Sahara (2005)

 
  • Deutscher Titel: Sahara
  • Original-Titel: Sahara
  •  
  • Regie: Breck Eisner
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Matthew McConaughey (Dirk Pitt), Penelope Cruz (Eva Rojas), Steve Zahn (Al Giordino), William H. Macy (Admiral Sandecker), Rainn Wilson (Rudi Gunn), Lambert Wilson (Yves Massarde), Glynn Turman (Dr. Frank Hopper), Lennie James (General Kazim), Clint Dyer (Oshodi)


Vorwort

Heftige Umtriebe in und um die Hauptstadt Nigerias, Lagos – während die Weltgesundheitsorganisationsärzte Eva Rojas und Frank Hopper einer mysteriösen Epidemie auf den Keim fühlen wollen, sucht und findet die National Marine and Underwater Agency (NUMA) mit ihren Top-Leuten Dirk Pitt und Al Giordino einen antiken Königssarkophag. Die Wege der Ärzte und die der Abenteurer kreuzen sich bald, als Pitt Eva vor einem unbekannten Attentäter rettet. Als Pitt seinem Boss, Admiral Sandecker, die Genehmigung aus dem Kreuz leiert, als Privatvergnügen in Mali nach einem Ironclad-Schlachtschiff aus dem US-Bürgerkrieg zu suchen, hängt sich Eva, die in diesem kriegszerfressenen afrikanischen Staat die Quelle der Seuche vermutet, an den braungebrannten Helden an. Kaum haben sich die diversen Interessengemeinschaften in Mali wieder getrennt, geraten Pitt und sein Team schon unter Feuer von Truppen des lokalen Warlords General Kazim – doch auf der Abschussliste stehen in Wahrheit Eva und Hopper! Während Pitt und Giordino sich nach Verlust ihres Bootes per Kamel durch Mali schlagen, um den Ärzten beizustehen, sind die schon längst in akuter Lebensgefahr. Denn Kazim betreibt mit seinem zwielichtigen Geschäftspartner Massarde eine einträgliche Giftmüllentsorgungsanlage, die eine gigantische Umweltkatastrophe auszulösen droht…


Inhalt

Ich muss an dieser Stelle einmal mehr etwas weiter ausholen… ich bin seit, na, fast 20 Jahren, Fan der Dirk-Pitt-Romane von Clive Cussler. Dirk Pitt, die Romanfigur, ist so etwas wie eine ins Wasser geworfene Kreuzung aus James Bond und Indiana Jones (ungeachtet der Tatsache, dass die Figur Pitt über ein Jahrzehnt älter ist als Indy), ein Pulp-Held erster Güte, der, immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen, versunkene Schätze hebt, megalomanische Schurken ausschaltet, überlebt, wo andere längst als Geschnetzeltes enden würden, und natürlich immer das Mädchen kriegt. „A man’s man“, wie man so schön zu sagen pflegt, klärte Pitt in seiner Roman-Karriere das Geheimnis des Teufelsdreiecks (das asiatische Gegenstück zum Bermuda-Dreieck, im Roman betrieben von einem megalomanischen Schurken ersten Ranges, „Pacific Vortex“), hob die „Titanic“ vom Meeresgrund („Raise the Titanic!“), verhalf Fidel Castro zu einem politischen Seitenwechsel, als die Sowjets den Maximo Leader ausschalten wollten („Cyclops“, ein Roman, in dem es, ganz nebenher, noch um eine bemannte Mondbasis geht), fand versunkene Inka-Schätze („Inca Gold“) und sogar Atlantis („Atlantis Found“). Im Laufe der Jahre entwickelten sich die Pitt-Romane von harten, konventionellen Thrillern mit Polit-Einschlag („Iceberg“) hin zu comichaften Abenteuern mit SF- und Fantasy-Elementen („Atlantis Found“, in dem Pitt es mit Nazis zu tun bekommt, die mittels einer neuen Sintflut das Vierte Reich erschaffen wollen, wäre eine hervorragende Blaupause für einen Indy-Film) – Pitt-Romane sind keine große Weltliteratur, sondern formelhafte, anspruchslose, aber immer sehr flockig-locker lesbare Unterhaltungslektüre.

Vor allen Dingen schreien die Bücher nach einer Verfilmung – sie sind sehr kinematisch angelegt, halten sich meist an eine klar definierte Drei-Akt-Struktur und beinhalten action set pieces, wie sie keinem Bond-Film zur Schande gereichen würden. Trotzdem ist „Sahara“ erst der zweite Versuch, eine Pitt-Adaption auf die Leinwand zu bringen. Schuld daran ist das 1980er-Fiasko „Hebt die Titanic!“, vom berüchtigten britischen Film-Entrepeneur Sir Lew „Low“ Grade mit Richard Jordan in der Pitt-Rolle – ein epochaler Flop biblischen Ausmaßes (und das nicht mal zu Unrecht, denn obwohl der Streifen handwerklich akzeptabel ist, so ist er vor allem eins – elendligich langweilig, und die Tatsache, dass der Film mit Jason Robards als Admiral Sandecker einer Nebenfigur das Top-Billing gönnt, spricht Bände), der Clive Cussler so verärgerte, dass er sich zwei Jahrzehnte lang standhaft weigerte, weitere Filmrechte herauszurücken. Bis zu „Sahara“ – für die Major-Budget-Starverfilmung (ursprünglich sollte Hugh Jackman den Dirk Pitt spielen, doch der Sahara-Dreh musste verschoben werden und zum neuen Drehstart stand Jackman wegen „X-Men II“ nicht zur Verfügung, auch Tom Cruise wurde gerüchtehalber für die Hauptrolle gehandelt) ließ Cussler sich Drehbuch-Approval zusichern. Cussler allerdings war mit keinem der ihm zugeschickten Scripts zufrieden, bis es Paramount zu bunt wurde und sie ohne Cusslers Segen mit dem Film begannen. Resultat as expected: Cussler verabscheute den Film und verklagte Paramount auf mucho Millionen Dollar. Paramount reagierte mit einer Gegenklage, entschieden ist m.W. noch nix.

Und wenn ich mir so sehe, was Breck Eisner (Qualifikation für’s Filmemachen: er ist Sohn von Ex-Disney-Oberhoncho Michael Eisner) aus „Sahara“ (nicht unbedingt das Glanzstück des Cussler’schen Schaffens, auch das sollte man anmerken) gemacht hat, kann ich verstehen, warum Cussler angesichts des Films bittere Tränen vergoss.

Vom Plot des Romans ist nicht viel übrig geblieben – die Namen der Charaktere, ein paar Locations, der Umstand, dass es sowohl hier als auch da um eine Giftmüllverklappungsanlage geht – Cusslers Romanplot ist sicherlich nicht ein Ausbund der Komplexität, aber die Produzenten und Autoren der Filmfassung bügelten die Story auf rudimentäre Bestandteile zusammen. Die Suche nach dem Südstaaten-Ironclad „Texas“ ist hier nicht mehr als eine bloße Ausrede, für den Showdown einen gepanzerten Unterstand für die Helden in der Wüste finden zu können (im Buch, das wie die meisten Cussler-Bücher auf historische Ereignisse zurückgreift, wird mit der „Texas“ der echte US-Präsident Abraham Lincoln, ein Gefangener der Südstaaten, „in Sicherheit“ gebracht, weil innenpolitische Feinde Lincolns ihn gar nicht zurückhaben wollen und wenig später ein Double umbringen; das abgestürzte Flugzeug, das Pitt und Giordino in der Wüste finden, entpuppt sich als das der verschollenen Pilotin Amelia Earhart usw.) – aber egal, damit können wir noch leben, schließlich wissen wir alle, dass wir nie die hundertprozentig akkurate Buchverfilmung sehen werden, weil’s schlicht nicht funktioniert. Das Script ist eine streng nach Schema F heruntergekurbelte Nummernrevue – streng nach dem Motto „Actionszene/witzige Szene/Exposition/Actionszene usw.“ – da gibt’s keine Überraschungen, keine Aha-Effekte, es ist ein lowest-common-denominator-Script; manch Literaturkritiker mag es seltsam vorkommen, dass man Cusslers Niveau noch unterbieten kann, aber „Sahara“, der Film, ist ersichtlich so gestrickt worden, damit auch Analphabeten aus dem tiefsten Redneck-County ihre Freude dran haben können (der Gipfel ist, dass manche Plotgimmicks wie das „Schiff des Todes“ im Wüstensand verlaufen und die Schlusspointe um Massarde jemandem, der das Buch nicht gelesen hat, vermutlich nicht wirklich verständlich sein wird).

Was Clive Cussler aber wirklich angepisst haben dürfte, ist die Charakterisierung seiner Hauptfiguren. Die sind nicht nur komplett fehlbesetzt (darauf komme ich noch in der Schauspielerschelte zu sprechen), sondern laufen so der etablierten Charakterisierung der Romane zuwider, man darf sich fragen, warum das Studio sich überhaupt die Mühe gemacht hat, die Rechte zu kaufen – jeder Cussler/Pitt-Fan, also diejenigen, für die diese Namen eine Bedeutung haben, die zu einer Investition in ein Kinoticket oder eine DVD veranlassen könnten, müssten 120 Minuten lang schmerzerfüllt aufschreien. Pitt und Giordino, im Buch durchaus humorvolle, aber nicht alberne harte Hunde, werden von Script und Regie in dumpfe Prolls verwandelt, die einen blöden Spruch nach dem anderen reißen, denen ziemlich einer abgeht, wenn sie jemanden töten können und die Explosionen (mit Todesfolgen) mit einem „cool, höhö“ kommentieren. Das sind nicht Pitt und Giordano, das sind Beavis und Butthead (von Rudi Gunn, in den Büchern ein Wissenschaftler, der sich seiner Haut durchaus zu wehren weiß, der im Film zu einem vertrottelten Computer-Nerd umdefiniert wird, will ich gar nicht reden). Das ist einfach schändlich.

Es ist aber vernachlässigbar, weil der Film auch als solcher keine Granate ist. Das 130-Mio-Dollar-Budget sieht man dem Streifen nicht an – gut, er ist stellenweise schick fotografiert (wofür Seamus McGarvey, der Kameramann, auch einen Award abstaubte), aber letztlich ziemlich langweilig anzusehen – aus einfarbiger Sandwüste kann man halt nur „so“ viel optisch herausholen. Die visuellen Effekte sind nicht zahlreich, aber in Ordnung, die Stuntarbeit okay, der Schnitt stellenweise chaotisch, konfus und zusammenhanglos. Breck Eisner hat als Regisseur keine Handschrift; der Streifen nimmt trotz eines nonstop-action-Approach nie wirklich Fahrt auf, baut keine echte Spannungskurve auf (zumal der Plan der Bösen recht mager ist – ich weiß schon, warum ich „Sahara“ auch schon als Roman nicht für das Highlight Cusslers halte). „Sahara“ quält sich über seine 120 Minuten Laufzeit; seine action set pieces wirken gezwungen und entwickeln sich nicht aus der Story heraus.

Ich hab zwei Absätze weiter oben vom „lowest common denominator“ gesprochen – ich glaube, an dieser These ist einiges dran. Der erlesen scheußliche Score und die schauderhaft zusammengestellten Soundtracksongs (ich spreche mich langsam, aber sehr sicher, für ein unter Todesstrafe zu stellendes Verbot des Gebrauchs von „Sweet Home Alabama“ in „ironischem“ Kontext aus) sprechen dafür, dass „Sahara“ wirklich primär white-trash-trailer folks ins Kino locken sollte (also ein Publikum, das von Cusslers Romanen intellektuell überfordert ist).

Matthew McConaughey („Die Jury“, „Contact“) müht sich redlich mit dem vermurksten Charakter (er stieg auch als executive producer ein und trieb Promotion bis zum Abwinken), aber er passt als Typ einfach nicht als Dirk Pitt; ihm fehlt die „wind- und wettergegerbte“ Ausstrahlung (da wäre mit Hugh Jackman sympathischer, aber der ruinierte sich schauspielerisch ja lieber in „Van Helsing“. Vielleicht hätten die beiden tauschen sollen). Noch schlimmer ist Steve Zahn („Daddy Day Care“) als Al Giordino – ich weiß, man soll nicht immer von den Buchschilderungen auf die Filmadaption schließen, aber hätte man nicht jemanden casten können, der wenigstens ein kleines kleines bisschen italo-amerikanisch wirkt? It’s sorta essential to the character. Rainn Wilson („Six Feet Under“) gibt den Rudi Gunn wie offenbar gewünscht als linkischen Trottel, selbst der normalerweise höchst zuverlässige William H. Macy spult als Admiral Sandecker eine gelangweilte Automatik-Vorstellung ab. Penelope Cruz („Vanilla Sky“) spielt das zu rettende optische Beiwerk, Lennie James („Snatch“) und Lambert Wilson („Catwoman“, „Matrix Reloaded“, „Matrix Revolutions“) erledigen ihre farblosen Schurkenrollen mit minimalem Aufwand.

Fazit: „Sahara“ ist hirnloses Abenteueractionkino der unerfreulichsten Art – da stimmt wirklich nicht viel. Ein uninspiriert aneinandergereihtes Script, ein ideenloser Regisseur, fehlbesetzte Hauptdarsteller, die sich mit böse verkorksten Charakteren abmühen… nö, da les‘ ich dann doch lieber weiter die Romane. Die mögen auch keine große Kunst sein, aber die erfüllen wenigstens ihren eigenen „Anspruch“, lockere Unterhaltungslektüre zu sein. „Sahara“, der Film, ist nichts außer eine große laute Luftnummer – als Dirk-Pitt-Verfilmung ist es eine glatte Vergewaltigung und ungefähr so unangenehm anzusehen.

1/5
(c) 2006 Dr. Acula


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