Arahan

 
  • Deutscher Titel: Arahan
  •  
  • Regie: Seong-Wan Ryoo
  • Land: Südkorea
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Seong-Beum Ryu (Sang-Hwan), So-Yi Yoon (Wi-Jin), Doo-Hong Jung (Heunk-Woon), Sung-Kee Ahn, Ji-Sang Yun


Vorwort

Für die fünf verbliebenen der ursprünglich Sieben Großmeister der antiken und göttlichen Kampf- und allgemeinen Lebensphilosophie des Tao sind diese unsere modernen Zeiten ziemlich mau – in ihre Schule verirrt sich kein Schwein, so dass die Kampfkünstler mit einer Wahrsage-Hotline und Talkshowauftritten ihr Dasein fristen. Als Wi-Jin, die Tochter eines der Meisters, versehentlich den gutmütigen, aber leicht vertrottelten und mit im negativen Bereich angesiedelten Selbstbewusstsein versehenen Hilfspolizisten Sang-Hwan mit einem Energiestoss k.o. schlägt, den ein normaler Mensch gar nicht überleben könnte, hofft die Meisterzunft, einen „Maruchi“, mithin von der Natur mit reichlich Chi gesegneten hochbegabten potentiellen Taoisten aufgetan zu haben. Sang-Hwan nimmt das Angebot der Ausbildung an, aber hauptsächlich, um danach endlich seinen Peinigern aufs Maul schlagen zu können. Die Sache wird allerdings apokalyptischer Ernst, als Heuk-Woon auftaucht – einer der Sieben, der wegen Weltherrschaftsambitionen von seinen Kollegen dereinst in ein unterirdisches Verlies verbannt wurde, nun entkommen ist und nach wie vor danach strebt, „Arahan“ und damit ultimativer Chef im Ring zu werden. Dafür benötigt er einen Schlüssel, der im Besitz der restlichen Meister steht…


Inhalt

Im Zuge des allgemeinen Asia-Hypes gerät zunehmend auch die hierzulande, zumindest was den Bereich dre Kommerzfilme angeht, lange ignorierte Filmindustrie aus (Süd-) Korea. Was nicht ohne Folgen bleibt – die internationalen Erfolge von „Shiri“, „Sympathy for Mr. Vengeance“ oder „Old Boy“ erlauben es den koreanischen Produzenten mittlerweile, die Budgets hochzuschrauben und (das ist jetzt nicht negativ gemeint) gelackte Hochglanzprodukte ins Rennen zu schicken, wie eben auch „Arahan“, der rein von der filmisch-technischen Seite her mit allen Stilmitteln und visuellen Gimmicks versehen wurde, wie sie auch ein Hollywood-Blockbuster kaum anders einsetzen würde.

Formal bedient sich Seung-Wan Ryoos Film der bewährten, gerade im asiatischen Bereich, Trumpfkarte „Action-Komödie“. Wieder einmal muss ein tolpatschiger naiv-liebenswerter guter Junge, dem von seiner Umwelt übel mitgespielt wird, durch die harte Schule einer Kampfkunstausbildung gehen und dabei allerhand das Publikum hoffentlich erheiternde Erfahrungen machen. Das ist sehr formelhaft und wenig originell, zumal Autoren und Regisseur gerne mal übers Ziel hinausschießen und eine Szene so lange strapazieren, bis sie nicht mehr lustig ist (vgl. als Sang-Hwan erstmals von einer kriminellen Gang aufgemischt wird. Vom „lustig Ohrfeigen verabreicht bekommen“ bis „unkomisch gedemütigt werden“ ist da nur ein kurzer Schritt). Für Abwechslung sorgen die Ausflüge in die taoistische Kampfkunst, die sich nicht auf reine Martial Arts beschränkt, sondern in ihrer Vollendung auch die Aufhebung diverser Naturgesetze, z.B. Schwerkraft, ermöglicht. Dies wiederum gibt den Produzenten Gelegenheit für Shots, die beinahe 1:1 aus „Matrix“ und/oder „Spider-Man“ übernommen wurden.

Trotz aller filmtechnischer Spielereien schleppt sich „Arahan“ zunächst mal im Fahrwasser einer beliebigen frühen Jackie-Chan-Komödie, ohne deren Witz und Charme zu erreichen, über die Laufzeit, ehe nach weit über einer halben Stunde der eigentliche Plot sein düsteres Haupt erhebt und der Film die Kurve von der belanglosen Klamotte hin zum ernsthaften, apokalyptischen Martial-Arts-Epos kratzt, was dem Streifen, trotz einiger durchaus lustiger humoriger Einlagen (der Auftritt zweier Meister in einer TV-Show z.B.), nicht schlecht zu Gesicht steht. Zum einen ist die späte Einführung der „richtigen“ Story recht elegant und wirkt nicht aufoktroyiert, zum anderen kommt endlich Tempo, Fahrt und, ha-haa, Action auf – auch wenn die Hintergrundstory aufgrund ihrer fernöstlichen Mystik für westliche Zuschauer nicht gerade ein Ausbund an Schlüssig- und Nachvollziehbarkeit ist (und ich mir in der Tat noch über so einige Zusammenhänge nicht wirklichklar bin – sind die „Meister“ nun unsterbliche Götter, wie der Film es ab und an anzudeuten gedenkt oder doch nur hochtalentierte Menschen?) und auch abseits des mythologischen Mumbo-jumbo keine Originalitätspreise gewinnt, was wirklichen Spaß am Zusehen anbetrifft, kommt der jetzt in die Pötte.

Was daran liegt, dass Seong-Wan Ryoo jedes visuelle Hilfsmittel einsetzt, das sich in der „hippe Filmtricks“-Kiste findet – von (teilweise arg inflationär eingesetzter) Slowmotion über Splitscreen-Techniken, CGI-Effekte, beeindruckende Kamerafahrten und, natürlich, Wire-Fu. Letzterem fehlt es m.E. etwas an der eleganten Leichtigkeit der chinesischen Konkurrenz, dafür wirkt es, ähm, „realistischer“. Die großen Fights sind durchaus sehenswert choreographiert und packend inszeniert (drei wirklich große Kampfszenen sind zu vermelden), ohne dass sich aber „wow, das hab ich noch NIE gesehen“-Gefühle einstellen – obschon der zwanzigminütige Schlußkampf (!) wenig Wünsche offen lässt.. Wenn die Effekte aus dem Computer kommen, zeigt sich leider noch deutlich ein Klassenunterschied zu Hollywood – in Punkto CGI gibt’s in Fernost doch noch Nachholbedarf (was aber kein Problem der Koreaner allein ist, das sieht bei den Hongkong-Chinesen und Japanern auch nicht besser aus). Für die schwache CGI-FX-Arbeit entschädigt aber eine oft überwältigende Kameraarbeit (wenn man der IMDB trauen darf, was ich in Sachen asiatischer Filme nicht unbedingt tue, stellt „Arahan“ erst die zweite Arbeit – und die erste im Action-Bereich – von D.O.P. Jun-Gyu Lee dar. Sollte das tatsächlich stimmen – fetten Respekt an den Herrn).

Die zweite Filmhälfte setzt also großflächig auf Action und nicht mehr wirklich auf Humor – da und dort wird noch ein kleiner Gag eingebaut, aber der Grundtenor ist jetzt ernsthaft, schließlich geht’s ja auch um nichts minderes als das Schicksal der ganzen Welt. Gefällt mir zumindest deutlich besser als der bemüht auf witzig getrimmte Auftakt.

Wer auf solche Dinge lauert – „Arahan“ ist nicht wirklich „hart“: gravierenderes als Abschürfungen und ein paar kleine Blutspuck-Einlagen sind nicht zu erwarten. Braucht der Film aber auch nicht, ist ja schließlich als Action-Komödie konzipiert und nicht als Splattergranate. Dafür gibt’s andere Spezialisten (obwohl „Arahan“ sich einen Horror-Effekt gönnt).

Darstellerisch bemüht sich Seung-Beom Ryu (kleine Rolle in „Sympathy for Mr. Vengeance“) in der „liebenswerter Trottel“-Rolle redlich, aber richtig zünden will seine Performance bei mir nicht; ich weiß nicht, woran es liegt, aber seine Transformation zum „echten Helden“ dauert mir einfach zu lange, sicher auch scriptbedingt, aber Ryu tut nicht unbedingt viel dafür, dass man ihn wirklich sympathisch findet (außerdem nervt sein „Kampfschrei“).. So-Yi Yoon gefällt mir (nicht nur optisch, hihi) da schon besser, da nuancierter agierend. Eine durchaus eindrucksvolle Leistung liefert Doo-Hong Jung als fieser Bösewicht mit eigentlich nur zu verständlicher Motivation – Jung ist hauptamtlich Koreas profiliertester Stunt-Director und wirkte in dieser Funktion u.a. an „Tube“, „Taekgukgi“, „Resurrection of the Little Match Girl“ und „Shiri“ mit. Sung-Kee Ahn (spielt Wi-Jins Vater und Ober-Meister mit stoischer Ruhe) kennen Asia-Freunde u.a. aus dem hier besprochenen „Soul Guardians“ und „Musa the Warrior“.

Bildqualität: Die DVD kommt aus dem Hause Splendid und offensichtlich nicht im korrekten Bildformat daher. Splendid präsentiert den Film in anamorphem 1.78:1-Widescreen, während meine Recherchequellen ein Ratio von 1.85:1 nahelegen. Normalerweise nicht die Welt, aber in den Splitscreen-Szenen ist doch deutlich zu bemerken, dass das Bild leicht gestreckt wurde. Was das soll, wissen die Tao-Götter. Abgesehen davon ist die Bildqualität aber hochanständig – keinerlei Defekte, Drop-outs oder Verschmutzungen, ansprechende Farben, gute Schärfewerte, gefälliger Kontrast und eine unauffällige Kompression.

Tonqualität: Gestern war’s spät und mir war nicht mehr nach einem Film zum Lesen, daher hab ich mich ausnahmsweise mal mit der deutschen Tonspur begnügt. Die Synchro ist passabel gelungen und auch von der Tonqualität her in Ordnung – Musik und Effekte könnten für meinen Geschmack etwas kräftiger wummen, aber für den Hausgebrauch langt’s allemal.

Extras: Erstaunlich genug bei Splendid, es gibt einige Extras – den Trailer, einige Fernsehwerbespots, ein Making-of und Interviews. Genehmigt, weitermachen.

Fazit: „Arahan“ erfindet das Genre der asiatischen Martial-Arts-Action-Komödie nicht neu – was auffällt, ist wie stark sich das Fernost-Kino mittlerweile an die Optik und die technischen Spielereien des Hollywood-Kinos angepasst hat (nachdem sich Hollywood vorher mächtig bei den Asiaten bedient hat). Abgesehen von den noch verbesserungswürdigen CGI muss sich ein Film wie „Arahan“ hinter einem sicher etliche Mio. Dollar teureren Hollywood-Hochglanzprodukt nicht verstecken, im Gegenteil, speziell im Kamerabereich macht der Film seinen US-Rivalen eher noch was vor. In der Kreativabteilung dagegen fällt den Koreanern nichts weltbewegend neues ein; die Mischung aus schlichtem Humor und „ernsthafter“ Fantasy-Action hätte für meinen Geschmack noch deutlicher in die zweite Richtung geschoben werden können (man könnte viel aus der ersten Filmhälfte ohne Verlust für die Handlung rausschnippeln. Aber man ist ja einem deutschen Distributor schon dankbar, dass er das NICHT tut), denn als Martial-Arts-Fantasy-Film funktioniert „Arahan“ wesentlich besser als als Komödie. Insgesamt famos fotografierte, optisch edle und visuell mit allen Mätzchen aufgepäppelte, aber schlußendlich doch nur anspruchslose Unterhaltung. Nett zu kucken, aber auch nicht sonderlich memorabel.

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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