Nightflyers – Tödliche Mission im All

 
  • Deutscher Titel: Nightflyers - Tödliche Mission im All
  • Original-Titel: Nightflyers
  •  
  • Regie: Robert Collector (als T.C. Blake)
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Miranda (Catherine Mary Stewart)
    Royd (Michael Praed)
    O´Branin (John Standing)
    Audrey (Lisa Blount)
    Keelor (Glenn Withrow)
    Darryl (James Avery)
    Lilly (Helene Udy)
    Eliza (Annabel Brooks)
    Jon Widerman (Michael Des Barres)


Vorwort

Nightflyers ist wieder mal einer dieser Filme, mit dem mich eine langjährige, aber nicht unbedingt innige Beziehung verbindet. So um 1989 rum stand der in der Videothek meines Vertrauens rum, wurde ausgeliehen, kopiert, irgendwann mal angesehen und für „hmtja, kamamalaufheben“ befunden. Ungefähr sechs oder sieben Jahre später, ich hatte das Tape mit Sicherheit zwischendurch NIE angesehen, wolle ich hinter Nightflyers was aus dem Fernsehen aufnehmen und mein damaliger Universum-Player frass prompt das Band. Nachdem ich den Player ordnungsgemäss (und übrigens absolut im Wortsinne zu verstehend) zertrampelt hatte und mich etwas besser fühlte, stellte ich fest, dass es schlichtweg unmöglich war, Nightflyers wieder aufzutreiben – jede Videothek hatte den Film aus dem Programm genommen, auf Laserdisc (damals noch medium-of-choice) out-of-print und seinerzeit auch noch nicht im RTL-II-Programm (wie inzwischen). Ich grummelt zwei oder drei weitere Jahre vor mich hin, bis mir dann tatsächlich bei einer Online-Auktion die NTSC-Laserdisc doch noch vor die Flinte lief. Eigentlich wusste ich gar nicht mehr so richtig, WARUM ich so hinter dem Film her war, hatte er mich doch nie sonderlich beeindruckt. Scheinbar ging irgendeine unterschwellige Botschaft von ihm aus… und andererseits wird man ja als geneigter Fan eher selten von akzeptabler SF-B-Film-Ware belästigt (sprich: „hmtja, kamamalaufheben“ ist für einen preiswert produzierten SF-Film der letzten zwanzig Jahre schon ein recht freundliches Kompliment). Gut, offenbar will ich alle fünf Jahre den Film tatsächlich mal wieder ansehen, gestern war´s wieder so weit, und dieses Mal lag der Notizblock griffbereit.


Inhalt

Wir loggen uns in den Film ein per Insert „Avalon Spaceport, 21st Century“ – präziser ging´s auch nicht, was, Leute? „Es begann alles als Expedition auf der Suche nach einer Entität,“ informiert uns – ta-daa – Voiceover-Narration, das überstrapazierteste Plotdevice seit der Erfindung des Faustkeils. Geliefert wird er uns von Miranda, dem sonnenbebrillten attraktiven Frauenzimmer, das uns also in einem hektischen Anfall von heftiger Exposition in den ersten fünf Minuten all das vermittelt, was wir nach Meinung der Autoren und Produzenten unbedingt wissen sollten. Ein gewisser Professor O´Branin hängt seit über zwölf Jahren der Theorie nach, eine ausserirdische Lebensform, die er auf den gar putzigen Namen „Volcron“ getauft hat, würde friedlich-fröhlich durchs Universum paddeln und er, O´Branin, habe nun tatsächlich ihre Flugbahn berechnet (die Flugbahn einer Lebensform? Bizarr) und möchte nun mit den Volcron Kontakt aufnehmen. Sein Lehrkörper finanziert ihm die Expedition, so vermutet Miranda, eher aus altverbundener Dankbarkeit für lange Jahre Arbeit als aufgrund tatsächlichen Glaubens der Theorie und so ist das Budget der Reise eher schäbig, weswegen z.B. nur der „antike“ Raumfrachter „Nightflyer“ als Beförderungsmittel dient (21. Jahrhundert – wie „antik“ kann ein interstellares Raumschiff da schon sein???). Und auch das Team ist von eher zweifelhaftem Ruf. Linguistin Audrey geniesst den Ruf einer Sex-Schlampe (Zitat Miranda: „Wenn die Volcron männlich sind, kann Audrey MIT SICHERHEIT mit ihnen Kontakt aufnehmen“), Biologe Keelor hat bei einer Expedition auf Centauri wohl irgendwas schwer in den Sand gesetzt (es wird uns allerdings niemand verraten, was), „visual documentarist“ Darrell wurde hauptsächlich aufgrund seiner Qualitäten als Koch eingekauft und auch die Kryptologin und Dechiffirerungs-Expertin Lilly wird von Miranda, ihres Zeichens „Projektkoordinatorin“ nicht unbedingt als absolute Koryphäe angesehen. Dazu stossen noch der Klasse-10-Telepath (!) Jon Widerman und seine persönliche Assistenin Eliza (Genre-Kennern schwant übles, denn wann haben wir je einen vernünftigen Film mit Telepathen gesehen? Das ist filmisch einfach kein ergiebiges Thema, sondern lässt nur wieder arg konstruierte Plot-Points befürchten). Miranda teilt uns per Narration noch mit, dass O´Branins Volkron-Theorie, wonach selbige eine „urzeitliche“ Lebensform, die auf ihrem Weg durch das Universum pausenlos neue Sterne erschaffen und damit ursächlich für das life, as we know it, verantwortlich wären, von der seriösen wissenschaftlichen Welt allgemein für ziemlich idiotischen Schwurbel gehalten wird (was irgendwo ein nachvollziehbarer Standpunkt ist).

Auf dem Spaceport (der mehr nach einem drittklassigen Lagerhaus aussieht, in dem jemand zuviele Neonröhren und Trockeneismaschinen aufgebaut hat – ja, wir haben es hier mal wieder mit einem dieser SF-Filme zu tun, für die man Ridley Scott nachträglich für Blade Runner steinigen möchte – die Zukunft ist neon und neblig, danke schön, Ridley) gibt´s noch einen Retina-Scan zu überstehen, der nicht nur nichts zum Filmgeschehen beiträgt (ausser dass das Script versucht, hip und modern zu sein), sondern nur lächerlich-primitiv aussieht.

Auf der „Nightflyer“ muss sich das Team allein zurechtfinden, von Captain oder Crew fehlt jede Spur, dafür erweist sich der „antike“ Frachter als ultra-super-duper-luxuriös ausgestattet – die Gänge sind hell und geräumig und werden von Marmorsäulen geziert und die Lounge würde jedem Fünf-Sterne-Hotel absolut zur Ehre gereichen, sogar einen „artificial sky screen“, also ein kuppelförmiger Bildschirm, der beliebige Projektionen einspielen kann, hat der Eigner seinem Pott spendiert. Captain Royd meldet sich kurz als Hologramm und entschuldigt sich – wichtige Startvorbereitungen würden sein persönliches Erscheinen verhindern. Das Team macht´s sich gemütlich, aber Miranda fällt eins auf: „Es hatte eine Leere an sich – wie eine Gruft!“ Shudder. Darrell zumindest ist begeistert, der prospektierte Koch der Reise findet eine perfekt ausgerüstete Luxusküche nebst exotischer Zutaten (z.B. einem kompletten Oktopus, den Darrell mit einem gefrässigen Blick auskuckt und für den er schon mal einen passenden Topf aussucht): „Ich werde hier glücklich sein!“

Kurz vor Toresschluss treffen auch Telepath und Assi ein und Widerman scannt sich erst mal durch die Gedanken der restlichen Teammitglieder und die meisten halten offensichtlich, bzw. offen-gedanklich von der Präsenz eines Gedankenschnüfflers an Bord wenig bis gar nichts.

Lift-off-time – heroische grand-theme-wanna-be-Musik (Jerry Goldsmith für sehr Arme in 80er-Synthi-Qualität) möchte uns vermitteln, dass der Aufbruch der „Nightflyer“ mindestens so impressiv ist wie ein Ausflug der Enterprise aus dem Spacedock, die unterschiedliche Gewichtsklasse der Special FX verurteilen diesen Versuch allerdings zu einem eher schmählichen Scheitern.

Ganz nonchalant und nebenbei erklärt O´Branin ob eines weiteren Hologrammauftritts des Captains, dass jener das Schiff ganz im Alleingang fliege – eine Crew gäbe es nicht. Das Team, dem dieser aus O´Branins Sicht völlig zu vernachlässigende Fakt bislang unbekannt war, is not amused. Royds Holo-Projektion macht Miranda schöne Augen, was dem aufmerksamen Telepathen Jon nicht entgeht, der darüber hinaus auch enormen „Druck“ ertastet. Und im übrigen sind uns die diversen bedeutungsschwangeren Close-ups auf böse rot blinkende Kamera-Augen in den Wänden, die uns permanent begleiten werden, nicht entgangen.

Das Team verteilt sich auf seine Kabinen – Audrey und Lily dürfen es sich in der Tat in der Cargo Bay, sprich im Laderaum, häuslich einrichten (und auf welch dramatische Sequenz das hindeutet, nun ja, das können wir uns in den hübschesten Neon-Farben ausmalen) – gut, die Mädels bauen auch jede Menge Computerkram (der verdächtig nach 20. Jahrhundert aussieht, if I am any judge) auf, aber sie verbringen da auch ihre Nächte… hoffentlich wird wenigstens gut bezahlt. Miranda macht O´Branin ein wenig zur Schnecke wegen der unzureichenden Informationen, aber O´Branin ist so enthusiastisch über seine Theorie und die Tatsache, dass auch Royd sie faszinierend findet – so faszinierend, dass er zum ersten Mal überhaupt Passagiere an Bord nahm -, dass er irgendwelchen rationalen Gedanken nicht mehr wirklich empfänglich gegenübersteht.

Some space FX pass the time – und ich möchte hiermit offiziell anmerken, dass man sich, wenn man schon Model Shots verwendet, sich wenigstens die Mühe machen sollte, die vor einem blue- oder greenscreen zu filmen und nicht einfach vor einem Starfield-Backdrop, dass man an der Studiorückwand aufbaut. Unser Nightflyer-Modell sieht damit nämlich in keiner Sekunde anders aus als ein Raumschiffsmodell, dass vor einer Fototapete herumgezogen wird.

Beschäftigungstherapie ist angesagt – Jon macht deutlich, dass auch ein Klasse-10-Telepath fleischlichen Freuden nicht abgeneigt ist und besteigt Eliza, Miranda schlurcht in irgendeinen Gang in den Schiffseingeweiden und – baut sich tatsächlich einen Stufenbarren auf und turnt munter vor sich hin (!! Das wäre schon blöde genug, wenn´s vielleicht ein plot point wäre, aber das ist es nicht mal… it´s just some gratitious gymnastics). Immerhin, es beeindruckt Royd weit genug, dass er sich ungefragt vor Ort holographiert und Miranda erschreckt. Folgender subtextreichhaltiger Dialog schliesst sich an. Royd fragt: „Warum tun sie das?“ „Um zu sehen, wie weit ich gehen kann,“ sinnlost Miranda als Antwort. „Haben sie keine Angst, runterzufallen?“ „Nein.“ „Sie sind erstaunlich selbstsicher.“ Ich bezweifle, dass dies auch so in Martins Novelle steht. Jon hört die Unterhaltung übrigens telepathisch mit, während Miranda weiter ausführt: „Man darf keine Angst vorm Fallen haben. Sonst kann mich sich gleich an die Seitenlinie stellen und zuschauen.“ Royd beendet daraufhin rüpelhaft sofort seine holographische Existenz – offensichtlich he is „touched“.

Andere Teile des Teams sind tatsächlich am Arbeiten – Audrey und Lily bekommen das Volcron-Signal (ein unspezifiziertes „Rauschen“, das andere Wissenschaftler als „random noise“ abqualifizierten) nicht klar zu fassen und Jon, für diese Fälle angeheuert, kann sich aufgrund von Störungen auch nicht voll konzentrieren. Das Team vermutet, dass diese Störungen aus dem Schiff und seinen Computersystemen kommen, auf die man allerdings, angeblich mangels Kompatibilität (insert your own Mac-/PC-Joke here) nicht zugreifen könne. Jon ist´s recht – wenn die Störung tatsächlich aus dem Schiff kommt, kann er sie ausfiltern (? Wieso stört sie ihn dann überhaupt?) – und in der Tat erfasst er irgendetwas, aber so richtig zu fassen bekommt auch er es nicht und freaked ein wenig out, Diva, die er ist.

Miranda hat dieweil ein weiteres Encounter mit Royd, der sich erkundigt, ob er sie ängstige. Nö, antwortet Miranda. Gut, stellt Royd fest, umgekehrt auch nicht (?). Miranda bittet Royd, sich doch mal persönlich in Fleisch und Blut vorzustellen und nicht nur als Holo, aber, so erklärt der Captain, das sei schwierig – er wisse noch nicht, wem er trauen könne… Und wir wissen immer noch nicht, was dieser Film eigentlich von uns will. Das ist auch Royd klar, und darum erzählt er uns bzw. Miranda seine Lebensgeschichte, nach der wir uns das ein oder andere zusammenreimen könne: Das Schiff gehörte eigentlich seiner Mutter, die Menschen aller Art aus tiefster Seele gehasst und daher ein vollautomatisches Schiff angeschafft habe. Nach etlichen Jahren Herumschipperns im All wurde es ihr allerdings zu langweilig, also beschloss sie, sich einen männlichen Klon als Sohn, Gefährten und Liebhaber anzulachen (zweifellos mit Hilfe der Raeyllaner-Sekte), sprich Royd kam ins Spiel. Bevor Royd aber „geboren“ wurde, warf Mama den Löffel – das Schiff war für solche Eventualitäten aber vorprogrammiert und driftete elf Jahre im Raum umher, in denen Royd vom Bordcomputer aufgezogen wurde. Es mangele Royd allerdings an körperlicher Fitness, da normalerweise im Schiff Null-G herrsche und man die Schwerkraft nur den Gästen zuliebe eingeschaltet hätte (erlaubt mir den vermutlich allenfalls populärwissenschaftlichen Einschub, dass Royd unter Null-G-Einfluss rein anatomisch ein paar Abweichungen von der Norm aufweisen müsste), ausserdem verfüge er über kein Immunsystem, weswegen er nicht physisch mit den Passagieren interagieren könne – jeder Kontakt mit Menschen könnte für ihn potentiell tödlich verlaufen. Nichtsdestoweniger hat Royd nur einen Wunsch, und den soll ihm Miranda erfüllen, und der heisst in schlichten Worten einfach: „Get me off this ship!“ Ja, Royd hat die Schnauze voll vom Eremitendasein, er will unter Menschen (und natürlich war Mirandas „man-darf-vorm-Fallen-keine-Angst-haben“-Rede der entscheidende Auslöser; manche Leut´ sind wirklich leicht zu beeinflussen), auch wenn das für ihn fatale Konsequenzen haben könnte: „Lieber fünf Minuten als Mensch leben als den Rest meines Lebens in diesem Gefängnis verbringen,“ wie der einsame Captain sich ausdrückt. Das bösartig blinkende Kameraauge lässt uns ahnen, dass es Instanzen gibt, die diesem Ansinnen nicht wohlgesonnen sind und wir haben langsam aber sicher etwas ähnliches wie einen Plot.

Jon, der die ganze Lebensbeichte des Caps telepathisch mithört, wird davon reichlich mitgenommen und hat seltsame Visionen einer schattenhaften Gestalt.

Etwas später hängt die komplette Team-Belegschaft gelangweilt in der Lounge rum. Darrell brutzelt undefinierbaren Mampf in seiner Bordküche und Keelor verbreitet den neuesten Klatsch über ausfreakende Telepathen. O´Branin macht sich Sorgen über die Mission (warum auch immer, bislang ist ja nix passiert), aber Miranda beruhigt ihn (denn, wie sie uns per voiceover versichert, sie glaubt Royd – was und warum auch immer). Jon platzt der Kragen ob Keelors plastischer Schilderungen des Versagens des Telepathen und platzt etwas unmotiviert und lautstark mit seiner Erkenntnis heraus, dass er nicht nur eine „Präsenz“ an Bord des Schiffes spüre, sondern das Schiff selbst LEBE (! gosh!), darüber hinaus die Menschen hasse und sie zu verletzen trachte. Doch, never fear, Jon is near – er sei in der Lage, diese hasserfüllte Präsenz zu kontrollieren. Bingo, wie Darrell leidgeprüft feststellen muss, als seine Küche mitten unterm schönsten Köcheln explodiert und ihn ein paar Finger kostet. Royd versucht sich, holographisch einzuschalten, wird aber ersichtlich von einer externen Quelle wieder abgewürgt. Chaos, Panik, Aufruhr, ein sich ausgesprochen seltsam verhaltender Telepath… Royd kämpft in seiner Captains-Kabine mit dem Bordcomputer, der ihn mit elektrischen Ladungen traktiert. „Es ist MEINE Entscheidung zu gehen,“ insistiert Royd, „das hat nichts mit den anderen zu tun.“ Der Computer scheint´s nicht recht zu glauben.

In der medizinischen Abteilung schweisst O´Branin, glücklicherweise Multifunktionswissenschaftler und therefore auch geübter Chirurg dem armen Darrell per Laser seine glücklicherweise gefundenen Fingerchen wieder an (und ich ahne fürchterliches, dass wir diesen Laser nicht zum letzten Mal gesehen haben). Audrey ist sich sicher, dass der Vorfall kein Unfall war (duh!). Das Team entscheidet basisdemokratisch (mit 4:1 Stimmen), von der tollen Mission genug zu haben und verlangt sofortige Umkehr. O´Branin verkörpert naturgemäss die Gegenstimme und Miranda macht ihren Kameraden klar, dass der Vorschlag leider unpraktikabel sei – der Computer steuere das Schiff, Royd habe keinen Einfluss darauf (das kann sie eigentlich nur wissen, wenn sie ein paar Seiten weiter im Drehbuch gespickt hat) und nur Jon könne überhaupt helfen. Der sei aber in schlechter Verfassung, sie wolle ihn aber aufsuchen. Der Rest des Teams möge solang die Füsse still halten.

Guess what? Der Rest des Teams hält die Füsse nicht still, sondern hat eigene Pläne. Lilly steht auf dem Standpunkt „zeige mir einen Computer, der nicht gehackt werden kann und ich zeige euch einen schlechten Hacker“ und so entschliesst sich die Bande, sich die Computerpläne zu besorgen.

Jon hat sich indes einen ziemlichen Messias-Komplex eingehandelt, sprich, er hält sich wahrhaftig für die einzige Chance des Teams und beabsichtigt, seine übersinnlichen Fähigkeiten durch Einnahme einer Droge („Esperon“, no less) zu potenzieren, entgegen der heftigen Proteste seines Faktotums Eliza. „Ich kann es schaffen,“ ist sich Jon sicher, „es ist ein Test!“ Und schon jagt er sich die Droge in den Hals, um sofort weisses Licht und eine Frauengestalt, die ihn zu einer Art Sarkophag locken will, zu halluzinieren – auf nähere Sicht offenbart die Frau eine gar grauselige Fratze und attackiert ihn auf psychischer Ebene.

Lilly versucht sich indes als Hackerin, während Keelor aus undefinierbaren Gründen in einem Raumanzug in einem offensichtlich nicht unter Druck gesetzten Teil des Raumschiffs rumeiert (und inniglich sein Lasergewehr umarmt), seine Mission, die sich uns erst später erschliesst: Erbeuten der Computerpläne (woher? Aus einem Computerterminal, duh! Wieso er dazu durch luftleeren Raum spazieren muss? Keine Ahnung! Wieso Lilly trotzdem parallel schon fröhlich vor sich hin hackt? Vermutlich bad case of editing). Royd streitet sich immer noch mit dem Computer rum: „Tu Miranda nicht weh!“

Letztere findet Jon, der hyperenthusiastisch auf sie zustürmt und einen wahren Wasserfall daherlabert. Er hat in der Tat einiges herausgefunden: Der Computer ist das Problem, soviel stimmt, und zwar deswegen, weil Royds liebe Klon-Mama-Schwester ihr Bewusstsein in den Computer verpflanzt hat (argh), und nun am liebsten die komplette menschliche Belegschaft um die Ecke bringen will, aber ganz besonders gern Miranda, weil sie ihr den Sohnemann wegnehmen wolle. Die Mama lebe in einem Steinsarkophag am „Boden“ des Schiffes (eh, ich dachte, sie residiert im Computer??) und man müsse ihr „Herz“ zerstören. Und da er, Jon, ihre Gedanken verfolgen könne, sei er ihr immer einen Schritt voraus und könne sie problemlos besiegen. Miranda bemerkt eine verdächtige Abwesenheit von Eliza, aber Jon weicht entsprechenden Nachfragen butterweich aus.

Jetzt passiert relativ viel gleichzeitig… Lilly und Audrey versuchen weiterhin zu hacken, aber der Schiffscomputer unterbricht die einmal aufgebaute Verbindung. Keelor besieht sich an einem Bildschirm die Schaltpläne des Computers. O´Branin wird von whispering noises in Jons Kabine gelockt und entdeckt dort eine reichlich tote Eliza. Und Jons Schilderungen über Royds Mama werden immer blumig-bewundernder….. ya see, ihr Hass auf die Menschen hat den Grund, dass sie selbst paranormal begabt war und von ihren Mitmenschen als Hexe und/oder geisteskrank angesehen wurde und sogar gehirnchirurgisch behandelt wurde – trotz allem habe sie ihre Fähigkeiten behalten. Während Keelor anhand der Schaltpläne ermittelt, dass die CPU des Computers hinter einem Wandpanel der Lounge verborgen ist (wo wir als denkende Individueen sicherlich alle unsere CPUs hinbauen würden), steigert sich Jon in eine Madman-Routine und beschliesst seine „wie-können-Menschen-nur-so-grausam-sein“-Tirade mit einem stimmverstellten „Warum habt ihr MIR das angetan?“ What a shocking revelation – Jon ist vom „Geist“ der Royd-Mama besessen. Welch Überraschung. Miranda ist zumindest überrascht, dass er ihr eine volle Dosis „Esperon“ ins zarte Hälschen jagt, was für nicht paranormal begabte Menschen zur Folge hat, dass man bewusstlos umfällt und von psychopathisch-besessenen Telepathen weggetragen werden kann. Royd ficht immer noch seinen einsamen Kampf mit dem Schiffsrechner: „Du bist ein Computer, nicht meine Mutter!“ Dramatic stuff indeed. Keelor hängt in einem Fahrstuhl fest, bekommt dort aus eher schleierhaften Gründen eine Panikattacke und schiesst um sich. Jon schleppt Miranda in den medizinischen Behandlungsraum und schnallt sie auf der Laser-Behandlungs-Liege fest (wer hätte das gedacht?). Okay, it´s not really Jon anymore, sondern Royds Mama: „Du wirst mir meinen Sohn nicht wegnehmen!“ Und um diesen Gedanken zu verwirklichen, will er/sie/es Mirandas Köpfchen öffnen, nach dem Motto, „wie man mir, so ich dich auch“ (und etwas bestürzt nehme ich zur Kenntnis, dass Jon sich EINEN Fingernagel blau lackiert hat??? Glamrocker, elender [Erklärung dieser Bemerkung später]). Ein wüster Continuity-Fehler erlaubt der eben noch gefesselten Miranda, sich nunmehr befreit in einen beherzten Ringkampf mit Jon zu stürzen, während der Laserschweisser nach dem Zufallsprinzip um sich schiesst, aber natürlich ausschliesslich Jon an verschiedenen Stellen trifft. Ein gezielter Säure-Wurf Mirandas tut sein übriges dazu, und in einem weiteren unübersichtlichen Schnitt liegt auf einmal Jon gefesselt auf der Liege und der Laser trennt ihm fein säuberlich erst einen Arm ab und sägt dann seinen Kopf etwa auf Mundhöhe horizontal durch, da freut sich der Gorehound (zwei Fragen: WIE kam Jon auf die Liege? Und wer bedient den Laser? Mama-Computer? Miranda? Am Ende Royd? Niemand wird es je erfahren).

Audrey und Lilly haben sich indes tatsächlich wieder ins Computersystem eingeloggt und löchern dieses mit Fragen (in der üblichen Naivität von SF-Drehbuchautoren, die von Computern so viel Ahnung haben wie ich vom Ersetzen von Zylinderkopfdichtungen an Formel-1-Rennwagen, bedient sich dieses System eines wunderbaren Ganze-Sätze-Parsers… sprich, man stellt eine Frage wie „Wie bewerkstellige ich einen Computer-Override?“ und der Computer antwortet entsprechend). Der Computer bietet hinsichtlich Override nur einen Querverweis auf „Adarä an. „Was ist Adara?“ fragt Lilliy das System. „Royd“ lautet die kryptische Antwort. „Was ist Royd?“ „Adara.“ Das soll möglicherweise mysteriös und geheimnisvoll klingen, ist allerdings nur reichlich dumm, weil wir ja alle wissen, dass Royd ein Klon ist und Adara höchstwahrscheinlich seine Mama ist, ausserdem führt das nirgendwo hin. Egal, denn Audrey, Lilly und der dumm rumstehende Darryl haben ein ganz anderes Problem – das Schott des Lagerraums öffnet sich (schon dumm, wenn man in der Cargo Bay residiert) und die Luft verflüchtigt sich mit den üblichen sogartigen Folgen ins Vakuum. High Tension, wer wird wohl hinausgezogen? Darryl kann sich mit Audrey mit Müh und Not in Sicherheit bringen, aber Lilly kann sich die Wunder des Universums zukünftig aus eigener Anschauung direkt betrachten, dummerweise ohne Raumanzug, sprich, sie wird in den Weltraum gepustet.

Während Audrey hysterisch rumschreit und Keerol immer noch im Lift festsitzt, hat sich Royd tatsächlich aus seiner Liege geschält und wird physisch aktiv – mit seinem Spazierstock sucht er den Sarkophag auf und beginnt, die Verbindungen zwischen selbigem und dem Computersystem zu zerstören: „Fahr zur Hölle, wo du hingehörst!“ Ja, unser Royd emanzipiert sich. Seine Aktivitäten zeigen immerhin den Erfolg, dass dem ganzen Schiff der Saft ausgeht und es bewegungslos und finster im Raum vor sich hin hängt.

In einem unbeobachteten Moment haben sich Miranda, Darryl, Keelor und Audrey vereint und alle in Raumanzüge gepellt. Keelor und Audrey sind nach wie vor der Ansicht, Royd wäre an allem schuld, aber der meldet sich über Funk und hat schlechte Nachrichten – der Zwischenfall im Lagerraum hat die Hülle der „Nightflyer“ beschädigt, und wenn man den Schaden nicht binnen drei Stunden behebt, wird der ganze Kübel implodieren. Okay, okay, I get it, tension, wird auch langsam Zeit.

Audrey und Lilly halten weiterhin Royd für das Hauptproblem, aber Darryl, der aus nicht näher ersichtlichen Gründen Mirandas gegenteiligen Ausführungen vertraut, kann die beiden Mädels soweit beruhigen, nicht weiter aus der Reihe zu tanzen, sondern vielmehr zur Reparatur zu schreiten. Dafür bedienen sich unsere Heroen sogenannter „Pods“, Mini-Beibooten oder besser Arbeits-Exoskeletten, die irgendwie stark an Mülltonnen mit Greifarmen erinnern. Keelor keift immer noch zusammenhangloses Zeuch, Audrey und Darryl teilen sich einen „Pod“, um Schrott einzusammeln, mit denen man die Löcher in der Hülle zuschweissen will. Und Royd lässt sich sogar persönlich blicken, in einem „Bob“, einem Mini-Raumgleiter, geht er Miranda zur Hand. Royd klagt Miranda sein Leid über sein Muttchen: „Ich hätte nie gedacht, dass sie so weit geht. Sie hat mich mein ganzes Leben lang belogen!“ Well, Chef, das kommt in besseren Familien als deiner vor. Aus drehbuchtechnischen Gründen kann nur Miranda mit Royd funktechnisch kommunizieren, der Rest der Belegschaft fragt sich, was die beiden besprechen (das Funk-System ist mir nicht ganz klar… einerseits scheint jeder mit jedem kommunizieren zu können, andererseits offenkundig nur dann, wenn es dem Drehbuchautoren in den Kram passt). Während also alle draussen an der Hülle rumbasteln, tut sich im Schiffsinneren gar geheimnisvoll-schröckliches – der Sarkophag mit der vermeintlich geplätteten Adara schliesst sich und der Computer powert sich selbständig wieder hoch – und damit das ganze Schiff, das schon mal probehalber seine Triebwerke vorglühen lässt und die tapferen Mechaniker in helle Panik versetzt. Auch Royd ist entgeistert: „Das ist ungmöglich!“ Mit einem „ich bin der einzige, der sie aufhalten kann“ lässt Royd Reparaturen Reparaturen sein und versucht, sich wieder einzuschleusen, doch leider sperrt ihm Adara die entsprechende Zugangsschleuse zu. Keelor hat endgültig die Nase voll, düst mit seinem Pod wieder ins Schiff (wieso Adara nicht auch den Pod-Zugang schliesst, ist ein weiteres Geheimnis, das die Autoren mit in ihr finsteres Grab nehmen werden), verfolgt von Audrey und Darryl, die ebenfalls befürchten, das Schiff würde sich ohne seine Passagiere verzupfen. Keelor stellt im Schiff fest, dass die Schwerkraft abgeschaltet ist (natürlich nur deswegen, damit wir ein paar „schwebende-Dinge“-Einstellungen haben können). Miranda versucht, O´Branin zurück ins Schiff zu lotsen, doch der lässt sich, idiotisch wie Wissenschaftler nun mal sind, von einer von Adara hingerotzten billigen Volcron-Imitation ablenken und wird per gezieltem Blitzschlag in den Pod ins Nirvana naiver Eierköpfe gepustet.

Keelor versucht währenddessen, sich in der Lounge zur Zentraleinheit des Rechners durchzuschweissen – er wittert eine einmalige Gelegenheit, sein Centauri-Trauma (bekanntlich haben wir keine Ahnung, was damals auf Centauri passiert ist und wieso Keelor deswegen in einem Schuldkomplex watet) abzustreifen. Doch eine geheimnisvolle und nicht beraumanzugte Gestalt greift ihn an – Darryl und Audrey hören nur noch Keelors Todesschrei.

Auch Miranda und Royd sind indes durch den Pod-Zugang ins Schiff vorgedrungen (Adara ist eine ziemliche Pfeife). Mit einem Ladekran setzt Adara Mirandas Pod ausser Gefecht, aber die Maid rettet sich durch einen beherzten Sprung auf Royds Bob. In der Loung bewaffnet sich Darryl mit einem Küchenmesser, während Audrey von einem frei im Raum schwebenden Laser geplättet wird. Darryl wird von der seltsamen Gestalt angegriffen – es ist, festhalten, Jons einarmiger und halbköpfiger Kadaver (der sich dafür noch einer recht gepflegten Aussprache bedient… JA, ich weiss, er ist theoretisch Telepath, aber sein Hirn ist ihm mit 80 % seines Schädels abhanden gekommen). Jon entwendet Darryl sein Messer und sticht selbiges dem dicken Koch unter Zuhilfenahme von Wisecracks, die Freddy Krueger als zu abgedroschen abgelehnt hat, in die Plauze. Endlich sind auch Miranda und Royd eingetroffen. Der tapfere Captain beballert Jon mit seinem Laser (immerhin, Null-G ist seine Welt, also hat Royd ein paar Vorteile) und öffnet die Zentraleinheit. Der (natürlich von Adara besessene) Jon-Kadaver kämpft weiter mit Miranda, zieht letztendlich den kürzeren, während Royd sich ein mentales Duell mit dem Computer liefert (wieder mal durch heftiges Geblitzdingse symbolisiert) und schlussendlich die Oberhand behält und den Computer abschaltet, wodurch wundersamerweise die Schwerkraft wieder eingeschaltet wird (?) und das Schiff, nach einer rätselhaften Einstellung auf die Schiffs-Orgel (??) sich in fröhlicher Selbstzerstörung weidet (sogar der wunderschöne künstliche Himmel in der Lounge bricht zusammen, und scheinbar hat man dort wirklich Marmor verarbeite… das Ding stürzt ein wie eine gothische Kathedrale). Begleitet von zahlreichen Explosionen kommen wir zum angstvoll erwarteten finalen Plottwist. Aus dem Sarkophag schält sich Adara herself und macht sich umgehend daran, die letzten Überlebenden zu beseitigen. Miranda kassiert einen Blitz, und Royd ist seiner Mama-Schwester hoffnungslos unterlegen. Zum Glück erholt sich Miranda schnell von ihrem Blitz-Treffer, schnappt sich das immer noch herumliegende Messer und jagt es der bösartigen Klon-Mutti in den Rücken. Das Schiff bricht auseinander und explodiert (Adara wird noch malerisch von einem herabfallenden Trümmerstück zermalmt), Royd und Miranda fliehen in des Captains (sicherlich tiefen-weltraumtauglichen) Bobs in eine ungewisse Zukunft. Pathetische voiceover-Narration zum Ende bleibt uns nicht erspart: „Vielleicht waren die Volcron doch nur ein Mythos. Aber denkt an all die Geheimnisse, die wir enträtseln können!“ (Wie z.B. den Sinn dieses Schlussworts)….

Nightflyers verschafft sich eines seiner grundlegendsten Probleme schlicht und ergreifend mit dem Erwecken einer falschen Erwartungshaltung. Wer sich, wie meinereiner seinerzeit, den Film in der Videothek aufgrund Boxart und Covertext ausgeliehen hat, erwartete vermutlich ein recht straightes Space-Opera-Exploration-und-Entdeckungs-Drama mit ´ner Prise Mystery und war im allgemeinen eher geplättet, dass der Film seine vermeintliche Story schon nach gut zehn Minuten über Bord wirft und sich in eine reinrassiges Horror-Stück verwandelt. Nun muss SF-Horror nichts schlechtes sein, frag nach bei Ridley Scotts genialem Alien, und die eingewechselte Ersatz-Geschichte um den tyrannischen Bordcomputer mit Mutterkomplex, der die aus seiner Sicht feindseligen Eindringlinge dezimiert, hat durchaus Potential und könnte, so man nie 2001 gesehen hat, als halbwegs originell durchgehen, nur leider trauten die Produzenten auch ihrer zweiten Geschichte nicht über den Weg und beschlossen vielmehr, ihre Plotte im Stil einer klassischen gothischen übernatürlichen Schauergeschichte zu erzählen. Und das kann nun einfach nicht hinhauen und tut´s demzufolge auch nicht. Sprich, anstelle eines leidlich amüsanten Psycho-in-space-Spielchens flüchtet sich der Film in unerklärlichen (und unerklärten) Hokuspokus-Mumpitz, der sich zur Tarnung ein utopisch-technisches Tarnmäntelchen umgehängt hat und in Wahrheit doch nichts anderes ist als eine banale „Rache-aus-dem-Reich-der-Toten“-Fabel. Ich habe keine Ahnung, inwieweit das etwas mit der literarischen Vorlage von George R.R. Martin (sicherlich einem der besseren SF-Schreiberlinge, dessen Novelle Sandkings als Pilotfilm für die Neuauflage von The Outer Limits auch eine filmische Totalvergewaltigung erfahren musste [oh boy, are you in for a surprise with „Game of Thrones“… – Future Doc]) etwas zu tun hat, schätze aber, dass die Produzenten sich hier gewaltige „künstlerische Freiheiten“ bei der Adaption genommen haben.

Gut, das könnte immerhin noch ein zwar unlogischer (aber wer fragt in Horrorfilmen nach Logik?), aber zumindest unterhaltsamer Horror-Reisser werden, aber auch der Zahn wird dem geneigten Zuschauer schnell gezogen, denn der Film braucht eindeutig zu lange, bis er in die Puschen kommt. Nahezu die gesamte erste Filmhälfte passiert wenig bis gar nichts, was für den weiteren Filmverlauf irgendeine gesteigerte Bedeutung hätte und so ist man als Zuschauer dazu verdammt, sich zu fragen, in welche Richtung der Film denn irgendwann mal entwickeln wird (bzw. darauf zu hoffen, dass überhaupt…) – diese ewig lange Auftaktphase wird in einem entsetzlich drögen Tempo absolviert und da uns das Drehbuch auch nicht mit halbwegs interessanten Charakteren versorgt, die, wenn sich schon die Story im Kriechgang dahinschleppt, vielleicht mit ein wenig character development kommen könnten, gestaltet sich Nightflyers zu einer ziemlich anstrengenden Prozedur für den Zuschauer (unterstützt durch den damals ach-so-trendigen dunklen Neon-Look, der auf die Dauer ziemlich nervig wird). Speaking of characters, auch da kann man nur sagen, lausig, was man den armen Akteuren da mit auf den Weg gegeben hat – oder auch einfach schlampig. So wird der bedauernswerten Audrey als einziger wesentlicher Charakterzug der der „Schlampe“ auf den Weg gegeben – ohne, dass das im gesamten weiteren Filmverlauf auch nur eine einzige angedeutete Konsequenz hätte; niemals mehr kommt der Film bzw. seine Geschichte auf diesen anfänglich entwickelten Plot Point zurück. Ähnlich ergeht es Keelor, der an seinem unspezifizierten Trauma leidet, und da wir darüber nichts erfahren, lässt uns auch seine gesamte impulsive Art (potentiell durchaus zur Spannungserzeugung geeignet) und sein finaler Ego-Opfer-Trip vollkommen kalt. Immerhin, die beiden haben überhaupt noch etwas an Charakter mitbekommen, unsere nominelle Hauptfigur Miranda hat überhaupt keinen, nichts, nada, zip, rien, zilch, nüsch… selten kam eine Film-Hauptfigur mit weniger wesentlichen Charaktereigenschaften aus als die arme Miranda – selbst John Rambo in Rambo III wirkt dagegen wie eine tragische Shakespeare-Figur. Und was Royd angeht – da gibt´s auch nicht viel positives anzumerken. Sein plötzlicher Wille, das Schiff zu verlassen, kommt vollkommen unmotiviert und bleibt völlig unglaubhaft (da kann man Mirandas Kollegen nicht verübeln, dass sie ihr die „Royd-ist-nicht-das-Problem“-Story nicht wirklich abkaufen).

Zur Ehrenrettung des Films sei angemerkt: was wir als Konsumenten vor uns haben, ist nicht das, was Regisseur Robert Collector im Sinn hatte. Der Streifen wurde nach seiner Fertigstellung von den Produzenten (da aber der Drehbuchautor zu selbigen gehörte, kann man ihn nicht freisprechen, der hätte eigentlich wissen müssen, was er verbrochen hat) heftigst umgearbeitet und vermutlich erst an dieser Stelle in das zusammenhanglose, dröge Trainwreck eines Films umgeschnippelt, als das er sich heute bietet. Regisseur Collector war von dem Endresultat entsetzt genug, um seinen Namen nicht dafür herzugeben und sich als „T.C. Blake“ zu tarnen (und wenn man sich vor Augen hält, dass Collectors weitere Werke die Ernst-von-Theuner-Produktion Euer Weg führt durch die Hölle – Drehbuch – und das Linda-Blair-Frauenknast-Schauerstück Red Heat – Regie – waren, sprich der Mann nicht unbedingt Filmkunst im Sinn hat, ist das schon ein bedenkliches Statement). Gut, Nightflyers wird vermutlich nie in die Verlegenheit geraten, sich als Director´s Cut neu vorzustellen, also braucht uns die Frage, wie sich Collector selbst den Film ursprünglich vorstellt, nicht weiter zu befassen, aber man sollte es erwähnen und den Hauptkübel der Schuld nicht über dem Regisseur ausleeren, sondern sich vertrauensvoll an das Produzententeam Jaffe wenden (gerüchtehalber sind selbige für den kompletten übernatürlichen Quatsch verantwortlich). Man merkt aber mehr als einmal, dass Szenen nicht sauber aneinander anschliessen, dass irgendwo komplette Szenen bzw. Handlungsstränge entsorgt auf dem Schneideraumboden entsorgt wurden, zahlreiche Jump-cuts sorgen für zusätzliche Verwirrung.

Nun, Collector wird sicher auch so nicht in absehbarer Zeit mit einem Academy Award versorgt werden – der Streifen ist auch auch in den vergleichsweise zusammenhängend wirkenden Sequenzen undynamisch und maximal auf TV-Niveau (die schon mehrfach angesprochene Neon-Optik im besten 80er-TV-Stil trägt zu diesem Empfinden ihr gehöriges Mass bei). Was die Spezialeffekte angeht, muss man zwischen den Weltraum- und den Prosthetic- und Make-up-Effekten unterscheiden. Während letztere von Robert Short akzeptabel (und akzeptabel gorehaltig) sind und ein gewisses technisches Können offenbaren, sind die Weltraum-Modeleffekte von Fantasy II eher peinlich. Das liegt nicht mal an den verwendeten Modellen, die gar nicht mal so übel sind, sondern an der verwendeten Technik – wie schon oben angesprochen, machten sich die Effekttüftler nicht die Arbeit, hier mit ausgefuxter Bluescreen-Technologie zu arbeiten, sondern hängten einfach ein Starfield-Backdrop auf und liessen davor ihre Modelle herumgleiten, was natürlich zur Folge hat, dass eine räumliche Illusion überhaupt nicht zustande kommt, die Tricks sehen nach dem aus, was sie sind – Modelle, wie vor einem Starfield-Backdrop hängen.

Für einen Streifen seiner Handels- und Güteklasse ist Nightflyers theoretisch gar nicht so schlecht besetzt. Catherine Mary Stewart tauchte für ein breiteres Publikum erstmals in dem frühen CGI-Effort The Last Starfighter auf (der abgesehen von seiner bedenklichen Moral gar nicht so übel war) und wirkte auch in dem B-Movie-Favorite Night of the Comet mit. Unmittelbar vor Nightflyers gab sie sich in dem kritikerseits gelobten Roadmovie Dudes die Ehre und war später noch in Weekend at Bernie´s von der Partie, ehe sie sich hauptsächlich TV-Arbeit zuwandte und erst in den letzten Jahren mit Reaper und Dead Silent wieder im Genre arbeitete. Zur Zeit ist sie in der seit fünfzig Jahren (!) laufenden US-Soap The Guiding Light am Start. An der absoluten Nullität, die sie hier zu spielen hat, wären sicherlich auch Meryl Streep oder Jodie Foster verzweifelt, so gesehen schlägt sich Stewart noch halbwegs beachtlich.

Für Michael Praed stellte Nightflyers einen verzweifelten Versuch dar, seinem Robin Hood-Image zu entkommen. Praed entwickelte sich in dieser 1984 gestarteten Abenteuerserie zum Teenie-Star mit zahllosen BRAVO-Postern, ehe er die Rolle nach zwei Seasons an Jason Connery übergab, um sich seinerseits im Denver Clan einzuschreiben (ob das so ein cleverer Karriereschachzug war, mag dahingestellt bleiben). Immerhin, der Versuch, sich aus dem Teenstar-Ghetto zu befreien, war erfolgreicher, als der gute Mann es vermutlich dachte, denn er killte seine Karriere effektiv total. Bis auf zwei bedeutungslose TV-Rollen und die Hauptrolle in Son of Darkness: To Die For II, einem cheapo-Vampirhorror, war Praed total aus dem Geschäft. Mit einer Hauptrolle in der Jules-Verne-Adaption The Secret Adventures of Jules Verne und einer regelmässigen Gastrolle in der TV-Serie Casualty scheint sich Praed langsam zurückzumelden. Andererseits – in Nightflyers bietet Praed auch nichts an, was ihn für grössere dramatische Aufgaben als das halbwegs gut aussehen in einem flotten Robin-Hood-Gewand prädestinieren würde.

Lisa Blount (Audrey), die ebenfalls nicht wirklich etwas sinnvolles zu tun hat, hat immerhin eine interessante Filmographie zu bieten. Neben Albert Pyuns Debüt Radioactive Dreams stehen dort unter anderem Deodatos Cut and Run, Carpenteres weit unterschätzter Prince of Darkness und der Jerry-Lee-Lewis-Biopic Great Balls of Fire. Auch sie hatte in den 90ern einen heftigen Karriereknick mit biederer TV-Arbeit zu verzeichnen und scheint erst jetzt wieder die Kurve hinsichtlich gehaltvollerer Arbeit zu bekommen.

Glenn Withrow (Keelor) spielte bereits in Dudes mit Catherine Mary Stewart und gab sich ansonsten noch in Jack Sholders bemerkenswertem TV-Film By Dawn´s Early Light die Ehre. Hier kann er, wie der Rest des Ensembles, eventuell vorhandenes schauspielerisches Talent kaum umsetzen.

James Avery (Darryl) erlangte wenig später Weltruhm als Will-Smith-geplagter Onkel Phil in der langlebigen Sitcom Fresh Prince of Bel Air, der britische Veteran John Standing verschleisst sich in der Rolle des O´Branin.

Die vielleicht nicht beste, aber zumindest exaltierteste darstellerische Leistung bietet Michael Des Barres, der seine Karriere als Glam-Rocker und Frontman eines Led-Zeppelin-Kopiertrupps (immerhin so gut, dass Led Zep themselves sie unter Vertrag für ihr Label nahmen) startete und seine grössten musikalischen Meriten damit verdiente, nach dem Ausstieg von Robert Palmer den vakanten Frontman-Posten beim Allstar-Projekt „Power Station“ (einem Duran-Duran-Ableger, der mitte der 80er ein paar Hits verbuchte) übernahm und für die 80er-Popper „Animotion“ einige Songs zu schreiben. Seine Kino-Karriere umfasst Kultiges wie Ghoulies und Waxworx II, Schauderbares wie High Crusade, vergessenswürdiges wie Poison Ivy: The New Seduction und Qualität wie Mulholland Drive. Wie gesagt, eine ambitionierte schauspielerische Leistung würde ich Des Barres auch hier nicht unterstellen wollen, aber zumindest merkt man, dass der Jung seinen Spass hatte, und das ist in meinem Buch auch schon mal in Ordnung.

Insgesamt ist Nightflyers ein schönes Beispiel für einen Film, der nicht Fisch und nicht Fleisch ist – seine Science-fiction- und Horror-Elemente passen einfach nicht zusammen, die heftige Nachbearbeitung zerstört das an internem Rhythmus, was ursprünglich vielleicht mal vorhanden war und lässt grosse Teile des Streifens einfach in Zusammenhanglosigkeit versinken. Warum ich an den Film über lange Zeit gewisse nostalgische Gefühle verschwendete, erschliesst sich mir heutzutage einfach nicht mehr. Nightflyers gehört zweifellos nicht in die „so bad it´s good“-Kategorie, denn dem Streifen geht jeder beabsichtigte und unbeabsichtigte Humor völlig ab, er ist einfach nur so dröge und langatmig, dass selbst gelegentliche Splatterausbrüche nicht weiterhelfen. Ein oft nervtötender Billig-Soundtrack, die anstrengende Optik und die weitgehende Abwesenheit bemerkenswerter schauspielerischer Leistungen (was Ausschläge in beide Qualitäts-Richtungen angeht) machen die Entscheidung, Nightflyers einfach Nightflyers sein zu lassen und sich statt dessen zum zweiundfünfzigsten Mal Alien anzusehen, wirklich leicht. Nightflyers ist einfach blah – ein leb- und lieblos zusammengeschustertes Konglomerat aus Genreversatzstücken, die sich nicht wirklich zur Kombination aufdrängen.

Das letzte Wort soll heute ausnahmsweise mal George R.R. Martin haben, der eine recht pragmatische Einstellung zur Schändung seiner Geschichte hat: „Der Film brachte mir Geld, als meine Karriere sprichwörtlich im Arsch war“. Das ist zumindest ehrlich.

(c) 2003 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 4


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments