Premonition

 
  • Deutscher Titel: Die Vorahnung
  • Original-Titel: Premonition
  •  
  • Regie: Mennan Yapo
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Sandra Bullock (Linda Quinn Hanson), Julian McMahon (Jim Hanson), Shyann McClure (Megan Hanson), Courtney Taylor Burness (Bridget Hanson), Nia Long (Annie), Irene Ziegler (Mrs. Quinn), Kate Nelligan (Joanne), Marc Macaulay (Sheriff Reilly), Peter Stormare (Dr. Norman Roth)


Vorwort

Ganz schnell ist ein Familienidyll zerstört – Linda, mehr oder weniger glücklich verheiratet und Mutter zweier hübscher Töchter, wird eines Tages vom Sheriff beehrt und darüber unterrichtet, dass ihr Ehemann Jim bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Der Schock sitzt tief, aber nur bis zum nächsten Morgen, an dem Jim quicklebendig unter der Dusche steht. Linda schiebt die Todesnachricht-Episode auf einen bösen Traum, aber das sprichwörtlich böse Erwachen folgt auf dem Fuße bzw. 24 Stunden später – da ist Jim nämlich wieder tot. Langsam begreift Linda, dass sie die Tage der Woche in böse durcheinandergewürfelter Reihenfolge erlebt, was für den allgemeinen Geisteszustand nicht zuträglich ist, speziell, wenn für den Rest der Menschheit die Zeit völlig normal abläuft. Während sie verzweifelt versucht, herauszufinden, was mit ihr los ist und wie möglicherweise Jims Tod verhindert werden kann, wird sie sich auch darüber klar, dass ihre Ehe nicht mehr das ist, was sie mal war und Jim (soweit noch am Leben) drauf und dran ist, sich in eine Affäre am Arbeitsplatz zu stürzen. Lindas für Außenstehende zunehmend irrationales Verhalten bringt sie sogar in eine psychiatrische Anstalt, aber zum Glück für sie ist sie ja an den normalen Ablauf der Zeit nicht gebunden…


Inhalt

Holla, das geht aber schnell. Nach nur einem Spielfilm (dem Thriller „Lautlos“ mit Joachim Krol) hat der deutsch-türkische Regisseur Mennan Yapo den Sprung nach Hollywood geschafft und darf dort gleich einen mit 20 Mio. Dollar zwar im Major-Bereich fast schon Low-Budget zu nennenden, aber mit echten Stars besetzten Mysterythriller drehen…

„Premonition“ war mir ehrlich gesagt im FFF-Programm auf Anhieb entgangen und erst nach dem ungeführ zehnten Studium des Programmablaufplans fiel mir auf, dass das Festival tatsächlich einen Film mit Sandra Bullock im Programm hat und selbiger mit ein paar überstundenabbauenden Klimmzügen für mich sogar erreichbar ist. Stammleser werden sich erinnern, dass ich bei Sandra grundsätzlich alle Hemmungen fallen lasse und mit stetiger Begeisterung sogar eine Verfilmung des Telefonbuchs anschauen würde (im 6-Stunden-Director’s Cut), sofern nur meine Sandy dabei ist (und in der Tat gebe ich an dieser Stelle offen zu, die Laserdisc des objektiv ziemlich unerträglichen Schmalzfetzers „In Love and War“, in dem Sandy Love Interest für fuckin‘ Chris O’Donnell als jungem Hemingway gibt, zu besitzen und mehrfach angesehen zu haben, d.h. den Film, nicht nur die große Silberscheibe, newa).

Was ich vorab nicht wissen konnte – offenbar hat sich Sony Pictures nach Fertigstellung des Streifens (der in den USA im Frühjahr immerhin knapp 50 Millionen Dollar einspielte und somit nicht als Flop gewertet werden kann) entschlossen, noch mal die Schere anzusetzen und von ursprünglich 110 auf 96 Minuten herunterzuschnippeln (im FFF-Programm stand noch die lange Spielzeit). Die für gewöhnlich gut unterrichteten Quellen behaupten, mit den deleted scenes, die auf der US-DVD enthalten sind, wäre der Film besser.

Womit ich auch schon mal gesagt habe, dass ich von „Premonition“ gelinde enttäuscht war. Zugegeben – ich bin, abgesehen von meinem Sandra-Bullock-Fetisch – sicherlich nicht wirklich die Zielgruppe, denn der Film ist zweifellos das, was Kollege Hausrocker völlig wertfrei „Frauenthriller“ nennen würde. Das war mir vorher klar und ist allein kein Kritikpunkt, aber „Premonition“ macht aus seiner Prämisse für meinen Geschmack doch zu wenig. Was aber eben an dem „Frauenthriller“-Etikett liegt; dem Drehbuch von Bill Kelly („Blast from the Past“ – ächz) liegt sichtlich weniger am Herzen, ein gehaltvolles Mystery aufzubauen, obwohl das Script schon so tut, als wäre es mächtig komplex und verzwickt – aber es ist letztlich nur die Struktur der zufälligen Tagesfolge, die „komplex“ ist, weniger der Inhalt; die Story ist nämlich, wenn man nicht sämtliche Gehirnzellen beiseite gelegt hat, so klar durchschaubar, dass ich ungefähr nach 20 Minuten wusste, worauf die ganze Angelegenheit hinausläuft (aber weil ich fies, böse und gemein ist, verrate ich es ausnahmsweise mal nicht. Bätsch). Anstelle eines spannenden Thrillers entwickelt sich „Premonition“ trotz der Winkelzüge des Scripts in Richtung eines „message movies“, in dem traditionelle Werte hochgehalten werden: es geht um die Wiederentdeckung von Beziehungen und Liebe, die Frage, ob Ereignisse vorherbestimmt sind oder durch den freien Willen des Menschen verändert werden können, und in gewisser Weise auch um Spiritualität und Glauben (eine zentrale Szene besteht aus einem Gespräch von Linda und dem Priester ihres Vertrauens). Eine „technische“ Lösung (also warum alles passiert, wie es passiert) bietet der Film nicht an (es gibt Theorien, wonach in „Wirklichkeit“ keine Zeitsprünge stattfinden, sondern nur Lindas durch die Todesnachricht derangierter Verstand die Tage durcheinanderwirft, aber das passt nicht mit dem Ende zusammen), es ist ihm schlicht nicht wichtig. Problematisch an der Konzentration des Films auf Linda und ihre Reaktion ist, dass die Protagonistin stellenweise arg naiv bis ziemlich doof aussieht (im Gegensatz zum Zuschauer braucht sie sehr lange, um zu halbwegs richtigen Schlüssen zu kommen und ihre Handlungsweisen sind teilweise sehr befremdlich [nun doch mal ein VERSPOILERTES Beispiel: Linda entdeckt im Badezimmerschränkchen Lithium, verschrieben von Dr. Roth, den sie nicht kennt. Sie stellt fest, dass die entsprechende Seite aus dem Telefonbuch gerissen wurde und im Papierkorb steckt. Da wittert sie „foul play“ und vermutet, jemand würde sie unter Drogen setzen wollen. Als sie „später“ auf die Idee kommt, einen Psychologen hinzuzuziehen, wen ruft sie an? Dr. Roth – und lässt sich von selbigem Lithium verschreiben. Das klingt für mich wenig plausibel und ließ mich doch grübeln, ob Linda sie noch alle hat. Aber naja, wenn sie sie noch alle hätte, bräuchte sie dann einen Psychodoc?). Durch einen extrem lästigen Goof schießt sich der Film dann auch noch nach Kräften selbst ins Knie (nochmal SPOILER: am Film-„Dienstag“ läuft Tochter Bridget durch eine Glasscheibe und zieht sich Gesichtsverletzungen zu. Am Film-„Mittwoch“ hat sie keine Verletzungen, am Film-„Donnerstag“ dann aber wieder).

Seine mangelnde Routine im Umgang mit (verhältnismäßig) viel Kohle und großen Stars lässt sich Mennan Yapo filmtechnisch nicht anmerken. „Premonition“ ist ausgezeichnet inszeniert, und ganz besonders nehme ich es Yapo bzw. seinem Kameramann Torsten Lippstock nicht übel, dass er sich offensichtlich schwer in Sandra Bullocks Gesicht verliebt hat (ich ja auch) – ich schätze, mindestens 30 Minuten haben wir das liebliche Antlitz Sandys formatfüllend als close-up vor den Pupillen. Trotz der Vorhersehbarkeit der „Pointe“ entwickelt Yapo eine gewisse Spannung (die sich aber bei mir aber auch dadurch entwickelt haben mag, als ich mich fragte, ob der Film es wagen wird, tatsächlich so obvious zu enden wie von mir vorhergesagt – er tat es). Für das Script kann Yapo nichts – als Regisseur ist er fraglos fähig und ich bin durchaus gespannt, wie er sich in Hollywood fürderhin schlagen wird (sein nächstes Projekt ist offensichtlich politisch ambitioniert und beschäftigt sich mit dem Darfur-Konflikt). Stilistisch hat er durchaus was drauf, sicher noch keine eigene Handschrift, aber das Potential, eine solche zu entwickeln. We’ll wait and see.

Großartiges Effektkino ist natürlich nicht zu erwarten – die „horribelste“ Szene hat mit einer toten Krähe (bzw. dem Tod der Krähe an sich) zu tun. Eindickes dickes Minus verdient sich der Streifen allerdings durch einen der ekligsten Scores der letzten Jahre, verbrochen von Klaus Badelt („Fluch der Karibik“, „Poseidon“). Das Wort „Subtilität“ ist Herrn Badelt vielleicht mal in einem Wörterbuch begegnet, die Bedeutung hat er aber nicht nachgeschlagen. Badelt kleistert alles an Stimmung, Dramatik und Atmosphäre des Streifens mit einem (ich leihe mir beim Wortvogel Hausrocker Dewi mal wieder eine Formulierung aus) „Heulsusenscore“ zu, dass alles zu spät ist. Der Score tut körperlich weh und sollte eigentlich mit Berufsverbot nicht unter fünf Jahren bestraft werden.

Eine objektive Wertung über Sandra Bullocks Performance wird sicherlich an dieser Stelle niemand erwarten; wobei ich zumindest zugebe, dass ich Sandra nicht für eine begnadete, aber eine gute, hochgradig sympathische (und attraktive) Schauspielerin halte – jemanden also, der in einem Mainstream-Major-Film jederzeit eine gute Leistung abliefern kann und gerne mal in einem mäßigen Film das Highlight ist („In Love and War“, z.B.; den übel beleumundeten „Two if by Sea“ finde ich auch ohne Bullock-Bonus recht gut). Sandra scheint nicht nur das Geheimnis ewiger Jugend gepachtet zu haben (für meinen Geschmack ist sie jedenfalls seit „Speed“ keinen Tag gealtert), sondern beweist sich in einer ihrer dramatischeren Rollen auch wieder einmal als grundsolide Akteurin. Sie findet – in einer wahren Ein-Frau-Show immer das richtige Mittel, den richtigen Ansatz für ihre Szenen, sowohl in den leiseren Tönen als auch in den lauten, hysterischen Passagen (die das Script nun mal von ihr verlangt). Leider verbindet sie keinerlei Chemistry mit Julian McMahon („Nip/Tuck“, „Fantastic Four“, „Profiler“), der sich lust- und charismalos durch seine Szenen holzt, so dass man sich schon fragen kann, was eine Linda/Sandra mal an dem Typen gefunden haben mag, um sich mit ihm in die Ehe zu stürzen (es ist ein ähnliches Fiasko wie mit Jason Patric in der Mega-Graupe „Speed 2“. Wenn ICH mir mal Keanu Reeves wünsche…). Peter Stormare („Bruiser“, „Fargo“) wird in drei kleinen Szenen als Psychiater ziemlich verschwendet, Nia Long („Big Mamas Haus“, „Are we there yet?“, jeweils mit Sequel, „Stigmata“) kann aus ihrer eher unwichtigen Nebenrolle auch kaum Gewinn ziehen. Amber Valletta („Transporter 2“ und auch in James Wans „Dead Silence“) dagegen kann mit ihren kleinen Auftritten als Jims potentielle Geliebte punkten. Die Kinderdarsteller sind erstaunlich unnervig.

Es ist halt so – ich bin nicht die Zielgruppe für Frauenthriller (das hab ich schon bei Dead on Sight oder Almost Dead bemerkt). Mir persönlich ist es einfach ein bisschen zu dünn, was „Premonition“ letztendlich auffährt, um sein durchaus potentiell interessantes Zeit-Vexierspiel zu rechtfertigen; es ist ein schönes Konzept, aber eben auch nicht mehr. Mennan Yapo empfiehlt sich durchaus für größere Aufgaben und Sandra Bullock könnte ich nicht mal übel nehmen, wenn sie nicht gut wäre (was sie nicht ist), aber insgesamt riecht mir das alles zu sehr nach TV-Thrillodrams denn großem Kino – im Bestreben, das avisierte Publikum ja nicht zu überfordern, ergibt sich „Premonition“ dem Weg des geringsten Widerstandes, der billigsten Auflösung und der simpelsten Message. Not enough to please this man (der sich trotzdem die DVD holen würde…)

2/5

(c) 2007 Dr. Acula


mm
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