Shrooms

 
  • Deutscher Titel: Shrooms
  • Original-Titel: Shrooms
  •  
  • Regie: Paddy Breathnach
  • Land: Irland/Großbritannien/Dänemark
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Lindsey Haun (Tara), Jack Huston (Jake), Max Kasch (Troy), Maya Hazen (Lisa), Alice Greczyn (Holly), Robert Hoffman (Bluto), Don Wycherly (Ernie), Sean McGinley (Bernie)


Vorwort

Klingt doch nach einer der prächtigen Ideen, die unmöglich NICHT in einem Blutbad enden kann – fünf amerikanische Studenten besuchen ihren irischen Kumpel Jake, um sich dort in den Wäldern der grünen Insel ein paar leckere Pilze einzupfeifen, und zwar nicht Steinpilze und Champignons, sondern die lustigen bewusstseinserweiternden… Schon bei der Pilzsuche nascht Blondchen Tara, verknallt in Jake und bitter enttäuscht darüber, dass der so gar keine Anstalten macht, ihr in den Schlüpfer zu steigen, an einem grünen Knollenblätterpilz. Zwar erweist sich dieser kleine Fehlgriff als nicht tödlich, jedoch wird Tara von Stund an von garstigen Visionen geplagt. Am Abend rezitiert Jake die örtliche düstere Legende über eine nahegelegene Besserungsanstalt für straffällige Jugendliche, deren komplette Belegschaft in Folge eines pilz-induzierten Massakers eliminiert wurde. Nur drei Überlebende habe es gegeben – einen verwilderten Jungen, den die Aufseher zu den Hunden gesperrt hätten, einen besonders sadistischen Aufseher, den „schwarzen Bruder“, sowie einen entstellten und angepißten Sträfling, den „einsamen Zwilling“, der für das Massaker überhaupt erst verantwortlich war. In der Nacht, nach dem Genuss einer Überdosis Pilztee, verschwindet Bluto, das designierte Arschloch der Gruppe (Bluto? Wer, um Himmels Willen, ausserhalb von Popeye-Cartoons, heisst BLUTO?). Tara hat im Traum gesehen, was Bluto fatalerweise widerfahren ist. Der Rest der Truppe, der mittlerweile auch brav seine Pilze eingeworfen hat, glaubt ihr nicht wirklich, aber beim trippenden Herumeiern in den Wäldern wird schnell klar, dass *irgendetwas* durch die Pampa kraucht und’s drauf angelegt hat, unsere fröhlichen Pilznascher zu dezimieren. Sind es die Überlebenden des Besserungsanstalts-Massakers oder doch nur Ernie und Bernie, die zwei degenierten Hinterwäldler? Des Rätsels Lösung kann natürlich nur in der verlassenen Anstalt gelüftet werden – oder…?


Inhalt

Mit „Shrooms“ stellt sich innerhalb kürzerer Zeit (also zwei Jahre oder so) der mittlerweile dritte mir bekannte irische Horrorfilm vor (auch wenn mit britischen und dänischen Mitteln co-finanziert und in Nordirland gedreht), im Gegensatz zur heftig misslungenen Zombiekuh-Splatterkomödie „Dead Meat“ und dem, hüstel, leicht „Alien“-inspirierten „Isolation“ versucht sich das Werk von Schreiberling Pearse Elliott („The Mighty Celt“) und Regisseur Paddy Breathnach (bislang hierzulande am ehesten mit der Frisörkomödie „Blow Dry – Über kurz oder lang“ aufgefallen) an einem vergleichsweise originellen Konzept. Die Idee, einen Slasher (und um nichts anderes handelt es sich bei „Shrooms“ schlussendlich) „auf Droge“ abzuarbeiten, hat ihre Reize, da man auf dieser Basis lustig mit „Realität“ und „Einbildung“ spielen kann und, wenn man so will, auch mal die Gesetze von Logik und stringentem Handlungsablauf auf den Kopf stellen kann, ohne automatisch den Film zu versenken.

Hm. Setzen wir den letzten Satz besser in den Konjunktiv, denn letztlich fällt Breathnach und Elliott herzlich wenig ein, um den eigentlichen catch ihrer Geschichte, eben den Drogenrausch, zu einem wirklich zentralen Bestandteil des Films werden zu lassen. Würden die Charaktere nicht alle Nase lang „das ist doch der Trip, oder?“ murmeln und in der post production die ein oder andere Einstellung ein wenig digital verfremdet – es würde Film und Story nicht grundlegend ändern, wären diese references an den Pilzkonsum nicht enthalten.

Die eigentliche Geschichte ist nicht der Rede Wert – wir karren eine Bande mehr oder weniger (wie üblich eher weniger) sympathischer Jungnasen an eine entfernte Location, erfinden noch schnell einen viertelwegs plausiblen Grund, warum im Jahr 2006 niemand auf die Idee kommt, in einer verfahrenen Situation sein Handy zu benutzen (Jake sammelt die Mobiltelefone der Gruppe ein, weil auf Trip einer auf die Idee kommen könnte, seine Mama anzurufen und von zwölf Meter großen rosa Häschen zu erzählen) und mache sie dann genüsslich im Zehn-(bzw. Sechs-)-Kleine-Negerlein-Prinzip nieder, wobei man sich einer nicht wirklich kreativen Backstory um die ominöse Anstalt bedient (wobei sich zumindest der Übersetzer nicht ganz darüber einig zu sein scheint, ob die Anstalt nun eine Strafanstalt oder doch nur eine extrem strenge Schule war. Beide Interpretationen kommen vor). Dazu noch das immer wieder gern genommene Hinterwäldler-Klischee und fertig ist die Plotte (wobei ich den obligatorischen Schlusstwist, der aber, wenn man ein wenig mitdenkt, ungefähr so vorhersehbar ist wie das Wahlergebnis in einem kommunistischen Staat, mal außen vor lasse). Been there, done that, and not only once.

Nach einer recht langwierigen Auftaktphase, die eigentlich nur etabliert, dass man als geistig gesunder Zuschauer eigentlich keinem dieser Idioten das Überleben so recht gönnen mag, besteht der Streifen eigentlich nur aus viel hysterischem Durch-den-Wald-Rennen (was natürlich den Cover-Quote „Blair Witch auf Acid“ voll rechtfertigt) und größtenteils ziemlich unerschreckenden „Scares“ – hier hilft dem Film sein Konzept, die Mordtaten erstens nicht graphisch und zweitens hauptsächlich in Taras Visionen zu zeigen, nicht entscheidend weiter, weil’s dadurch enorm unübersichtlich wird, aber wenigstens ein bisschen das Drogengimmick rechtfertigt. Einzig Blutos Abgang bzw. dessen Vorgeschichte ist memorabel, weil hier mal ausnahmsweise mit dem Drogenrausch gearbeitet wird (ich mag’s nicht verraten, weil ich ungern die einzig richtig gute Szene eines Films ausplaudere – ja, ich weiß, ganz was neues). Ansonsten sind die Kills, wie gerade erwähnt, beabsichtigt wirr montiert (um den Twist am Ende plausibel erscheinen zu lassen).

Ob der kurzen Laufzeit von gut 77 Minuten ohne Abspann gibt’s zumindest keine wirklich störenden Längen – der erste Akt ist, ich schrob es schon, etwas zäh (dem Film hätte mal eine Teaser-Sequenz nicht geschadet), aber dann geht’s eigentlich ziemlich flott voran. Ein Sonderlob verdient sich die Kameraarbeit von Nanu Segal – obwohl der Film quasi zu 90 % seiner Laufzeit im Wald spielt (also sich durchaus für ein deutsches Amateur-Remake anbieten würde, hähä), bleibt er visuell stets interessant. Segal und Breathnach arbeiten mit kühlen, steril wirkenden, düsteren Farben, was sich für meine Begriffe zwar etwas mit der bemühten Drogenmetapher beisst (es distanziert zu sehr, anstelle das filmische Äquivalent eines Trips zu sein), aber dem Film eine angemessen gruselige Atmosphäre verleiht (wobei ich auch zugeben muss, dass ich zumeist sehr anfällig für kühlen, düsteren Look bin). Taras Visionen hätte man für meine Begriffe etwas einfallsreicher gestalten können (als sie einfach durch eine Kameraschablone zu filmen), aber das stört nicht weiter; eher schon, dass der Film aus seiner Atmosphäre (und der nicht uncoolen Location der „Anstalt“ im Schlusakt) einfach nicht das herausholt, was machbar wäre.

Denn obwohl ich schon respektiere, dass die Macher hier mal nicht die Gekröse-Richtung einschlagen und sich bemühen, einen vergleichsweise unblutigen Weg zu beschreiten, hat der Streifen nicht die richtige durchschlagende Wirkung. Natürlich können auch heute noch unblutige Horrorfilme funktionieren, aber dann muss halt das set-up, die Story, das Gesamtpaket schlechthin stimmen. Hier haben wir halt nur eine Larifari-Geschichte, kaum wirklich gut vorbereitete scares und nur die düstere, gut fotografierte Atmosphäre, die für den Film spricht. Oh, ach ja, und Charaktere, an denen der Zuschauer ein Interesse hat, das über „du bist der Nächste“ hinausgeht, wären natürlich auch nicht schlecht (persönlich wäre es mir auch recht gewesen, hätte der Film auf die gleichermaßen gezwungene wie vorhersehbare Schluss“überraschung“ als Auflösung verzichtet, sondern einfach das Mystery erhalten).

Was bleibt, ist also ein technisch durchaus gelungener, sauber inszenierter Film, dem man letztlich seine gelegentlich krude Montage nicht wirklich übelnehmen darf (weil sonst das einzige greifbare aus dem Aufhänger der Geschichte, nämlich eben das „ist es Realität oder nur der Trip“ nicht funktionieren würde), aber auch einer, der nicht wirklich mitreißt.

Schauspielerisch gibt’s größtenteils Hausmannskost. Lindsey Haun („Village of the Damned“, „Star Trek: Voyager“, „Addams Family Reunion“) muss nicht viel mehr tun, als die Augen weit aufzureißen (und sich gelegentlich auf den Rücken werfen und heftig zucken). Sie ging mir gegen Ende des Films, muss ich zugeben, etwas auf die Nerven (dafür revanchierte sie sich durch das überraschend kompetente Einsingen des Closing-Credits-Songs). Jack Huston, der entgegen meiner Annahme * tatsächlich * zum echten Huston-Clan gehört (er ist Neffe von Anjelica) hat mittlerweile die Hauptrolle im neuen John-Irvin-Film „The Garden of Eden“ (nach Hemingway und an der Seite von Mena Suvari und Richard E. Grant) ergattert. Ein Problem an seiner Performance ist, dass er Jake für meine Begriffe etwas zu sehr no-nonsense/rational anlegt – einen Pilzfreak stelle ich mir, zweifellos durch jahrelange Vorurteile genährt, anders vor. Max Kasch („V.I.P.“, „Red Eye“) würde mir als Troy besser gefallen, wenn er sich nicht SO verzweifelt darum bemühen würde, Jay (von „Jay and Silent Bob“) zu kopieren. Robert Hoffman, der seine Karriere überraschenderweise als Tänzer in Machwerken wie „From Justin to Kelly“ (für den sich Kelly Clarkson wahrscheinlich heute noch schämt) und „Dirty Dancing II: Havana Nights“ begann, gibt ein überzeugendes Arschloch ab. Maya Hazen, aus Japan stammend, und als Lisa so hysterisch, wie man eben in einem Film wie diesem als Frau sein muss, wird man demnächst im US-Remake von „Shutter“ beobachten dürfen, Alice Greczyn (Holly, nicht sonderlich memorabel) war u.a. bereits in „The Dukes of Hazzard“ zu sehen.

Bildqualität: Ascot Elite präsentiert den Film in feinem anamorphen 2.35:1-Widescreen. Der fehl- und tadellose Transfer lässt die unterkühlten Bilder gut wirken und überzeugt vor allem hinsichtlich der Kontrastwerte (bei einer doch eher düsteren Angelegenheit ja nicht unwichtig). Auch Schärfe und Farben wissen durchaus zu überzeugen. Schön!

Tonqualität: Der Silberling bietet die Auswahl zwischen deutschem Ton in Dolby 5.1 und dts, der englische O-Ton lässt sich in Dolby 5.1 genießen. Ich habe mich (weil die Batterien meiner Fernbedienung leer waren, grmbl) dieses Mal mit dem deutschen Ton zufrieden gegeben. Die Synchro ist okay, wobei sie für meinen Geschmack etwas lebhafter hätte sein dürfen, die Tonqualität selbst sehr gut.

Extras: Zur Auswahl stehen einige Video-Interviews mit den prinzipiell Beteiligten (31 Minuten), eine behind-the-scenes-Featurette (17 Minuten), der Trailer und die übliche Trailershow. Nicht unterschlagen werden soll das schicke Digipak im Schuber mit dem extrem coolen Coverartwork.

Fazit: „Shrooms“ hätte sicher das Potential gehabt, dem einfallslosen Slasher-Einerlei durch eine frische Idee zu entkommen. Leider ist das Endresultat nicht so clever und ideenreich, wie’s den Machern wohl vorschwebte. Das Konzept des „Slashers auf Droge“ wird nicht so genutzt, dass die stimmungsvolle Fotografie und die durchaus flotte Regie es ausgleichen können. Das macht „Shrooms“, speziell, wenn man sich die Genrekonkurrenz ansieht, nicht zu einem von Haus aus schlechten Film, es ist halt ein durchschnittlich-kurzweiliger Streifen, der es verabsäumt, aus seiner praktikablen Grundidee etwas Denkwürdiges mit einer Halbwertzeit von mehr als „von jetzt bis gleich“ zu machen. Kann man ansehen, wird einem nicht schlecht ‚von und das Vorhaben, auf großflächiges Geschmoddere zu verzichten, verdient eh Respekt, aber da war mehr drin. Gegen die Ascot-Elite-DVD spricht technisch nichts. Ein Zwischendurchhappen.

2/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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