Moving

 
  • Deutscher Titel: Moving
  • Original-Titel: Moving
  •  
  • Regie: Ralf Kemper
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Fredo (Stefan Bornemann)
    Till Tanjus (Tino Rakut)
    Eloise (Christina Pflüger)
    Braetorian (Gerrit Reinicke)
    Mann (Ralf Kemper)
    Malina (Christine Auler)
    Hirschmann (Jan Vespermann)
    Herr Dieter (Frank Siegk)
    Veronica Grames (Kathrin Heiß)
    Mädchen (Maria Köhler)


Vorwort

Abt. Hausgemachtes aus deutschen Landen

Jawoll, der Doc ist wieder in da house und nimmt sich, um auf Betriebstemperatur zu kommen, zum Aufgalopp nach dem Sabbatmonat erst mal einen Film vor, der mit einer sympathisch-überschaubaren Laufzeit von knapp 40 Minuten daherkommt und daher Schreiber dieser Zeilen keine titanischen Geistesleistungen (wie sechs Seiten undefinierbares Gekritzel aus dem Notizbuch auf den Rechner zu übertragen und dabei schmählich zu scheitern) abverlangt.

Unser heutiges corpus delicti gehört, wie sicherlich von den aufmerksam-intellenten Lesern unter Euch bereits vermutet, zu der Kategorie „Independent“ (was zugegebenermaßen irgendwie seriöser klingt als „Amateurfilm“) und erreichte mich aus Kassel, wo´s also nicht nur einen Eishockeyclub gibt, mit dem „mein“ Team oft genug die Klinge gekreuzt hat (und oft genug dabei den kürzeren zog), sondern auch eine ambitionierte Filmszene. Wie immer, wenn´s irgendwo ´ne Gratis-DVD abzustauben gibt, ist der Doc da natürlich sowas von dabei. Ralf Kemper ist mir aber nicht nur deswegen schon mal sympathisch, sondern auch, weil er sein Werk schon vorauseilend als „Trashfilm“ ankündigte. Nun, auch dieses Unterfangen kann natürlich volle Kanne schiefgehen (schließlich ist das, was Andreas Schnaas verbricht, zweifellos auch „Trash“, aber deswegen wächst mir der Knabe noch lange nicht ans Herzelein), aber zumindest hält sich hier jemand nicht gleich für den nächsten Romero, Carpenter oder Cronenberg, nur weil er weiß, welches Ende der Kamera man auf die Action halten sollte.

Bevor die Vorrede wieder länger wird als die eigentliche Filmbesprechung, halte ich jetzt diesbezüglich meine große Klappe und wende mich dem Film als solchen zu.


Inhalt

Nachdem uns zunächst einige hochgeistige Zitate zum Thema „andere Welten“ und die mangelnde Möglichkeit, sich dorthin zu bewegen, vor den Latz geballert werden, sehen wir einem Pärchen zu, das an einer Uferpromenade entlang, äh, promeniert, garniert mit sekundenbruchteilskurzen POV-Zwischenschnitten, die uns außer grünem Wald und baufälligen Ruinen noch nicht wirklich erhellendes zeigen. Der Vorspann schließt sich an. Bislang ist noch alles möglich…

Nach den Credits finden wir uns in einer Wohnung wieder, in der irgendjemand ganz offensichtlich irgendetwas sucht und nach einigen Fehlversuchen in Form eines Diktiergerätes auch findet. Das Diktiergerät ist auch geladen – eine Frauenstimme murmelt „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll“, was dem mysteriösen Wohnungsdurchwühler scheinbar genügt. Jedenfalls ruft er seinen Boss, Till Tanjus, an und berichtet von seinem spektakulären Fund (man kann für ihn nur hoffen, dass das Band tatsächlich was mit dem Plot zu tun hat – wäre schon peinlich, wenn´s nach dem Eröffnungssatz weitergeht mit „Vielleicht so: Man nehme zwei Pfund Mehl, 100 Gramm Butter, drei Eier…“). Fredo, so heißt unser mittlerweile auch ins Bild gerückter bärtiger Schnüffler, erwartet die baldige Ankunft seines Herrn und Gebieters, die sich auch prompt einstellt. Tanjus ist vom Schlage der ultracoolen, indoors-sonnenbrillentragenden Keinengesichtsmuskelverzieher und lässt sich das Band vorspielen. Dem entnehmen wir, dass Eloise, die Besprecherin der Cassette, im „Niemalsland“ war und „etwas schreckliches“ mit ihr geschehe. Abgesehen davon vermisst sie Fredo ganz dolle (womit wir auch davon ausgehen können, dass Fredo und Eloise das anfänglich gezeigte Promenadenpärchen waren). Diese Botschaft ist allerdings das einzige, was von Eloise physisch greifbar ist – der Rest, respektive das ganze Mädel, ist spurlos verschwunden, und Fredo isses schuld, zumindest steht Tanjus auf diesem Standpunkt, da er der aus seiner Sicht nachvollziehbaren Überzeugung nachhängt, es sei Fredos bezahlter Job gewesen, eben solche In-Luft-Auflösungen zu unterbinden. Fredo ist auch völlig zerknirscht – anscheinend weniger wegen nachlässiger Pflichterfüllung, sondern weil er Eloise nicht geglaubt, sie ihm aber vertraut habe.

Nun, passiert ist passiert, das Porzellan ist perdü, aber Eloise muss trotzdem aufgetrieben werden. Tanjus schlägt vor, sich aus Eloises Freundeskreis jemanden zu rekrutieren, den man der Abgängigen hinterherschicken will. Schließlich ist man „so nah dran“ (woran auch immer).

Und wo ist Eloise nun? In einem finsteren Wald, der offenkundig das Niemalsland darstellt. Dort kommt sie gerade zu sich, ist aber nicht allein. Seltsame Gestalten diskutieren ihre in hiesigen Breiten ungewöhnliche Kleidung und ihr Aussehen (ich schätze, daran ist das Nasenpiercing schuld). Einer der Diskutanten möchte sie gerne mitnehmen. Das etwas im Staate Dänemark übel riechen tut, wird uns aber durch ein paar extrem schnelle Gore-Zwischenschnitte verdeutlicht. Und tatsächlich – diverse gefräßige Individuen sind keine fünf Meter von Eloises Lagerplatz damit beschäftigt, einen unglückseligen Unbekannten aufzufuttern. Ein Typ mit einer Atemschutzmaske Modell Michael Jackson klemmt sich Eloise unter den Arm und schleppt sie von der ungastlichen Stätte.

Dieweil klingelt Fredo bei Eloises Freundin Malina an (was mich enorm irritierte, weil sich das im Film verwandte Telefon des exakt gleichen Klingeltons bedient wie meins und ich schon wutig aufsprang und denjenigen verfluchte, der mich beim Filmkonsum durch ein unerwünschtes Telefonat zu stören wagte) und vereinbart ein Treffen in ihrer Wohnung. Malina macht nicht gerade den überenthusiastischten Eindruck, lässt sich aber breitschlagen. Wenig später sitzt man zusammen in ihrer Wohnstube, süffelt Tee und schweigt sich ausdrucksstark an.

Tanjus indes wird bei seinem eigenen Brötchengeber vorstellig (aha, der Herr ist also auch bestenfalls im mittleren Management tätig). Selbiger residiert in einer großen, wenn auch doch renovierungsbedürftig wirkenden Villa, heißt Hirschmann und gewährt seine Audienzen in einem recht weitläufigen Büro (wenngleich der „Aktenschrank“ hinter seinem Schreibtisch vermutlich aus dem vor-vorigen Jahrhundert stammt). Hirschmann rekapituliert lächelnd (Memo an Untergebene: Wenn der Chef lächelt, während er überbrachte schlechte Nachrichten wiederholt, ist´s Zeit, den Lebenslauf zu aktualisieren und an alle Konkurrenzunternehmen zu faxen) die Sachlage. Eloise ist weg, ein gewisser Stefan ist weg, ein gewisser Gregor ist weg. Und noch 29 andere Figuren auch, die eins gemein haben: sie durften (mehr oder weniger unfreiwillig, darf ich mal raten) die „Substanz“ probieren. Und da spontane Selbstauflösung ersichtlich nicht zu den erwünschten Wirkungen der „Substanz“ zählt, wird das vom Cheffe korrektermaßen als eher unpraktisch eingestuft. Tanjus verteidigt sich lasch mit dem Inhalt der Diktiergerät-Aufzeichnung – Eloise ist nach ihrem ersten Trip ins „Niemalsland“ wohl oder übel noch mal zurückgekommen, um das Band zu bequatschen. Und das ist nach Tanjus´ Auffassung erst einmal eine gute Nachricht (weil das wohl erstmalig vorgekommen ist). Abgesehen davon sei Fredo schon damit beschäftigt, weitere „humanpharmakologische“ Tests mit einem idealen Versuchskaninchen vorzunehmen – eben Malina, die Teetrinkerin und unbedarft sei und damit das perfekte Opfer, äh, Testsubjekt darstellt (ich weiß schon, warum ich selten bis nie Tee trinke. Da kommt nix gutes bei ´rum). Hirschmann gibt sich vorübergehend befriedigt, lässt seinen bislang erfolglos operierenden Schergen aber nicht ohne eine lässig dahingesprochene Drohung vom Hof reiten – sollte Malina auch noch den Verschwindibus machen, wird Tanjus nicht nur von der Gehaltsliste, sondern auch „aus den Computern des Einwohnermeldeamts“ gestrichen. Das klingt fatal.

Inzwischen im Niemalsland – der Michael-Jackson-Fan schleift die halbbewußtlose Eloise in einen Unterstand, wo ein mit einer schon etwas professioneller wirkenden Gasmaske ausgestatteter Compadre nicht wirklich in helle Ekstase ausbricht. Er hält Eloise für überflüssigen und eher hinderlichen Ballast, aber ihr Retter hat einen echten Narren an ihr gefressen: „Sie riecht so frisch!“ (Tja, Rammstein hatten doch recht: „Du riechst so guuuut“). Er drängt ihr seine Atemmaske auf und macht einen ziemlich glücklich-zufriedenen Eindruck, so dass Gasmaskenheinz weitere Kritik erst einmal hintanstellt. Eloise versucht sich langsam an die neue Umgebung zu gewöhnen, wird aber von ihren Beschützern, die sich mit ihr in einer dachlosen Bauruine verschanzt haben, umgehend links liegen gelassen, als der Jacko-Nacheiferer (auf den ungewöhnlichen Namen „Brätorian“ hörend) fröhlich japsend zwei „Schläfer“ ortet. Eloise stolpert ihren Rettern hinterher und wirft ihren ersten bewußten Blick auf die „Schläfer“. Das sind natürlich zombiemäßige Kreaturen, die ihren de facto unzutreffenden Namen dadurch verdienen, wie „schlafend“ in der Gegend herumzustehen, bis sie die Witterung eines potentiell zu verspachtelnden Opfers aufnehmen. Und hungrig sind diese freundlichen Gestalten eigentlich immer, abgesehen davon „ungesundes, lebloses Fleisch“, wie Gasmaskenheinz sich auszudrücken beliebt.

Da man eine unmotivierte Auseinandersetzung mit den Schläfern scheut (mich wundert allerdings dann, warum Brätorian sich ob der Schläferentdeckung so schneekönigmäßig gefreut hat), schlägt Gasmaskerich vor, sich unauffällig und getrennt zu verkrümeln und sich bei Francis wiederzutreffen. „Nicht Francis!“, entsetzt sich Brätorian, aber da Gasmaskenheinz sich bereits in die Büsche geschlagen hat, wird an dieser Vereinbarung nicht mehr all zu viel zu rütteln sein. Parallel geraten Gasmaskentyp und Brätorian in Zweikämpfe mit hungrigen Schläfern. Ersterer gewinnt, letzterer verliert (was ein wenig Gore notwendig macht), während Eloise verstörten Blickes, aber von den kannibalischen Killern unbehelligt, sinnlos in die Wälder stapft.

In Malinas trautem Heim ist selbige mit der Zubereitung von Tee beschäftigt. Ich setze meinen kompletten Kontostand darauf, dass der fiese Fredo ihr gleich unerwünschte chemische Bestandteile in die Tasse rührt. Ha, nennt mich Hellseher und baut mir einen Schrein. Fredo hasselt die anscheinend wegen Eloises Disappearance emotional mittelschwer angeschlagene Malina von der Küchenzeile weg und spielt den verständnisvollen Fürsorger, nicht ohne (für meinen Geschmack nicht gerade unauffällig) einen eigens mitgebrachten Teebeutel in ihre Tasse zu stopfen und sich anschließend wegen eines dringenden Telefonats mal kurz zu entschuldigen. Malina kommt bei näherer Untersuchung ihres Teebeutels selbiger suspekt vor. Sie wittert (womöglich auch deswegen, weil Fredo, der offiziell wohl die Position von Eloises gegenwärtigem Boyfriend einnimmt, deren Verschwinden wesentlich weniger nervlich angespannt gegenübersteht als Malina z.B.) Ungemach und tauscht die Teebeutel aus. Währenddessen berichtet Fredo in unangebrachtem Optimismus telefonisch Tanjus, das alles voll nach Plan laufe und er noch mehr von der „Substanz“ brauche, um sie Malina in regelmäßigen Abständen in den Tee zu kippen. (Und an dieser Stelle fällt mir doch glatt die alte J.B.O.-Line ein: „Messmer Tee-heee, zeig mir Dinge, die ich sonst nicht see-eeh“). Ich fürchte, Bursche, da biste schief gewickelt.

Dieweil, anderswo. Eloise latscht ziellos durch die Botanik, ehe sie eine weitere Ruine aufspürt und aus der dortigen Regenrinne Wasser nippt. Ebenfalls vor Ort findet sich ein hungriger Schläfer, der über unsere Heroin herfällt. Da sie dem untoten Gesockse rein physisch unterlegen ist, sähe es relativ schlecht für sie aus, würde sich da nicht Gasmaskenheinz (momentan mal ohne Gasmaske) materialisieren und dem Schläfer ordentlich was vor den Latz (bzw. auf den Hinterkopf) kloppen. Die unmittelbare Gefahr mittels roher Gewalt ausgeschaltet, plädiert Gasmaskerich für das Aufgreifen des ursprünglichen Plans, Francis aufzusuchen. „Wer ist Francis?“, stellt Eloise die Gretchenfrage, aber Gasmaskentyp kontert mit einer Gegenfrage: „Es müsste heißen: ´Wozu ist Francis?´“. Ich hege erste Ahnungen, dass Francis nicht wirklich eine Person ist… Gasmasker führt Eloise zu einem weiteren halbverfallenen Haus, wo auch andere (ebenfalls mit Schutzmasken ausgestattete und damit ersichtlich Nicht-Schläfer) Personen aufhalten – ein Mann und eine Frau, die der allgemein nur noch Bahnhof kapierenden Eloise als „Herr Dieter“ respektive „Veronica Grames“ vorgestellt werden. Gemeinsam will man hier die Nacht verbringen und Herr Dieter, der sich form- und zwanglos zum Leader der kleinen Truppe aufschlägt, bescheidet Gasmaskerichs Vorschlag, an Ort und Stelle mit Francis in Kontakt zu treten, abschlägig – schließlich weiß doch jeder, dass Francis Licht braucht. Eloise wäre jetzt doch für die ein oder andere erklärende Antwort dankbar, wer, was und warum hier vor sich geht. Herr Dieter ergeht sich allerdings nur in nicht wirklich hilfreichenden Ausführungen, dass er und seine Kameraden „schon immer“ im Niemalsland ansässig seien (was meine Theorie, es handele sich bei ihnen um die bereits früher verschwundenen Substanz-Tester, über den Haufen wirft), die Luft hier schlecht sei (deswegen die Masken) und das aber auch Normalzustand wäre. Stellt nicht wirklich zufrieden, vor allem nicht Eloise, ist aber für den Moment alles, was sich Herrn Dieter entlocken lässt.

Fredo hat zwischenzeitlich ernsthafte Probleme, die sich in alptraumhaften Visionen des Niemalslands äußern und ihm einen recht derangierten Aus- und Eindruck verleihen („bekifft“ reicht als Umschreibung allerdings auch). Tanjus, der bei seinem Untergebenen nach dem Stand der Dinge fragt und feststellt, dass Fredo bereits dabei ist, den Kontakt zur Realität zu verlieren (was filmisch recht nett durch ein paar beschleunigte Frames, Dialogschleifen o.ä. skizziert wird), obwohl er behauptet, alles im Griff zu haben, speziell die Verabreichung der Droge an Malina, stellt klar, dass die Firma weiteres Versagen nicht dulden wird. „Ich höre Stimmen“, gibt Fredo zu Protokoll, was in seiner Position nun nicht das allerbeste ist, was er sagen könnte. Tanjus warnt: die Substanz muss der Öffentlichkeit bald vorgestellt werden – „wenn wir die Existenz von Parallelwelten nicht beweisen, werden es andere tun!“ (okay, jetzt ist es raus. Ich hatte es schon eine Weile vermutet. Allerdings stellt sich mir schon die Frage, ähnlich wie schon in X-Tro II, was versprechen sich die Substanz-Hersteller davon? Großen wirtschaftlichen Reibach? I don´t quite see that…).

Trotz dieses Vortrages hat Tanjus die richtigen Schlüsse aus dem inkoherenten Gebrabbel seines Exekutivschergen gezogen und verpetzt ihn bei Hirschmann, der dies als „schlechte Nachrichten“ wertet und nun seinerseits irgendjemanden (´ne noch höhere Chefetage?) anbimmelt und durchgibt, dass Fredo die Substanz entweder illegitim zum Eigenbedarf benutzt habe oder aber von der doch nicht ganz so unbedarften Malina damit gefüttert werde.

Während Fredo also weiterhin dabei ist, munter zu delirieren, wird in der Parellelwelt eine junge Frau, die zum von der Dieter-Gruppe belegten Unterschlupf durchbrechen will, von den Schläfern erwischt und verspeist (in Sichtweite des sicheren Hauses. Tja, das nennt man dann wohl Pech, andererseits fühlt sich von der Gruppe niemand bemüßigt, der Gemampfwerdenden zu helfen. Harte Zeiten). Statt dessen werden die Picknickkörbe geöffnet – es ist Essenszeit und es gibt „gesundes Fleisch“, wie man sich gewählt und hochgradig suspekt zua rtikulieren beliebt. Veronica erklärt Eloise endlich mal ein paar rudimentäre Zusammenhänge – die, die ich jetzt einfach mal der Einfachheit halber die „Lebenden“ nenne, haben sich aus den Städten zurückgezogen und leben nunmehr versprengt in den Wäldern. Aus unerfindlichen Gründen können die „Lebenden“ aber keine Kinder mehr bekommen, was die mittel- bis langfristigen Zukunftsperspektiven in eher düsteren Farben zeichnet. Die Schläfer, nochmals explizit als „krankes, wahnsinniges Fleisch“ tituliert, hassen die „Lebenden“ aus purem Prinzip und würden daher killen und fressen, wann immer sich die günstige Gelegenheit bietet. Eloise hält Veronica für leicht gaga, aber Herr Dieter stimmt in Vronis Bericht mit ein und philosophiert, dass irgendeine höhere Macht positiverweise dafür sorge, dass gelegentlich von irgendwoher „Frischfleisch“ angeliefert werde, so eben z.B. Eloise. Die sich daraufhin den ein oder anderen Gedanken macht, ein paar geistige Hochrechnungen anstellt und zum Schluß kommt, dass eine spontane Flucht jetzt dringlich angebracht wäre (obwohl von den zwei Theorien, die sich unschwer aufstellen lässt, die eine für meinen Geschmack nicht soooo schlimm wäre. Aber wozu nachfragen, wenn man gleich abhauen kann, und, Future Doc weiß Rat, auch noch völlig richtig liegt…). Eloise läuft allerdings direktemang einer Horde Schläfer vor die gierigen Kauleisten…

Fredo ist indes immer noch dabei, unserer realen Welt langsam, aber sehr sichter, adieu zu sagen, was Malina tatkräftig durch Zwangsverabreichung der Substanz (hm, also, wenn ich, wäre ich Fredos Chef, schon wüsste, dass der Knabe den Stoff selbst nimmt, würde ich ihm doch den Nachschubhahn zudrehen) unterstützt. Zu allgemeiner bzw. wenigstens meiner Überraschung nimmt sie das Teufelszeug aber auch selbst, denn ihr genialer Plan besteht darin, gemeinsam mit Fredo in die Parallelwelt überzutreten, um dort Eloise zu finden und zurückzuholen (über das „wie“ hinsichtlich des „Zurückholens“ hat sich aber keiner wirklich den Brägen gemartert). Die Operation gelingt nur eingeschränkt – Fredo sitzt zwar ein paar Verfremdungseffekte später mit ratlosem Gesichtsausdruck in den Wäldern des Niemalslands, aber Malina muss irgendwo auf dem Weg falsch abgebogen sein (oder hat einfach noch nicht ausreichend dosiert). Glück (oder so) für Fredo, dass die ersten Wesen, die ihm über den Weg laufen, Eloise und der Gasmaskenkerl (der in einem unbeobachteten Moment offenbar auch Herrn Dieter die Kündigung erklärt und Eloise aus ihrer Schläfer-Bredouille gepaukt hat), die ihn, wie einst Eloise selbst, in ihr Quartier mitschleifen. Dort dämmert bei Fredo endlich, was Sache ist, weshalb er sich prophylaktisch mal die Seele aus dem Leib kotzt (wir wissen ja: kein Amateurfilm ohne fortgeschrittene Kotzitis). Eloise schnüffelt an Fredo und befindet, dasss er „gut riecht“ und plädiert für´s Mitnehmen. Gasmaskenheinz wundert sich: „Der kann nicht gut riechen, der hat gerade gekotzt!“ (Bei manchen Leuten verbessert das den Körperduft unter Umständen…). Die Deodorant-Frage muss aufgrund eines angreifenden Schläfer-Batallions vertagt werden. Schnell ab zu Francis! Fredo begehrt zu wissen, wer Francis ist. Da lächelt die (inzwischen anscheinend aufgeklärte) Eloise wissend und zückt ihr Tranchiermesser. Francis ist keine Person, sonder das letzte funktionierende Schlachthaus (ta-da-da-tamm! Kollidiert aber m.E. mit dem vorhin von Gasmaskerich unterbreiteten Vorschlag, „jetzt gleich“ mit Francis in Verbindung zu treten und Herrn Dieters Rüffel, dass der „Licht“ brauche. But maybe I´m just stupid). Und Fredo ist … Frischfleisch. Har-har-har.

Beim anschließenden Mahl stellt Gasmaskerich überrascht fest, dass Fredo ja richtig gut schmeckt…
Bewertung

Moving macht es mir nicht gerade leicht. Auf der einen Seite umschifft der Streifen recht geschickt so manches, was mir an den (angeblich kommerziell erfolgreichen) Gore-Schmore-Filmen der Maestros Schnaas & Co. missfällt und versucht eine originelle Geschichte zu erzählen, auf der anderen Seite will sich der Plot (bzw. die zwei Plots) nicht so ganz zusammenfügen. Die beiden Handlungsstränge, von denen der „Reale-Welt“-Subplot um Fredo und Malina eigentlich noch ziemlich überflüssig ist, weil sich in dessen Verlauf kaum etwas herausstellt, das sich als existentiell notwendig für das Verständnis der Geschichte erweist (zumindest nichts, was nach Ablauf der ersten fünf Minuten und Vorstellung der Charaktere Fredo, Tanjus und Malina noch geschieht). In diesem Part ist Moving auch nicht von der Benutzung des ein oder anderen Klischees freizusprechen – die „böse Firma“ und ihre unlauteren Experimente ist nicht gerade der allerneueste Kunstgriff, zumal die Motivation der Evil Scientists auch reichlich diffus bleibt. Was genau die „Firma“ sich von ihrer parallelwelterschließenden Droge erschließt (wie schon angemerkt, kann ich mir kaum vorstellen, dass sich dafür ein lukrativer Massenmarkt finden lässt), außer dass sie unbedingt als erste damit an die Öffentlichkeit treten wollen, ist ungeklärt – streng genommen könnte man die Plotte ohne größere Änderungen auch mit „magic mushrooms“ anstelle der ominösen „Substanz“ erzählen. Da der Subplot nicht aufgelöst wird, ist das zusätzliche „Mystery“ um die Umtriebe der Firma eher unwichtig.

Die Idee der Parallelwelt selbst finde ich da schon gelungener, wenn sich auch hier einige Schönheitsfehler einschleichen, die hauptsächlich darin begründet liegen, dass das, was schlechterdings interessant wäre, in Nebensätzen abgehandelt und auch nicht wirklich aufgeklärt wird. Die Hintergründe der Parallelwelt, die Herkunft der „Schläfer“ (die ja ganz offensichtlich auch Menschen sind), die gesellschaftlichen Strukturen der Überlebenden (ja, ich werde hochtrabend), das alles wäre durchaus Erforschung wert gewesen. Statt dessen serviert man uns mit der Francis-Geschichte eine zwar böse, aber auch vorhersehbare Schlußpointe (okay, es ist nicht unbedingt vorherzusehen, dass Francis der „Kosename“ [?] für ein Schlachthaus ist, aber dass die substanzgeschickten Neuankömmlinge in den Futtertrögen der Überlebenden landen, wird schon aufgrund deren sprachlicher Fixireung auf „Fleisch“ recht bald deutlich).

Wenn man so will, sind eigentlich beide Storylines nicht gerade übermäßig originell, aber die Verbindung der „böse Drogenexperiment“/“Zombie-Postapokalypse“-Elemente sorgt, wenn auch nicht besonders elegant gelöst, für den gewissen Hauch Originalität.

Die Dialoge sind okay – keine besonderen Gemmen der Prosa, aber auch kein Dummschwatz, mit dem man z.B. in den Schnaas´schen Werken belästigt wird. Bemerkenswerterweise verzichtet Moving praktisch komplett (wenn man den „Schlußgag“ nicht als Ausdruck morbiden Humors begreifen will) auf beabsichtigten Humor (und da sich unbeabsichtigt humoreskes auch nicht einstellen will, kann ich der Selbsteinschätzung „Trashfilm“ eigentlich nicht zustimmen. Das Ding ist storytechnisch ernst gemeint und auch ernst zu nehmen).

Abschließend zum Script: Man kommt insgesamt zu dem Schluss, dass in der Geschichte mehr Potential steckt – bzw., um´s anders auszudrücken, dass man mit einem abendfüllenden Spielfilm (natürlich aufwendiger in der Produktion, ist mir schon klar), daraus mehr hätte machen können, nämlich die Story vollständig zu erzählen (oder zumindest etwas ausführlicher – man muss ja nicht alles bis ins Detail ausbreiten), anstatt, salopp formuliert, dem Zuschauer ein paar Brocken hinzuwerfen, auf die er sich dann seinen Reim machen kann (oder auch nicht). So enthält die Story gute Ansätze, die aber nicht konsequent ausgearbeitet werden, was dann wiederum den Beschränkungen der nonprofessionellen Produktion geschuldet sein dürfte.

Handwerklich-filmtechnisch habe ich für eine Indie-Produktion wenig an Moving auszusetzen – die zu Beginn eingesetzte wacklige Handkamera verabschiedet sich dankenswerterweise bald, danach ist die Kameraführung, wie so oft in diesem Bereich, ein wenig statisch, bemüht sich aber durch einige Schwenks und Kamerafahrten um Abwechslung. Tempo, wenn´s gefragt ist, bringt der effektiv eingesetzte Schnitt mit seinen sekundenbruchteilskurzen Zwischencuts, als Kontrast gibt´s bedächtig gestaltete ruhige Passagen. Durch die „Zweiteilung“ der Handlung in reale Welt/Parallelwelt entgeht Moving, auch wenn´s, wie gesagt, plottechnisch etwas besser unterfüttert hätte werden können, dem Indie-/Amateursymptom, ausschließlich im grünen Wald zu filmen, wo´s billig ist. Regisseur und Cutter Ralf Kemper sowie sein Kameramann Hanno Klaas liefern gute Arbeit ab – selbstredend entgehen auch sie nicht dem Dilemma, dass auf Video filmen zwangsläufig immer wie „auf Video gefilmt“ aussieht, aber das hab ich auch schon deutlich camcorder-mäßiger gesehen (in Produktionen, die für teuer Geld von echten Labels vermarktet werden. Ja, ich rede mal wieder von meinem Freund und Kupferstecher Schnaasibaby). Summa summarum macht der Streifen optisch, im Kontext einer Amateurproduktion, einen ordentlichen Eindruck. Die 40 Minuten Laufzeit werden jedenfalls nicht lang (eher wirken sie aus angesprochenen Gründen etwas kurz, da eben bei weitem nicht alles aufgeklärt wird).

Moving ist nicht primär ein Splatterfilm – die Gore-Einlagen werden dosiert eingesetzt (möglicherweise auch, um sie nicht zu detailliert zeigen zu müssen; d.h. großformatige Blutwurst-Gedärmsudeleien Marke Ittenbach werden ausgespart); anstelle exzessiven Gesuppes mit Innereien beschränkt man sich auf meist auf schnell abgefeuerte Schnittfolgen der kannibalischen Umtriebe der Schläfer, was – pour moi – effektiver ist als das plumpe Herumschmoddern um des Schmodderns willen. Die Macher selbst empfehlen ihren Streifen „ab 16 Jahren“ und, wenn man berücksichtigt, was die FSK in letzter Zeit hat durchgehen lassen, ist das okay. Itti-Jünger kommen aber halt nicht auf ihre Kosten.

So ein paar kleinere Probleme hab ich mit der musikalischen Untermalung – die ist durchaus rockig ausgefallen (und bevor mir die beteiligten Bands den Kopf abreißen – die ist so schlecht nicht und erinnert mich ab und an ein wenig an frühere Subway to Sally), aber wie schon bei Die Letzten ihrer Art empfinde ich persönlich die hardrockenden Klänge als nicht ganz passend und atmosphährisch kontraproduktiv.

Positiv überrascht mich die Schauspielerei – da ist man ja durchaus einiges gewöhnt (und das nicht unbedingt zum besten), um so mehr freut man sich, wenn ein komplettes Ensemble einen guten Job abliefert. Und das tun die hiesigen Akteure. Sicherheitshalber wird niemand vor unüberwindliche darstellerische Aufgaben gestellt, aber das, was die beteiligten Personen zu spielen haben, erledigen sie verblüffend routiniert (man vergebe mir, ich hab keine Ahnung, wer ggf. welche schauspielerischen Erfahrungen aufweist). Stefan Bornemann gibt einen hübsch naiv-bekifften Fredo ab, Tino Rakut mimt seinen Till Tanjus mit einer beinahe schon Kitano-verdächtigen Stoneface-Performance, den Regisseur selbst glaube ich im Gasmaskenheinz identifiziert zu haben und attestiere dabei gutes Gelingen, und auch und besonders die Vorstellung von Christina Pflüger als Eloise gefällt.

Gewisse Schwierigkeiten habe ich – leider – mit der DVD. Der Rohling machte bereits in meinem Standalone-Player Mucken (stellte dort seinen Dienst aber glücklicherweise erst im Abspann ein), das PC-Laufwerk verweigerte komplett (daher kann ich leider keine Screenshots erstellen und verweise auf die Macher-Homepage Spontitotalfilm.de). Der Film selbst wird in Widescreen (ca. 1.85:1) im 4:3-Verfahren präsentiert. Die Bildqualität ist dabei durchaus achtbar, mein Player verzeichnete aber mit fortschreitender Laufzeit einige Farbverfälschungen im unteren Bilddrittel. Der Ton ist sehr gut verständlich (kudos, das ist ja bekanntlich bei Indie-Produktionen immer so ´ne Sache), die Musik für meine Begriffe etwas zu laut gemischt (aber siehe oben beim Absatz zur Musik). Als (von mir aufgrund der technischen Probleme leider nicht zu würdigenden) Extras gibt´s gut 20 Minuten Outtakes vom Dreh, eine Slideshow und den Trailer.

Letzte Worte: Moving ist, da wage ich einfach mal, mich in Widerspruch zu seinem Macher zu stellen, KEIN Trashfilm, sondern ein ernstzunehmender Amateurstreifen. Filmtechnisch für seine „Gewichtsklasse“ gut gelöst und respektabel von seinen Darstellern gespielt, krankt der Streifen hauptsächlich an seinem Drehbuch, das, wie gesagt, mehr als genügend Ansatzpunkte für eine pfiffige Horror-Fantasy-Geschichte aufweist, aber vielleicht aus Angst vor der eigenen Courage, vielleicht aus produktionstechnischen (read: finanziellen) Erwägungen selbige nur anreißt und sich statt dessen auf eine grimmige Schlußpointe hin konstruiert. Nichtsdestotrotz – es werden im deutschen (und internationalen, wenn man sich Schmafusi wie das Killer Hog oder Dead/Undead ansieht) Indie-/Amateurbereich sowohl formal als auch inhaltlich *wesentlich* gefährlichere Anschläge auf die geistige Gesundheit der Zuschauerschaft verübt. Ich verbleibe, da der Film mich letztendlich aufgrund der mehrfach angesprochenen Script-Mankos mit einem leicht zwiespältigen Gefühl zurückgelassen hat, mit einer neutralen Bewertung – auch hier gelobe ich aber: ich würde mir weitere Filme aus der Werkstatt durchaus ansehen.

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 5


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