihr Gorehound.

Jiyin entwickelt in der Dunkelkammer ihre neuesten Schnappschüsse und ihr schon beinahe entmenschter Gesichtsausdruck macht mir schon fast Angst. Nach einer Dusche schält sie auf etwas obskure Art enen Apfel, wird aber von einem Geräusch aus Richtung Terrasse erschreckt (selbstverständlich weiß der obligatorische Gewittersturm, dass an dieser Stelle seine dramaturgische Wirkung verlangt wird). Das Telefon klingelt. Wird das jetzt ein „Scream“-Reenactment? Anson ist dran und sagt, dass er’s ist. „Ich weiß, dass du Anson bist“, doofantwortet Jiyin. „Ich bin draußen, vor deinem Haus!“, erklärt Anson (also doch „Scream“) und obwohl er nicht wirklich glaubhaft erläutern kann, was er da treibt, lässt sie ihn rein. Aber hauptsächlich, um ihn wegen seiner heimlichen Filmerei zur Schnecke zu machen. „Ich will nur ein Musikvideo für dich machen“, entschuldigt sich der Tölpel. Auf die Frage, ob er denn auch gerade gefilmt hat, reicht er stolz wie Oskar seine Digicam rüber. Jiyin unterzieht die Aufnahmen einer kritischen Betrachtung: „Ich seh da so fett aus!“ (Frauen… sie sind doch ALLE gleich). „Wenn du nicht dünn bist, wer dann auf der Welt“, widerspricht Anson und unterzieht ihre Anatomie einer genaueren Inspektion. Entgegen jeglicher Anhaltspunkte hält Anson den Zeitpunkt für seinen Move gekommen und gesteht ihr seine Liebe. Zu allgemeiner Überraschung quittiert Jiyin die Offenbarung mit einem Kuss – doch leider, für Anson, nur in dessen blumiger Vorstellungskraft. Im wirklichen Leben erkundigt sich Jiyin nur nach dem ihrer Ansicht nach etwas zu rötlichen Zustand seiner Augen und verlangt sofortige und endgültige Einstellung der heimlichen Filmerei. „Du fotografierst doch auch dauern“, nölt der Zurückgewiesene, aber „das ist was anderes. * Du * warst indiskret!“ (Teuflisch!) Strafe muß sein – und Jiyin hat schon eine brauchbare Idee: „Jetzt stehst du mir Modell, und zwar sofort, sonst kommst du hier nicht weg!“ Immer diese psychopathischen Künstler. Anson ist vage beunruhigt und wohl nicht gänzlich zu Unrecht. Sie drapiert ihn auf den Boden, beleuchtet ihn fotografieroptimiert und krabbelt über ihn drüber: „Liebst du mich wirklich?“ Kommt jetzt die klassische „würdest du für mich sterben?“-Frage? Hm. Jedenfalls zieht sie ihm erst mal den Pulli hoch und fordert ihn auf, den ganzen Rest Textiloberkörperbedeckung abzulegen. Das macht er doch nur zu gerne, denn für ’ne Runde Fickificki ist ihm auch ein obskurer Fetisch seiner erwünschten Partnerin recht & billig. Aber da dürfte er sich wohl täuschen – sie schreitet auf ihn zu, verbirgt aber etwas hinter ihrem Rücken. Ein Messer? Nö, nur’n Kübel roter Farbe, den sie energisch über ihm ausschüttet. „Nicht bewegen“, fordert Jiyin, schließlich will er doch mit ihr spielen, oder etwa doch nicht? Ein Messerchen hat sie doch noch am Start, aber nicht unbedingt mordsinnig, sondern nur der besseren dramaturgischen Wirkung für ein paar gestellte Mord- und Totschlagbilder, die sie jetzt ekstatisch schießt. „Du willst mich doch vögeln“, blökt sie den Verblüfften an, rastet völlig aus, kloppt ein paar Sachen kaputt und flashbackt zu ihrer unliebsamen Cousinsmißbrauchserfahrung zurück.

Nach vollzogener Kunst schweigt sich das Duo ausdrucksvoll (und räumlich weitestmöglich getrennt, was die vorhandenen Sitzmöbel angeht) an. Jiyin scheint die Sache berechtigterweise einigermaßen peinlich zu sein und empfiehlt Anson, jetzt doch lieber Leine zu ziehen. Der Bursche ist, was man auch nachvollziehen kann, doch reichilch verwirrt und macht bei Jiyin einen leichten Dachschaden aus – er würde ihr gern helfen, aber „du kannst mir nicht helfen“, denn „ich verlire immer mehr die Kontrolle“. So hilflos-verzweifelt kennt er sie gar nicht. „Wenn du mir wirklich helfen willst,“ bittet sie, „dann lieb mich bitte nicht.“ Wenn das halt immer so einfach wär… aber so ’ne Psychobraut hat natürlich Mittel & Wege, ihren Wünschen Nachdruck zu verleihen. Sie starrt ihn zweideutig an und unterstreicht dies mit dem ein oder anderen begehrlichen Blick auf das Messer… Die Message schleicht sich langsam in Ansans Gehirnwindungen, löst endlich ein paar mentale Reaktionen aus und lässt ihn seine Kamera packen und verschwinden.

Zeit für eine Montage… Jiyin dreht nun endgültig hohl, beschmiert ihre Fotos mit „Blut“ in Form von Lippenstift, dito ihr Spiegelbild, während sie ihre „Totenmaske“ trägt und verunziert ihre Gemälde mit wilden Schlieren (und, nicht zu vergessen, sie greift zur improvisierten Haarfärbung und schüttet sich reichlich rote Farbe ins Haupthaar). Jep. She’s far out, I get it. Inmitten von Farben, Klecksen und Pinseln klappt sie schließlich zusamnen und ruft mit letzter Kraft Jas um Hilfe („ich glaub, ich werde verrückt“ – selten wurden wahrere Worte gelassener ausgesprochen). Jas eilt zur moralischen Unterstützung. Jiyin klagt ihr Leid: „Ich kriege kaum Luft“ (das könnte am hysterischen Heulen liegen). Jas fragt sich, was eigentlich Sache ist und Jiyin macht aus ihrem verstörten Herzen keine Mördergrube – sie fürchtet, eines nicht mehr allzufernen Tages könnte sie ihrer Selbstkontrolle endgültig verlustig gehen und jemanden töten! „Das wird schon wieder“, beruhigt Jas und schlägt einen Arztbesuch vor. Jetzt spielt Jiyin aber wieder das Trotzköpfchen und mag nicht mitgehen, denn „kein Arzt kann mir helfen“, weil „meine Mutter konnte mir auch nicht helfen, sie hat weggesehen“. Summa summarum: „Ich will sterben! Kreisch!“ Jas erweist sich als überraschend vernünftig gepolt und teilt ihrer Freundin förmlich mit, ihr nicht helfen zu können, so lang sie sich so aufführt. Ich nehme Jas allerdings umgehend das Anerkenntniskärtchen wieder weg, weil sie sich innerhalb von zehn Sekunden widerspricht – dem ersten Rat, sich mit ihrer Mutter auszusprechen, lässt sie die Empfehlung folgen, die ganze Angelegenheit doch einfach zu vergessen. Wie denn nu?

Aber erst mal muss der ganze Dreck aus den Haaren. Jas kümmert sich liebevoll darum und braust Jiyin ab (nix zu sehen, ihr Spanner). Die anstößigen, gewaltverzierten Kunstwerke werden gemeinschaftlich vernichtet, ebenso die Todes-Fotos.

In der Nacht (man pennt gemeinschaftlich im Doppelbett) schnarcht Jas mehr oder weniger zufrieden mit sich hin, aber Jiyin findet keinen Schlaf und greift um 4 Uhr früh zum Fernofon, zweck Mami anbimmeln. Die Mutti ist zwar gelinde überrascht, spekuliert aber zutreffend, dass irgendwas beim Töchterlein nicht stimmt. Jiyin hält den Zeitpunkt für die Aussprache offensichtlich für gekommen: „Ich muss dir etwas sagen, wenn ich es dir heute nacht nicht erzähle, muss ich dich für den Rest meines Lebens hassen!“ Na denn man to. Jas ist mittlerweile aufgewacht und hört dem Gespräch heimlich ein Weilchen zu, doch als es dann ans Eingemachte geht, zieht sie sich zurück. Dito der Zuschauer, dem verheimlicht wird, was genau Jiyin ihrer Mutter einschenkt (aber wir können’s uns ja denken). Und es scheint tatsächlich die gewünschte therapeutische Wirkung gehabt zu haben, denn am nächsten Morgen ist Jiyin extremst relaxed und cheerful, hat sogar ein (naja) gesundes Frühstück für Jas vorbereitet. Auch in der Kunsthochschule ist Jiyin das blühende Leben, bis … tja, bis sie in ihrem Spind einen mysteriösen Umschlag findet. Beunruhigt macht sie das Dingens auf’m Lokus auf und findet einige schwer künstlerisch verfremdete Snuff-Fotos. Sämtlicher Joyfulness wieder entzogen, schlurft sie kraftlos zu Jas (und, nicht, dass ich mich beschweren möchte, es könnte ja auch langsam mal etwas * spannendes * passieren. Ist ja schon über ’ne Stunde rum). Jas erklärt mit aller fachlichen Expertise die Fotos für gestellt. Irgendjemand filmt weiterhin heimlich mit der Videokamera. Später, daheim, findet Jiyin vor ihrer Tür eine Videokassette. „TAKE A LOOK“ hat jemand auf die Hülle gekritzelt. Und weil man natürlich nix besseres zu tun hat, als einem anonym zugespielten Video sofort auf den Zahn zu fühlen, speziell, wenn man seelisch schon reichlich angeschlagen ist, kommt Jiyin dieser freundschaftlichen Bitte nur zu gerne nach (die wäre auch ein perfektes Opfer für den „Ringu“-Fluch).

Nach einem Testbild (kommerzielle Produktion? Wieviele Homevideos fangen schon mit ’nem Testbild an?) steigen wir auch sofort in ein amtliches Snuff-Video ein. Eine junge Frau, an einen Stuhl gekettet, wird in einem Keller gefoltert. Erst mal haut Jiyin geistesgegenwärtig auf die Stop-Taste, stellt ein paar Verbindungen zwischen den ihr zugespielten Fotos und dem Video her (angeblich, aber da müssen wir uns wirklich auf das Wort der Beteiligten verlassen, ist das Opfer auf Video und Foto identisch) und… lässt das Band weiter laufen. Ein Kerl, der unter’m lässigen Trenchcoat nur seinen, hüstel, gestählten Oberkörper präsentiert, schlägt das Mädel zusammen und greift schließlich zu einem Rohr (also sowas wie Leitungs-Rohr, gelle, nicht, was ihr schon wieder denkt?), um seinem Opfer damit nach allen Regeln der Killerkunst den Schädel einzuschlagen. Jiyin ruft einmal mehr hysterisch Jas an – die darf sich das schöne Tape auch gleich ankucken. Filmkritikerin Jas lobt zwar – angewidert, of course – den Realismus des Werks, bemängelt aber, dass der Schnitt und die Soundeffekte für eine Inszenierung sprechen (Snuff-Killer mit Post Production-Abteilung, das ist ja echt was neues).

Jedenfalls sind die Mädels sich einig, dass das Opfer genau jenes von den Fotos ist. Jas schlägt vor, die Polizei einzuschalten, aber Jiyin steht auf dem „glaubt-eh-keiner“-Standpunkt (den alle faule Drehbuchautoren bemühen, wenn ihnen nicht wirklich ein plausibler Grund dafür einfallen will, warum die Protagonisten nicht zu den Bullen gehen). Jas macht sich Gedanken: „Wenn das gestellt ist, wer macht sowas?“ (Ich würde mich ja eher fragen, wer sowas macht, wenn’s NICHT gestellt ist…). Zumindest hat sie aber einen vernünftigen Gedanken – wer das Video geschickt hat (und auch die Bilder), der muss Jiyins geheime Vorlieben für morbid-makabres Bildgut kennen.

So viele Kandidaten gibt’s da auch nicht wieder und so landet Anson schnell auf der Top-Position der übersichtlichen Verdächtigenliste. Sofort wird zum Privatverhör in der Cafeteria geschritten. Jiyin macht ihm erst mal klar, dass sie ihn zwar ganz nett findet, Liebe aber in keiner Form zur Debatte steht und er daher dringlich von solch abartigen Liebesbeweisen Abstand nehmen soll. „Tut mir leid“, schnieft Anson, „ich dachte, es würde dir gefallen“. Griesgram Anson verflucht sein mangelndes Talent, was Jas verblüfft – ihrer Ansicht nach war das ganze real genug. Und wer überhaupt war das Opfer? „Welches Mädchen?“, wundert sich Anson, „da ist doch niemand außer Jiyin!“ – längere Denkpause für dieses Statement inbegriffen. Jiyin und Jas kucken wie die sprichwörtlichen kleinen Autos. Jiyin sieht sich daher genötigt, an die Fotos und das Video zu erinnern. Anson weiß aber von nix – er hat nur ein Musikvideo für Jiyin gemacht und ihr per e-Mail geschickt (und Tante Jiyin kuckt offenbar nur sporadisch in ihren Mailaccount, sonst hätte sie das wohl schon geschnallt). Der zu Unrecht Verdächtigte befindet, nicht von den Girls verarscht werden zu wollen und in der Tat – jemand filmt heimlich, still und leise die ganze Konversation der drei von außen…

Jiyin sieht sich das Video noch mal an (hm, is geil, wa?). Jas ruft an und hat mittlerweile ein paar Überlegungen angestrengt – da Jiyin nicht erpresst wird und das Video selbst nicht beweiskräftig sei (???), könnte man die Sache ja doch der Polizei melden. Außerdem unterbreitet sie das selbstlose Angebot, zwecks moralischer Unterstützung für’n Moment bei Jiyin einzuziehen.

Des Nächtens wacht Jiyin recht panisch auf und wäre geneigt, Jas‘ Angebot anzunehmen, weswegen sie mit entsprechend dringlich formulierter Bitte telefonisch bei Jas vorstellig wird. Die Verbindung wird aber unterbrochen. Jiyin drückt energisch auf Wahlwiederholung und – hört Jiyins Handy direktemang vor der Wohnungstüre bimmeln! Nach reiflicher Überlegung öffnet sie die Tür. Das Handy liegt davor, dito ein weiteres Video aus der beliebten „Take-a-look“-Reihe.

Überraschung Überraschung – Hauptdarstellerin der neuen lustigen Foltermordrunde ist freilich Jas. „Tu Jas nicht weh“, flennt Jiyin den Fernsehschirm an (öh, Mädel, das macht der schon…). Nach den anfänglichen händischen Prügeln greift der fiese Killer (der übrigens ziemlich flott sein muss… so viel Zeit, Jas zu kidnappen, zu killen und das Beweisvideo postalisch zuzustellen, hatte er, denke ich, nicht) wieder zum Rohr. SMACK! Da geht sie hin, die gute Jas, schade eigentlich… Der vermummte Killer macht noch ein paar Erinnerungsfotos. Jiyin schwingt sich hilfsbedürftig ans Telefon, doch der Folterknecht ist schon in ihrer Wohnung (wie auch immer) und haut sie k.o.

Wir sind sicherlich alle hochgradig verblüfft, dass Jiyin im Folterkeller wieder zu sich kommt, an einen Stuhl gekettet und von Dutzenden Kameras umringt. So fühlt sich Britney Spears auch manchmal. Sie zerrt probehalber an den Ketten, natürlich erfolglos, während die toten Kameraaugen sie anglotzen. Am entfernten Ende des Raumes findet sich eine gut sortierte Überwachungszentrale mit etlichen Montioren. Und der Besitzer derselben kommt schon… (wenn ich die throwaway-shots auf die Kellerwände richtig interpretiere, arbeitet der Killer seine Opfer in ausstellbare „Kunstwerke“ um). Ein ultrahoher Ton wird aus Lautsprechern geschossen und schon ist unser Folterknecht dabei, sein finst’res Tagwerk zu verrichten und Jiyin zu prügeln (superschnelle flash-edits unterstreichen die Wirkung). „Lass mich bitte gehen“, wimmert Jiyin, doch ich bezweifle ernstlich, dass dies eine Option darstellt. Der Killer nimmt Anlauf (im Wortsinne) und startet eine neue Ohrfeigen- und Blitzlichtorgie. Jiyin verlangt zu wissen, was der Killer denn will (hm, I’ve got an idea), aber da der Knabe konsequent die Schnauze hält, ändert sie ihre Taktik und schaltet auf „umgekehrte Psychologie“ um: „Du willst noch mehr Fotos von mir? Ich hätte gern vor meinem Tod noch mehr. Machst du mich jetzt hübsch? Schlag mich“ usw. (also doch Britney Spears… „hit me, baby, one more time…“). Und die Beine macht sie auch noch breit. Der Killer ist ungerührt, zückt sein Abflussrohr, nimmt sie unter die Lupe, was ihr einen Kreischer entlockt (hm, sollte das nicht ihr neues Image als Maso-Schlampe untergraben?). Mein letzter Einwurf fällt auch ihr selbst auf: „So ist’s gut, mach weiter“. Jetzt ist der Killer doch ein wenig verwirrt und starrt sie kritisch an. „Endlich hast du mal geholfen“, führt Jiyin aus und lobt den Killer ob seines ästhetischen Empfindens (hm, ich weiß ja nicht, ob die selbstgebastelte Pseudo-Hannibal-Maske, die er trägt, wirklich von ästhetischem Empfinden zeugt). Egal, jedenfalls sieht er etwas oder jemanden aus seiner Vergangenheit in ihr (per „Vision“), und das veranlasst ihn, nun doch mal das Rohr (also das Bleirohr, nicht was anderes, ähm [ja, wir ham es schon das erste Mal verstanden, danke. – der Lektor]) zu schwingen. Jiyin panikt geringfügig und schlägt hastig vor, vor dem finalen Schlag doch erst mal ’nen kleinen Kuss einzuschieben. Ob er daran wirklich interessiert ist? Er lässt erst mal das Rohr sinken. „Es würde mir nichts ausmachen, jetzt zu sterben“, behauptet sie, aber „ich will es sehen!“ (Sein Gesicht, nehme ich an). Das ist für den armen Kerl jetz doch ein bissl viel, er zieht sich zurück.

Jiyin hofft, die Kunstpause zur Befreiung zu nutzen, aber die Ketten halten. Der Killer spielt indes den Michael Hutchence und schreitet zur autoerotischer Selbststrangulation per Flaschenzug (uffza). „Hättest du den Mut, mich zu akzeptieren?“, fragt er, scheinbar nun der Ansicht, Jiyin könnte es mit ihrer Maso-Nummer tatsächlich ernst meinen. Jiyin ist selbstredend schnell dabei, zuzustimmen. Der Killer packt (off-screen) sein Genital aus. Jiyin wirft sich ihm entgegen, kickt den Stuhl, auf dem er sitzt um, fällt dabei praktischerweise von ihrem Stuhl und ist frei, indes der Killer nun lustig am selbstgeknüpften Strick (teilmetaphorisch, der Mann verlässt sich auf Ketten) baumelt. Sie schlägt auf ihn ein – trotzdem könnte er sich rein theoretisch aufrappeln, wenn er seine Sinne beisammen hätte. Jiyin geht auf Nummer Sicher, benutzt den Flaschenzug und hängt den Knaben richtig auf, also mit Verlust des Bodenkontakts. Ein wenig zuckt er noch, doch dann isser hin, der Bursch.

Nachdem Jiyin in einer Ecke Jas tot rumliegen sieht, was sie understandably nicht fröhlicher stimmt, wäre nur noch eine Frage zu klären. Wer zum Geier war der Killer denn nu? Sie schreitet zur Demaskierung… Der Killer ist * drumroll *… der Verkäufer aus dem Buchladen! (Da wir alle den Kerl ja längst vergessen haben [oder einen Asiaten nicht vom anderen unterscheiden können. – der Lektor], flashbackt man uns sicherheitshalber die entsprechenden Szenen – in der Tat erklärt’s, dass er ihre Todesfaszination kennt und durch ihr Buchclub-Beitrittsformular hatte er auch ihre Adresse).

Tja, beinahe alles happy, alles well. Jiyin hat ihre morbide Ader überwunden und malt wieder fröhliche Sachen in hellen Farben und mit Blümchen außenrum (trotzdem sind zwei Meter hohe Portraits, auch wenn sie von toten Freunden sind, doch irgendwie extrem passé). Ein Kriegsschauplatz wäre noch aufzuräumen – die internen Familiengeschichten. Trifft sich günstig, dass Mamachen wieder heimkommt und durchaus Informationsbedarf hat, z.B. warum Jiyin bandagiert rumläuft. „Wenn ich die Wahrheit sage, denkst du bestimmt wieder, ich lüge“, greint Jiyin (äh, ich dachte, ihr hättet euch neulich ausgesprochen?). Aber Mama überrascht ihr Tochterherz und räumt ein, ihr seinerzeit gleich glauben hätte sollen. Hug Tiems! Mama tut das alles schwer leid und per voiceover kann uns Jiyin jetzt auch noch verklickern, dass ihr Cousin am Tag danach keinen Unfall hatte, sondern von ihr die Treppe runtergeworfen wurde (still-foto-flashback inbegriffen). Ein Hoch der Selbstjustiz… ob das nun das Geheimnis war, dass sie ihrer Mutter am Telefon erzählt hat oder das nur der Aufdröselung letzter offener Frage für den Zuschauer war, bleibt offen.

Und das war’s dann…

Tscha, „Ab-Normal Beauty“ macht’s dem geneigten Rezensenten mal wieder nicht leicht – denn obwohl meinereiner sich während des Filmbetrachtens schon mal fragte, was eigentlich der Punkt der ganzen Geschichte sein soll, ob die Herren Pang sich überhaupt mal einig waren, was für eine Art Film sie denn drehen wollten und ob man das ganze nicht etwas fetziger-temporeicher hätte gestalten können, war ich schlussendlich gesamteindruckstechnisch nicht enttäuscht.

Mag schon mal daran liegen, dass es mittlerweile recht erfrischend ist, einen asiatischen Genrebeitrag zu erhalten, der nicht mit schwarzhaarigen Geistermädels und ähnlich schockierenden übernatürlichen Begebenheiten aufwartet, sondern sich – ganz down-to-earth – mit den Abgründen der menschlichen Seele befasst, und die, das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber immer wieder erschreckend, steckt so manchen paranormalen Gruselmumpitz locker in die Tasche.

Wobei zuallererst die Feststellung gestattet sein muss, dass man sich nicht vom auf dem Coverblurb herausgestellten Snuff-Angle triezen lassen sollte. „Ab-Normal Beauty“ hat nicht das Interesse, die Klientel von „Hostel“ und ähnlichen Gewaltpornos anzusprechen und nutzt daher den Aufhänger der Foltervideos nur als konsequente Fortführung des Psychodramas, quasi als „externen“, plakativen Kontrapunkt zum „inneren“ Wahn Jiyins – der Stilbruch vom leisen (wenn auch meines Erachtens auf eher wackeligen psychologischen Füßen stehenden) Thrillodram zum gewalttätigen Folterfilm ist gewagt, aber gekonnt umgesetzt und passt eben tatsächlich ins Konstrukt der Geschichte, bedient also nicht nur niedere Instinkte, die Gewalt um der Gewalt Willen wollen, sondern entwickelt sich recht schlüssig aus der Story (natürlich muss man die suspension of disbelief gelegentlich mal strapazieren, aber wann ist das nicht so?).

„Ab-Normal Beauty“ macht sich nicht die Mühe, für den anspruchslosen Allesseher alles aufzudröseln – nur bei der den Film eigentlich nur peripher tangierenden Auflösung der Killeridentität bemüht man notgedrungen das Mittel des Flashbacks, um zu beweisen, dass sie in der Tat stimmig ist; ansonsten bleibt vieles betont unausgesprochen: ob Jiyin und Jays nun ein lesbisches Pärchen sind oder einfach nur WIRKLICH gute Freundinnen, bleibt ebenso gewollt vage wie die Frage, was sich nun eigentlich Jiyin in ihrem kathartischen Telefongespräch mit Mama von der Seele geredet hat

Das psychologische Gerüst ist, das habe ich schon angedeutet, sicherlich nicht völlig in sich rund – dass für die Traumatisierung der Protagonistin „sexueller Mißbrauch im Kindesalter“ hergenommen wird, ist sicherlich nicht mehr hochgradig originell (wobei sexueller Mißbrauch von Kindern durch Kinder schon einen zusätzlicher Aha-Effekt darstellt), und sicherlich ist auch der Punkt des familieninternen Misstrauens bzw. Unglaubens ein valider, die direkte Entwicklung in eine Todes-Faszination scheint mir aber nicht unbedingt zwingend folgereichtig zu sein (natürlich spielt aber da auch wieder rein, dass Jiyin ihren Cousin als gerechte Strafe umgebracht hat – das wiederum passt aber zur ambivalenten Gesamtstimmung des Films, da Jiyin kein eindeutig positiver Charakter ist; auch im Showdown kann man den Eindruck gewinnen, sie hätte sich befreien können, ohne den Killer umbringen zu müssen). Aber ich bin zu wenig Psychologe (nämlich gar keiner), um mir ernstlich Gedanken machen zu wollen, welche Psychose durch welche äußeren und inneren Umstände bedingt wird, belassen wir es also bei der Aussage, dass mir als Laien die diesbezügliche Argumentationskette des Films holprig vorkommt.

Recht interessant, und zunächst mal wertfrei von mir einfach zitiert, ist die Ansicht des Regisseurs (okay, die Pangs betreiben also wohl doch Arbeitsteilung. Mir auch wurst), dass der Tod an sich etwas Ästhetisches ist und diese Ästhetik des Todes allgemein nicht genug gewürdigt sei (vor allem nicht in seinem Kulturkreis, so entnehme ich das zumindest den Interviewsnippets aus dem Making of). Ich bin mir nicht sicher, wie genau Oxide Pang das nun meint (ich persönlich kann ganz gut ohne echte Leichenbilder leben, sonst wäre ich Stammkunde bei rotten.com o.ä.), ich will auch nicht grundsätzlich widersprechen, und inwiefern es für den Film an sich wichtig ist, darüber kann man auch diskutieren (sicherlich ist es ein zentraler Plotbestandteil, der aber auch ohne eine „positive“ Wertung funktionieren würde), aber es soll einfach mal erwähnt sein. Immerhin rückt es den Streifen ein wenig in die Tradition von Klassikern wie „Peeping Tom“.

Optisch, das muss man mal sagen, macht man den Pang-Brüdern (ich gehe jetzt mal, ohne von tieferer Sachkenntnis behindert zu sein, davon aus, dass die Pangs es ähnlich wie die Coens halten und die Credits nach brüderlichem Gutdünken aufteilen. Und wenn nicht, ist’s mir auch ziemlich schnuppe), sicher nichts vor. „Ab-Normal Beauty“ ist stylish bis zum Abwinken und lotet praktisch alles an technischen Gimmicks und Gizmos aus, was die Trickkiste des hippen Jungfilmers hergibt – die Kameraarbeit ist bemerkenswert und trotz aller Spielereien und Mätzchen von Farbverfremdung, künstlicher „Verschlechterung“ des Filmmaterials, originellen Kameraperspektiven und -fahrten, kommt nicht die z.B. bei Kitamura gerne anzutreffende „look-what-I-can-do“-Attitüde durch (bei der der Zuschauer ob der überragenden technischen Fähigkeiten der Filmemacher bass erstaunt und von Ehrfurcht zerfressen im Kinosessel versinken soll), sondern die Kniffe von Regie und Kamera passen in den Flow der Story, unterstreichen die emotionalen Momente. Der Film wirkt nicht aufdringlich überinszeniert, nichts ist reiner Showcase, alles ordnet sich der Geschichte unter – die diversen Tricksereien (jetzt ist nicht Special-FX-Getrickse, sondern halt Kamera- und Regieeinfälle gemeint) sind erfolgreich eingesetzte Metaphern für Jiyins zunehmend aus dem Ruder laufenden Geisteszustand – ein Stilmittel, an dem sich schon mancher versucht, aber die meisten verhoben haben, und das die Pang-Brüder gewinnbringend und reichlich einsetzen, ohne zu übertreiben und aus den Augen zu verlieren, dass sie eine Story erzählen wollen (und bei den Visual-Gurus aus Asien, die ja gerne einem optischen Effekt alles andere unterordnen, sollte man schon erwähnen, wenn’s mal umgekehrt auch funktioniert, will sagen, die Visualität mal wirklich dazu genutzt wird, etwas zu erzählen bzw. die Erzählung wirkungsvoll zu verstärken und nicht nur vom Thema abzulenken). Hier bilden Drehbuch, Kamera und Schnitt eine stimmige Einheit und überzeugen durch ihr Zusammenspiel, auch, weil die Editing und Fotografie gelegentlich dabei helfen, über das zunächst recht zurückhaltende Tempo des Films hinwegzutäuschen (wobei der Streifen trotzdem keine Spannungsgranate ist, man ihm manchmal doch ’nen Tritt in den Allerwertesten geben will und paradoxerweise anderes, wie z.B. Jiyins Beinahe-Mord an Anson, etwas schnell geht – und dass Anson mit Jiyin danach überhaupt noch redet, ist auch so’n Ding…).

Die Musik von Payont Permsmith ist dezent, wenn sie dezent sein soll, pathetisch, wenn mal etwas dicker aufgetragen werden muss, ohne jegliche Stimmung zuzukleistern (wie’s in Hollywood Unsitte ist) und ein paar hübsche Songs, die mich zum Teil an die Cowboy Junkies erinnern, gibt’s auch (leider beinhaltet der Nachspann keine Informationen dahingehend).

Nun zum, ähm, wesentlichen – dem Härtegehalt. Koch Media bringt die Verleihscheibe mit dem JK-Siegel der „strafrechtlichen Unbedenklichkeit“, was theoretisch ja für relativ harten Tobak spricht. Einmal mehr frage ich mich allerdings, welche Maßstäbe unsere diversen Filmfreigabeoderauchnicht-Kommissionen anlegen, wenn sie Gorepornos wie „Hostel“ mit ’ner KJ-Freigabe durchwinken und ernsthafte FILME wie „Ab-Normal Beauty“, den man, wenn man überhaupt will, am ehesten als „Arthouse“-Horror bezeichnen kann, nach ihrer Ansicht den Tatbestand der schweren Jugendgefährdung erfüllen. Gut, ich weiß – der Film beinhaltet sexuell motivierte Gewalt gegen Frauen (das größte bu-bu, das man sich filmzensorisch vorstellen kann), ist in der Hinsicht ziemlich realistisch (ein anderes bu-bu – Gedärme rausziehen darf man mittlerweile jedem in einem FSK-16-Film, aber, schlichte Sprache voraus, einem Weibsstück ordentlich was auf die Waffel hauen, das natürlich nicht), ein paar Bondage-Elemente sind auch drin, und, zuhülf-zuhülf, autoerotische Strangulation. Wird natürlich jeder, der den Film gesehen hat, postwendend nachmachen und sich dabei erhängen. Sei’s drum. Ohne diese in FSK- und Juristenkommissionsaugen verschärfenden Umstände ist der objektive Gewaltgehalt nicht wirklich der Rede Wert, der sabbernde Folterfreak sollte sich daher eher an „Hostel“ und „Saw“ halten, die diesbezüglich halten, was sie versprechen. Soll nicht heißen, dass „Ab-Normal Beauty“ harmlos ist, aber hier wird nicht pausenlos gesuppt und gesudelt. (In Hongkong selbst läuft der Film übrigens unter Cat. IIB, also nicht mal unter der „bösen“ Filmen vorbehaltenen Cat. III).

Die Besetzung der beiden Hauptrollen (Jas/Jiyin) ist recht interessant – bei Rosanne und Race Wong handelt es sich nämlich um Real-Life-Schwestern (was der Beziehungsthematik zwischen ihren Charakteren noch etwas zusätzliche Würze liefert) und hauptberufliche Cantopop-Stars. Als Duo „2R“ machen die beiden die asiatischen Charts unsicher (und stilsicher läuft in einer Szene im Film ein 2R-Musikvideo im Fernsehen). Popstars oder solche, die sich dafür halten, sind nicht automatisch gute Schauspieler, aber Rosanne und Race ziehen sich gut aus der Affäre (auch wenn ich Rosanne, die drei Jahre ältere Schwester, für die bessere Schauspielerin halte und ich einem Rollentausch der beiden positiv gegenüber gestanden hätte). Keine Frage, beide sind sehr hübsch anzuschauen (wobei mich der, wie von mir, glaube ich, schon erwähnte, in Asien wohlgelittene Silberblick bei Race nach wie vor irritiert), leisten aber auch als Nicht-Vollzeit-Schauspieler dramatisch durchaus sehenswertes (man muss dabei auch berücksichtigen, dass das Geschwisterpärchen zwar schon einige gemeinsame Filmauftritte absolviert hat, hier aber zum ersten Mal in den lead roles agiert; speziell für Race, die quasi in jeder einzelnen Filmszene amtiert, muss das eine ziemliche Herausforderung gewesen sein).

Die Nebenrollen sind vergleichsweise unwichtig – Anson Leung (als Anson, duh), einer der jungen Hongkong-Akteure aus der zweiten Reihe, die noch auf ihren Durchbruch warten, agiert brauchbar, Michelle Mee (eine Veteranin, die bereits im hier besprochenen „Thousand Miles Escort“ aktiv war und ansonsten hauptsächlich im HK-Fernsehen arbeitet) müht sich, aus ihren zwei Szenen größtmögliche Wirkung zu schöpfen.

Die DVD aus dem Hause Koch Media (mir liegt, wie gesagt, die ungekürzte Verleihscheibe vor) besticht durch einen mehr als soliden anamorphen 1.78:1-Bildtransfer, der die visuellen Spielereien und Gimmicks der Pang-Brüder gut rüberkommen lässt (wobei noch Luft nach oben ist – aber wenn ich mir vorstelle, wie eine Hongkong-DVD üblicherweise aussieht…), drei Tonspuren (deutsch in Dolby 5.1 und dts, kantonesischen O-Ton in 5.1, optionale Untertitel) von nicht herausragender, aber guter Qualität sowie ein Bündel Extras (neben der Trailershow der „Ab-Normal Beauty“-Trailer, deleted scenes und ein Making of). Das 12-Minuten-Promo-Making-of featured einige Interviewschnippsel mit dem Regisseur und den drei wichtigsten Darstellern, die deleted scenes von insgesamt sieben Minuten fehlen dem Film nicht wirklich (eine längere Einstellung von Jiyin und Jas, die gemeinsam das erste Foltervideo anschauen, ist zwar recht eindrucksvoll und lässt an Nicolas Cage in „8 mm“ denken, tut aber nicht wirklich etwas für den Film, eine Tanzszene der beiden Girls ging fliegen, weil das Publikum nicht SO deutlich daran erinnert werden sollte, dass es sich um Popsängerinnen handelt). Geht okay. Mosern möchte ich allerdings über das Marketing. Sprüche wie „einer der schockierendsten Horrorfilme“, der „hartgesottenen FFF-Fans in Angst und Schrecken versetzt“ KANN ich nicht mehr hören, zumal, wenn es sich technisch gesehen noch nicht mal um einen „richtigen“ Horrorfilm handelt, sondern über weite Strecken ein Psychodrama, der für die letzten 20 Minuten einen Schlenker in härtere Gefilde macht. Schon bei „H6“ ging mir das ziemlich auf den Senkel, wenn die Marketingstrategen, alles, was vielleicht ein wenig kontrovers aufgenommen werden könnte, mit einem Schulterzucken in die ultraharte Ecke packen, um damit wenigstens die (dann meist zwangsläufig bitter enttäuschten) Gorehounds anzulocken (siehe meine obigen Anmerkungen zur Freigabe und Härtegrad des Gezeigten).

Summa summarum kann man „Ab-Normal Beauty“ bescheinigen, insgesamt eine der erfreulicheren Erscheinungen des jüngeren asiatischen Genre-Kinos zu sein, schon allein, weil die Pang-Brüder mal ein anderes Thema angreifen (es hindert sie nicht daran, mittlerweile den vierten Teil ihrer „The Eye“-Reihe vorzubereiten. Das wird noch so’n ähnlicher Dauerbrenner wie „Ju-On“ und gemeinsam mit der japanischen Konkurrenzserie wohl noch einstmals die Antwort auf die Frage liefern, wie oft man die gleiche Story verfilmen kann, bevor einem das Publikum das Fell über die Ohren zieht). Der Streifen schafft den Spagat zwischen gefühlvoll-intimen Psychodrama und (relativ) plakativem Horror mittels eines famos gesetzten Stilbruchs, ohne dabei die Struktur der Story zu töten (wie manch einer es z.B. „From Dusk Till Dawn“ vorwirft – ohne, dass ich die Filme jetzt in irgendeiner Form miteinander vergleichen will), erfreut durch phantastische Kameraarbeit, ansprechende Musik und solide darstellerisch Leistungen. Sicher kein Film, der jedem gefallen wird, aber einer, auf den einzulassen sich durchaus lohnen kann.

(c) 2007 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 5


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments